Praktische Probleme mit Nacherbfolge

  • Das Thema wurde schon oft besprochen aber irgendwie bin ich wieder mal unsicher, wie mein jetziger Fall praktisch zu handhaben ist:

    Befreite Vorerbin E (Erbschein liegt vor) verkauft (vermessene) Teilfläche an Schwiegersohn K. Bei der Fläche handelt es sich um unbebautes Ackerland, welches laut Bodenrichtwertkarte einen Wert von 5 €/m² hat. Verkauft wird zum Preis von 4,50 €/m².

    Zur Entgeltlichkeit kein Wort im Vertrag.

    Als Nacherben sind die minderjährigen A und B vermerkt (vermutlich nicht die Kinder von K, da anderer Familienname). A und B bzw. deren Vertreter wirken nicht mit.

    Auch zum NEV kein Wort im Vertrag.

    Notar beantragt die Löschung von Rechten in Abt. III und die Eigentumsumschreibung auf K.
    Der NEV wird wieder nicht erwähnt.

    Fragen:

    1. Schreibe ich jetzt einfach das verkaufte Flurstück auf K um und nehme den NEV "zur Mithaft" mit?
      .
    2. Schicke ich dann A und B anschließend einfach nur eine Eintragungsmitteilung?
      .
    3. Würdet Ihr derzeit - aufgrund dessen, dass der Kaufpreis unter dem aktuellen Bodenrichtwert liegt und weil der Käufer der Schwiegersohn der Vorerbin ist - auch von einer teilweisen Unentgeltlichkeit ausgehen?
      .
    4. Sollte man den Notar dann (mit der Eintragungsbekanntmachung) darauf hinweisen, dass nach den bisherigen Erkenntnissen davon auszugehen ist, dass der Verkauf bei Eintritt des Nacherbfalles nach § 2113 BGB unwirksam wird?
      .
    5. Seht Ihr einen Grund für eine Zwischenverfügung?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Da die Verfügung erst im Falle des Eintritts der Nacherbfolge unwirksam werden könnte, würd ich mir über die Entgeltlichkeit keine Gedanken machen. Derzeit besteht keine Verfügungsbeschränkung. Die Nacherben sind durch den Nacherbenvermerk geschützt.

    Im Hinblick auf die Eigentümerzustimmung nach § 27 GBO ist aber wohl die Zustimmung der Nacherben erforderlich, wenn nicht ein rangletztes Recht gelöscht werden soll. Eine Entgeltlichkeit wird sich hier wohl nur schwer nachweisen lassen (vgl. Demharter, Rz. 16 zu § 27 GBO)


  • Im Hinblick auf die Eigentümerzustimmung nach § 27 GBO ist aber wohl die Zustimmung der Nacherben erforderlich, wenn nicht ein rangletztes Recht gelöscht werden soll. Eine Entgeltlichkeit wird sich hier wohl nur schwer nachweisen lassen (vgl. Demharter, Rz. 16 zu § 27 GBO)


    Guter Hinweis aber in meinem Fall m.E. unproblematisch, da sämtliche Grundpfandrechte gelöscht werden sollen.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • zu 1.) Nachdem die Löschung offenbar nicht beantragt ist, würde ich den Nacherbfolgevermerk einfach mal stehen lassen.

    zu 2.) M. E. nein, vgl. Demharter § 55 Rn. 13; die Nacherben sind derzeit nicht betroffen.

    zu 3.) Mei, was heißt schon "Grundstückswert"? Bei Richtwerten muss einem bewusst sein, dass sie einen Mittelwert darstellen, also schon daher Abweichungen nach oben wie nach unten möglich sind. Der Wert geht entsprechend den tatsächlichen Gegebenheiten eben auch rauf oder runter. Er schwankt ja völlig unabhängig von objektiven Faktoren sogar, wenn ein Notverkauf ruchbar wird oder sich ein Liebhaber für ein Objekt findet. Ich würde die Richtwerttabelle daher nicht als das Maß aller Dinge ansehen und angesichts der für Ackerland (!!) geringen Abweichung die Entgeltlichkeit bejahen, wenn ich keine Anhaltspunkte dagegen finde.

    zu 4.) Ich würde unterstellen, dass er das weiß.

    zu 5.) Nein. Was willst Du schreiben? Dass angesichts der nicht beantragten Löschung des Nacherbenvermerks zwar nicht derzeit, wohl aber später wie auch immer geartete Überlegungen zur Löschung anzustellen sein werden?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Da der Nacherbenvermerk nicht gelöscht werden soll, kannst Du den Antrag meiner Meinung nach vollziehen. Die Nacherben sind durch den Vermerk geschützt. Ich sehe keinen Grund für eine Zwischenverfügung.
    Ich würde dem Notar auch keinen Hinweis in der Eintragungsmitteilung geben.
    Ich habe leider gerade keinen Kommentar zur Hand, hätte aber spontan den Nacherben eine Eintragungsmitteilung geschickt. Schon alleine wegen der Übertragung des Vermerks in ein anderes Blatt...

    Life is short... eat dessert first!

  • Im Grundsatz wie meine Vorredner.

    Solange der Nacherbenvermerk bestehen bleibt, kann alles eingetragen werden, egal ob befreite oder nicht befreite Vorerbschaft oder entgeltliche oder unentgeltliche Verfügung.

    Bei der Löschung der Grundpfandrechte habe ich allerdings Bedenken, weil das Bestehenbleiben eines Nacherbenvermerks bei der Löschung von Rechten nach hM ausgeschlossen ist. Die Differenzierung danach, ob ein letztrangiges Recht (oder alle Rechte) oder ein besserrangiges Recht gelöscht wird (vgl. Demharter § 51 Rn.35), vermag nicht mehr zu überzeugen, weil sich im Anwendungsbereich des § 1812 BGB bereits die zutreffende Erkenntnis durchgesetzt hat, dass es auf die Rangstelle des zu löschenden Rechts nicht ankommt. Dies kann man im Nacherbenrecht nach meiner Ansicht nicht anders sehen.

  • Herzlichen Dank an Euch alle!

    Dann werde ich der (noch) h.M. folgen und die Anträge vollziehen.

    Ich fürchte aber, dass der Notar die Löschung des NEV beantragen wird, sobald er merkt, dass der mit übertragen wurde...

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Nein. Es sind ausschließlich Briefgrundschulden, eingetragen für Dritte.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Wenn es auch um Hypotheken gegangen wäre, wäre zu prüfen gewesen, ob der Vorerbe mit Eigenmitteln zurückbezahlt hat. Denn wenn er mit Nachlassmitteln bezahlt hat, unterliegt die entstandene Eigentümergrundschuld kraft Surrogation (§ 2111 BGB) der Nacherbfolge und mit der Löschung der Eigentümergrundschuld würde nach hM insoweit auch die Schutzwirkung des Nacherbenvermerks hinfällig werden.

    Es bleibt somit nur noch zu prüfen, ob die Löschung von Grundpfandrechten, die nicht Eigentümerrecht sind, den Nacherben beeinträchtigt. Insoweit sind folgende Fallgestaltungen denkbar:

    a) Es gibt noch nachrangige Rechte in Abt.II: Zustimmung des Nacherben erforderlich.

    b) Es wird das letztrangige Recht (auch im Verhältnis zu Abt.II) gelöscht: Nach hM keine Beeinträchtigung, nach m.E. zutreffender abweichender Ansicht schon (Bamberger/Roth/Litzenburger § 2113 Rn.23; AK-BGB/Pardey § 2113 Rn.12; Thiesing AcP 94 [1903], 233), weil die Rangstelle auch durch die nachträgliche Eintragung von neuen Rechten entzogen würde.

    c) Es werden alle Grundstücksbelastungn gelöscht oder jedenfalls mehrere, denen aber insgesamt keine anderen Rechte im Rang nachgehen: Wie b).

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