Ergänzungspfleger notwendig bei Vaterschaftsanfechtung?

  • Hallo.


    ich bin leicht irritiert, habe mir aber über die Suchfunktion schon zwei threads angesehen.

    Also: Die Mutter (hat elterl. Sorge) klagt selbst gegen den (anerkannten) Vater auf Nichtfeststellung der Vaterschaft. Biologischer Vater ist also jemand ganz anderes.
    Richter legt mir die Sache vor m.d.B. um Bestellung eines Ergänzungspflegers. Ich gucke nicht weiter und schicke die Akte wie üblich zum Jugendamt m.d.B. um Benennung eines geeigneten Pflegers. Das Jugendamt schickt Akte zurück mit der Bemerkung, E.-Pflegschaft nicht notwendig, da die Mutter gegen den Vater klagt und sich die Klage nicht gegen das Kind richtet.


    Hab jetzt einiges gelesen: Erstmal wäre doch vom Richter ein Verfahrensbeistand zu bestellen, das Kind ist ja automatisch Beteiligter nach § 172 FamFG. Dieser vertritt doch dann die Interessen des Kindes und könnte auch ggf. Rechtsmittel einlegen. Das Kind ist im übrigen erst 8 Monate alt.
    Ehrlich gesagt sehe ich auch nicht, warum ich einen Ergänzungspfleger bestellen sollte. Wofür??

  • Der E-Pfleger war zu Zeiten des § 640e ZPO nötig, weil das Kind die Möglichkeit haben sollte, eigenständig über eine streitgenössische Nebenintervention auf einer der beiden Seiten zu entscheiden. Da gibt es eine BGH-Entscheidung, die das in ihren Gründen sehr schön ausführt.

    Das Kind ist Verfahrensbeteiligter kraft Gesetzes (§ 172 FamFG). Sein ggfs. nach § 174 FamFG zu bestellender V-Beistand ist nicht gesetzlicher Vertreter - Satz 2 i. V. m. § 158 Abs. 4 Satz 6 FamFG -. Das Kind benötigt aber einen gesetzlichen Vertreter. Auch im Rahmen des FamFG hat es fundamentale eigene Interessen. Es droht die Gefahr, einen "guten" Vater gegen einen "schlechten" auszutauschen. Diese eigenen Interessen können von denen der Mutter abweichen. Deshalb sehe ich eine Interessenkonfliktsituation und halte die Entziehung der elterlichen Sorge über §§ 1629 II 3, 1796 BGB und Bestellung des E-Pflegers für gerechtfertigt und geboten.

  • Ich sehe das nicht so, dass nebem dem Verfahrensbeistand extra noch ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist (was soll das auch: 2 verschiedene Personen, die das Recht des Kindes in einem Verfahren wahrnehmen - der Sinn wäre nicht nachvollziehbar).

    Aus § 158 Abs. 2 FamFG geht ja gerade hervor, dass die Bestellung eines Verfahrensbeistandes in der Regel erforderlich ist, wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht --> logische Folge: Wenn ich einen Ergänzungspfleger bestellen würde, wäre dieser ja dann gerade der gesetzliche Vertreter und ein Interessengegensatz zum gesetzlichen Vertreter und die Notwendigkeit der Bestellung eines Verfahrensbeistandes gar nicht mehr gegeben ! Der Gesetzgeber wollte also ganz offensichtlich, dass bei eventuellen Interessengegensätzen im Verfahren dies mit einem Verfahrensbeistand komensiert wird, der auch Rechtsmittel einlegen kann. Wenn er gewollt hätte, dass diese durch Vertretungsentzug und Ergänzungspfleger gelöst werden soll, gäbe es gar keinen Inhalt mehr für einen Verfahrensbeistand, denn dessen Aufgaben würden ja schon in den Bereich des Ergänzungspflegers fallen.

    Es hat sich mittlerweile teilweise so die Auffassung gebildet "Lieber einen Pfleger mehr als zu wenig". Aber "zu wenig" ist sicher falsch und "einer mehr als notwendig" ist aber genausowenig zu akzeptieren, da es unnötige Kosten verursacht, nichts bringt und nur die Verfahren in die Länge zieht.

  • Da der Beistand die Interessen des Kindes zwar zu vertreten hat, dies aber aus eigenem Recht (Verfahrensstandschaft), nicht aber gesetzlicher Vertreter, sehe ich seine Kompetenzen als zu kurz definiert an.
    Keidel 16. Aufl. Rd. Nr. 39 zu § 158 FamFG leitet aus Abs. 3 Satz 2 die Konsequenz ab, dass er alle Rechte und Pflichten eines Beteiligten hat.
    Das klingt ja schön, aber was ist, wenn das Kind im vorliegenden Fall auf Seiten des Vaters als Nebeninternenient auftreten will? Es geht dann gegen seine gesetzliche Vertreterin, die Mutter, vor. Die kann es insoweit schlecht vertreten. Es benötigt aber hierfür einen gesetzlichen Vertreter (§ 9 FamFG).
    Ich rede im übrigen auch nicht von zwei Interessenvertretern. Falls ein E-Pfleger bestellt ist, ist ein Beistand nach § 158 FamFG nicht (mehr) erforderlich.

  • Hallo,

    aber wo steht denn, dass das Gericht "anstelle" des Beistands einen Ergänzungspfleger bestellen kann? Immerhin ist die Pflegerbestellung im Gesetz festgelegt mit § 174. Ich konnte den Richter noch nicht erreichen, wenn er allerdings nur einen Pfleger bestellt, könnte das auch Kostengründe haben. Er hat sich nämlich aufgeregt, dass die Beistände jetzt pauschal soviel Geld dafür kriegen :strecker

    Wenn es so sein sollte, wie von Gänseblümchen beschrieben, und das Kind gegen seine Mutter vorgehen würde, würde das doch der Verfahrensbeistand im Vorhinein feststellen, oder nicht? Dann kann doch immer noch ein Ergänzungspfleger betsellt werden. Der Verfahrensbeistand soll doch schließlich die Interessen des Kindes wahrnehmen und würde sich dann schon entsprechenden äussern, denke ich.
    Sonst wäre ja IMMER ein Verfahrensbeistand UND ein Ergänzungspfleger zu bestellen :confused::gruebel:

  • Wie schon an anderer Stelle von anderen Diskutanten vorgetragen, ist so einiges im FamFG schleierhaft und nicht zu Ende gedacht. In der Spitze kann das zu letztendlich drei Interessenwaltern führen: Vater/Mutter, E-Pfleger nach BGB oder V-Pfleger nach §§ 9 FAmFG, 57 ZPO und V-Beistand.

    Was nun richtig ist, kann ich auch nicht sagen. Bevor aber etwas ausgelassen wird, mache ich lieber einen Schritt zu viel, bringe dies den Leuten bei. Einsichtigkeit ist meist gegeben. Denen ist doch das Formale egal.

  • Einen "echten" gesetzlichen Vertreter (= Ergänzungspfleger) bedarf es immer, wenn das Kind etwa gegen seinen sorgeberechtigten gesetzlichen Vertreter vorgehen will, man sich im Verfahren praktisch unmittelbar gegenüber steht.

    In vielen Verfahren, insbesondere den Amtsverfahren (z.B. Entzug der elterlichen Sorge), reicht aber zunächst der Verfahrensbeistand aus, zu anderen Verfahren, wie die familiengerichtlichen Genehmigungen, haben wir hier im Forum schon trefflich unterschiedliche Standpunkte ausgetauscht, ob man überhaupt zwingend einen Pfleger gleich welchen Namens braucht.

    Wie bereits festgestellt: Hat man einen Ergänzungspfleger, braucht man nicht zusätzlich einen Verfahrensbeistand. Umgekehrt kann sich nach Bestellung eines Verfahrensbeistandes im Laufe des Verfahrens (wie hier als Beispiel) herausstellen, dass man doch einen Ergänzungspfleger bestellen muss.

    Die Bestellung des Ergänzungspflegers ist natürlich nicht im FamFG geregelt, sondern im BGB, aber die Notwendigkeit ergibt sich zumindest insoweit aus dem FamFG, als nach diesem das Kind einen "echten" gesetzlichen Vertreter braucht (§ 9 FamFG) und die sorgeberechtigten Eltern davon etwa Kraft Gesetzes (§ 1795 BGB) ausgeschlossen sind. Darum findet man natürlich im FamFG auch den Begriff "Ergänzungspfleger" nicht.

    Alles in allem ist aber doch tatsächlich so, dass rund um Anhörungen und Vertretungen / Pflegern alles sehr undurchsichtig geregelt ist, selbst was Rechtsmittel angeht, wenn ich etwa daran denke, dass zur vormaligen Vorschrift § 57 FGG (Rechtsmittel bei Vormundschaften) sich nichts brauchbares im FamFG wieder findet.

  • Danke für eure Antworten, habe gerade mit dem Richter gesprochen. Er möchte doch lieber den Ergänzungspfleger als gesetzlichen Vertreter und bestellt keinen Verfahrensbeistand. Ist halt doch alles doppelt gemoppelt per gesetz. Das Jugendamt hat sich auch bereit erklärt, also gibts jetzt den Ergänzungspfleger und fertig ;)

  • Habe jetzt praktisch den gleichen Fall am Hals.

    Die Richterin hat mir Akte gegeben zur Bestellung eines Ergänzungspflegers. Habe das auch eingeleitet und einen RA ausgesucht, den wir für sowas immer nehmen.
    Danach bin ich zur Richterin gegangen und habe ihr mitgeteilt, dass sie nun aber wohl auch noch einen Verfahrensbeistand nach § 174 FamFG bestellen muss. Den Verfahrensbeistand, den sie gern genommen hätte, hatte ich ihr schon "weggeschnappt" als Ergänzungspfleger.

    Da sieht man mal wieder, wie fürchterlich dieses FamFG wohl gestrickt ist. Bei dem Verfassen des § 174 hat wohl niemand dran gedacht, dass das Kind ja vielleicht auch eines Ergänzungspflegers als gesetzlichen Vertreter bedarf und dann wohl ein (zusätzlicher) Verfahrensbeistand völlig überflüssig wird. Es kann eben nicht genug dem Staat kosten, und die Verfahren werden durch solche Gesetze auch nicht schneller bearbeitet - im Gegenteil.

    Das pikante an dieser Sache ist noch: Die Kindesmutter ist Deutsche, der Scheinvater (verheiratet) Albaner mit unbekanntem Aufenthalt, Scheidungssache ist auch schon anhängig..... Mal sehen, wie man feststellt, dass der Albaner nicht der Vater des Kindes ist (der biologische Vater hat sich allerdings schon zu erkennen gegeben - vielleicht läuft das dann mit einer positiven Feststellung der Vaterschaft eines anderen ??).

    Hatte gleich diese Woche noch ein anderes Verfahren "dieser Art": Gewaltschutzverfahren zwischen 57-jähriger deutscher Ehefrau und ihrem 30-jährigen türkischem Ehemann - wie man so schön sagt .... "Jeder ist selbst seines Glückes Schmied !".

  • Ergänzung:

    Aus § 174 Satz 2 FamFG geht ja auch hervor, dass u.a. auch § 158 Abs. 5 FamFG entsprechend gelten soll. Danach soll die Bestellung eines Verfahrensbeistandes unterbleiben, wenn die Interessen des Kindes von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten (--> als solchen kann man hier auch den Ergänzungspfleger sehen, der zwar nicht "bevollmächtigt" wurde, aber vom Gericht "bestellt", was im Prinzip sogar noch besser ist) vertrten wird.

    Meiner Ansicht nach wurde dem § 158 Abs. 5 FamFG in der bisherigen Diskussion oder auch bei der Arbeit der Richter noch ein bisschen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

  • In dem von mir heute online gestellten Beschluss weist das OLG Oldenburg auch darauf hin, dass ein Verfahrenspfleger wohl in der Regel nach § 158 Abs. 5 FamFG überflüssig sein dürfte, wenn das Kind durch einen Erg.Pfleger im Verf. vertreten wird.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Habe eine ganz andere Problematik, die hier m.E. reinpasst.

    E.-Pfleger ist bestellt für Vertretung des Kindes im Verfahren Anfechtung der Vaterschaft

    Bisher hatte ich immer Rechtsanwälte die nach RVG abrechnen konnten, weil vom Richter so beschlossen.

    Jetzt einen E-Pfl. der kein RA ist aber diese Aufgabe ebenfalls berufsmäßig übertragen bekommen hat.

    Die Rechnung ist jetzt fast 3mal so hoch und ich frage mich jetzt war das alles notwendig.

    Was sind die Aufgaben eines E-Pfl. im Vaterschaftsanfechtungsverfahren????

  • Hier haben im Übrigen auch die anwaltlichen Ergänzungspfleger in solchen Sachen nach Stunden und mit Auslagen abgerechnet. Nach dem RVG eine 1,3-Gebühr aus 2000 € beträgt 195,00 €, dafür müssten sie nach der anderen Methode knapp 6h gearbeitet haben. Vermutlich wird dann nach in der Mehrzahl der Fälle wohl doch das RVG einen höheren Ertrag bringen, aber sie wissen es einfach nicht, und ich werde mich hüten ....:)

  • Der Pfleger muss Dir ja darlegen, was er in den Stunden gemacht hat, die er abrechnet.
    Wenn Du uns diese Angaben schreibst, können wir Dir sagen, was davon unnötig/unglaubwürdig ist.

    Nach längerer Abwesenheit liegen die Akten immer noch quer im Magen. Es gibt soviel Geschriebsel wann eine Pflegschaft anzuordnen ist und wie abgerechnet wird, aber nix zu den NOTWENDIGEN Tätigkeiten.

    Anschreiben an KV und KM - Wozu? Sie bekommen doch auch die Beschlüsss über die AO der Pflegschaft bzw. wissen durch Ihre eigenen Anwälte, dass sie das Kind im Verfahren nicht vertreten können

    Oder?

    Gespräch in der Häuslichkeit, Diverse Fragen geklärt, persönlichen Kontakt zum Kind

    dann nochmal nach dem 1 Termin - persönlichen Kontakt zum Kind ( kein Grund benannt) 50 Minuten !!!!!

    dann nochmal pers. Kontak wegen Gutachtenerstellung 35 Minuten

    dann nochmal pers. Kontakt ( ohne Angabe) 33 Minuten

    dazu kommen immer 1 1/2 Stunden Fahrtzeit

    Ach ja das Kind ist 6 Jahre .

  • Anschreiben an KV und KM - Wozu? Sie bekommen doch auch die Beschlüsss über die AO der Pflegschaft bzw. wissen durch Ihre eigenen Anwälte, dass sie das Kind im Verfahren nicht vertreten können


    "Hallo, ich bin der vom Gericht bestellte Ergänzungspfleger und teile Ihnen mit, dass ich jetzt aufgrund der durchgeführten Verpflichtung auch tatsächlich handeln darf. Hier meine Kontaktdaten. Für ein Erstgespräch können wir telefonisch einen Termin vereinbaren oder ich komme einfach an Tag X um Y Uhr vorbei. Melden Sie sich, wenn Sie das doof finden."

    Finde ich sinnvoll.

    Zitat

    Gespräch in der Häuslichkeit, Diverse Fragen geklärt, persönlichen Kontakt zum Kind


    "Hallo Kind, ich bin jetzt derjenige, der einige Entscheidungen für dich treffen darf. Dazu muss ich dich ein bisschen kennenlernen.
    Hallo Eltern, lasst mich euch mal erklären, was ihr jetzt nicht mehr dürft, ich aber schon. Das steht sehr juristisch in dem Beschluss und sehr allgemein. Wichtig ist, dass es dem Kind gut geht."

    Zitat

    dann nochmal nach dem 1 Termin - persönlichen Kontakt zum Kind ( kein Grund benannt) 50 Minuten !!!!!

    Da wäre die Angabe eines Grundes schon sinnvoll, sofern es sich nicht aus dem Bericht schließen lässt.
    Generell finde ich, dass die Tätigkeitsbeschreibungen in Vergütungsanträgen gerne zu knapp gefasst werden, was ich regelmäßig beanstande.

    Zitat

    dann nochmal pers. Kontak wegen Gutachtenerstellung 35 Minuten

    Vom Aufgabenkreis umfasst? M.E. ja, da eben die Rechte des Kindes im Vaterschaftsanfechtungsverfahren wahrgenommen werden und das Kind auch z.B. prüfen muss, ob der SV als befangen abzulehnen wäre oder die Begutachtung überhaupt im richtigen Rahmen verläuft.

    Zitat

    dann nochmal pers. Kontakt ( ohne Angabe) 33 Minuten

    Wie oben: Ohne Angabe ist doof.

    Zitat

    dazu kommen immer 1 1/2 Stunden Fahrtzeit

    Legitim. Wenn das Gericht einen Pfleger auswählt, der entsprechend weit weg wohnt, muss es auch die Fahrzeit (und Kilometerpauschale) mit vergüten.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

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