Miterwerber verstorben: Auflassung an auflösend bedingte Vollerbin

  • Ein Kollege hat den folgenden schönen Fall auf dem Tisch, bei dem wir nicht recht weiter kommen:

    Die Eheleute M und F kaufen eine unvermessene Teilfläche. AV wurde eingetragen.

    Dann verstirbt M und wird von F aufgrund eines notariellen Erbvertrages allein beerbt. Allerdings enthält der Erbvertrag eine Wiederverheiratungsklausel, nach welcher bei Wiederheirat die gemeinsamen 3 Kinder K1 bis K3 (alle volljährig) Erben werden.
    Demnach ist F also nur auflösend bedingte Vollerbin und aufschiebend bedingte (befreite) Vorerbin.

    Nach Vermessung des Vertragsgegenstandes erklärt die Notarangestellte N unter Bezugnahme auf eine Vollmacht der Vertragsbeteiligten in dem Kaufvertrag nun die Auflassung allein an F.
    N führt aus, dass M verstorben ist und aufgrund des Erbvertrages von F allein beerbt wurde. (Mehr wird dazu nicht gesagt.)

    Wir haben damit jetzt u.a. folgendene Probleme:

    1. Kann N überhaupt noch von der Vollmacht gebrauch machen? Diese gilt für die Vertragsabwicklung aber sie enthält keine ausdrückliche Regelung, dass sie über den Tod hinaus gelten soll.
      .
    2. Nach dem KV standen die Auflassungsansprüche M und F zu. F hat den Anspruch von M geerbt aber ja doch nur als aufl. bed. Vollerbin. Im Rahmen der Vertragserfüllung müsste die Auflassung doch dann an F zu 1/2 und F als aufschiebend bedingte Vorerbin zu 1/2 erfolgen. Oder?
      .
    3. Kann der Vertrag evtl. noch geändert werden, so dass der Auflassungsanspruch tatsächlich F allein zustünde?
      Wäre dazu die Zustimmung der bedingten Nacherben erforderlich?
      .
    4. Kann die Auflassung überhaupt beanstandet werden? Schließlich braucht das schuldrechtl. Geschäft das GBA doch nicht zu interessieren.

    Wir stehen im Moment ziemlich auf dem Schlauch. :(

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Zumindest würde ich dann, wenn sich die Beteiligten auf den Standpunkt stellen, die Auflassung wäre unproblematisch (und wirklich angreifen kann man sie wohl nicht), feststellen müssen, dass die Löschung der Vormerkung deswegen ausscheidet, weil keine vertragsgemäße Leistung stattfindet. D. h. zur Löschung der AV wird die Zustimmung der (aufschiebend bedingten) Nacherben erforderlich sein, die insoweit bereits jetzt als normale Nacherben zu behandeln sind (Hügel/Zeiser § 51 Rn. 53). Mangels echter Zustimmung wird es schwierig, da der Nachweis der Entgeltlichkeit wohl scheitern dürfte.

    PS: Ach so, ja: Die F dürfte dann bezüglich des geerbeten 1/2 Anteils relativ unwirksam gegenüber dem Vormerkungsberechtigten = in letzter Konsequenz die Nacherben erwerben (§ 888 BGB). Wenn das der Wille der Parteien ist...

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Die Vollmacht an die Notariatsangestellte ist ok (Auslegung: gilt auch über den Tod hinaus).
    Auflassung ist auch OK, der Erwerber erwirbt jetzt alleine, bei der Löschung der Vormerkung sehe ich auch kein Problem, da der "Nacherbe" mehr bekommt als den schuldrechtl Anspruch, nämlich 1/2 Anteil Miteigentum(quasi), alleine was du bedenken musst,ist, dass du an dem ganzen Grundstück einen Nacherbenvermerk hinsichtlich eines ideellen 1/2 Anteils einträgst.

  • Das Ganze noch einmal in "Langfassung":

    Zu 1): Nach meiner Ansicht erlosch die Vollmacht, zumal als Abwicklungsvollmacht, nicht mit dem Ableben des M (§§ 167 S.1, 672, 675 BGB). Darauf kommt es aber eigentlich gar nicht an, weil F Alleinerbin des M ist und die Vollmacht auch von F erteilt wurde. Wenn es darauf ankäme, würde es keine Rolle spielen, ob F Vollerbin oder Vorerbin ist. Der Nacherbe braucht beim Grundstückserwerb des Vorerben mit Mitteln des Nachlasses nicht mitzuwirken.

    Zu 2): Die Auflassung erfolgt immer an F alleine (Frage: An wen hätte sie denn sonst erfolgen sollen?). Ob sie zur Hälfte zu ihrem Eigenvermögen und zur Hälfte als Vorerbin erwirbt, ist keine Frage der Wirksamkeit der Auflassung, sondern spielt nur für die Frage eine Rolle, ob ein Nacherbenvermerk einzutragen ist.

    Zu 3): Aus 2) ergibt sich, dass der Vertrag nicht geändert werden muss. Dafür sehe ich auch keinen Anlass. Wäre M erst nach dem Eigentumserwerb verstorben, wäre F auch Alleineigentümerin, zur Hälfte aber mit der Nacherbfolge beschwert. Das ist also gar nichts Besonderes.

    Zu 4): Die Auflassung kann aus den genannten Gründen nicht beanstandet werden. Gleichwohl kann F nur als Alleineigentümerin eingetragen werden, wenn für einen Hälfteanteil auch der Nacherbenvermerk eingetragen wird. Der erworbene Hälfteanteil ist Surrogat des in die Vorerbschaft fallenden hälftigen Erwerbsanspruchs (§ 2111 BGB). Der guten Ordnung halber würde ich einen Antrag zur Eintagung dieses „hälftigen“ Nacherbenvermerks verlangen, obwohl er streng genommen nicht notwendig ist. Denn wenn die Erbfolge bei der Vormerkung vermerkt worden wäre, würde der Nacherbenvermerk schon jetzt im Grundbuch stehen, weil er von Amts wegen eingetragen worden wäre (§ 51 GBO). Da das Vormerkungsstadium für die Erbfolge „übersprungen“ wird, kann die Eintragung des Nacherbenvermerks somit nunmehr ebenso gut von Amts wegen beim (hälftigen) Eigentum erfolgen. Dazu würde ich die Beteiligten aber noch anhören, weil sie sich offenbar noch nicht über die Rechtslage im klaren sind. Andererseits gilt aber natürlich: Der „hälftige“ Nacherbenvermerk muss eingetragen werden. Die Eintragung von F als Alleineigentümerin (ohne Vermerk) würde das Grundbuch unrichtig machen, weil sie F als unbeschränkte Eigentümerin ausweisen und die bestehende Verfügungsbeschränkung nicht verlautbaren würde.

    Hinweis: Nach zweifelhafter hM können die Nacherben durch nach § 29 GBO formbedürftige Erklärung auf die Eintragung des Nacherbenvermerks verzichten, allerdings nur unter Mitwirkung der Ersatznacherben (hier: Erblasserenkel nach § 2069 BGB). Das wäre eine Alternative zur „Vertragsänderung“ gemäß Ziffer 3). Davon würde ich aber die Finger lassen und es auch nicht ansprechen, weil dazu kein Anlass besteht. Näheres dazu bei Demharter § 51 Rn.26 m.w.N.

  • Wir danken Euch für die hilfreichen Antworten! Sehr gut! :)

    Ulf

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  • Hallo!

    Habe gerade einen ähnlich gelagerten Fall (bzw. die Notarin, die gern den Rat des GBA dazu hätte :gruebel: )

    M und F haben eine unvermessene Teilfläche zu je 1/2 gekauft, AV ist eingetragen.
    Kurz vor Messungsanerkennung/Auflassung verstirbt M und wird von F als befreite Vorerbin beerbt. Nacherbfolge tritt ein bei Tod der Vorerbin.

    Nun ist uns nicht ganz klar, an wen die Auflassung erklärt muss (machen die Beteiligten selbst, Vollmachten gibt es keine).
    Nur an F für sich und als Vorerbin des M oder müssen hier auch die Nacherben bereits mitwirken?

    Wenn man hier #4 anwenden kann müsste die Auflassungserklärung zwischen Verkäufer und F allein erfolgen
    und dann ein NE-Vermerk an einer ME-Hälfte eingetragen werden oder?
    Wie sähe das praktisch aus, trage ich dann F in Abt. I zweimal ein (1.1 und 1.2) und belaste 1.2 mit NE-Vermerk -so Vorschlag meiner Kollegin-
    oder trage ich F nur einmal ein und dann bei NE-Vermerk "nur lastend an einer ME-Hälfte..." -so mein Vorschlag- ?

    Vielen Dank!

  • Nach meiner Ansicht letzteres.

    Wenn Eheleute hälftige Eigentümer sind und der eine den anderen zum Vorerben einsetzt, dann wird der überlebende Ehegatte als nunmehriger Alleineigentümer auch nur einmal in Abt. I vorgetragen und es kommt lediglich im Nacherbenvermerk zum Ausdruck, dass sich die Nacherbfolge auf den vormaligen Hälfteanteil des Erblassers beschränkt.

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