Problematik §15a RVG/ §11 RVG/ Nachliquidation

  • Hallo,

    folgender Fall:

    RA beantragt Festsetzung gegen die eigene Partei gemäß §11 RVG im Juni 2009. Festgesetzt werden soll

    - außergerichtliche Geschäftsgebühr
    - Verfahrensgebühr
    - Anrechnung Verfahrensgebühr
    - ...

    Die Festsetzung erfolgt im September 2009, die außergerichtliche Geschäftsgebühr wird abgesetzt, die Anrechnung wird jedoch stehen gelassen.

    Ca. 1 Jahr nach Rechtskraft des KoF kommt ein Antrag auf Nachliquidation: Die restliche 0,65 Verfahrensgebühr solle auch festgesetzt werden, die Anrechnung von damals somit quasi annuliert werden. Verwiesen wird auf §15a, der nach BGH auch auf Altfälle anzuwenden ist.

    - Meine Frage: Findet der §15a bei §11 RVG überhaupt Anwendung? §15 II RVG regelt ja nur, dass ein Dritter sich auf die Anrechnung berufen könne. Habe leider grade keine Kommentare hier zum Nachschlagen :oops:

    - Kommt hier eine "Nachliquidation" überhaupt in Betracht? Der Antrag wurde rechtskräftig unter Anrechnung der Gebühr beschieden. Eine Nachliquidation kommt eigentlich ja nur in Betracht, wenn der RA etwas vergessen hat, nicht wenn eine Gebühr reduziert wurde (deswegen auch keine Nachliquidierung, wenn z.B. Fahrtkosten abgesetzt wurden und diese später nachliquidiert werden sollen- steht soweit ich weiss im Zöller unter Nachliquidation).

    Danke für die Hilfe ;)

    Gruss,
    Peter

  • Die Verwirrung rührt von dem Begriff "Altfall" her. "Altfall" in dem hier bedeutsamen Sinn ist für den Entscheider trotzdem ein "Neufall". Das Alte am Altfall ist nämlich nicht der Zeitpunkt der Entscheidung, sondern ein für die heutige Entscheidung relevanter in der Vergangenheit liegender Zeitpunkt.

    Die immer noch umstrittene , für den Fall des Threadstarters aber unerhebliche Frage,

    - ob § 15 a RVG bei heutiger Rechtsanwendung auf Altfälle anzuwenden ist,

    ist deshalb strikt zu unterscheiden von der hier relevanten Frage,

    - ob § 15 a RVG rückwirkend auch auf die aufgrund schon stattgefundener früherer Rechtsanwendung abgeschlossenen Fälle anzuwenden ist.

    Letzteres ist nicht der Fall. Selbst wenn man der Mehrzahl der BGH-Senate folgt, die § 15 a RVG auch für auf Altfälle anwendbar halten, bedeutet diese Rechtsprechung selbstverständlich nicht, dass eine bereits ergangene rechtskräftige Entscheidung nachträglich in einer Art "außerordentlichen Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelverfahrens" korrigiert werden könnte oder müsste. Dafür fehlt jede gesetzliche Grundlage. Es handelt sich hier um nichts anderes als um den vermutlich Tausend mal am Tag vorkommenden Fall, dass eine BGH-Entscheidung ergeht, die sich auf bereits abgeschlossene Fälle so auswirkt, dass man sich sagt: Hätte man das damals gewusst ...



  • Die anrechnungsgeminderte Verfahrensgebühr wurde jedoch antragsgemäß festgesetzt. Nunmehr soll nachliqudiert werden.
    Stellen sich mir die Fragen:
    a) Ist die ursprüngliche Bemessung der Verfahrensgebühr durch den Anwalt verbindlich erfolgt?
    b) Gilt die Rechtsprechung des BGH zu § 15a RVG in der Kostenfestsetzung sowohl im Außenverhältnis als auch im Innenverhältnis?

  • Ich sehe es wie Valerianus: über den Antrag wurde rechtskräftig entschieden, da ist nix mehr zu machen. Deshalb stellen sich mir da auch überhaupt keine weiteren Fragen, über die ich zeitintensiv nachdenken müsste....

    Ganz so einfach sehe ich den Sachverhalt nun nicht - und bin mir dementsprechend unsicher.

    Es wurde zwar über den Antrag rechtskräftig entschieden, aber es wurde bis auf die GG (die ja nun in dem Antrag auch nix zu suchen hatte, darüber dürften wir uns einig sein) ja auch nichts abgesetzt. Die Anrechnung hatte ja, quasi in vorauseilendem Gehorsam, der RA bereits selbst vorgenommen, wenn auch vermutlich nur aufgrund der fälschlichen Aufnahme der GG in den Antrag. Da also eben gerade nicht 0,65 von der geltend gemachten VG abgesetzt wurden, sondern diese auch nur in Höhe von 0,65 beantragt wurde, dürfte m. E. durchaus Raum für einen Antrag auf Nachfestsetzung bestehen - die rechtskräftige Entscheidung betrifft ja hier nur das, was auch geltend gemacht wurde.

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Ich schließe mich skuggas Gedanken an. :daumenrau

    Über eine Hälfte der VerfG wurde rechtskräftig entschieden, die andere Hälfte ist noch nicht berücksichtigt worden. Nachliquidierung sollte möglich sein.

    Der RA hat nur eine halbe VerfG bislang zur Festsetzung begehrt.


  • Ganz so einfach sehe ich den Sachverhalt nun nicht.

    Die Anrechnung hatte ja, quasi in vorauseilendem Gehorsam, der RA bereits selbst vorgenommen



    So "einfach" habe ich es mir ja auch nicht gemacht. Das Problem ist - mutatis mutandis - das jenige der Rechtskraft von Teilklagen. Oder das bei der Kürzung von Gehältern mit übertariflicher Bezahlung (welcher Teil ist betroffen?). Also eine bekannte Problematik.

    Wenn erkennbar nur ein Teil eingeklagt (bzw. dem Kf-Verfahren zugeführt) ist, ist über den anderen noch nicht entschieden. Dann müsste das aber so im Antrag zum Ausdruck kommen. Wenn hingegen der eingeklagte "Teil" als Ergebnis einer (rechtsirrigen) Anrechnung ein "Rest" wurde, dann ist dieser Rest ein "Ganzes" und dann steht auch insgesamt die Rechtskraft fest.



  • Womit die Frage a) in #3 mit ja beantwortet wäre.

  • :gruebel:

    Der RA hat laut Sachverhalt die volle GG in den Festsetzungsantrag gepinselt, aber nur die halbe VerfG.

    Die GG wurde ihm gestrichen - weil die im Festsetzungsverfahren nichts zu suchen hat. Es verblieb die um die halbe GG verminderte VerfG übrig. Damit wurde nur über die VerfG abzüglich halbe GG entschieden.

    Ich bleib dabei: Über die andere Hälfte der VerfG wurde nicht entschieden. :teufel:

  • Der RA hat laut Sachverhalt die volle GG in den Festsetzungsantrag gepinselt, aber nur die halbe VerfG.



    Vielleicht habe ich den SV nicht richtig verstanden, aber es stand doch die 1,3 VG im Antrag - es wurde also die volle Gebühr beantragt. Die Anrechnung erfolgte natürlich aufgrund der damaligen Rechtsprechung absolut korrekt. Für mich hört sich das schon nach einer Entscheidung über die volle Gebühr mit einer Absetzungsbegründung an.

    Hätte von vornherein nur eine 0,65 VG im Antrag gestanden und nix zur GG, würde ich auch sagen, dass die andere Hälfte der VG noch nicht angemeldet war, somit noch keine Entscheidung über diese getroffen wurde und sie noch festgesetzt werden kann.

  • Meine Kristallkugel sagt mir, dass wir in diesem Fred nicht zu einer gemeinsamen Auffassung kommen werden... :D

    Mir genügt es auch völlig, wenn wir lediglich zu einer richtigen Auffassung kommen :teufel:.

    Spaß beiseite: Falsche Rechtsanwendung erweitert doch nicht den Streitgegenstand.

    Eindeutiges Beispiel:

    A klagt gegen B wegen eines Verkehrsunfalls ein Schmerzensgeld ein, das er infolge irriger Anwendung der §§ 249 ff. BGB und der Hack'schen Tabelle auf 5.000,00 € beziffert. Die Klage wird rechtskräftig abgewiesen, weil A dem B das Verschulden am Unfall nicht nachweisen kann.

    Richtig wäre bei diesem Sachverhalt ein Schmerzensgeld von 50.000,00 € gewesen. A kann die weiteren infolge falscher Rechtsanwendung nicht geltend gemachten 45.000,00 € nicht einklagen.

    = Schulfall der "verdeckten Teilklage", bei der nichts mehr zu machen ist. Der Ausdruck "verdeckte Teilklage" ist irreführend, da es sich dann eben nicht um eine Teilklage handelt und auch nichts "verdeckt" sein muss: der Kläger legt ja seine Fehlkalkulation offen.

    Variante: Die Klage war richtigerweise von 5.000,00 € ausgegangen, die Klage wird aus o. g. Gründen rechtskräftig abgewiesen, später entscheidet der BGH, dass in solchen Fällen schon immer 50.000,00 € richtig waren. Dem steht ebenfalls die Rechtskraft entgegen.

    Anders, wenn erkennbar eine Teilklage vorliegt, weil z. B. nur das Schmerzensgeld eingeklagt ist, aber nicht die Reparaturkosten des PKW.

  • Kleiner Tip: eine Zahl zwischen 12 und 14. Aber Dinosaurier haben ja bekanntlich eine laaaaaange Reaktionszeit. Zumal in dem Alter. :wechlach: :wechlach:



    Na gugge mal glotz - die Frankfurter mucken auf. Lasst euch bloß nicht erwischen... :wechlach:
    Ich bin wie immer mit allem einverstanden - worum geht´s? :D

  • Der RA hat laut Sachverhalt die volle GG in den Festsetzungsantrag gepinselt, aber nur die halbe VerfG.



    Vielleicht habe ich den SV nicht richtig verstanden, aber es stand doch die 1,3 VG im Antrag - es wurde also die volle Gebühr beantragt. Die Anrechnung erfolgte natürlich aufgrund der damaligen Rechtsprechung absolut korrekt. Für mich hört sich das schon nach einer Entscheidung über die volle Gebühr mit einer Absetzungsbegründung an.

    Hätte von vornherein nur eine 0,65 VG im Antrag gestanden und nix zur GG, würde ich auch sagen, dass die andere Hälfte der VG noch nicht angemeldet war, somit noch keine Entscheidung über diese getroffen wurde und sie noch festgesetzt werden kann.



    Genau so verstehe ich den SV auch. Wenn zunächst die volle 1,3 VG angesetzt wurde und aufgrund im VFA erfolgter Anrechnung auf 0,65 VG gemindert wurde, kann die andere Hälfte nicht im Wege der Nachtragsliquidation geltend gemacht werden.



  • :gruebel:Vielleicht schlägt mir mein üppiges Mitagsmahl aufs Hirn, aber die Anrechnung stand doch so im Antrag; also nicht abgesetzt sondern nur hälftig beantragt. Damit dürfte (zumindest) dem Antrag über Nachfestsetzung nichts im Wege stehen.

  • Nach meinem Verständnis des SV stand folgendes im Antrag:

    1,3 GG

    1,3 VerfG
    ./. 0,65 GG
    ________________________________________________________

    Wenn man nun die 1,3 GG "wegzaubert" - sprich "streicht, weil ja definitiv im Festsetzungsverfahren nix zu tun", verbleibt im Antrag das hier:

    1,3 VerfG
    ./. 0,65 GG

    Es wird also über eine verminderte VerfG entschieden, nämlich über 0,65 verbleibende VerfG. Über die andere Hälfte ist nicht entschieden. Warum und weshalb zunächst die offensichtliche Anrechnung erfolgte, ist ja erstmal unerheblich. Entsprechend kann über 0,65 der VerfG noch entschieden werden.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!