Vor einem Schiedsgericht erklärte Auflassung wirksam/formgerecht?

  • Hallo!

    Eine Kollegin hat folgenden Fall auf dem Tisch:

    A und B erklären eine Auflassung in einem Vergleich, welcher beim "süddeutschen Familienschiedsgericht" vereinbart wurde. Der Anwalt von A beantragt, diese Auflassung im GB zu vollziehen. Er legt den Vergleich vor, der prinzipiell inhaltlich ok wäre (Auflassung, Bewilligung und Antrag erklärt, Grundstück bezeichnet etc.).
    Aber: Der Vergleich ist ein in Word o.ä. erstelltes Schriftstück, welches von den Richtern unterschrieben wurde. Keine Siegel, Stempel oder irgendwelche anderen Nachweise beigefügt. Also nichts, was diesem Papier eine öffentliche Form verleihen könnte.
    Der Anwalt beruft sich auf die §§ 1053, 1054 ZPO und ist der Meinung, dass weitere Unterlagen nicht vorgelegt werden müssen. Aber irgendwie klingt das ganze schon sehr komisch.

    Meine/unsere Fragen:
    Ist die Auflassung wirksam erklärt iSd §§ 873, 925 BGB? Und ist die Form des § 29 GBO mit diesem Schriftstück gewahrt?

  • Hab ich auch schon gefunden. Weiß jemand wie ich an diesen Aufsatz rankommen kann? Die Begründung wäre schon gut zu wissen.
    Gibt's andere oder bestätigende Meinungen?

  • bei uns wäre es die Bibliothek beim Kammergericht.
    Vielleicht hat die Bibliothek in Deinem OLG diese Zeitschrift ("Zeitschrift für Immobilienrecht")
    LG Janet

  • Die Kurzfassung aus Beckonline:
    Ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut kann eine wirksame Auflassung nicht enthalten, weil er die Voraussetzungen des § 925 I BGB nicht erfüllt. Wird in einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut eine Eintragungsbewilligung aufgenommen, kann der Schiedsspruch nur dann Grundlage einer Grundbucheintragung sein, wenn er rechtskräftig für vollstreckbar erklärt ist, weil nur dann die in § 29 I S. 2 GBO vorgeschriebene Form der öffentlichen Urkunde genutzt wird.

    Hiermit hat sich bisher wohl nur Demharter beschäftigt.
    Meiner Meinung nach kann die Auflassung nur an der Frage scheitern, ob das Schiedsgericht zuständige Stelle i.S.v. § 925 I BGB ist.

  • (Staudinger/Pfeifer, BGB, § 925 Rn. 82)
    "Als zuständig zu betrachten sind ... jedoch nicht ausländische Gerichte ... oder private Schiedsgerichte (AnwK-BGB/ Grziwotz Rn 29)."

    Einmal editiert, zuletzt von 45 (30. Oktober 2009 um 19:50)

  • Unser Ergebnis war genauso: keine wirksame Auflassung da nicht vor einer zuständigen Stelle iSd § 925 BGB erklärt.
    Stellt sich nur die Frage: Wenn eine Auflassung erklärt wird, die aber unwirksam ist, kann man dann bzw. sollte man nicht direkt zurückweisen? In dem Fall dass gar keine Auflassung erklärt wurde ist zumindest nach Demharter direkt zurückzuweisen (Rn. 12 zu § 18 GBO).
    Aber das werde ich der Kollegin überlassen die den Fall bearbeitet. Ziemlich sicher ist, dass der Anwalt (Vertreter der Erwerberin) Beschwerde einlegen wird. Der ist bekannt dafür. Drum wollte ich schon mal vorab möglichst viel Input sammeln, für die Nichtabhilfeentscheidung.

    Einmal editiert, zuletzt von Frucade (2. November 2009 um 09:21) aus folgendem Grund: Frage rausgenommen, hat sich erledigt

  • Hallo,
    ich klink mich hier mal ein.
    Ich habe heute genau so einen Fall vorgelegt bekommen. Da hat eine Rechtsanwaltskanzlei unter Bezugnahme auf die beigefügte Verfahrensvollmacht die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch beantragt. Beigefügt ist ebenfalls ein Protokoll des Süddeutschen Familiengerichts, genau in der Form wie es oben beschrieben wurde. Also nur von den 2 Richtern im Original unterschrieben.
    Im Schiedsspruch steht lediglich, dass die Parteien bewilligen und beantragen dass die Rechtsänderung eingetragen wird, also eigentlich ohne Einigung über den Eigentumsübergang. Von der Form ganz zu schweigen.
    Ich denke ich sollte direkt zurückweisen (Begründung s. oben).

    Was kam denn bei der damaligen Zwischenverfügung raus?

  • s. dazu Münch im Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 3. Auflage 2008, § 1053 RN 49, 50:

    Randnummer 49: In den Vergleichsspruch sind auch die anlässlich des Konsenses abgegebenen Willenserklärungen aufzunehmen; der Vergleichsspruch ersetzt dann die Form der notariellen Beurkundung (http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=ZPO&p=1053Abs. 3), inbegriffen einfache Schriftform (§ 126 Abs. 3 BGB) sowie öffentliche Beglaubigung (§ 129 Abs. 2 BGB). http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=ZPO&p=1053Abs. 3 firmiert hierbei als Pendant zu § 127aBGB (Fiktion notarieller Urkunde!), ohne dass aber ein „nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung [§§ 159 ff.] errichtetes Protokoll“ dazu nötig wäre. zur Fussnote 74 An die Stelle der Protokollierung tritt die Aufnahme der Parteierklärungen in den Schiedsspruch selbst – ohne jede zusätzliche Förmlichkeit; es bedarf demnach keines Vorlesens und keiner Genehmigung! Unvermeidlich ist Inkorporation: „Aufnahme . . . in den Schiedsspruch“ (http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=ZPO&p=1053Abs. 3) bzw. den insoweit vereinbarten Wortlaut. Bezugnahme scheidet jedenfalls aus, sie wäre zudem – mit Blick auf eine Vollstreckung – höchst unpraktisch.
    Randnummer 50 Der Schiedsvergleich wirkt ohne weiteres wie ein Notariatsakt, ohne dass dazu die richterliche (§ 1060) oder notarielle (http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=ZPO&p=1053Abs. 4) Vollstreckbarerklärung erforderlich wäre. So kann zB eine Grundbucheintragung (§ 29GBO) – Bewilligung vorausgesetzt – erreicht werden zur Fussnote 75 (mit Ausnahme der Auflassung: arg. § 925 Abs. 1 S.3 BGB e contrario zur Fussnote 76) und auch (trotz § 1031) eine ergänzende Schiedsbindung. zur Fussnote 77 Exakte Gestaltung bleibt das A und O. Bei lediglich verbrieften Pflichten zur Erklärungsabgabe, kann zwar ausnahmsweise auch über § 894 Abs. 1 S.1 wegen § 1055 iVm. § 1060 (dazu dort Rn. 5) sogleich Vollstreckung erfolgen. Dafür gilt aber nicht die Formsurrogation, vielmehr ist reguläre Vollstreckbarerklärung erforderlich. Ungenügend ist jedenfalls ein Scheinschiedsverfahren, um insoweit offensichtlich Formvorgaben (http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=ZPO&p=1053Abs. 3! – Rn. 49) zu umgehen, zur Fussnote 78 das ließe die normierten Formzwecke wie auch die staatliche Fürsorge (§ 17BeurkG) schlicht leerlaufen.

    Fußnote 76
    Demharter ZfIR 1998, 445, 446 – aA Stein/Jonas/Schlosser Rn. 7; Gottwald, VIV-Reihe XIII (2001), S. 31, 40 [III 6].

    Wenn in Deinem Fall keine Einigung erklärt wurde, dann beruht dies offenbar auf dem Umstand, dass sich das Schiedsgericht zu deren Beurkundung nicht imstande gesehen hat.

    Ist jedoch die Auflassung nicht erklärt, ist für eine Zwischenverfügung kein Raum, der Antrag auf Eigentumsumschreibung ist sogleich (nach Anhörung) zurückzuwesien; siehe den heute in den Rechtsprechungshinweisen eingestellten Beschluss des OLG Ffm. vom 29.06.2011, 20 W 168/11 = BeckRS 2011 22779 und frühere Entscheidungen, z. B. BayObLG, DNotZ 1989, 373; 2001, 557 u.a.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke,
    ich werd wohl zurückweisen. Ich denke auch, dass das Schiedsgericht einfach die Einigung nicht erklären konnte, und dies deshalb nicht getan hat.Momentan warte ich noch auf die Übersendung von "Demharter ZfIR1998,445,446 durch unsere OLG Bücherei.

  • Hänge mich hier mal ran:
    In dem mir vorgelegten Schiedsspruch des Schiedsgerichtes des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse e.V. (bisher ohne Vollstreckbarerklärung) wird eine Grundschuld bewilligt.
    Grundsätzlich dürfte es sich daher um eine wirksame und zur Eintragung ausreichende Erklärung gemäß § 29 I 1 GBO, § 1053 III ZPO handeln.
    Jetzt wird aber auch noch die Unterwerfung gemäß § 800 ZPO erklärt.
    Das dürfte nach meiner Ansicht über die Kompetenzen des Schiedsgerichtes hinaus gehen, da nach dem Wortlaut nur in "einer nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde" die Vollstreckbarkeit erklärt werden kann.
    Bei dem Schiedsspruch handelt es sich aber eben nicht um ein solches Dokument.

    Hat jemand mit der Frage bereits Erfahrungen gemacht?

    10 von 9 Juristen können kein Mathe...
    Niveau ist keine Hautcrème!

    Einmal editiert, zuletzt von becksbatti91 (1. November 2021 um 11:59) aus folgendem Grund: schriftgröße komisch

  • Die BT-Drs. 13/5274 vom 12.07.1996
    https://dserver.bundestag.de/btd/13/052/1305274.pdf
    führt zu § 1053 Absatz 3 BGB aus (Hervorhebung durch mich):

    „Absatz 3 bestimmt, dass die notarielle Beurkundung bei einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut durch die Aufnahme der Erklärungen der Parteien in den Schiedsspruch ersetzt wird. Dies entspricht der herrschenden Meinung, nach der § 127a BGB auf den schiedsrichterlichen Vergleich nach § 1044 a ZPO entsprechend anzuwenden ist. Diese Rechtsfolge muss in gleicher Weise auch für den Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut gelten, wenn die Erklärungen der Parteien, für welche die notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist, in den Schiedsspruch aufgenommen werden. Für Eintragungen in das Grundbuch und andere öffentliche Register bedarf ein solcher Schiedsspruch allerdings nach herrschender Meinung der vorherigen Vollstreckbarerklärung. …“

    Ob diese hM aber so noch besteht, erscheint mir fraglich.

    Voit führt dazu in Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, § 1053 RN 13 aus: „Durch Abs. 3 nicht geregelt ist die Frage, ob staatliche Stellen – beispielsweise das Grundbuchamt – auf der Grundlage eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut Eintragungen vornehmen dürfen oder ob dazu die Vollstreckbarerklärung zu fordern ist (zum Meinungsstand → § 1060 Rn. 3). Angesichts der Gleichstellung des Schiedsspruchs mit einem rechtskräftigen Urteil, § 1055, gibt es jedoch nach früher geltendem wie auch nach neuem Recht keinen Ansatzpunkt für die Forderung nach einer Vollstreckbarerklärung“. Er zitiert zu seiner Ansicht in § 1060 RN 3 Schwab/Walter Kap. 28 Rn. 20; und Stein/Jonas/Schlosser Rn. 6. Auch Geimer führt im Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2022, § 1053 RN 7 aus: „Für Eintragungen in das Grundbuch oder andere öffentl Register bedarf der Schiedsspruch mit vereinbartem Inhalt nicht der vorh Vollstreckbarerklärung, s § 1055 Rn 2; aA BTDrs 13/5274, 55“

    Demgegenüber geht Wilske/Markert im BeckOK ZPO, Stand: 01.09.2021, § 1053 RN 22.1 von dem Erfordernis der Vollstreckbarerklärung durch einen Notar aus und verweist auf die BT-Drs. 13/5274, 55 und Saenger MDR 1999, 662 (663). Auch bei Saenger, Zivilprozessordnung, 9. Auflage 2021, § 1053 ist in RN 6 lediglich auf die eigene Ansicht (Saenger MDR 99, 662, 663) verwiesen und die aA BL/Anders Rn 6; Mu/Voit Rn 13 mwN; Spohnheimer FS Kaissis [2012], S 933, 939) zitiert.

    Auf die unterschiedlichen Ansichten kann es aber doch eigentlich gar nicht ankommen.

    Wie Munzig in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht - Kommentar, 8. Aufl. 2019, § 19 RN 74 ausführt, ist für die Grundbucheintragung der Unterwerfung lediglich die Eintragungsbewilligung erforderlich. Zur Eintragung sei es deshalb empfehlenswert, aber nicht notwendig, die Unterwerfungsurkunde dem GBA vorzulegen und in der Bewilligung auf sie Bezug zu nehmen, damit sich Unterwerfung und Eintragung inhaltlich decken. Die Prüfung des GBA beschränke sich auf die grundbuchrechtlichen Eintragungsvoraussetzungen. Sie erstrecke sich nicht auf materiell-, vollstreckungs- und beurkundungsrechtliche Fragen. Das GBA dürfe weder den Nachweis fordern, dass der Bewilligung eine formgerechte Unterwerfungserklärung zugrunde liege noch darf es die Unterwerfungserklärung auf ihre Wirksamkeit hin prüfen.

    Das entspricht den Ausführungen bei Wolfsteiner im Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 800 RN 7, der in der Fußnote 26 auf Stein/Jonas/Münzberg Rn. 4 Fn. 19; Bauer/Schaub/Bauer GBO AT A Rn. 22 und Bauer/Schaub/Krauß, GBO AT D Rn. 124; und Schöner/Stöber Grundbuchrecht Rn. 2049 sowie die AA die hL zB KG RJA 2, 44; KG RJA 7, 224; OLG München HRR 1941, 268; stillschweigend auch RGZ 146, 309; BayObLG DNotZ 1974, 376 verweist. Ebenso in seiner Anmerkung zum Beschluss des OLG Hamm vom 30.12.2015, I-15 W 536/15, in der MittBayNot 1/2017, 91
    https://www.notare.bayern.de/fileadmin/file…yNot_1_2017.pdf

    Auch das DNotI geht im Gutachten vom 03.07.2020, Gutachten/Abruf-Nr: 176841
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…78c6f24732cdb05
    davon aus, dass sich die Eintragung der Vollstreckungsunterwerfung im Grundbuch ausschließlich nach dem Grundbuchrecht richte. Die ZPO enthalte für die Eintragung der Unterwerfungsklausel in das Grundbuch keine besonderen Bestimmungen, weshalb für die Eintragung die allgemeinen Regeln des Grundbuchrechts gelten (Zitat: Wolfsteiner, Rn. 28.51; Munzig, in: KEHE, § 19 GBO Rn. 72; siehe auch Heinze, ZNotP 2015, 122, 123).

    Und für die Eintragung anhand einer Eintragungsbewilligung reicht die vor der Schiedsstelle abgegeben Bewilligung, vorausgesetzt, sie enthält alle für die Eintragung der Unterwerfung wesentlichen Angaben

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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