Erstattungsfähigkeit Privatgutachten der Beklagtenpartei?

  • Hallo!

    Ich habe auch ein Problem mit einem Privatgutachten.

    Folgender Sachverhalt:

    Klage auf Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls (Parkplatzunfall) gegen die Versicherung des Beklagten und den Unfallverursacher.
    Noch vor Klageerhebung hat die Klagepartei ein Gutachten eingeholt. Natürlich hat daraufhin die Beklagtenpartei auch einen Gutachter beauftragt. Schon bei Klageerhebung verweist die Klagepartei auf das eingeholte Gutachten. Das Gutachten der Beklagtenpartei wird erst im Termin übergeben. Das Gericht hat zudem noch einen eigenen Gutachter bestellt. Der Gutachter des Gerichts kommt zum gleichen Ergebnis wie der Gutachter der Beklagtenpartei (ohne jedoch auf das Gutachten selbst einzugehen - es wird lediglich auf das Gutachten der Klagepartei eingegangen).
    Die Klage wurde durch Endurteil abgewiesen - die Klagepartei hat die Kosten zu tragen.
    Die Beklagtenpartei will jetzt natürlich auch die Gutachterkosten festgesetzt haben (Begründung: Partei konnte nur mit Hilfe des Privatgutachtens ihre Behauptungen darlegen, außerdem besteht der Verdacht des Versicherungsbetrugs).
    Die Klagepartei wendet ein, dass es sich nicht um Kosten des Rechtsstreits handelt, da vorgerichtlich. Außerdem seien sie nicht notwendig da es dem Gericht obliegt einen Gutachter zu beauftragen. Weiter sei während des gesamten Verfahrens nie auf das Gutachten eingegangen worden...

    Aus der Akte ist nicht ersichtlich, dass das Gutachten der Beklagten irgendwie verwendet worden wäre.

    Was meint ihr dazu?? Würdet ihr zwecks Chancengleichheit die Erstattungsfähigkeit bejahen, auch wenn in der gesamten Akte nichts auf eine Verwendung des Gutachtens hindeutet und das Gericht einen eigenen Gutachter bestellt hat :gruebel:

    Vielen Dank schon mal.

  • Gutachten sind immer so eine Sache. :mad: Da ärgere ich mich oft mit rum.
    In Deinem Fall scheinen die Kosten aber erstattungsfähig zu sein, da es - zumindest aus Sicht der Versicherung - konkrete Anzeichen für einen Versicherungsbetrug gab. In einem solchen Fall ist die Versicherung berechtigt, Gutachten in Auftrag zu geben, auch wenn noch keine konkrete Klage erhoben oder angedroht wurde. Die Versicherung muss nicht erst - möglicherweise Jahre - warten, bis Klage erhoben wird. Das sieht die Rechtsprechung jedenfalls so. Insofern sich vorgerichtliche Gutachten erstattungsfähig. Desweiteren verfügen Versicherungen in der Tat nicht über den entsprechenden Sachverstand - es geht hier ja nicht um die Prüfung der Einstandspflicht, diese Kosten wären in der Tat nicht erstattungsfähig.
    Das Gutachten muss das Verfahren nicht beeinflussen - entscheidend ist, dass es prozessbezogen und in das Verfahren auch tatsächlich eingeführt worden ist.
    Dass das Gericht einen eigenen Gutachter bestellt hat, ist für die Erstattungsfähigkeit unschädlich.
    Soweit erstmal.

  • Ergänzend:

    Zitat

    LS

    Die Kosten eines von dem Haftpflichtversicherer wegen des Verdachts eines lediglich vorgetäuschten Unfalls eingeholten Privatgutachtens sind nur dann erstattungsfähig im Sinne von § 91 ZPO, wenn im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht des Versicherungsbetrugs vorlagen und wenn das Gutachten bzw. die Erkenntnisse des Sachverständigen in den Prozess eingeführt werden.

    OLG Celle, Beschl. v. 10.01.2011 – 2 W 8/11 = juris

  • ich habe hier auch ein gutachtenproblem :(

    das gutachten wurde vor klageerhebung in auftrag gegeben.
    es geht um die Begutachtung eines Autos... wegen angeblicher lackschäden, fehlender Inspektion usw.

    die gutachterkosten wurden in die klageforderung mit aufgenommen ... das verfahren wurde durch vergleich beendet, durch den alle streitgegenständlichen forderungen abgegolten sind...

    dann können doch jetzt gutachterkosten eigentlich nicht im kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden... oder doch?

  • Das sind vorgerichtlich angefallene Kosten und können daher nicht im KFV geltend gemacht werden.

    Richtigerweise wurden die Kosten mit eingeklagt und sind somit Bestandteil des Abgeltungsvergleiches.

  • davon ging ich auch aus, aber scheinbar sind privatgutachten ja doch immer mal wieder erstattungsfähig, siehe zb. olg celle, beschluss vom 10.01.2011 2 w 8/11, olg Hamm, 16.10.2014, I-25 W 266/14, LG Hagen, 02.10.2014, 10 O 61/13... daher bin ich verwirrt :)

  • Vorliegend wurden die Kosten doch aber mit eingeklagt und sind damit Gegenstand des Vergleiches. Die diesbezügliche "Abfindung" damit zu umgehen, daß diese jetzt im KFV nochmals geltend gemacht werden, halte ich nicht für zulässig.

  • Privatgutachterkosten - egal ob vorgerichtliche oder im laufenden Verfahren entstandene - sind nur ausnahmsweise erstattungsfähig, allerdings liegen diese Ausnahmen oft vor zumindest bei mir. ;)
    Da im vorliegenden Fall die Gutachterkosten aber mit eingeklagt wurden, sind sie Teil des Vergleichs und können daher im KFV nicht noch einmal geltend gemacht werden. Anders, wenn diese Kosten nicht mit eingeklagt wurden.

  • davon ging ich auch aus, aber scheinbar sind privatgutachten ja doch immer mal wieder erstattungsfähig, siehe zb. olg celle, beschluss vom 10.01.2011 2 w 8/11, olg Hamm, 16.10.2014, I-25 W 266/14, LG Hagen, 02.10.2014, 10 O 61/13... daher bin ich verwirrt :)

    Beim Fall ganz oben handelte es sich um Kosten des Gutachters der Beklagten, während es in Deinem Fall - noch dazu eingeklagte - Kosten des Gutachters des Klägers geht. Gutachterkosten der Beklagten können ja schlechterdings nicht eingeklagt sein (ja doch, Widerklage, aber dann ist die Beklagte eben nicht nur Beklagte, sondern auch Kläger).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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