Verfahrenspfleger notwendig?

  • Folgender Fall:
    Grundstück gehört zwei Personen A und B.
    B steht unter Betreuung.

    Grundstück wird zu einem guten Preis verkauft.
    B wird dabei von Betreuerin vertreten.

    Betreuerin beantragt die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des Kaufvertrages.

    VormG will einen Nachweis über die Angemessenheit des Kaufpreises. Daher wird ein Verkehrswertgutachten (durch Gutachterausschuss des Landkreises) erstellt und es stellt sich heraus, dass der Kaufpreis deutlich höher liegt als der Verkehrswert, also Vorteilhaft für B.

    Wie geht´s nun weiter? Muss hier ein Vorbescheid erlassen werden, muss noch ein Verfahrenspfleger bestellt werden? M.E. ist die Genehmigungsfähigkeit offenkundig.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Die Verfahrenspflegerbestellung erscheint nach der bekannten Rechtsprechung des BVerfG trotz eindeutiger Sachlage unerlässlich. Denn sie dient nicht ausschließlich dazu, die Genehmigungsfähigkeit des Rechtsgeschäfts durch einen Vertreter des Betroffenen zu überprüfen, sondern auch (und in erster Linie) dazu, den nicht vertretenen Betreuten im Genehmigungsverfahren überhaupt zu beteiligen. Der Betreuer kann den Betroffenen insoweit nicht vertreten, weil er nicht sein eigenes Handeln überprüfen und namens des Betreuten billigen kann.

    Ich würde es im vorliegenden Fall aber bei einer zustimmenden Stellungnahme des Verfahrenspflegers bewenden lassen und auf den Erlass eines Vorbescheids verzichten. Bei solch eindeutigen Fällen habe ich es immer so gehandhabt, dass der Verfahrenspfleger in seiner Stellungnahme auf die Einlegung von Rechtsmitteln für den Fall der Erteilung der Genehmigung verzichtet hat.

  • Hallo Tommy,
    ich hatte bereits so einen ähnlichen Fall und habe es wie folgt gehandhabt:
    Verfahrenspfleger bestellt, dieser hat Stellungnahme abgegeben und die Erteilung der vgG mangels niedrigem Kaufpreis ausdrücklich abgelehnt.
    Diese Stellungnahme habe ich sodann der Betreuerin übersandt, m.d.B. den Kaufpreis am vorliegenden Verkehrswertgutachten zu orientieren.
    Leider teilte mir die Betreuerin mit, dass die Käufer nicht bereit sind, mehr zu bezahlen, ein anderer Kaufinteressent nicht vorhanden ist. Also habe ich mir von der Betreuerin nachweisen lassen, welche Bemühungen angestrebt wurden, einen Käufer für das Objekt zu finden. Dies konnte die Betreuerin innerhalb der letzen vergangenen 3 Jahre sehr gut belegen. u.a. legte sie einen Makler-Auftrag, diverse Zeitungs- und Internetannoncen vor. Des Weiteren legte sie eine Liste mit Namen von potentiellen Interessenten und dessen Kaufpreisangeboten vor. Kein Interessent war bereit mehr für dieses Objekt zu bezahlen, als die derzeit interessierten Käufer. Hinzukam, dass das Objekt im Leerstand war und quasi vor sich hingammelte. Um auf Nummer sicher zu gehen, habe ich zusätzlich noch die potentiellen Erben der Betreuten (ihre 3 Kinder) angehört, sie haben zum Kaufvertrag unter den genannten Bedingungen Einverständnis erklärt. Abschließend habe ich meine Ermittlungen erneut dem Verfahrenspfleger zur Stellungnahme übersandt, der letztlich zum Verkauf und damit zur Erteilung der vgG zugestimmt hat.

  • Danke für die Info.

    Nur hier liegt der Sachverhalt ja genau andersrum, der Kaufpreis ist wesentlich höher als der geschätzte Verkehrswert und die Betreute bekommt daher mehr Geld und nicht zu wenig.

    Da ich beruflich keine Betreuung mache, wollte ich nur wissen, wie es sich mit der Verfahrenspflegerbestellung verhält.
    Denn immerhin hat das Verkehrswertgutachten schon 400 EUR gekostet und für den Verfahrenspfleger wird auch noch etwas zu bezahlen sein.

    Als Familiengericht ist es m.E. nicht immer notwendig einen zu bestellen, da Jugendamt und Gericht sich am Kindeswohl orientieren, braucht´s nicht immer einen Pfleger, der ja auch nur das Kindeswohl im Blick haben kann. Dann wären wir nämlich schon zu Dritt.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Bei den Verfahren des Familiengerichts geht es aber (von den Fallgestaltungen des § 1643 BGB einmal abgesehen) nicht um Rechtsgeschäfte des Kindes, sodass der Verzicht auf die Bestellung eines Verfahrenspflegers natürlich in einem ganz anderen rechtlichen Kontext zu sehen ist.

    Bei Elterngeschäften i.S. des § 1643 BGB führt somit auch im familiengerichtlichen Genehmigungsverfahren in der Regel kein Weg vorbei.

  • Hallo Anja,

    die Lösung erscheint mir für alle Beteiligten sinnvoll und kann auch im Ergebnis nicht verkehrt sein.

    Das Problem scheint nach meiner Ansicht womöglich in der Auffassung des Verfassers des "Verke(hrs/rt)wertgutachtens" gelegen zu haben, dass sich der Markt nach seiner Weisheit zu richten und nicht er den Markt zu beobachten und das Ergebnis in seinem Gutachten niederzuschreiben hat.

    Wenn die geschilderten Verkaufsanstrengungen nicht zu einem Erfolg geführt hatten, kann das Gutachten kaum richtig gewesen sein.

    Verkehrswertgutachterei muss sich am Markt orientieren, der Gutachter muss ihn beobachten, kennen und das Ergebnis seiner Beobachtungen, bezogen auf das zu begutachtende Grundstück, aufschreiben.

    Übrigens, wenn beide, Verkäufer und Käufer mich als Gutachter einen "Stümper" schimpfen und dann einen Kaufvertrag abschließen, dessen Preis nicht mehr als 10 % vom Verkehrswert abweicht, dann bin ich recht zufrieden. Dann war auch das Gutachten richtig. Sind sie ganz still und schliessen dennoch den Kaufvertrag ab, überlege ich, ob das Gutachten falsch war.

    Das Gutachten für Gebrauchtimmoblien sowieso nicht viel genauer als +/- 10 % erstattet werden können, halte ich jeden Kaufpreis innerhalb einer solchen Abweichung für unbedenklich und genehmigungsfähig.

  • Zitat

    Bei Elterngeschäften i.S. des § 1643 BGB führt somit auch im familiengerichtlichen Genehmigungsverfahren in der Regel kein Weg vorbei.


    Hier sind m.E. §§ 50, 59 FGG ausschlaggebend. Dass dabei der Gesichtspunkt eine Rolle spielt, ob es um ein Rechtsgeschäft geht oder nicht, ist mir nicht bekannt (was nicht viel heißen mag).

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Bei der familiengerichtlichen Genehmigung von Rechtsgeschäften ergibt sich im Hinblick auf die §§ 55 und 62 FGG die gleiche verfassungsrechtliche Problematik wie bei vormundschafts- oder nachlassgerichtlichen Genehmigungen. Eine abweichende Sachbehandlung im Rahmen von familiengerichtlichen Genehmigungen scheidet daher aus.

  • Da hast du wohl leider Recht.
    Trotzdem sehe ich es nicht ein, wegen jeder popeligen Erbausschlagung ein Vorbescheidsverfahren durchzuführen.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Oh, da hatte ich wohl zu schnell gelesen. Sorry! :oops:
    Aber wie dem auch sei, der Betreute ist zum Verkauf anzuhören, dabei spielt es keine Rolle, ob das Rechtsgeschäft aufgrund vorliegender Tatsachen, für den Betreuten besonders günstig ist.
    Also entweder persönliche Anhörung, sofern möglich, oder Verfahrenspflegerbestellung. Auf die Kosten kommt es dabei nicht an und die dürften auch nicht allzu hoch sein, da Du sicherlich auf den Kaufvertrag vorab schonmal einen Blick geworfen hast. ;)
    Damit wird die Verfahrenspflegerbestellung zur reinen Formsache. Nicht darüber nachdenken, ist eben einfach so vorgesehen in § 69 d FGG.

  • Die Grundnorm für die Bestellung eines Verfahrenspflegers enthält § 67 Abs. 1 S. 1 FGG. Wenn ich davon ausgehe, dass nach dem unmittelbaren Eindruck von "Tommy" der Betroffene offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun (§ 68 Abs. 2 FGG), wäre zunächst zu prüfen, ob die Bestellung des Pflegers zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Dabei kommt es auf den Grad der Krankheit und die Bedeutung des jeweiligen Verfahrensgegenstandes an. In diesem Sinne ist immer ein Verfahrenspfleger zu bestellen wenn von einer grundsätzlich vorgesehen Anhörung abgesehen werden soll. Grundsätzlich anzuhören ist im Falle der Grundbesitzveräußerung (§ 69 d Abs. 1 FGG). Aus den Grundsätzen des rechtlichen Gehörs ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers für einen erkennbar unansprechbaren Betroffenen unverzichtbar.

    Bei der Auswahl des Verfahrenspflegers habe ich immer gute Erfahrungen gemacht, wenn einer der späteren möglichen Erben in das Verfahren eingebunden worden ist. Das hilft auch Kosten für den Betroffenen sparen.

    In klaren Fällen, wenn also der Kaufpreis über dem festgestellten Verkehrswert liegt, lässt sich das Verfahren beschleunigen, wenn Betreuer und Verfahrenspfleger auf den Vorbescheid verzichten.

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