Pietätlos?

  • Hab noch einen uralt Vergütungsantrag für die Zeit vorm 01.07.2005 in einer Akte gefunden. Der Betreuer beantragt darin, die Abrechnung einer Stunde für die Teilnahme an der Beerdigung des Betroffenen. Er hat den Verstorbenen 5 Jahre betreut. Ist es Pietätlos, wenn ich die Stunde absetze, da die ja nun nichts mehr mit der Betreuertätigkeit zu tun hat? Fraglich wäre ja auch, unter welchen Aufgabenkreis die Teilnahme an der Beerdigung fallen würde.
    Im Endeffekt geschmacklos vom Betreuer finde ich, dass dieser überhaupt für die Feierlichkeit noch Stunden abrechnet. :mad:

  • Ich finde es schon ein wenig daneben von dem Betreuer, dass er die Zeit für die Beerdigung hier geltend macht. Entweder hätte er fern bleiben sollen, wenn es ihn persönlich nicht interessierte, oder es ist als reines Privat"vergnügen" zu werten. Jedenfalls dürfte es wohl nicht in seinen Tätigkeitsbereich fallen.
    Außerdem dachte ich immer, die Betreuung - und damit auch der Vergütungsanspruch - endet mit dem Tod des Betreuten. Dann wäre doch die Beerdigung ohnehin außerhalb der Betreuung anzusiedeln.

    Das ist jetzt so eine Bauch-Antwort. Betreuung ist nicht unbedingt gerade mein Fachgebiet.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Grundsätzlich hat Vergütung m.E. nichts mit Pietät zu tun, sondern mit der Frage, ob die zu vergütende Tätigkeit erforderlich war. Das ist bei der Beerdigungsteilnahme rein formell m.E. mal zu verneinen, weil
    1. das Betreuungsverfahren mit Tod des Betreuten endet;
    2. der Betreute von der Beerdigungsteilnahme des Betreuers nix mehr hat - allenfalls die Angehörigen des Betreuers, deren Betreuer der Betreuer aber nicht ist.

    Ich habe auch schon als Betreuer / Insolvenzverwalter an Beerdigungen meiner "Kunden" teilgenommen, wäre aber nie auf die Idee gekommen, dafür etwas zu verlangen bzw. verlangen zu können.

    Ein Aspekt könnte allenfalls noch sein, ob die Vergütung im konkreten Fall von der Staatskasse oder aus dem Nachlass bezahlt wird. Bei Staatskasse scheidet m.E. eine Vergütung für die Beerdigungsteilnahme in jedem Fall aus. Falls der Nachlass haftet, würde ich vielleicht die Erben fragen, ob ihnen die Teilnahme des Beteuers an der Beerdigung eine Vergütung wert ist und dann ggf. festsetzen.

  • Die Betreuung endet mit dem Tod, also keine Vergütung. Meine Kollegin, die vorwiegend Betreuungen macht, geht übrigens immer auf die Beerdigung, gleich wie lange sie die Betreuung hatte. Sie käme allerdings nicht auf die Idee, dies abrechnen zu wollen.

  • Völlig richtig.

    Es ehrt den Betreuer zwar, wenn er an der Beerdigung seines Schützlings teilnimmt. Aber Vergütung gibt es dafür keine.

  • @Chick
    Wenn Vergütung gegen den Nachlaß, dann vor Festsetzung Anhörung der Erben, sagen die nix, dann Festsetzung.
    Hier jedoch Vergütung aus der Staatskasse, daher keine Festsetzung dieser Stunde.

    Ulf
    Richtig, die Betreuung endet mit Tod, dennoch sind verschiedene Aufgaben nach dem Tod des Betroffenen nach altem Recht auch vergütungsfähig, da der Betreuer ja nicht pauschal, sondern Stundenweise abrechnet und ja nicht genau am Todestag, die Arbeit niederlegt. Ich habe daher das vergütet, was ich noch als notwendig und angemessen nach dem Versterben empfand. Dazu gehört natürlich die Erstellung der Schlussrechnung und die Übergabe der Unterlagen an die Erben. Das ein Betreuer noch extra Vergütung für die Beerdigung seines Schützlings beantragt, war mir neu und weil ich mich da grad spontan drüber geärgert habe, dachte ich mir, stell ichs mal ins Forum.

  • Zitat von Anja


    Wenn Vergütung gegen den Nachlaß, dann vor Festsetzung Anhörung der Erben, sagen die nix, dann Festsetzung.
    Hier jedoch Vergütung aus der Staatskasse, daher keine Festsetzung dieser Stunde.


    Kann es wirklich einen Unterschied machen, wer die Vergütung zu zahlen hat, ob für eine Tätigkeit ein Anspruch entstanden ist oder nicht?! Das halte ich für bedenklich.
    :confused:

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Pietätlos? Ja, aber das betrifft nur das Verhalten der Betreuerin diese Kosten überhaupt ersetzt haben zu wollen!

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Eine Festsetzung gegen den Nachlass halte ich auch bei Zustimmung der Erben für unzulässig. Für die Vergütung des Nachlasspflegers gilt Vormundschaftsrecht. Die Festsetzung der Vergütung durch das Vormundschaftsgericht wirkt also konstitutiv. Eine fehlende Rechtsgrundlage für die Festsetzung kann aber nicht durch das Einverständnis der Erben ersetzt werden. Sollen sie ihm doch die geltend gemachte Vergütung zahlen, wenn sie wollen. Aber gerichtliche Festsetzung? Nie und nimmer!

    @ Ernst P.: Genau!

  • Zitat von Ernst P.

    Pietätlos? Ja, aber das betrifft nur das Verhalten der Betreuerin diese Kosten überhaupt ersetzt haben zu wollen!



    100 % :zustimm: . Das war auch mein erster Gedanke beim Lesen des Sachverhalts.

  • Es gibt doch immer wieder Sachen von denen man glaubt, die gibt es gar nicht.
    Also für die Beerdigung abzurechnen ist ja wohl total daneben. Da würde mich mal die Begründung des Betreuers interessieren, weshalb diese Tätigkeit vergütungsfähig sein sollte. Ich denke, dass Tätigkeiten wie Rechungslegung und Übergabe an die Erben und solche Sachen aus der Natur der Sache heraus nach altem Recht noch vergütungsfähig waren, ist kein Thema, aber die Teilnahme an einer Beerdigung...
    Da komm ich echt nicht drüber weg, dass jemand das tatsächlich beantragt :nzfass:

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Zitat von Ulf

    Kann es wirklich einen Unterschied machen, wer die Vergütung zu zahlen hat, ob für eine Tätigkeit ein Anspruch entstanden ist oder nicht?! Das halte ich für bedenklich.
    :confused:


    Zitat von womü

    Eine Festsetzung gegen den Nachlass halte ich auch bei Zustimmung der Erben für unzulässig.



    Bedenklich ist das schon. Nach meiner Erinnerung steht allerding z.B. im Bienwald, dass die Erben freiwillig dem Ex-Betreuer eine über VBVG liegende Vergütung bewilligen können. Ausgehend von dieser Binsenweisheit war meine Überlegung, dass man dann aus Vereinfachungsgründen auch gleich in den Vergütungsbeschluss aufnehmen könnte, was die Belasteten ggf. ohnehin (ausdrücklich!) akzeptieren.

    Rechtlich einwandfrei ist das natürlich nicht, aber pragmatisch.:)

  • Zitat von chick

    Nach meiner Erinnerung steht allerding z.B. im Bienwald, dass die Erben freiwillig dem Ex-Betreuer eine über VBVG liegende Vergütung bewilligen können.



    Dann sollen die Erben das mal schön außerhalb des Betreuungsverfahrens mit dem Ex-Betreuer machen, wenn sie so dankbar sind. Spricht ja nichts dagegen. Aber im Betreuungsverfahren selbst hat das m.E. nichts verloren.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Für die Tätigkeit "Teilnahme an der Beerdigung" ist keine Vergütung zu zahlen. Es handelt sich sicherlich nicht um eine zur Rechtsfürsorge des Betreuten erforderliche Tätigkeit. Nur diese sind allerdings zu vergüten. Also auch keine Festsetzung gegen den Nachlass. Ob die Erben dem Betreuer für dessen Teilnahme an der Beerdigung freiwillig etwas zahlen ist deren Sache. Eine Festsetzung kann nicht erfolgen. Aber man wundert sich (nach der Pauschalierung natürlich nicht mehr) immer wieder über Vergütungsanträge für Zeitaufwand wie Teilnahme an der Geburtstagsfeier, einem Sommerfest im Heim oder das Verfassen von Glückwunschkarten etc.

    Pietätlos ist die Absetzung sicherlich nicht eher die Antragstellung :daumenrun

  • Zitat von Kaktus
    Zitat von Ernst P.

    Pietätlos? Ja, aber das betrifft nur das Verhalten der Betreuerin diese Kosten überhaupt ersetzt haben zu wollen!



    100 % :zustimm: . Das war auch mein erster Gedanke beim Lesen des Sachverhalts.




    Genau der Meinung kann ich mich nur anschließen. :zustimm: Die Zeit für die Beerdigung hat bei uns auch noch niemand vergütet haben wollen.
    Ich würde das auch sofort absetzen, wenn ich das in meinen Akten finden würde, denn wir haben leider auch noch sehr viele unbearbeitete Alt-Vergütungsanträge.:(

  • Eine Tätigkeit ist entweder immer (aus dem Nachlass oder aus der Staatskasse) erstattungsfähig oder sie ist es nicht. Hier ist sie es nicht. Also gibt es keine Vergütung. Basta.

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