Terminsgebühr bei Anerkenntnis im schriftlichen Vorverfahren

  • Moin zusammen.

    WEG-Verfahren wegen Anfechtung eines Beschlusses der Eigentümerversammlung.

    Das schriftliche Vorverfahren nach §§ 272 II, 276 ZPO wird angeordnet. Direkt nach Zustellung des 276er Beschlusses nebst Belehrungen erkennt die Beklagte den Klageanspruch vollumfänglich an, es ergeht ein Anerkenntnisurteil. Einzige Tätigkeit vor Erlass des Urteils ist mithin das Einreichen der Klage.

    Dennoch macht der Klägervertreter eine Terminsgebühr geltend. Tätigkeiten im Sinne von Vorbemerkung 3 Abs. 3 RVG wurden nicht vorgetragen.

    Nach Gerold/Schmidt, Rn. 49 - 53 zu VV 3104 RVG ist dies möglich.
    Mein Rechtsempfinden sagt mir jedoch ebenso wie der Wortlaut der VV 3104 RVG und die Anmerkungen im Gesetzestext, dass in diesem Fall sogar mal tatsächlich *keine* TG entstehen dürfte.

    Was sagt ihr dazu?

  • Aus einem Kosten-Skript:

    III. Verfahren nach § 307 ZPO

    Das Anerkenntnisurteil kann gem. § 307 S. 2 ZPO immer ohne mündliche Verhandlung ergehen. Zur Entstehung ist die Stellung des Klageantrags und der Erlass des Anerkenntnisurteils erforderlich. Ein Antrag auf Erlass eines Anerkenntnisurteils gem. § 307 ZPO ist dagegen nicht erforderlich. Die Entstehung einer Terminsgebühr in diesen Fällen ist sachgerecht, da ansonsten kein Anreiz für die Anwälte bestehen würde, das schriftliche Verfahren nach § 307 ZPO zu betreiben.

    Beispiel:
    R reicht Klage ein. Schriftliches Verfahren wird durchgeführt. Der Beklagtenvertreter
    erkennt die Klageforderung schriftsätzlich an, worauf im schriftlichen Vorverfahren
    Anerkenntnisurteil gem. § 307 ZPO ergeht.

  • Wieso spricht die Anm. zu Nr. 3104 VV gegen die Entstehung einer Terminsgebühr? Sie spricht doch m. E. deutlich für die Entstehung. Seit das WEG-Verfahren nach der ZPO läuft, in der eine mündliche Verhandlung obligatorisch ist, steht doch der Anfall einer TG bei einem AU außer Frage?

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  • Wieso spricht die Anm. zu Nr. 3104 VV gegen die Entstehung einer Terminsgebühr? Sie spricht doch m. E. deutlich für die Entstehung. Seit das WEG-Verfahren nach der ZPO läuft, in der eine mündliche Verhandlung obligatorisch ist, steht doch der Anfall einer TG bei einem AU außer Frage?



    Sehe ich (allerdings mehr vom Gefühl her als rechtlich fundiert) anders, aber okay, ich gebe mich geschlagen ;)

    Wobei durch die ganzen Möglichkeiten, diese Gebühr zu verdienen, die "Terminsgebühr" ad absurdum geführt wird, wenn es sich in diesen einfach gelagerten Fällen eher um eine "zweite Verfahrensgebühr" handelt. Aber das ist wiederum ein Problem in der Gesetzgebung (und möglicherweise auch nur eine Einzelmeinung).

  • Wobei durch die ganzen Möglichkeiten, diese Gebühr zu verdienen, die "Terminsgebühr" ad absurdum geführt wird, wenn es sich in diesen einfach gelagerten Fällen eher um eine "zweite Verfahrensgebühr" handelt.


    Der Grund für diesen großen Anwendungsbereich auch der TG mit Einführung des RVG ist ja gewesen, in allen Verfahrensabschnitten die einvernehmliche Verfahrensbeendigung entsprechend zu honorieren. Wenn das Gericht (Richter/Rpfleger) manchmal wüßte, was ihnen aufgrund der anwaltlichen Tätigkeit außerhalb des Gerichtssaales für Arbeit erspart bleibt... Zum anderen ist nun einmal der Aufwand anwaltlicher Tätigkeit und sein/ihr Einsatz nicht unbedingt aus der Verfahrensakte ersichtlich. Insofern bedeutet auch ein vermeintlich einfacher Sachverhalt nicht, daß auch die Tätigkeit des/der RA/in auf dem gleichen Level lag.

    Und letztlich gibt's auch immer das Argument der "Mischkalkulation". Was meinst Du, wie viele tatsächlichen gerichtlichen Termine (3, 4) in nur einem jahrelangen Rechtsstreit schon stattgefunden haben. Da spricht einiges gegen den nur einmaligen Anfall einer TG - und so gleich sich das alles am Ende aus (so jedenfalls die Theorie).

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  • Wieso spricht die Anm. zu Nr. 3104 VV gegen die Entstehung einer Terminsgebühr? Sie spricht doch m. E. deutlich für die Entstehung. Seit das WEG-Verfahren nach der ZPO läuft, in der eine mündliche Verhandlung obligatorisch ist, steht doch der Anfall einer TG bei einem AU außer Frage?



    Sehe ich (allerdings mehr vom Gefühl her als rechtlich fundiert) anders, aber okay, ich gebe mich geschlagen ;)

    Wobei durch die ganzen Möglichkeiten, diese Gebühr zu verdienen, die "Terminsgebühr" ad absurdum geführt wird, wenn es sich in diesen einfach gelagerten Fällen eher um eine "zweite Verfahrensgebühr" handelt. Aber das ist wiederum ein Problem in der Gesetzgebung (und möglicherweise auch nur eine Einzelmeinung).



    Ich sehe es auch so, dass die TG immer schneller entsteht. Welche genauen Absichten des Gesetzgebers dahinter stehen, kann ich auch nicht sagen. Ziel soll ja sein, eine außergerichtliche und schnelle Streitbeilegung in jedem Stadium des Verfahrens zu fördern.
    In Deinem Falle sehe ich es wie 13 und Bolleff.

    Bolleff war schneller.

  • Um die Einzelmotivation(en) des Gesetzgebers kümmere ich mich zugegebenermaßen in diesen Fällen kaum. Die Prämisse lautet: Für die "Erwirkung" des VU bzw. AU/Urt. nach § 495a ZPO gibt es die 0,5 bzw. 1,2 TG. Von einzelnen Besonderheiten, die relativ selten sind, mal abgesehen verfahre ich nach dieser Regel.

  • Um die Einzelmotivation(en) des Gesetzgebers kümmere ich mich zugegebenermaßen in diesen Fällen kaum. Die Prämisse lautet: Für die "Erwirkung" des VU bzw. AU/Urt. nach § 495a ZPO gibt es die 0,5 bzw. 1,2 TG. Von einzelnen Besonderheiten, die relativ selten sind, mal abgesehen verfahre ich nach dieser Regel.


    :zustimm:, wobei auch bei immer mehr VU eine 1,2 TG entsteht, weil der Klägervertreter die Klage mit dem Richter erörtert hat. Und schon ist die 1,2 TG entstanden...


  • :zustimm:, wobei auch bei immer mehr VU eine 1,2 TG entsteht, weil der Klägervertreter die Klage mit dem Richter erörtert hat. Und schon ist die 1,2 TG entstanden...


    Richter reicht nicht, es muss schon der Gegner sein


  • :zustimm:, wobei auch bei immer mehr VU eine 1,2 TG entsteht, weil der Klägervertreter die Klage mit dem Richter erörtert hat. Und schon ist die 1,2 TG entstanden...


    Richter reicht nicht, es muss schon der Gegner sein


    Wenn Du Frau Onderkas Meinung vertrittst ... Ansonsten sehen das aber einige Literaten und Gerichte bisher anders. Vgl. mal Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, 19. Aufl. 2010, Rn. 42 ff. zu 3105 VV: Es reicht für die Entstehung der 1,2 TG aus, daß mit dem Gericht die Schlüssigkeit (BGH, NJW 2007, 1692 = AnwBl 2007, 383; KG, RVGreport 2006, 184; LAG Hessen, RVG-Letter 2006, 51 = RVGreport 2006, 273; LAG Frankfurt, NZA-RR 2006, 436; Hartung/Römermann-Schons, VV 3105 Rn. 8; Hartmann, VV 3105 Rn. 5; Mayer/Kroiß, VV 3105 Rn. 3, 13; a. A. Schneider/Wolf-Onderka, VV 3105 Rn. 12) oder Zulässigkeit der Klage (KG, JurBüro 2009, 29 = RVGreport 2009, 18) erörtert wird.

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  • Nun weckt bloß keine schlafenden Hunde! :teufel:
    Vielfach ist das nämlich gar nicht bekannt. In meinem Beritt wird bei einem VU immer treu und brav die 0,5 Gebühr angesetzt. :unschuldi

  • Nun weckt bloß keine schlafenden Hunde! :teufel:
    Vielfach ist das nämlich gar nicht bekannt. In meinem Beritt wird bei einem VU immer treu und brav die 0,5 Gebühr angesetzt. :unschuldi



    Wau!. Bei mir schlafen die Hunde schon lange nicht mehr, d.h. ich habe es sehr oft damit zu tun, dass ein RA bei Erlass eines VU eine 1,2 TG ansetzt. Wenn aus dem Protokoll dann hervorgeht, dass eine Erörterung stattgefunden hat, bekommt er sie auch.

  • Na ja, bei Deinen SW lohnt sich das ja auch wesentlich eher. Bei mir ist das trotz mittlerweile gängiger Cent-Fuchserei bislang nicht durchgedrungen. Und da ich an den Antrag gebunden bin... :teufel:

  • Hänge mich hier mal dran, weil ich gerade ein ähnliches Problem habe.
    Schriftliches Vorverfahren wird angeordnet, kurz danach kommt Hauptsacheerledigungserklärung des Klägers, da der Beklagte die Hauptforderung wohl bezahlt hat.
    Der Beklagte äußert sich daraufhin innerhalb der gesetzten Notfrist nicht und es ergeht Beschluss über die Kosten nach übereinstimmender Erledigterklärung gem. § 91 a Abs. 1 S. 2 ZPO.
    Nunmehr will der Klägervertreter eine 1,2- Terminsgebühr nach dem Wert der bis dahin entstandenen Kosten... Also ich weiß ja nicht :gruebel:

  • LS
    Wenn nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien ohne mündliche Verhandlung gemäß § 91a ZPO nur noch über die Kosten entschieden wird, entsteht keine Terminsgebühr.

    OLG Rostock, Beschl. v. 16.04.2008 - 5 W 74/08

    AGS 2008, 283 = OLGR Rostock 2008, 588 = MDR 2008, 1066 = RVGreport 2008, 262 = juris (KORE 210692008)

  • LS
    Wenn nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien ohne mündliche Verhandlung gemäß § 91a ZPO nur noch über die Kosten entschieden wird, entsteht keine Terminsgebühr.

    OLG Rostock, Beschl. v. 16.04.2008 - 5 W 74/08

    AGS 2008, 283 = OLGR Rostock 2008, 588 = MDR 2008, 1066 = RVGreport 2008, 262 = juris (KORE 210692008)


    :zustimm:. Ansonsten: lass Dir doch von dem Kägervertreter das Entstehen/Erstattungsfähigkeit der 1,2 TG erläutern. Das mache ich immer so, wenn ich am Entstehen einer Gebühr Zweifel habe.

  • Hallo!
    Ich hab da grad auch so ein Problem zu dem Thema...
    Klage wird eingereicht mit Streitwert 7.000,-
    dann wird das schriftl. Vorverfahren angeordnet. Der Bekl. erkennt die Forderung teilw. an, daher ergeht Teil-Anerkenntnisurteil über 1.000,-.
    Danach findet ein Temin statt und es ergeht schlißlich Endurteil.
    Der Richter setzt den Streitwert bis zum Teil-AU auf 7.000,- und ab dem Teil-AU auf 6.000,- fest.
    Ist dann jetzt eine TG nach 7.000,- entstanden? Ist ursprünglich nach dem Teil-AU eine TG nach 1.000,- entstanden, die dann in der später entstehenden TG nach 6.000,- untergeht?

  • Ist dann jetzt eine TG nach 7.000,- entstanden? Ist ursprünglich nach dem Teil-AU eine TG nach 1.000,- entstanden, die dann in der später entstehenden TG nach 6.000,- untergeht?


    :daumenrau Genau. Es ist zuerst eine TG aus 1.000,- € (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV) und danach aus 6.000,- € (Nr. 3104 VV) entstanden. Da die TG aber nur einmal entsteht, werden ihre Werte nach § 22 I RVG addiert, so daß es am Ende auf eine TG nach 7.000,- € hinausläuft.

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  • :daumenrau Genau. Es ist zuerst eine TG aus 1.000,- € (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV) und danach aus 6.000,- € (Nr. 3104 VV) entstanden. Da die TG aber nur einmal entsteht, werden ihre Werte nach § 22 I RVG addiert, so daß es am Ende auf eine TG nach 7.000,- € hinausläuft.

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