Verdienstausfall Partei

  • D'accord. Wir meinen in der Tat dasselbe! Alles klar. ;)

  • Hallo,

    Verdienstausfall des Beklagten wird in Höhe von 116 EUR geltend gemacht. Bestätigung durch Arbeitgeber wird nachgereicht, darauf wird aber lediglich die Gesamtsumme genannt ohne Begründung, wie sich der Betrag zusammensetzt. Zudem weicht der genannte Betrag von dem im KFA geltend gemachten Betrag ab. Nach Monierung schickt RA ein neue Bestätigung des Arbeitgebers, die alte sei fehelerhaft gewesen.

    Die Gegenseite bestreitet nun natürlich vollumfänglich den Betrag. Zum einen, weil nicht erkenntlich ist, dass der höhere Betrag gelten soll, zum anderen weil die Beträge inhaltlich nicht nachvollziehbar sind.

    Ich würde den höheren Betrag an sich anerkennen, da diese Bestätigung später datiert und somit ersichtlich ist, dass die Berichtigung nach oben erfolgen sollte.

    Aber ist eine Aufschlüsselung nötig? Ich würde wohl zu nein tendieren, wenn, wie hier im Thread auch schon geschrieben, an sich das JVEG gar keinen Nachweis vorsieht.

  • Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2013, § 22 Rn. 3, weist darauf hin, daß die Höhe der Entschädigung, soweit ein Nachweis nicht erbracht wird, unter freier Beurteilung der Erwerbstätigkeit des Zeugen zu bemessen sei. Erscheine der geltend gemachte Verdienstausfall nach der Lebensstellung und der regelmäßigen Erwerbstätigkeit des Zeugen ungewöhnlich hoch, so könne Glaubhaftmachung verlangt werden.

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Moin, habe in Strafsachen über den Kostenfestsetzungsantrag eines Nebenklägers zu entscheiden. Die notwendigen Auslagen des Nebenklägers hat der Verurteilte zu tragen.
    Geltend gemacht wird neben den üblichen Gebühren des Anwaltes nach dem RVG auch ein Frachtausfall in Höhe von knapp 600 EUR, die der Nebenkläger nunmehr erstattet verlangt. Der Nebenkläger ist selbstständiger Kranführer/Frachtverlader. Durch die Teilnahme an der gerichtlichen Verhandlung konnte der Nebenkläger nicht arbeiten, so dass er einen Frachtausfall in Höhe von 600,00 EUR erlitten hat. Eine entsprechende Mitteilung durch den "Arbeitgeber" (der Nebenkläger ist selbstständig, wird allerdings für die Verladung von Fracht "gebucht") liegt vor. Ersatz konnte nicht aufgetrieben werden.

    Bin mir bzgl. der Erstattungsfähigkeit mehr als unsicher. Für Antworten bedanke ich mich direkt!

  • Die Erstattungsfähigkeit halte ich für sehr fraglich.

    Zwei Fragen stellen sich mir spontan:

    Weshalb hätte der (entgangene) Auftrag nur am Verhandlungstag erbracht werden können (und nicht z. B. einen Tag später)?

    Und noch wichtiger: Wurde durch den Nebenkläger(-vertreter) im HInblick auf diesen offenbar wichtigen Auftrag ggf. eine Termisverschiebung (erfolglos) beantragt bzw. warum nicht?

  • Fällt der Frachtausfall nicht unter evtl. Schadensersatz o. ä.? Im Wege der Kostenfestsetzung sagt mein Bauchgefühl erstmal spontan "Gibt es nicht".

    Man muss das Unmögliche so lange anschauen, bis es eine leichte Angelegenheit wird.
    Das Wunder ist eine Frage des Trainings!
    (Albert Einstein)

  • Die Erstattungsfähigkeit halte ich für sehr fraglich.

    Zwei Fragen stellen sich mir spontan:

    Weshalb hätte der (entgangene) Auftrag nur am Verhandlungstag erbracht werden können (und nicht z. B. einen Tag später)?

    Und noch wichtiger: Wurde durch den Nebenkläger(-vertreter) im HInblick auf diesen offenbar wichtigen Auftrag ggf. eine Termisverschiebung (erfolglos) beantragt bzw. warum nicht?


    Hab diesbezüglich keinerlei Angaben durch den RA vorliegen, allerdings wenn man davon ausgeht, dass der Nebenkläger seinem Job in Vollzeit nachgeht und er demnach jeden Tag Fracht verlädt, wäre doch auch an jedem anderen Tag (wenn der Termin jetzt verschoben worden wäre) ein Frachtausfall entstanden, den der RA zur Kostenfestsetzung anmelden würde. Entstanden wäre der Ausfall wohl so oder so, allerdings finde ich zur Erstattungsfähigkeit eben nichts...

    LG


  • Nicht zwingend.

    Hat denn tatsächlich jeder Selbstständige jeden Tag Aufträge abzuarbeiten? Das würde ich verneinen, sonst gäbe es keine Selbstständigen mit ergänzenden ALGII-Leistungen.

    Und im konkreten Fall wäre auch die Höhe (des Einkommens) recht beachtlich, wenn er wirklich jeden Tag einen Verladeauftrag über 600,- € hätte. Ob das so zutrifft? :gruebel:

  • Eine Bescheinigung über die Höhe des Ausfalls liegt mir vor, ist mir glaubhaft gemacht genug. Bist du wirklich der Meinung, man könne den Verhandlungstermin verschieben, weil der Nebenkläger an dem Tag arbeiten muss?

  • Er hätte es zumindest versuchen können.

    Es gibt ja ab und an auch Verlegungen wegen Verhinderung eines Verteidigers. Und der Nebenklägervertreter ist genauso unabdingbarer Beteiligter einer HV.

  • Gem. § 464b Satz 1 StPO sind die Vorschriften der ZPO auf das Kostenfestsetzungsverfahren in Strafsachen entsprechend anzuwenden. § 91 Abs. 1 ZPO verweist ja in Bezug auf die Parteiauslagen auf das JVEG. Und das JVEG limitiert ja eigentlich durch § 22 JVEG den zu erstattenden Verdienstausfall (max. 21 Euro). Eine Erstattung des tatsächlichen Ausfalls (wie in meinem Fall der Frachtausfall in Höhe von 650,00 EUR) ist nicht vorgesehen. Demnach maximal Erstattung in Bezug auf den Verdienstausfall gem. 22 JVEG, oder sieht das jemand anders?

    LG

  • Gem. § 464b Satz 1 StPO sind die Vorschriften der ZPO auf das Kostenfestsetzungsverfahren in Strafsachen entsprechend anzuwenden. § 91 Abs. 1 ZPO verweist ja in Bezug auf die Parteiauslagen auf das JVEG. Und das JVEG limitiert ja eigentlich durch § 22 JVEG den zu erstattenden Verdienstausfall (max. 21 Euro). Eine Erstattung des tatsächlichen Ausfalls (wie in meinem Fall der Frachtausfall in Höhe von 650,00 EUR) ist nicht vorgesehen. Demnach maximal Erstattung in Bezug auf den Verdienstausfall gem. 22 JVEG, oder sieht das jemand anders?

    LG


    Das sehe ich genauso, wobei beim Selbstständigen anhand entsprechender betriebswirtschaftlicher Auswertungen der Stundensatz zu ermitteln ist, vgl. Bayerisches
    Landessozialgericht 15. Senat, Beschluss vom 14.01.2009, L 15 SF 243/08.

    Vom gleichen Gericht wurde am 02.02.2009 auch entschieden, dass höhere Entschädigungen als der Satz nach JVEG nicht zu gewähren sind, L 15 SF 12/07 AL KO

    Ferner ist natürlich zu beachten, dass ein Verdienstausfall beim Selbstständigen nicht zwingend eingetreten sein muss (OLG Hamm vom 05.12.2005, 4 Ws 357/05):

    "Auch wenn für den Zeugen die Möglichkeit besteht, die Arbeit ohne finanzielle Einbußen zeitlich zu verschieben, wird eine Verdienstausfallentschädigung nicht gewährt (vgl. z.B. LG Rostock, Beschluss
    vom 15.11.2002 - 2 T 23/01 - in juris, dort ging das Gericht davon aus, dass ein selbstständiger Handwerker mit einem Kleinbetrieb nicht durchgehend mit Aufträgen ausgelastet war und Verdienstausfall nicht ohne weiteres unterstellt werden konnte)."

  • Vielen Dank für die Entscheidungen!!

  • Noch zum rechtlichen Charakter der Verdienstausfallentschädigung die Ausführungen des BGH (MDR 2012, 374 = AGS 2012, 199 = Rpfleger 2012, 350):

    "Das Entschädigungssystem des JVEG kann nach seinem Sinn und Zweck nicht mit einer Schadensersatzregelung gleichgestellt werden (vgl. OLG Schleswig, JurBüro 1991, 545 f.; OLG Koblenz, MDR 1986, 328 f.; OLG München, JurBüro 1973, 349, 350 - jeweils noch zum ZSEG). Der Gesetzgeber erstrebt keinen vollen Ausgleich des an einem Verfahren teilnehmenden Zeugen; dieser erfüllt mit seiner Teilnahme am Termin vielmehr eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht und erhält dafür aus Billigkeitsgründen eine Entschädigung für die ihm erwachsenen Nachteile (BT-Drucks. 2/2545, S. 213). Daher begrenzt das JVEG den Verdienstausfall auf einen Höchstbetrag, der jedenfalls für die weniger verdienenden Arbeitnehmer einen vollen Ausgleich ermöglichen soll (BT-Drucks. 15/1971, S. 186), und mutet damit zugleich einem großen Teil der Zeugen aus staatsbürgerlicher Verpflichtung einen Verdienstausfall zu (vgl. OLG München, MDR 1981, 163, noch zum ZSEG). Diese Beschränkungen des Entschädigungsanspruchs sind im Rahmen der entsprechenden Anwendung auf notwendige Terminswahrnehmungen einer Prozesspartei nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO ebenfalls zu beachten."

    Insofern liegt die Forderung der Partei, 600 € Frachtschaden ersetzt zu verlangen, hier auch neben der Sache.

    Zur Frage, wie ein Selbständiger einen Verdienstausfall nachweisen muß bzw. ab wann das Gericht von einem solchen ausgehen kann, hat das LSG München hier (in juris ab Rn. 28 ff. bzw. ab Ziff. 3.1.1.2) sich mal umfangreiche(re) Gedanken gemacht.

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • ....

    Zur Frage, wie ein Selbständiger einen Verdienstausfall nachweisen muß bzw. ab wann das Gericht von einem solchen ausgehen kann, hat das LSG München hier (in juris ab Rn. 28 ff. bzw. ab Ziff. 3.1.1.2) sich mal umfangreiche(re) Gedanken gemacht.


    hinsichtlich der zu berücksichtigenden Zeit abweichend Entscheidung u. a. durch das Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 03. Juli 2018 – L 1 JVEG 364/18 –, juris

  • Ich hänge mich hier mal dran.

    In meinem Verfahren wurde eine GmbH verklagt. Diese schickt zu einem Gerichtstermin ihren Geschäftsführer, welcher am Vortag anreist (Abfahrt 11:30 Uhr) und am Termintag wieder zurückfährt. Reine Fahrzeit pro Strecke ca. 8 Stunden. Eine Übernachtung war daher notwendig.

    Nun wird für beide Tage ein Verdienstausfall in Höhe von 21,00 € pro Stunde geltend gemacht. Der Stundensatz ist für mich in Ordnung.

    Meine Frage ist, wie die Anzahl der Stunden für den Vortag zu berechnen ist. Geltend gemacht wird für den Vortag ein Verdienstausfall für 12,50 Stunden (11:30 Uhr bis 24 Uhr), was natürlich wegen der Begrenzung auf 10 Stunden schon mal falsch ist. Kann hier ein Verdienstausfall für 10 Stunden gewährt werden, oder ist zunächst die regelmäßige Arbeitszeit des Geschäftsführers zu erfragen (und sodann teilweise nur Entsch. f. Zeitversäumnis nach § 20 JVEG zu gewähren). Ich glaube kaum, dass der Geschäftsführer regelmäßig bis 21:30 Uhr abends arbeitet (11:30 Uhr Abfahrt + 10 Stunden).

  • Für einen normalen Geschäftsführer halte ich 10 Stunden/Tagfür durchaus ersatzfähig. Wenn er nicht unterbeschäftigt ist, wird er eher darüber als darunter liegen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Das mag sein, jedoch beschränkt § 19 Abs. 2 S. 2 JVEG die Entschädigung ausdrücklich auf 10 Stunden pro Tag.

    Für mich stellt sich nur die Frage, ob 10 Stunden Verdienstausfall gewährt werden muss, oder ob hier gar teilweise nur Zeitversäumnis zu gewähren ist, weil nicht angenommen werden kann, dass der Geschäftsführer (regelmäßig) bis 21:30 Uhr gearbeitet hätte.

    Einmal editiert, zuletzt von Pittys29 (18. März 2021 um 09:46) aus folgendem Grund: § 15 Abs. 2 JVEG geändert in § 19 Abs. 2 S. 2 JVEG

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!