• Kennt sich jemand mit der EUGVVO (= Verordnung des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) ?

    Kindesmutter erwirkt in Deutschland gegen den in den Niederlanden lebenden Kindesvater einen Widerrufsvergleich hinsichtlich Unterhalt. Nun soll in den Niederlanden vollstreckt werden.
    Der Widerrufsvergleich wurde bisher nicht zugestellt.
    Nach Aussage des Vertreters der Kindesmutter bedarf es nach der o.g. Verordnung (gemäß Anlage V) auch keiner Zustellung ? Richtig ? :confused:

  • Nach dem was hier steht: http://europa.eu/legislation_su…s/l33054_de.htm

    .. Die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar sind, werden in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden sind. Gegen die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung kann jede Partei einen Rechtsbehelf einlegen.....
    (unter Anerkennung und Vollstreckung) ist noch eine Vollstreckbarerklärung durch die Niederlande erforderlich.

  • Derzeit werden inl. Entscheidungen/inl. Vergleiche in Altfällen, die zuvor nicht als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt wurden, noch nicht automatisch in den anderen EU-Mitgliedstaaten anerkannt.
    Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in den anderen EU-Mitgliedstaaten (bekannt als "Exequaturverfahren") beantragen.
    Mit anderen Worten:
    Die Vollstreckung aus dem inl. Vergleich au 2008 in den Niederlanden ist erst möglich, nachdem das niederländische Gericht erklärt hat, dass die inländische Entscheidung in den Niederlanden vollstreckbar ist.

    Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung in den Niederlanden folgende Unterlagen:
    (vollstr.) Ausfertigung des inl. Vergleichs mit Zustellungsvermerk,
    eine Bescheinigung des inländischen Gerichts unter Verwendung des Formblatts in Anhang V VO (EG) Nr. 44/2001,
    die Vollstreckungsbarerklärung des inländischen Vergleichs durch das niederländische Gericht mit Zustellungsbescheinigung.

    Vom inl. Gericht ist daher die begehrte Bescheinigung gem. Art. 54, 58 (Anhang V) VO (EG) Nr. 44/2001 zu dem inl. Vergleich zu erteilen.

    Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Unterhaltsvollstreckung
    wird auf das Justizportal NRW Bezug genommen:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…/uv/1/index.php

    Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden.
    Zum 18. 06. 2011 ist die VO (EG) Nr. 44/2001 in Unterhaltssachen aufgehoben worden;
    ab 18. 06. 2011 gilt in Unterhaltssachen die VO (EG) Nr. 4/2009:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…euunthvo-ex.pdf

    Aus der vorgenannten Info ergeben sich insbes. die vorzulegenden Unterlagen im Vollstreckbarerklärungsverfahren.

    10 Mal editiert, zuletzt von rolli (29. April 2018 um 22:42)

  • Eine Zustellung des inl. Vergleichs vor der Einleitung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens in den Niederlanden ist nach der VO (EG) Nr. 44/2001 nicht mehr erforderlich.
    Daher enthält die Bescheinigung gem. Art. 54, 58 VO (EG) Nr. 44/2001 keine Angaben über die Zustellung des Vergleichs.

    Art. 42 II VO (EG) Nr. 44/2001 ermöglicht ausdrücklich die gleichzeitige Zustellung des inl. Vergleichs mit der Vollstreckbarerklärung;
    die Zustellung erfolgt insoweit im vorl. Fall durch das niederländische Gericht.

  • Leider habe ich keine Antwort, sondern auch ein Problem. Bei mir hat ein RA beantragt, den Kostenfestsetzungsbeschluss - § 788 ZPO - diesen gemäß Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments für vollstreckbar zu erklären. Der Schuldner ist jetzt in der Schweiz wohnhaft. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde in der M-Sache öffentlich zugestellt. Grundlagetitel für den KfB ist ein Vollstreckungsbescheid. Hierfür ist auch der gleiche Antrag gestellt. der VB datiert vom 02.06.2005. Wie der zugestellt ist, kann ich noch nicht sagen, da mir die Akte noch nicht vorliegt. Kann mir da mal jemand sagen, was ich hier tun muss. Ich habe hier im Forum schon mal gelesen, aber keine so richtige Anwort auf meine Frage gefunden. Rolli ist hier wohl Spezialist. Rolli kannst du mir hier vielleicht mal helfen. Danke.

  • 1. Zwangsvollstreckung aus dem inl. Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 788 ZPO:

    Für die Beantwortung der Anfrage bedarf es noch ergänzender angaben:
    Wann wurde der Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen?
    Wie erfolgte die Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags?
    Warum wurde der Kostenfestsetzungsbeschluss öffentlich zugestellt?
    Warum erfolgte keine Auslandszustellung in der Schweiz?

    Im Verhältnis zu der Schweiz findet die VO (EG) Nr. 805/2004 keine Anwendung;
    die Schweiz ist nicht EU-Mitgliedstaat.
    Im Verhältnis zu der Schweiz findet insoweit das Lugano-Übereinkommen Anwendung.

    Wo soll ggfs. die Zwangsvollstreckung stattfinden?
    Womit begründet die Gläubigerpartei die Anwendung der VO (EG) Nr. 805/2004?


    2. Zwangsvollstreckung aus dem inl. Vollstreckungsbescheid vom 02. 06. 2005:
    Wie erfolgte die Zustellung des Mahnbescheids?
    Wie erfolgte die Zustellung des Vollstreckungsbescheids?
    Ist die Schuldnerpartei ein Verbraucher?

    PS:
    Auch hier dürfte im Zweifel lediglich das Lugano-Übereinkommen Anwendung finden.
    In beiden Fällen ist im Zweifel noch das Vollstreckbarerklärungsverfahren in der Schweiz durchzuführen.

  • Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde 2006 erlassen und damals öffentlich zugestellt, da der Aufenthalt des Schuldners unbekannt war. Beim VB weiß ich es noch nicht, da ich die Akte noch nicht habe. Der Antrag des Gläubiger-Vertreters lautet
    In Sachen ...

    gegen ...
    werden der Vollstreckungsbescheid vom 02.06.2005 sowie der KfB vom 03.05.2007 überreicht und beantragt, diese gemäß Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments für vollstreckbar zu erklären. Begründung: Der Schuldner ist in die Schweiz verzogen. Eine Vollstreckung ist aufgrund des bilateralen Vollstreckungsabkommens mit entsprechenden EU-Vollstreckungstitel möglich. Grundlage für die VB war eine nicht bezahlte Krankenhausrechnung des Schuldners.

  • Für die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung ist die Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags von Bedeutung, da es sich bei dem Kostenfestsetzungsbeschluss um eine Säumnisentscheidung handelt.

    Bevor die Anfrage abschließend beantwortet werden kann, wird noch die Angabe benötigt, wie der Kostenfestsetzungsantrag der Schuldnerpartei zugestellt worden ist.
    Wurde ggfs. der Kostenfestsetzungsantrag mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss öffentlich zugestellt, da die Schuldnerpartei unbekannten Aufenthalts war?

  • Lieber Rolli. Ich bin jetzt für eine Woche in Urlaub, kann mich somit nicht mehr mit diesem Them beschäftigen. Würde mich trotzdem über Hilfe freuen.

  • 1.
    Der inl. Kostenfestsetzungsbeschluss kann nicht als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt werden, da die Mindestvorschriften der Art. 13 - 17 VO (EG) Nr. 805/2004 nicht eingehalten worden sind und eine Heilung der Verfahrensmängel nach Art. 18 VO (EG) Nr. 805/2004 nicht möglich ist.
    Die Zustellung des Kostenfetsetzungsantrags an denie Schuldnerpartei entspricht nicht den Art. 13 - 15 VO (EG) Nr. 805/2004.
    Die Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags an die Schuldnerpartei erfolgte mittels öffentlicher Zustellung im Sinne der §§ 185 ff. ZPO.
    Diese fiktive Zustellungsform genügt nicht den Anforderungen des Art. 13 bzw. 14 VO (EG) Nr. 805/2004, vergl. auch Erwägungsgrund 13 VO (EG) Nr. 805/2004.


    Eine Heilung der Nichteinhaltung der Art. 13 - 17 VO (EG) Nr. 805/2004 ist nach Art. 18 I VO (EG) Nr. 805/2004 nicht möglich, da die Zustellung des inl. Kostenfestsetzungsbeschlusses an die Schuldnerpartei nicht nach Art. 13 oder 14 VO (EG) Nr. 805/2004 erfolgte.
    Die Zustellung der inl. Entscheidung an die Schuldnerpartei erfolgte ebenfalls mittels öffentlicher Zustellung.


    Eine Heilung der Nichteinhaltung der Art. 13 bzw. 14 VO (EG) Nr. 805/2004 ist nach Art. 18 II VO (EG) Nr. 805/2004 ebenfalls ausgeschlossen, da die Schuldnerpartei den Kostenfestsetzungsantrag nicht erhalten hat.


    Weitere Einzelheiten zum Europäischen Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen können der entsprechenden Info entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausland/infos/zv/1/805_2004.pdf


    2.
    Stattdessen ist auf Antrag der Gläubigerpartei eine Bescheinigung gem. Art. 54 VO (EG) Nr. 44/2001 zu dem inl. Kostenfestsetzungsbeschluss zu erteilen.

    3 Mal editiert, zuletzt von rolli (29. April 2018 um 22:45)

  • Derzeit werden inl. Entscheidungen/inl. Vergleiche, die zuvor nicht als Europ. Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen bestätigt wurden, noch nicht automatisch in den anderen EU-Mitgliedstaaten anerkannt.
    Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in den anderen EU-Mitgliedstaaten (bekannt als "Exequaturverfahren") beantragen.
    Mit anderen Worten:
    Die Vollstreckung aus dem inl. Kostenfestsetzungsbeschluss in einem anderen EU-Mitgliestaat ist erst möglich, nachdem das Gericht des Vollstreckungsmitgliedstaates erklärt hat, dass die inländische Entscheidung in dem anderen EU-Mitgliedstaat vollstreckbar ist.


    Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung in dem anderen EU-Mitgliedstaat folgende Unterlagen:
    (vollstr.) Ausfertigung des inl. Versäumnisurteils mit Zustellungsvermerk -ggfs. mit Rechtskraftvermerk -,
    eine Bescheinigung des inländischen Gerichts unter Verwendung des Formblatts in Anhang V VO (EG) Nr. 44/2001,
    die Vollstreckbarerklärung des inländischen Kostenfestsetzungsbeschlusses durch das Gericht im Vollstreckungsmitgliedstaat.


    Sofern und soweit das inl. Versäumnisurteil in abgekürzter Form hergestellt worden ist (§ 313 b ZPO), ist zunächst auf Antrag der Gläubigerpartei die inl. Entscheidung mit dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen vom zuständigen Richter zu vervollständigen, § 30 I, IV Anerkenungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG).
    Sodann ist die begehrte Bescheinigung gem. Art. 54 (Anhang V) VO (EG) Nr. 44/2001 zu dem inl. Versäumnisurteil zu erteilen.


    Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung
    wird auf das Justizportal NRW Bezug genommen:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…/zv/1/index.php


    Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…uessel-I-vo.pdf


    5 Mal editiert, zuletzt von rolli (29. April 2018 um 22:39)

  • Ob die Vorschrift des Art. 34 VO (EG) Nr. 44/2001 der Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung entgegensteht, ist nicht vom inl. Gericht zu prüfen, sondern von dem ausl. Gericht im Vollstreckbarerklärungsverfahren.

    Im übrigen ist die öffentliche Zustellung eine wirksame Zustellung im Sinne der Zivilprozessordnung.
    In Einzelfällen ist jedoch durchaus eine Anerkennung und Vollstreckbarerklärung - trotz der öffentlichen Zustellung - möglich.

    Grundsätzlich ist eine fiktive Zustellung (z. B. öffentliche Zustellung) ohne Hinzukommen weiterer Umtände im Einzelfall niemals rechtzeitig.

    Ist es der Schuldnerpartei jedoch als Pflichtverletzung gegenüber der Gläubigerpartei zurechenbar, dass sie ihre neue Anschrift nicht bekanntgegeben hat, ist dagegen eine öffentliche Zustellung rechtzeitig bzw. wird diese als rechtzeitig angesehen.
    Dies ist jedoch in der Regel nur dann der Fall, wenn die Schuldnerpartei mit der Einleitung eines Kostenfestsetzungsverfahrens i. S. d. § 788 ZPO rechnen musste.

    Es hängt letztlich vom Einzelfall ab, ob die inl. Entscheidung vom ausl. Gericht anerkannt und für vollstreckbar erklärt wird.

    Die Voraussetzungen sind jedoch nicht vom inländischen Gericht zu prüfen.

    Das inl. Gericht prüft insoweit lediglich, ob eine wirksame Zustellung im Sinne der Zivilprozessordnung vorliegt und ob die Entscheidung im Inland vollstreckbar ist.

    Aus den vorgenannten Gründen könnte daher auf Antrag der Gläubigerpartei die begehrte Bescheinigung nach Art. 54 (Anhang V) VO (EG) Nr. 44/2001 erteilt werden.

    2 Mal editiert, zuletzt von rolli (27. März 2011 um 20:15)

  • Im vorl. Fall gelten die Diskussionsbeiträge 11 - 13 jedoch nur für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat.
    Die Schweiz ist jedoch kein EU-Mitgliedstaat.
    Für die Zwangsvollstreckung in der Schweiz gelten daher die Diskussionsbeiträge 11 - 13 nicht.

  • Für die Zwangsvollstreckung in der Schweiz ist dagegen das Lugano-Übereinkommen maßgebend.

    Für die Zwangsvollstreckung aus dem inl. Kostenfestsetzungsbeschluss in der Schweiz ist von der Gläubigerpartei daher folgendes zu beachten:

    Derzeit werden inl. Entscheidungen/inl. Vergleiche noch nicht automatisch in den Vertragsstaaten anerkannt.
    Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in den anderen Vertrgsstaaten (bekannt als "Exequaturverfahren") beantragen.
    Mit anderen Worten:
    Die Vollstreckung aus dem inl. Kostenfestsetzungsbeschluss in der Schweiz ist erst möglich, nachdem das schweizerische Gericht erklärt hat, dass die inländische Entscheidung in der Schweiz vollstreckbar ist.

    Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung in der Schweiz folgende Unterlagen:
    (vollstr.) Ausfertigung des inl. Kostenfestsetzungsbeschlusses mit Zustellungsvermerk -ggfs. mit Rechtskraftvermerk -,
    die Vollstreckungsbarerklärung des inländischen Kostenfestsetzungsbeschlusses durch das schweizerische Gericht mit Zustellungsbescheinigung.

    Da es sich im vorl. Fall bei der inl. Entscheidung um eine Säumnisentscheidung handelt, benötigt die Gläubigerpartei für das Vollstreckbarerklärungsverfahren in der Schweiz eine Bescheinigung des inl. Gerichts über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks (Kostenfestsetzungsantrag).

    Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…ugvue-lugue.pdf


    Aus der vorgenannten Info ergeben sich insbes. die im Vollstreckbarerklärungsverfahren gegenüber dem schweizerischen Gericht vorzulegenden Unterlagen.

    6 Mal editiert, zuletzt von rolli (29. April 2018 um 22:49)

  • Ob die Vorschrift des Art. 27 Ziffer 2 des Lugano-Übereinkommens der Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung entgegensteht, ist nicht vom inl. Gericht zu prüfen, sondern von dem schweizerischen Gericht.

    Im übrigen ist die öffentliche Zustellung eine wirksame Zustellung im Sinne der Zivilprozessordnung.
    In Einzelfällen ist jedoch durchaus eine Anerkennung und Vollstreckbarerklärung - trotz der öffentlichen Zustellung - möglich.

    Grundsätzlich ist eine fiktive Zustellung (z. B. öffentliche Zustellung) ohne Hinzukommen weiterer Umtände im Einzelfall niemals rechtzeitig.

    Ist es der Schuldnerpartei jedoch als Pflichtverletzung gegenüber der Gläubigerpartei zurechenbar, dass sie ihre neue Anschrift nicht bekanntgegeben hat, ist dagegen eine öffentliche Zustellung rechtzeitig bzw. wird diese als rechtzeitig angesehen.
    Dies ist jedoch in der Regel nur dann der Fall, wenn die Schuldnerpartei mit der Einleitung eines Kostenfestsetzungsverfahrens i. S. d. § 788 ZPO rechnen musste.

    Es hängt letztlich vom Einzelfall ab, ob die inl. Entscheidung vom schweizerischen Gericht anerkannt und für vollstreckbar erklärt wird.

    Die Voraussetzungen sind jedoch nicht vom inländischen Gericht zu prüfen.

    Das inl. Gericht prüft insoweit lediglich, ob eine wirksame Zustellung im Sinne der Zivilprozessordnung vorliegt und ob die Entscheidung im Inland vollstreckbar ist.

    Ergebnis:
    Die Gläubigerpartei ist zweckmäßigerweise auf die vorgenannten möglichen Anerkennungshindernisse (Art. 27 Ziffer 2 des Lugano-Übereinkommens) hinzuweisen.

  • Habe jetzt die Mahnakte vorliegen. Der Vollstreckungsbescheid wurde mit PZU an den Schuldner noch in Deutschland zugestellt. Somit ist nur der Kostenfestsetzungsantrag und Kostenfestsetzungsbeschluss öffentlich zugestellt worden. Kann ich jetzt diese Zustellbescheinigung sowohl für den VB als auch für den KfB erteilen ?

  • Für die Zwangsvollstreckung in der Schweiz ist das Lugano-Übereinkommen maßgebend.


    Für die Zwangsvollstreckung aus dem inl. Vollstreckungsbescheid in der Schweiz ist von der Gläubigerpartei daher folgendes zu beachten:


    Derzeit werden inl. Entscheidungen/inl. Vergleiche noch nicht automatisch in den Vertragsstaaten anerkannt.
    Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in den anderen Vertrgsstaaten (bekannt als "Exequaturverfahren") beantragen.
    Mit anderen Worten:
    Die Vollstreckung aus dem inl. Vollstreckungsbescheid in der Schweiz ist erst möglich, nachdem das schweizerische Gericht erklärt hat, dass die inländische Entscheidung in der Schweiz vollstreckbar ist.


    Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung in der Schweiz folgende Unterlagen:
    (vollstr.) Ausfertigung des inl. Vollstreckungsbescheids mit Zustellungsvermerk -ggfs. mit Rechtskraftvermerk -,
    die Vollstreckbarkeitserklärung des inländischen Vollstreckungsbescheids durch das schweizerische Gericht mit Zustellungsbescheinigung.


    Der Vollstreckungsbescheid bedarf für die Zwangsvollstreckung in der Schweiz der Erteilung einer Vollstreckungsklausel, § 31 Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG).


    Da es sich im vorl. Fall bei der inl. Vollstreckungsbescheid um eine Säumnisentscheidung handelt, benötigt die Gläubigerpartei für das Vollstreckbarerklärungsverfahren in der Schweiz eine Bescheinigung des inl. Gerichts über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks (= Mahnbescheid).


    Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimausl…ugvue-lugue.pdf


    Aus der vorgenannten Info ergeben sich insbes. die im Vollstreckbarerklärungsverfahren gegenüber dem schweizerischen Gericht vorzulegenden Unterlagen.

    2 Mal editiert, zuletzt von rolli (29. April 2018 um 22:51)

  • Der Gläubigerpartei sind daher aus den o. g. Gründen folgende Unterlagen zu übersenden:

    a) vollstr. Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids - ggfs. mit Zustellunsbescheinigung -,
    b) Bescheinigung über die Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags an die Schuldnerpartei,
    c) vollstr. Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses mit Zustellungsbescheinigung und ggfs. Rechtskraftvermerk.

    Die Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids enthält bereits eine Bescheinigung über die Zustellung des Mahnbescheids.
    Eine gesonderte Zustellungsbescheinigung bedarf es daher insoweit nicht.

    PS:
    Ich gehe davon aus, dass die Schuldnerpartei zum Zeitpunkt des Erlasses des Kostenfestsetzungsbeschllusses unbekannten Aufenthalts war.
    Ansonsten wäre die Bewilligung der öffentlichen Zustellung zu Unrecht erfolgt.
    Sofern die öffentliche Zustellung nur bewilligt worden ist, weil die Schuldnerpartei in der Schweiz wohnhaft ist, wäre also die öffentliche Zustellung unwirksam. Ggfs. wäre dann die Auslandszustellung in der Schweiz nachzuholen.

  • Die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und Urkunden, die auf Zahlung von Geld gerichtet sind, ist in der Schweiz einheitlich durch das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) geregelt.
    Inländische Entscheidungen und inl. Urkunden, werden in der Schweiz nach den Vorschriften des SchKG - wie Urteile aus anderen Kantonen der Schweiz - in einem summarischen Verfahren (Rechtsöffnungsverfahren) zur Vollstreckung zugelassen (vergl. Art. 81 III SchKG).
    Ein besonderes Exequaturverfahren findet nicht statt.
    Die Schuldbetreibung nach dem SchKG beginnt mit einem Betreibungsbegehren an das Betreibungsamt, in dessen Bezirk die Schuldnerpartei ihren Wohnsitz oder Aufenthalt hat.
    Das Betreibungsamt erläßt hierauf ohne weitere sachliche Prüfung einen Zahlungsbefehl, gegen den die Schuldnerpartei Rechtsvorschlag (Widerspruch) erheben kann.
    Durch den Rechtsvorschlag (Widerspruch) wird die Betreibung gehemmt und darf erst nach gerichtlicher Entscheidung fortgesetzt werden.
    Besitzt die Gläubigerpartei jedoch bereits einen inländischen vollstreckbaren Titel, so kann sie gerichtliche Rechtsöffnung verlangen.
    In dem summarischen Rechtsöffnungsverfahren wird lediglich geprüft, ob die Voraussetzungen des deutsch-schweizerischen Vollstreckungsabkommens für die Anerkennung und Vollstreckung des inländischen Titels erfüllt sind.
    Außerdem kann die Schuldnerpartei gem. Art. 81 SchKG einwenden, dass die titulierte Forderung nach Erlass der Entscheidung getilgt, gestundet oder verjährt ist.
    Wird die Rechtsöffnung gewährt, so nimmt die Schuldbetreibung mit Pfändung und ggfs. Konkurseröffnung ihren Fortgang.



    Verfahrensablauf:
    Betreibungsbegehren der Gläubigerpartei an das Betreibungsamt,
    Inhalt des Begehrens: Art. 67 SchKG;


    Erlass eines Zahlungsbefehls durch das zuständige Betreibungsamt,
    Art. 69 ff. SchKG;


    Schulder hat Möglichkeit, gegen den Zahlungsbefehl Rechtsvorschlag (Widerspruch) zu erheben, Art. 74, 75 SchKG;


    Rechtsvorschlag bewirkt Einstellung der Betreibung, Art. 78 SchKG;


    Da die Forderung auf einer vollstreckbaren inländischen Entscheidung beruht, kann die Gläubigerpartei beim zuständigen Rechtsöffnungsrichter in der Schweiz die Aufhebung des Rechtsvorschlags (definitive Rechtsöffnung) verlangen, Art. 80 SchKG;


    Frühestens 20 Tage nach Zustellung des Zahlungsbefehls kann die Gläubigerpartei das Fortsetzungsbegehren stellen, Art. 88 SchKG;


    Betreibung und Pfändung erfolgt sodann nach Art. 89 ff. SchKG



    Fazit:
    Zunächst ist von der Gläubigerpartei ein Betreibungsbegehren an das zuständige Betreibungsamt zu stellen unter Beifügung einer vollstr. Ausfertigung der Urteilsausfertigung nebst Zustellungsbescheinigung u. Rechtskraftvermerk.



    Muster eines Betreibungsbegehrens und eines Fortsetzungsbegehren (Begehren um Fortsetzung der Betreibung) befinden sich bereits online im Internet.


    Nach erfolgter Zustellung des Zahlungsbefehls ist von der Gläubigerpartei ein Fortsetzungsbegehren an das zuständige Betreibungsamt zu stellen (jedoch frühestens 20 Tage nach Zustellung des Zahlungsbefehls).


    Musterformulare hinsichtlich eines Betreibungsbegehrens bzw. eines Begehrens um Fortsetzung der Betreibung befinden sich online u. a. auf der Internetseite des Verbandes der Betreibungs- und Konkursbeamten sowie der Bereichsleiter Inkasso Steuerverwaltung des Kantons Bern (VBKBIS);
    Internet-URL: http://www.schkg-be.ch



    Literaturhinweis:


    Dr. Gerd Müller, RaLG, Köln - Erläuterung zu dem deutsch-schweizerischen Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 02. 11. 1929 in Geimer/Schütze - Internationationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Band III, Hausnummer 660, S. 1 ff. - insbes. S. 31 und 33 (Kommentar zu Art. 6) -

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