[Sozialrecht] Umfasst PKH auch Widerspruchsverfahren?

  • Werden die Anwaltskosten, die im Vorverfahren anfallen denn auch von einer späteren PKH-Bewilligung umfasst?

    Beispiel: Rechtsanwalt A legt für seinen Mandanten M Widerspruch ein und begründet diesen. Die Behörde hilft nicht ab. A reicht daraufhin auftragsgemäß Klage ein und beantragt PKH. In der PKH-Bewilligung heisst es dann:

    M wird für das Verfahren S 1 AS ... ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt A beigeordnet.

    Das gerichtliche Verfahren, bei dem zwei Termine stattfinden, endet mit einem Vergleich in dem es unter anderem heisst: "Der Beklagte übernimmt 1/3 der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens A 1 AS ...

    Kann A über PKH (durchschnittliche Tätigkeit, Betragsrahmengebühren) wie folgt abrechnen:

    Variante 1:
    Rechtsbehelfsverfahren
    a) Geschäftsgebühr nach 2400 VV RVG i.H.v. EUR 240,00
    b) Post- und Telek. nach 7002 VV RVG i.H.v. EUR 20,00

    Gerichtliches Verfahren
    c) Verfahrensgebühr nach 3103 VV RVG i.H.v. EUR 170,00
    d) Terminsgebühr nach 3106 VV RVG i.H.v. EUR 200,00
    e) Erledigungsgebühr nach 1006 VV RVG i.H.V. EUR 190,00
    f) Post- und Telek. nach 7002 VV RVG i.H.v. EUR 20,00

    Variante 2:

    Nur die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens (s.o. c - f)


    Zusatzfrage: Angenommen es finden mehrere Gerichtstermine statt, entsteht die Terminsgebühr nach 3106 VV RVG dann auch mehrmals?

  • 1. Frage:

    PKH wirkt frühestens ab Antragstellung, Antrag auf Bewilligung von PKH.
    Damit sind die Kosten des dem Klageverfahren vorangehenden Widerspruchsverfahrens niemals von der für das Klageverfahren bewilligten PKH mit umfasst.


    2. Frage
    Mehrere Terminsgebühren?

    § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG.

    Bei mehreren Terminen kann die Mehrarbeit ja über die Kriterien des § 14 RVG mit berücksichtigt werden.




  • :daumenrauSehe ich genau so. Bei uns heißt es in den Beschlüssen auch immer ausdrücklich "Für das Verfahren vor dem Sozialgericht wird...Prozesskostenhilfe bewilligt", damit also nur für die gerichtliche Tätigkeit. Selbstverständlich erfolgt dann die Kostenerstattung trotzdem nur auf Basis des 3103 VV RVG, obwohl einige Anwälte der Ansicht sind, dass wegen der fehlenden Erstattungsfähigkeit des Vorverfahrens aus der Staatskasse dieser gegenüber nun nach Nr. 3102 VV RVG abzurechnen ist:gruebel:.

  • Vielen Dank für Eure Antworten.

    @ Krischan, bezügl. 3102 VV RVG wegen mangelnder Erstattungsfähigkeit bezügl. des Vorverfahrens: Interessante Idee:) Nennen die RA Fundstellen, die diese "gewagte" Ansicht unterstützen?

  • Vielen Dank für Eure Antworten.

    @ Krischan, bezügl. 3102 VV RVG wegen mangelnder Erstattungsfähigkeit bezügl. des Vorverfahrens: Interessante Idee:) Nennen die RA Fundstellen, die diese "gewagte" Ansicht unterstützen?



    Fundstellen dazu habe ich in Festsetzungsanträgen noch keine genannt bekommen - dürfte wohl auch nicht leicht sein ein Gericht zu finden, dass diese Ansicht teilt:D. Systematisch begründet wurden solche Anträge immer nur damit, dass die Staatskasse nicht von der vorherigen anwaltlichen Tätigkeit "profitieren" dürfe und deswegen die nur das interne Abrechnungsverhältnis Mandant - Anwalt betreffende Anwendbarkeit des reduzierten Rahmens der Nr. 3103 VV RVG nicht einschlägig sei. Ist zumindest ein interessanter Denkansatz, aber Sinn und Zweck der PKH ist halt ausschließlich die Entlastung des Berechtigten von den eigenen notwendigen Anwaltskosten im Verfahren, und die sind nunmal durch die anwaltliche Vertretung auch schon im Widerspruchsverfahren durch den selben Anwalt bezüglich der Verfahrensgebühr lediglich aus dem reduzierten Rahmen entstanden. Andernfalls würde der Rechtsanwalt gegen den Mandanten einen Anspruch auf die Geschäftsgebühr des Vorverfahrens haben und gegen die Staatskasse einen auf die nicht reduzierte Verfahrensgebühr. Damit wäre der PKH-Anwalt besser gestellt als sein Kollege, der einen nicht so bedürftigen Mandanten vertritt - schönen Gruß an das Grundgesetz, diese Ungleichbehandlung wäre wohl durch nichts zu rechtfertigen.

  • Vielen Dank für Eure Antworten.

    @ Krischan, bezügl. 3102 VV RVG wegen mangelnder Erstattungsfähigkeit bezügl. des Vorverfahrens: Interessante Idee:) Nennen die RA Fundstellen, die diese "gewagte" Ansicht unterstützen?



    Fundstellen dazu habe ich in Festsetzungsanträgen noch keine genannt bekommen - dürfte wohl auch nicht leicht sein ein Gericht zu finden, dass diese Ansicht teilt:D. Systematisch begründet wurden solche Anträge immer nur damit, dass die Staatskasse nicht von der vorherigen anwaltlichen Tätigkeit "profitieren" dürfe und deswegen die nur das interne Abrechnungsverhältnis Mandant - Anwalt betreffende Anwendbarkeit des reduzierten Rahmens der Nr. 3103 VV RVG nicht einschlägig sei. Ist zumindest ein interessanter Denkansatz, aber Sinn und Zweck der PKH ist halt ausschließlich die Entlastung des Berechtigten von den eigenen notwendigen Anwaltskosten im Verfahren, und die sind nunmal durch die anwaltliche Vertretung auch schon im Widerspruchsverfahren durch den selben Anwalt bezüglich der Verfahrensgebühr lediglich aus dem reduzierten Rahmen entstanden. Andernfalls würde der Rechtsanwalt gegen den Mandanten einen Anspruch auf die Geschäftsgebühr des Vorverfahrens haben und gegen die Staatskasse einen auf die nicht reduzierte Verfahrensgebühr. Damit wäre der PKH-Anwalt besser gestellt als sein Kollege, der einen nicht so bedürftigen Mandanten vertritt - schönen Gruß an das Grundgesetz, diese Ungleichbehandlung wäre wohl durch nichts zu rechtfertigen.



    Nun, wenn ich mir die Diskussion bezüglich Anrechnung der vorgerichtlichen Tätigkeit im Zivilverfahren anschaue, wundere ich mich, dass bisher noch kein Richter der Sozialgerichtsbarkeit die 3103 VV RVG in der hier angesprochenen Fallgestaltung in Frage gestellt hat.

    Ach wie brav und unbedarft (:D) sind da meine RAe.
    Von denen hat bisher noch keiner das Problem angesprochen und bestand auf Festsetzung nach Ziffer 3102 VV RVG.

  • Hinsichtlich der verminderten Gebühr gem. VV-RVG Nr. 3103 kommt es nicht auf die Erstattungsfähigkeit an (wirklich sehr gewagt) sondern einzig und allein auf die Tätigkeit im Vorverfahren (so u.a. LSG Thüringen, Beschluss vom 6.3.2008 - L 6 B 198/07 SF in http://www.sozialgerichtsbarkeit.de).

    Hallo,

    musste mal einen alten thread rauskramen, weil die Sache mich betrifft.

    Habe in soz. Angelegenheit PKH erhalten, Klage wurde aber abgewiesen, also keine Erstattung der Kosten durch Gegenseite. Nun meint der Kostenbeamte im PKH-Festsetzungsverfahren, dass die Verfahrensgebühr nach VV 3103 RVG abzurechnen sei und nicht VV 3102 RVG. :gruebel:

    Das ist doch in doppelter Hinsicht falsch, oder? Erstens wurde VV 3103 in neuen RVG ab 01.08.2013 gestrichen und zweitens kann sich die Staatskasse wegen § 15 a RVG nicht auf eine Anrechnung berufen.
    Übrigens hat auch der Mandant keine Kosten für das Widerspruchsverfahren gezahlt, bzw. zahlen können.

    Danke!:)

  • Kommt drauf an, wann du das Mandat erhalten hast. Wenn das vor Sommer 2013 war, und du im Widerspruchsverfahren schon tätig warst, ist die Verfahrensgebühr nach Nr 3103 VV-RVG und nicht nach Nr. 3102 VV-RVG entstanden. Das hat nichts mit einer Anrechnung zu tun.

  • Ist so nicht ganz korrekt, beldel.

    Es kommt auf die Erteilung des Klageauftrages an. Erfolgte diese vor dem 01.08.2013, dann stimme ich Dir zu.

    Ist aber Klageauftrag erst nach dem 01.08.2013 erteilt worden, ist für Gebühren im gerichtlichen Verfahren neues Recht anzuwenden.

  • Na das meinte ich doch. :confused:
    Die PKH deckt doch nur die Kosten des Klageverfahrens ab. Deshalb interessiert mich auch nur das Mandat für den Klageauftrag. In den hier vorliegenden Vollmachten ist üblicherweise das Mandat für das Widerspruchsverfahren und auch gleich für das Klageverfahren in einem Formular erteilt. Und das hängt in der Regel auch in der Akte drin. Man kann da also nachschauen. Und um das noch abzurunden: Auch die Voraussetzung für das Klageverfahren muss vor dem 01.08.2013 gegeben sein. Auch das ist aus der Akte ersichtlich.

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