Geschäftsgebühr mit Vergleich tituliert?

  • Hallo,
    ich habe folgenden Fall
    Eingeklagt wird 1) eine Hauptforderung, 2) eine 1,3 Geschäftsgebühr. Es ergeht ein Urteil, gegen das Berufung eingelegt wird. In der Berufungsinstanz wird ein Vergleich geschlossen, in dem es heißt: "Der Beklagte zahlt zur Abgeltung der Klageforderung an die Klägerin einen einmaligen Betrag in Höhe von 50.000,00 EUR. von den Kosten trägt der Kläger 3/8, der Beklagte 5/8."
    Der Kläger beantragt aufgrund der alten Rechtsprechung eine 0,65 Verfahrensgebühr zur Ausgleichung. Jetzt möchte er aufgrund des § 15a RVG noch die weitere 0,65 Gebühr anteilig festgesetzt bekommen (es wurden hinsichtlich der Geschäftsgebühr keine Zahlungen geleistet). Die Beklagtenseite widerspricht und ist der Meinung, dass die mit eingeklagte Geschäftsgebühr im Vergleich mit enthalten und damit tituliert worden ist, so dass weitere Festsetzung nicht möglich sei. Die Klägerseite behauptet natürlich, der Vergleich umfasse nicht die Geschäftsgebühr. Aus dem Vergleichswert lässt sich nichts entnehmen.
    Hatte jemand schon mal so einen Fall? Aus meiner Sicht dürfte die Geschäftsgebühr mit im Vergleich enthalten sein, da von "der Klageforderung" gesprochen wird, diese aber nicht auf die Klageforderung zu 1) (Hauptforderung) begrenzt worden ist.
    Wie seht ihr das?

  • Ganz klar: Der Vergleich ist Mist und der Beklagtenvertreter, der die Nachfestsetzung bestreitet hat Recht.

    Mit der Vergleichssumme sollen die Klagforderungen erledigt sein, also sowohl Nr. 1 als auch Nr. 2, wenn das bedauerlicherweise auch nicht so klar im Vergleich festgeschrieben ist. Fehler des Klägervertreters und schlimmstenfalls ein Fall für seine Haftpflichtversicherung.

    skugga:
    Wie war das noch mal mit deinem Handbuch "Vergleiche richtig abgeschlossen"? Können wir über die Geschäftsidee noch mal gemeinsam reden? ;)

  • skugga:
    Wie war das noch mal mit deinem Handbuch "Vergleiche richtig abgeschlossen"? Können wir über die Geschäftsidee noch mal gemeinsam reden? ;)

    Gerne doch! Das wird eine Goldgrube... Aber wir sollten uns nicht auf die GG beschränken, sondern auch noch darüber referieren, wie man Vergleiche abschließt, deren Inhalt vollstreckbar ist. Da bin ich ein gebranntes Kind - und dreimal darfste raten, WEN el cheffe dann angepampt hat, vollstrecken müsse man halt können... Seufz.

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • @ skugga + Jamie:

    Bestelle hiermit ein Exemplar Euer Kompendiums. Nicht das ich es benötigen würde, aber dümmer wird man durch Lektüre bekanntlich nicht :D.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • skugga:
    Wie war das noch mal mit deinem Handbuch "Vergleiche richtig abgeschlossen"? Können wir über die Geschäftsidee noch mal gemeinsam reden? ;)



    Gerne doch! Das wird eine Goldgrube... Aber wir sollten uns nicht auf die GG beschränken, sondern auch noch darüber referieren, wie man Vergleiche abschließt, deren Inhalt vollstreckbar ist. .......



    ... und deren Inhalt dann auch noch verzinslich sind, wenn der Zahlungstermin nicht eingehalten wird. Wie oft hatte ich das schon: Vergleich ohne Zinsen und dann die Nachfrage, wenn der Vollstreckungsauftrag rausging: "Warum haben Sie denn keine Zinsen berechnet, meine liebe Frau Jamie???!!!" :mad: Mit nachfolgender Erklärung, dass die Forderung dann eben ab Verzug verzinsbar sei - weil ein RA sowas schließlich weiß, dass Zinsen anfallen ab Fälligkeit! ... Klar, ohne Titulierung, selbstverständlich. :(

  • skugga:
    Wie war das noch mal mit deinem Handbuch "Vergleiche richtig abgeschlossen"? Können wir über die Geschäftsidee noch mal gemeinsam reden? ;)



    Gerne doch! Das wird eine Goldgrube... Aber wir sollten uns nicht auf die GG beschränken, sondern auch noch darüber referieren, wie man Vergleiche abschließt, deren Inhalt vollstreckbar ist. .......



    ... und deren Inhalt dann auch noch verzinslich sind, wenn der Zahlungstermin nicht eingehalten wird. Wie oft hatte ich das schon: Vergleich ohne Zinsen und dann die Nachfrage, wenn der Vollstreckungsauftrag rausging: "Warum haben Sie denn keine Zinsen berechnet, meine liebe Frau Jamie???!!!" :mad: Mit nachfolgender Erklärung, dass die Forderung dann eben ab Verzug verzinsbar sei - weil ein RA sowas schließlich weiß, dass Zinsen anfallen ab Fälligkeit! ... Klar, ohne Titulierung, selbstverständlich. :(

    Man könnte glatt denken, wir hätten schonmal den gleichen Chef gehabt. Aber nö, die Preislage gibts zu Hauf...

    Ohne unsere Gelddruckmaschine schmälern zu wollen ;) - eigentlich wäre schon ein Satz genug: "Nehmen Sie jemanden mit zum Termin, der aufmerksam zuhört und Ihnen beim bzw. kurz vor dem Vergleichsabschluss kräftig vors Schienbein tritt." :D

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Hallo P.,

    meines Erachtens ist mit dem Vergleich die Geschäftsgebühr tituliert.
    Der Kläger muß daher anrechnen und kann nur noch 0,65 VG anmelden.

    Hier zeigt sich wieder das alte Doppelproblem: Zum einen gibt es erschreckend viele RAe, die keine Ahnung vom RVG haben und alles ihren Mitarbeitern überlassen (dabei leben die davon!).
    Es gibt aber auch noch reichlich viele Richter, die keine Ahnung haben, was sie mit einer Entscheidung zu vorgerichtlichen Kosten anrichten können, das scheint denen auch völlig egal zu sein, die sind da sehr beratungsresistent.
    Genau deshalb wurde § 15 a RVG geklöppelt, um diese von Richtern gemachten Ungleichheiten zu beseitigen.

    Speziell bei den Vergleichen müssen da die RA-Mitarbeiter ansetzen und in einem solchen Fall ihrem Chef mal genau vorrechnen, wieviel Geld sie zu Lasten ihres Mandanten verschenken, wenn sie nicht auf einer Regelung der vorgerichtlichen Kosten im Vergleich bestehen.
    Mein Chef sagte immer auf Vorhalt, er wäre froh, den Vergleich überhaupt in der Höhe hinbekommen zu haben.
    Ich hab ihn jetzt soweit, dass er zumindest versucht, eine Regelung rauszuschlagen. Ist der Richter unwillig - siehe oben - kann er immer noch klein beigeben, es wurde aber drüber gesprochen und er kann sich vor dem Mandanten rechtfertigen.

  • Rechtes Händchen, schau Dir mal die Beiträge 2 - 9 genauer an, besonders Jamies und mein Geplänkel... ;) Und mitunter wäre ich froh, würden die Chefs wirklich alles den Mitarbeitern überlassen - da käm so Unfug nämlich nicht raus...

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Mein Kostenfestsetzungsbeschluss ist offenbar - leider? - rechtskräftig geworden.
    Jetzt aber was anderes dazu:
    Ich habe mal nachgerechnet:
    Eingeklagt wurden 8100,00 EUR Hauptforderung + 600,00 Geschäftsgebühr (gerundet).
    Laut Vergleich hat der Bekl. an den Kl 2600,00 EUR zu zahlen. Von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs tragen Kl 68 % und Bekl 32 %.
    Wenn ich das jetzt mal durchrechne, komme ich zu dem Ergebnis, dass 2600,00 EUR ca. 32 % von 8100,00 EUR sind, d.h. die Geschäftsgebühr wurde gar nicht berücksichtigt.
    kann ich die GG dann trotzdem als tituliert betrachten, obwohl sie offensichtlich im Vergleich nicht enthalten ist? Im Vergleich steht weiter, dass mit diesem Vergleich alle Ansprüche abgegolten sind.
    Und solche Fälle habe ich jetzt regelmäßig...

  • kann ich die GG dann trotzdem als tituliert betrachten, obwohl sie offensichtlich im Vergleich nicht enthalten ist? Im Vergleich steht weiter, dass mit diesem Vergleich alle Ansprüche abgegolten sind.

    M. E. ja.

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • So isses:

    Vorsicht ist geboten bei der Ausformulierung von Prozessvergleichen mit der Wendung "zur Abgeltung der Klageforderung". Wird nämlich in einem Rechtsstreit eine vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr als Nebenforderung geltend gemacht und wird dann im Prozessvergleich vereinbart, dass "zur Abgeltung der Klageforderung" ein Geldbetrag gezahlt wird, umfasst diese Wendung nach dem Beschl. d. AG Bremen v. 22.09.2009 - 9 C 213/09 - auch die als Nebenforderung geltend gemachte Geschäftsgebühr. Denn damit liegt hinsichtlich dieser ein Titel vor mit der Folge, dass § 15a II RVG eingreift und der Prozessgegner sich darauf berufen kann, dass im KFV die Hälfte der vorgerichtlich angefallenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist. Soll also der Vergleichsbetrag nur die Hauptforderung betreffen, muss dies nach dem AG Bremen ausdrücklich im Vergleich auch so formuliert werden.

    beck-blog v. 10.10.2009

  • So isses:

    Vorsicht ist geboten bei der Ausformulierung von Prozessvergleichen mit der Wendung "zur Abgeltung der Klageforderung". Wird nämlich in einem Rechtsstreit eine vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr als Nebenforderung geltend gemacht und wird dann im Prozessvergleich vereinbart, dass "zur Abgeltung der Klageforderung" ein Geldbetrag gezahlt wird, umfasst diese Wendung nach dem Beschl. d. AG Bremen v. 22.09.2009 - 9 C 213/09 - auch die als Nebenforderung geltend gemachte Geschäftsgebühr. Denn damit liegt hinsichtlich dieser ein Titel vor mit der Folge, dass § 15a II RVG eingreift und der Prozessgegner sich darauf berufen kann, dass im KFV die Hälfte der vorgerichtlich angefallenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist. Soll also der Vergleichsbetrag nur die Hauptforderung betreffen, muss dies nach dem AG Bremen ausdrücklich im Vergleich auch so formuliert werden.

    beck-blog v. 10.10.2009




    Die Entscheidung wollte ich auch gerade zitieren, warst schneller :daumenrau

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,

    aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher -Albert Einstein-

  • In meinem Fall ist es genauso in meinem Fall mit dem Kläger-Vertr., und ich tendiere - aufgrund der Satzes "zur Abgeltung aller Ansprüche der Klägerin aus dem Rechtsstreit" - zur Anrechnung einer hälftigen Geschäftsgebühr, da diese mit tituliert ist..

    Vorliegend habe ich nur das kleine Problem, dass die Klägerin PKH hat.. Bei der Ausgleichung behandle ich sie aber erstmal als normale Partei, auch wenn ihr die gequotelten GK nicht in Rechnung gestellt wurden, oder?

    Außerdem hat mein Vorgänger die PKH-Vergütung ohne Anrechnung überwiesen, da der Anwalt sagte: "Zahlung ist nur auf Klageforderung erfolgt, nicht auf Geschäftsgebühr." Da meine Ansicht jedoch ist, dass die GG im Vergleich tituliert ist, will ich bei der Ausgleichung die Anrechnung machen, stellt das ein Problem dar?

  • Natürlich sieht es dumm aus, wenn bei PKH nicht angerechnet wird, in der Ausgleichung aber schon. Im Zweifel: Vorlage an den BeZi, ob evtl. etwas zurückgefordert wird.

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