Ergänzungspfleger oder Genehmigung erforderlich?

  • Hallo,

    ich brauche mal einen Schulterklopfer oder einen Stups in die richtige Richtung:

    V (Niederländer) ist Alleineigentümer und möchte sein Grundstück an seinen Sohn (minderjährig, nach Angaben des V deutscher Staatsbürger) verschenken. Das Grundstück ist lastenfrei.
    V geht zum Notar und lässt den Überlassungsvertrag und die Auflassung beurkunden. V handelt dabei als Veräußerer und gleichzeitig als gesetzlicher Vertreter des Sohnes und gleichzeitig aufgrund not. Vollmacht für die Mutter.

    Meine liebe Kolln. meint, dass ein Ergänzungspfleger her muss, da man auch berücksichtigen muss, dass das Kind mit dem Grundstück bestimmte Pflichten bekommt (Sicherungspflichten, Straßenreinigung, Grundsteuern usw.)

    Meine Auffassung ist, dass ich als GB-Rpfl. nur die Auflassung zu prüfen habe. § 181 BGB trifft nicht zu, da lediglich rechtlich vorteilhaft.

    Ist jemand auf meiner Seite???:)

    Gruss, Fridolin!!!

  • Lediglich rechtlicher Vorteil liegt bei dem Sachverhalt natürlich nahe. Aber die berufsbedingte Paranoia läßt mich an díe Möglichkeit denken, dass sich auf dem Grundstück die Altlasten türmen und der Vater evtl. nur der Störerhaftung entgehen will.

    Ich denke, dass man zumindest den Kaufvertrag auf Anhaltspunkte durchsehen müsste, ob und welche Angaben zum Zustand des Grundstücks enthalten sind. Vielleicht kann man sich ja auch von dem Vater noch ein persönliches Bild machen - sei es auch nur telefonisch mit einer Nachfrage zum Grundstück. Ergeben sich Anhaltspunkte für eine Schweinerei in obigem Sinn, sollte m.E. tatsächlich ein Ergänzungspfleger bestellt werden. Sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, könnte ich mich damit anfreunden, von einem Ergänzungspfleger abzusehen.

  • Wenn das Grundstück lastenfrei und ohne jede Gegenleistung überlassen wird, handelt es sich nach einhelliger Rechtsprechung und Literatur um einen lediglich rechtlichen Vorteil, der durch die auf der Immobilie ruhenden öffentlichen Lasten nicht beeinträchtigt wird (sonst gäbe es nie einen lediglich rechtlichen Vorteil). Ein gesetzlicher Vertretungsausschluss i.S. der §§ 1629, 1795, 181 BGB liegt daher nicht vor. Auf die neue Rechtsprechung des BGH, wonach das GBA ohnehin nur das dingliche Geschäft zu prüfen habe, kommt es daher nicht entscheidend an.

    Ich würde aber prüfen, (a) ob die Mutter auch in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreter des Kindes (oder -wie in der Regel- nur für ihre eigenen Angelegenheiten) Vollmacht erteilt hat und (b) -bejahendenfalls- ob die Vollmacht eine Befreiung von § 181 BGB enthält. Denn der Vater steht hier auch als Vertreter seiner Ehefrau auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts!

  • Zitat von juris2112

    Wenn das Grundstück lastenfrei und ohne jede Gegenleistung überlassen wird, handelt es sich nach einhelliger Rechtsprechung und Literatur um einen lediglich rechtlichen Vorteil, der durch die auf der Immobilie ruhenden öffentlichen Lasten nicht beeinträchtigt wird (sonst gäbe es nie einen lediglich rechtlichen Vorteil). Ein gesetzlicher Vertretungsausschluss i.S. der §§ 1629, 1795, 181 BGB liegt daher nicht vor. Auf die neue Rechtsprechung des BGH, wonach das GBA ohnehin nur das dingliche Geschäft zu prüfen habe, kommt es daher nicht entscheidend an.

    Ich würde aber prüfen, (a) ob die Mutter auch in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreter des Kindes (oder -wie in der Regel- nur für ihre eigenen Angelegenheiten) Vollmacht erteilt hat und (b) -bejahendenfalls- ob die Vollmacht eine Befreiung von § 181 BGB enthält. Denn der Vater steht hier auch als Vertreter seiner Ehefrau auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts!


    Hallo,

    warum so kompliziert?

    Wenn an mich jemand herantritt mit einem Beurkundungswunsch dergestalt, daß er seinem minderjährigen Kind Grundbesitz lastenfrei übertragen will, erscheinen der Übergeber einerseits und das minderjährige Kind als Übernehmer andererseits und erklären die Auflassung. Und gut iss. Da brauch ich keine Vertretung und schon gar keinen Ergänzungspfleger.


    Gruß HansD

  • HansD:

    Natürlich könnte das beschränkt geschäftsfähige (nicht jedoch das geschäftsunfähige) Kind auch selbst handeln. So verhält es sich im Ausgangsfall aber nicht, weil die Eltern die Vertretungslösung gewählt haben. Und wenn Vertreterhandeln vorliegt, muss natürlich auch die Vollmacht der Mutter im Sinne der Ausführungen in #3 überprüft werden, weil ein evtl. Mangel der Vollmacht nicht das grundsätzliche Vertretenkönnen der Mutter, sondern die Wirksamkeit des gewillkürten Vertreterhandelns des Ehemannes als Vertreter seiner Ehefrau betrifft.

  • Hallo,
    ich schließe meinen Fall mal hier an:
    Zwei minderjährige Kinder, vertreten durch V und M, erhalten zu je ½ ein lastenfreies Grundstück geschenkt.

    Eingetragener Eigentümer ist V. Im Vertrag wird Übertragung frei von Mängeln und frei von Ansprüchen Dritter zugesichert. Bei den Ausführungen zum Wert des Übertragungsgegenstands wird auf einen Kaufvertrag aus 2018 verwiesen und ausgeführt, dass seitdem keine wertsteigernden Investitionen erfolgt seien. In dem früheren Kaufvertrag wird das Kaufobjekt als stark reparaturbedürftiges Haus beschrieben.
    Ich Bedenken im Hinblick auf die rechtliche Vorteilhaftigkeit und damit die Vertretungsmacht und wäre für Meinungen hierzu dankbar.

    Einmal editiert, zuletzt von AlissaKiu (28. Januar 2021 um 16:25) aus folgendem Grund: Schreibfehler korrigiert

  • Im BGH-Beschluss vom 25.11.2004 (V ZB 13/04) wird der rechtliche Vorteil damit begründet, dass der Minderjährige mit Vollzug der Auflassung nur für die laufenden Grundstückslasten aufzukommen hat, die dem Umfang nach begrenzt und wirtschaftlich derart unbedeutend sind, dass ein Ergänzungspfleger das Rechtsgeschäft ohnehin genehmigen müsste. Ich frage mich daher, ob man ebenso argumentieren kann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Minderjährige - überspitzt ausgedrückt - eine Bauruine erhalten soll? (Diese Frage wird z. B. auch in einem Aufsatz von Haslach, JA 2017, 490, beck-online, aufgeworfen.)
    Meine bisherigen Kommentar-Recherchen sind jedenfalls bisher darauf hinausgelaufen, dass eine zweifelsfreie Feststellung des rechtlichen Vorteils schwierig sein kann, so dass empfohlen wird, einen Ergänzungspfleger handeln zu lassen.

  • Als Familiengericht würde ich keinen Ergänzungspfleger bestellen, da einfach kein Vertretungsausschluss vorliegt.
    Es wird nur auf den rechtliche Vorteil abgestellt und der ist vorhanden. Kind hatte vorher kein Grundstück und jetzt hat es eben eins. Wirtschaftliche Aspekte werden hier nicht beurteilt.
    Würde man hier auf die Bestellung eines Ergänzungspflegers bestehen, dürfte das GBA solche Fälle ja nie vollziehen. Es könnte sich ja immer um eine Bauruine handeln. Würde man dann immer Gutachten fordern?

  • Als Familiengericht würde ich keinen Ergänzungspfleger bestellen, da einfach kein Vertretungsausschluss vorliegt.
    Es wird nur auf den rechtliche Vorteil abgestellt und der ist vorhanden. Kind hatte vorher kein Grundstück und jetzt hat es eben eins. Wirtschaftliche Aspekte werden hier nicht beurteilt.
    Würde man hier auf die Bestellung eines Ergänzungspflegers bestehen, dürfte das GBA solche Fälle ja nie vollziehen. Es könnte sich ja immer um eine Bauruine handeln. Würde man dann immer Gutachten fordern?

    Nein, nicht immer - nur, wenn sich konkrete Anhaltspunkte ergeben.

  • Ich tue mich als Familiengericht in solchen Fällen immer schwer damit, keine Ergänzungspflegschaft einzuleiten. Der lediglich rechtliche Vorteil ist, gerade auch in der hier beschriebenen Konstellation, dünnes Eis. Im Interesse des Minderjährigenschutzes ordne ich im Zweifel eine Ergänzungspflegschaft an. Damit sind die Eltern regelmäßig einverstanden, wenn ich ihnen erkläre, dass und weshalb diese Verfahrensweise der Rechtssicherheit und damit dem Wohl ihres Kindes dient.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Welche rechtlichen Nachteile werden denn hier konkret befürchtet?

    Es besteht die Gefahr, dass die beiden Minderjährigen mit Verkehrssicherungspflichten belastet oder gegen sie Ansprüche wegen deren Verletzung erhoben werden.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Welche rechtlichen Nachteile werden denn hier konkret befürchtet?

    Ich bitte um Korrektur, wenn ich das falsch verstanden habe, aber umgekehrt ist es doch so, dass aufgrund der persönlichen Zahlungspflicht für die öffentlichen Lasten eigentlich der Eigentumserwerb erstmal als rechtlich nachteilig einzuordnen ist, aber da diese (gewöhnlichen laufenden) Grundstückskosten der Höhe nach zu vernachlässigen sind, ist laut BGH insgesamt von einem rechtlichen Vorteil auszugehen (s. hierzu auch Staudinger, § 107 BGB, Rn 51 ff.). Bezüglich möglicher außerordentlicher Grundstückslasten wurde ausdrücklich nichts entschieden. Als nachteilig bisher entschieden wurde demgegenüber Erwerb von vermieteten/verpachteten Grundstücken, Wohnungseigentum und von Fotovoltaikanlagen (letztere auch wegen möglicher nicht absehbarer Höhe von Verkehrssicherungs-/Instandhaltungspflichten).

    Daher meine Überlegungen hier bezüglich rechtlich vorteilhaft ja/nein.

    Vielen Dank schon einmal für den bisherigen Austausch!

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