§ 19 BRAGO: (Nicht-)Gebührenrechtlicher Einwand?

  • Antrag auf Festsetzung nach § 19 BRAGO. Mandant schreibt:


    Ich bitte um Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrages.


    Der Antragsgegner hat in erster und zweiter Instanz mit ihren Zurückweisungsantrag in voller Höhe ob sieht. Das OLG hat den Streitwert mit 00.000 € festgesetzt und die Kosten der Gegenpartei aufgelegt.

    Der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners, Herr Rechtsanwalt Sowieso, hat erstinstanzlich versäumt, Kostentragung durch den Gegner zu erwirken. Anträge auf Kostenerstattung und Streitwertfestsetzung sind nunmehr beim Amtsgericht gestellt. 

    Klar ist, dass die Zahlungsverpflichtung des Mandanten gegenüber seinem Rechtsanwalt unabhängig von der Kostenübernahme durch den Gegner ist, dennoch frage ich mich, ob es sich nicht doch um eine zu beachtende nichtgebührenrechtliche Einwendung handelt. Nebenbei: der Mandant ist selbst Rechtsanwalt!

  • Ich habe ein wenig Schwierigkeiten, den Sachverhalt zu ordnen. Soweit ich das gerafft habe:

    Ein RA ist Beklagten-Partei, vertreten durch RA "Sowieso". Die Beklagtenseite hat in 2 Instanzen obsiegt, so dass die Klägerseite die Kosten tragen muss. Der RA S. als PB hat in erster Instanz keinen Antrag gestellt, die Kosten dem Gegner aufzuerlegen. Letztlich muss aber die Klägerseite die Kosten jetzt tragen.

    Ist das bis hierhin so richtig? Um was für ein Verfahren handelt es sich denn, F-Sache? Gilt die Kostengrundentscheidung des OLG für beide Instanzen?

  • Meiner Meinung nach macht die Partei letztlich "Schlechterfüllung" geltend und darin sehe ich einen nicht im Gebührenrecht liegenden Einwand.

  • Das wollte ich gerade durch das Nachfragen ausloten.

    Ich kann zur Zeit noch keinen Nachteil des Mandanten erkennen, es sei denn, in der ersten Instanz. Ist der Einwand völlig aus der Luft gegriffen, dann wäre er unbeachtlich. Kann er durch das Versäumnis des RA die Kosten I. Instanz nicht festsetzen lassen, dann gilt der Einwand der Schlechterfüllung des Auftrags mit der Konsequenz: Ablehnung des VFA.

  • Was Ihr alles wissen wollt ;)

    Ich gebe morgen nähere Auskunft. Ohne Akte kann ich allerdings sagen, dass es sich um eine F-Akte handelt, eine seehr dicke sogar.

  • Ich meine hierzu Folgendes: Die Vergütungsfestsetzung hat zu erfolgen. Die Einwendungen des Antragsgegners sind nicht stichhaltig. Der Einwand, der RA hätte - dies gilt zumindest für die erste Instanz - nicht rechtzeitig Antrag auf Kostenfestsetzung gestellt, stellt eine gebührenrechtliche Einrede dar. Zu Prüfen ist, ob der RA tatsächlich das Ergebnis der zweiten Instanz abwarten konnte, bevor er einen Kostenfestsetzungsantrag stellt oder nicht. Hierbei handelt es sich um gebührenrechtliche Fragen. Selbst wenn dies nach Aktenlage bejahrt wird, ist dem Vergütungssetzungsantrag - da gebührenrechtlicher Einwand - stattzugeben. Der Antragsgegner muss Klage erheben wegen Schadensersatz.

    Im Übrigen dürfte dem RA kein Vorwurf zu machen sein. Aus der Praxis ist bekannt, dass vielfach mit der Kostenfestsetzung abgewartet wird, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt.

    Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Mandant bei Fälligkeit seine Gebühren zu zahlen hat.

    Es liegen zwei unterschiedliche Rechtsverhältnisse - wie bereits richtig erkannt - vor, nämlich

    a) der Rechtsanspruch des Anwalts auf Zahlung der Vergütung,
    b) der Anspruch des Mandanten auf Erstattung der entstandenen Anwaltskosten.

    Geht man richtig vor, müsste sogar behauptet werden:

    Ein Anspruch des Mandaten auf Festsetzung von Kosten gegenüber der unterlegenen Gegenseite besteht nur dann, wenn der Mandant die Kosten an seinen RA gezahlt hat.

    Im Übrigen wird auf § 17 BRAGO verwiesen: Der Gesetzgeber sieht ausdrücklich eine Kostenvorschusspflicht auf Verlangen des RA vor.

    Hier dürfte tatsächlich gedanklich folgendes Problem bestehen (Alltagserfahrung)!!!

    Vielfach meinen Mandanten, dass sie in dem Fall, in dem ein Gegner unterlegen ist, von einer Zahlungspflicht befreit sind, da ja der Gegner die Kosten zu tragen hat.

    Teilweise werden RAe. zwischenzeitlich mit Hinweisen unter Druck gesetzt, dass für den Fall, dass die gesetzlichen Gebühren dem Mandanten gegenüber durchgesetzt würden, dies Auswirkungen für weitere Mandate aus dem Ort (in Kleinstädten und Gemeinden für einen Anwalt tötlich) hat. Derartige Aussagen sind mir persönlich schon bekannt geworden. Letztendlich bedeutet eine derartige Aussage nichts anderes, wie: Wenn Sie die vollen Gebühren fordern, werde ich in meinem Umkreis erzählen, dass sie Mandanten über den Tisch ziehen.

    Es wird hier mit allen Tricks gekämpft, um eine Zahlung zu vermeiden. Hierzu gehört auch die Vorgehensweise des Mandanten gegenüber seinem RA, einen Einwand zu erheben, der im ersten Moment den Eindruck erweckt, es handele sich um einen nicht gebührenrechtlichen Einwand.

    Der Einwand ist aber insoweit gebührenrechtlicher Art, dass es sich letztendlich um die Frage handelt, ab wann ein RA die Kostenfestsetzung beantragen kann.

    Ich selbst hatte in letzter Zeit mehrere Akten in Bearbeitung, in der eine Festsetzung von RA-Gebühren mit dem Hinweis abgelehnt wurde, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig sei und erst die Rechtskraft des Urteils abgewartet werden müssen (für mich völlig unverständlich). Dies scheint aber bei einigen Gerichten alltägliche Praxis zu werden.

  • Ach du Schande, dass der RA "S." lediglich die KF nicht durchgeführt haben soll, so habe ich das Schreiben ad hoc gar nicht verstanden. Das sollte Kai noch einmal anhand der Akte klarstellen.

    Ich bin jedoch der Ansicht, dass man über die Auffassung, es handele sich dann um einen gebührenrechtlichen Einwand, noch getrost streiten kann. Gebührenrechtlicher Einwand bedeutet doch, dass Gebühren dem Grunde oder der Höhe nach bestritten werden. Wird aber das gesamte KF-Verfahren gar nicht in Gang gesetzt, ist das in meinen Augen ein Einwand, der sich nicht auf Gebühren beziehen kann, da überhaupt kein Antrag mit Geltendmachung von Gebühren vorliegt. Ergo: Es muss sich um einen Einwand außerhalb des Gebührenrechts handeln, denn das Verfahren nach § 19 BRAGO als solches ist nicht Gebühren- sondern Verfahrensrecht. Insoweit ist § 21 BGB zuzustimmen.

    Ich lasse mich jedoch gerne eines besseren belehren.

  • Sehe ich genauso wie dreizehn. Die Rüge des Mandanten, dass sein RA die KF nicht durchgeführt habe, ist ein nicht-gebührenrechtlicher Einwand, da die Schlecht-Erfüllung des Anwaltsvertrages geltend gemacht wird, also ein materiell-rechtlicher Einwand, der vermuten lässt, dass möglicherweise mit Schadensersatzforderungen aufgrund der Schlecht-Erfüllung aufgerechnet werden könnte.

  • 2003 hat das AG einen Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes (§ 888 ZPO) zurückgewiesen, ohne Kostenausspruch. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das OLG unter Auferlegung der Kosten der Beschwerde auf die Antragstellerin verworfen.

    Festgesetzt werden sollen nun die Gebühren für das § 888-Verfahren und die Beschwerde.

    Derzeit ist noch nicht über den Kostenantrag des Antragsgegners entscheiden. Die Antragstellerin widerspricht dem und beantragt, die Kosten des Zwangsgeldverfahrens dem Antragsgegner aufzuerlegen.

  • Hab ich da irgendwie was nicht mitbekommen?? Ich blicke das nicht richtig!

    Das sind doch zwei völlig verschiedene Ansprüche! Der RA hat gegen seinen Mandanten einen Vergütungsanspruch aus dem Vertragsverhältnis. Die Partei hat evtl. gegen den Gegner einen Erstattungsanspruch aufgrund ger. Kostenentscheidung (oder eben auch nicht). Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, würde ich denken.

    Ich sehe dieses Argument - wie stolli und dreizehn auch - als nichtgebührenrechtl. Einwand an und würde die Festsetzung ablehnen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Das mit den 2 verschiedenen Ansprüchen ist schon richtig.
    Offenbar wird der nicht-gebührenrechtliche Einwand der Schlechterfüllung des Auftrags I. Instanz damit begründet, dass in dieser Instanz versäumt wurde, eine Kostengrundentscheidung zu erwirken.

    Der VFB II. Instanz kann erlassen werden, derjenige der I. Instanz ist abzulehnen aus § 19 V BRAGO.

  • Zitat von dreizehn

    Der VFB II. Instanz kann erlassen werden, derjenige der I. Instanz ist abzulehnen aus § 19 V BRAGO.



    Ist das nicht inkonsequent?

    Die Behauptung, der Gegner müsse die Kosten tragen, gilt doch für beide Instanzen, ebnso wie der Einwand der Schlechterfüllung. Würde ich den Einwand der Schlechterfüllung für die II. Instanz wegen der Kostengrundentscheidung des OLG verwerfen, wäre das doch eine mir nicht zustehende materielle Prüfung, oder nicht?

  • Ich denke, ich wäre wohl auch nicht auf die Idee gekommen, für ein Instanz festzusetzen und für die andere nicht. Es sei denn natürlich, der Ag. bezieht seinen Einwand ausdrücklich nur auf eine Instanz.

    Ich würde den Antrag insgesamt ablehen. Ob der RA nun wegen Geb. einer oder zweier Instanzen klagen muss... :teufel:

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Also ich würde auch den gesamten Antrag zurückweisen, wenn ich den Sachverhalt bisher richtig verstanden habe, ist die ablehnende Stellungnahme des Mandanten zum Vergütungsfestsetzungsantrag nicht auf eine Instanz beschränkt. Die Einwendungen richten sich gegen den gesamten geltend gemachten Anspruch. Da die Einwendungen sich nicht gegen die zur Festsetzung beantragte Vergütung aus gebührenrechtlichen Gründen richten, muss es sich wohl um nicht-gebührenrechtliche Einwendungen handeln, wie auch immer man die nennen mag. Beanstandet werden ja nicht etwa die Höhe oder der Streitwert der zur Festsetzung angemeldeten Gebühren (=gebührenrechtlich). Angekreidet wird ja wohl irgendwie eine schlechte Verfahrensführung; oder auch zu vermuten, dass der Mandant auf eine Abrede pocht à la "Soweit ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner erwirkt wird, bin ich von der Vergütungshaftungschuld befreit und der RA soll sich seine Vergütung beim Gegner holen" (evtl. Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs statt Erfüllung/erfüllungshalber?). Also m. E. zu viele Zweifel/Fragen, die darauf schließen lassen, dass es materiell-rechtlich in irgendeiner Art und Weise brodeln muss. Daher Ablehnung der Vergütungsfestsetzung. Eine weitere Substantiierung der Einwendungen würde ich auch nicht verlangen, sonst wirds noch komplizierter und diese Pflicht hat der Mandant ohnehin nicht gegenüber dem Gericht, wenn es bereits durch den Erstvortrag schon nach nicht-gebührenrechtlichen Einwendungen "riecht".

  • Ich bin allerdings - wie von Ulf erkannt - davon ausgegangen, dass der außergebührenrechtliche Einwand nur für die erste Instanz gelten sollte, weil dort die Schlechterfüllung auf das Nicht-Herbeiführen einer Kostengrundentscheidung gestützt wird.
    Dieses Argument trifft ja für die II. Instanz nicht zu. Wenn der Einwand allgemein / insgesamt gelten soll, dann ist natürlich der gesamte Antrag zurückzuweisen.
    Vielleicht habe ich auch den Einwand nicht richtig verstanden.

  • Leider ist die Vergütungsfestsetzung ohne Beachtung des Einwendungsschreiben erfolgt (ob ich zu blöd war oder mir der Band mit der Einwendung nicht vorlag, lässt sich nicht mehr klären). Der Beschwerde möchte ich jetzt abhelfen. Ich habe leider keinen Kommentar aus der "Endzeit" der BRAGO zu Hand: Gab es zuletzt für § 19 BRAGO ein Abhilferecht oder nicht?

  • Hallo,

    das Thema passt ja gut.
    Hier wurde § 19 BRAGO beantragt, und zwar durch den Abwickler eines verstorbenen RA gegen dessen damaligen Mandanten. Auch kein Problem soweit. Auf die Anhörung hin jedoch meldete sich für diesen ehemaligen Mandanten eine andere Anwältin und trägt vor, dass dem Mandanten noch zu Lebzeiten seines früheren RA die Gebührenforderung in dieser Angelegenheit "per mündlicher Abrede und vor Zeugen in einer Gaststätte" erlassen worden sei. Der Kostenfestsetzungsantrag sei deshalb zurückzuweisen.

    Die Gegenseite (also der Abwickler des RA) bestreitet dies (er kann es ja auch schlecht wissen) und beharrt auf Erlass des KFB.

    Nur handelt es sich doch hier um einen nicht gebührenrechtlichen Einwand.... Was also müsste ich machen? KFA zurückweisen? Und was schreib ich da am besten als Begründung?

    Manche Fälle sind schon seltsam..... :)

    Danke vorweg!

  • Zunächst hat die RAin des Zahlungspflichtigen, die sich erstmals für die Partei im Rahmen eines Verfahrens nach § 19 BRAGO meldet, nach einer Entscheidung des OLG München (?) eine Vollmacht vorzulegen.

    Sodann wäre nach meinem Dafürhalten der Antrag nach § 19 V BRAGO zurückzuweisen, da ein Einwand erhoben wird, der nicht im Gebührenrecht seinen Grund hat [Erlass der Forderung unter Zeugen]. Da es sich hierbei nicht um einen offensichtlich völlig aus der Luft gegriffenen Einwand handelt, ist der Antrag gemäß § 19 V BRAGO zurückzuweisen und der Antragsteller auf den ordentlichen Klageweg zu verweisen. Punkt, Unterschrift.
    Die Klärung der Angelegenheit hat dann im Zivilprozess zu erfolgen.

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