Berechnung Geschäftsgebühr

  • Hallo,
    wir haben hier folgendes Problem:

    Der Anwalt war außergerichtlich tätig. Nach erfolglosem Versuch hat er einen Mahnbescheid beantragt. In diesem hat er als Nebenforderung den nichtanrechenbaren Teil der Geschäftsgebühr geltend gemacht. Nach Widerspruchseinlegung wurde das streitige Verfahren eingeleitet. Nach Termin wurde der Beklagte verurteilt.
    Das Problem ist, wie erfolgt die Berechnung bzgl. des anrechenbaren Teiles der Geschäftsgebühr. Ich hätte auch nichts gegen eine vollständige Übersicht oder wenn jemand mir sagen kann, wo ich in der Literatur entsprechende Beispiele finde.

    Im Voraus schon mal Danke
    WB

  • Hallo, ihr da draussen

    bis jetzt konnte mir ja leider noch keiner helfen. Ich werde das Ganze mal ein wenig konkretisieren.
    Unstreitig ist für mich, dass der nichtanrechenbare Teil der Geschäftsgebühr nicht nach §§ 103 ff. ZPO, wie bereits unter einem anderen Titel ausgeführt wurde, festgesetzt werden kann. Reichen die Anwälte dann den Kostenfestsetzungsantrag für das Verfahren ein, dann berechnen sie die Verahrensgebühr und die Terminsgebühr usw. nebst Postpausschale und Mehrwertsteuer. Keiner der Anwälte beachtet dabei die Vorbemerkung 3 Abs. 4. Ich bin der Ansicht, dass die Geschäftsgebühr aber nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 hier entsprechend anzurechnen ist.
    D.h. z.B.
    1,3 Verfahrensgebühr
    1,2 Terminsgebühr
    - 0.65 Nr. 2400 und Vorbemerkung 3 Abs. 4
    nebst Postpauschale und Mehrwertsteuer.

    Ins Grübeln kam ich, da wie gesagt viele Anträge dies nicht so berücksichtigen.

    Schau

  • Die fragliche Vorbemerkung:

    Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach den Nummern 2400 bis 2403 entstanden ist, wird diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Sind mehrere Gebühren entstanden, ist für die Anrechnung die zuletzt entstandene Gebühr maßgebend. Die Anrechnung erfolgt nach dem Wert des Gegenstandes, der in das gerichtliche Verfahren übergegangen ist.

    Die Geschäftsgebühr entsteht nach einem Gebührensatz von 0,5 - 2,5, wobei alles über 1,3 begründet werden muss. Deshalb gehen alle Anwälte von 1,3 (=0,65 nichtanrechenbar) aus. D.h. 0,65 fallen weg und 0,65 können mit geltend gemacht werden. Deine Ansicht hätte zur Folge, dass die Geschäftsgebühr faktisch wegfällt. Das kann nicht richtig sein.

  • Richtig ist, dass die hälftige Geschäftsgebühr, maximal 0,75 im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zur Erstattung berücksichtigt werden kann.

    Hier wird im Vorfeld bereits vielfach der Fehler gemacht, dass bei Erhebung der Klage die hälftige Geschäftsgebühr, maximal 0,75, als "Verzugsfolgeschaden" bzw. als Schadensersatz mit geltend gemacht wird.

    Bei korrekter Klageerhebung erübrigt sich jede weitere Diskussion.

    Also ist grundsätzlich darauf zu achten, dass bei Klageerhebung die hälftige Geschäftsgebühr "mit eingeklagt" wird.

    Das Problem der Geltendmachung der hälftigen Geschäftsgebühr kann im Kostenfestsetzungsverfahren nicht berücksichtigt werden. Hier ist es Aufgabe der Anwälte, auf eine korrekte Klageerhebung zu achten.

    Ist vor Klageerhebung auf seiten des Beklagtenvertreters eine Geschäftsgebühr entstanden, stellt sich diese Problematik noch stärker.

    Hier stellt sich die Frage, ob nicht bei Stellung des Klageabweisungsantrages widerklagend beantragt werden kann, den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten die hälftige, im vorgerichtlichen Verfahren entstandene Geschäftsgebühr (max. 0,75) zu erstatten.

    Die gestellte Frage ist also keine Frage der Berechnungsmethode sondern vielmehr eine Frage der Durchsetzbarkeit.

  • Stellt sich hier nicht die gleiche Problematik wie nach der guten alten BRAGO?

    Im KF-Verfahren sind diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die im gerichtlichen Verfahren angefallen sind. Die Geschäftsgebühr gehört nicht zum gerichtlichen Rechtsstreit und ist von daher bereits nicht zu berücksichtigen, weil nicht festsetzbar.

  • Zitat von Joachim

    Die gestellte Frage ist also keine Frage der Berechnungsmethode sondern vielmehr eine Frage der Durchsetzbarkeit.



    WB möchte die hälftige, mit geltend gemachte Geschäftsgebühr aber doch offensichtlich vom Kostenerstattungsanspruch abziehen, wenn ich es richtig verstehe. Das ist doch nicht nur eine Frage der Durchsetzbarkeit, sondern der Anwalt bekäme unter dem Strich dann gar nichts von der Geschäftsgebühr ab, oder wie oder was ?:(

  • Hallo
    hatte heute erst wieder Zeit in das Forum zu sehen.
    Bisher war ich folgender Ansicht. Der nichtanrechenbare Teil der Geschäftsgebühr muss als Verzugsschaden neben der Hauptforderung geltend gemacht werden. Der übrige Teil ist von der späteren Verfahrensgebühr abzuziehen. Dies hätte zu Folge, dass der Anwalt eine Teil der Gebühr über die Titulierung im Urteil erhält und der anderen Teil angerechnet wird. Er würde somit insgesamt nur eine 1,3 Gebühr erhalten.
    Da das RVG aber ja dazu geschaffen wurde um den Anwälten höhere Gebührenansprüche zu ermöglichen wäre dies irgendwie nicht sinnvoll. Hält man sich an den Gesetzestext stellt sich doch die Frage, soll der Anwalt insgesamt dann 1,95 Gebühren erhalten oder eben nur insgesamt 1,3. Nach BRAGO hat der Anwalt für seine vorgerichtliche Tätigkeit nichts erhalten, da hier eine volle Anrechnung zu erfolgen hatte. Jetzt, so ist mittlerweile nach mehreren Gesprächen und Recherchen unsere Ansicht, soll der Anwalt gerade auch für diese Tätigkeit honoriert werden. Auch in der Bundesdrucksache steht, eine Gleichbehandlung des Rechtsanwaltes, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhält, mit dem Rechtsanwalt, der zunächst außergerichtlich tätig war, ist nicht zu rechtfertigen.

    Ich glaube diese Regelung hätte man auch einfacher und übersichtlicher gestalten können.

  • Zitat von WB

    Ich glaube diese Regelung hätte man auch einfacher und übersichtlicher gestalten können.



    Zu der obigen Feststellung sage ich als bekannter RVG-Gegner schon mal vorsorglich nix.

    Im Übrigen widersprechen die Ausführungen von WB der mir bekannten Rechtsprechung, dass nach wie vor vorgerichtliche Kosten zumindest im KF-Verfahren unberücksichtigt bleiben, wie von mir weiter oben ausgeführt.

    Zwei Aphorismen, wie zugeschnitten für das RVG:

    I. Ich weiß nichts, außer der Tatsache, dass ich nichts weiß (Sokrates).

    II. Alles, was lediglich wahrscheinlich ist, ist wahrscheinlich falsch... (René Descartes).

  • Ich glaub, ich bin da falsch verstanden wurden. Es ist schon richtig, dass die Geschäftsgebühr nicht im KF Verfahren geltend zu machen ist. Aber wenn man sieht, dass 0,65 über die Titulierung im Urteil und 1,3 im KF Verfahren festgesetzt werden können, dann erhält der Anwalt insgesamt 1,95.

  • Zitat von WB

    ...dann erhält der Anwalt insgesamt 1,95.



    Eben, dass ist aber doch so gewollt und die Folge einer nur teilweisen Anrechnung :confused:

  • Die Ausführungen, wonach der Anwalt die 1,3 Verfahrensgebühr und die hälftige Geschäftsgebühr, max. 0,75 erhält, sind korrekt und entspricht der Gesetzeslage.

    Dies ergibt sich eindeutig aus der RVG und ist ansich unstrittig.

    Die Frage ist nur, wie die hälftige Geschäftsgebühr duchgesetzt wird. Das korrekte Verfahren wurde von mir bereits beschrieben.

    Sinnvoll wäre es allerdings, wenn der Gesetzgeber die ZPO wegen der Festsetzung der hälftigen Geschäftsgebühr entsprechend ergänzen würde. Es würden unnötige Gerichtsverfahren vermieden. Zudem versteht ein Rechtspfleger naturgemäß mehr von kostenrechtliche Problematiken als Richter.

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