Nicht ernsthaftes Gebot

  • Ich möchte mal eure Meinungen zu folgenden Sachverhalt haben:

    Ich habe einen Mr. X, der im Jahre 2007 den Versteigerungserlös nicht bezahlt hat. In den folgenden Jahren hat er jährlich ein Unternehmen gegründet, welches auf Objekte geboten hat und den Erlös dann nie bezahlt hat.

    Nun hat Mr. X im Jahre 2012 mal wieder für sich selber geboten. Verteilungstermin ist in den nächsten Wochen.

    Heute habe ich einen Antrag auf Widerversteigerung eines früheren Objektes bekommen.

    Da mittlerweile gerichtsbekannt ist, dass dieser Bieter nie zahlt, frage ich mich, ob ich in einem neuen Versteigerungsverfahren nicht die Gebote die er persönlich oder als Vertreter eines Unternehmens abgibt als nicht ernsthaft zurückweisen kann, da ich davon ausgehe, dass der Versteigerungserlös nicht gezahlt werden wird.

    Im Handbuch und auch hier im Forum habe ich zu dem Problem leider nichts gefunden.

  • Spätestens beim zweiten Fall hätte ich die Staatsanwaltschaft mit diesem X behelligt.

    Wie gestaltet sich das Ganze praktisch: Markiert X den seriösen Bieter oder gibt er Mondgebote ab? Ist irgendeine Motivation erkennbar? Werden alle Objekte anschließend und wenn ja, mit welchem Erfolg, wiederversteigert? Wie läuft die persönliche Vollstreckung gegen X, hat er selbst oder für seine Unternehmen möglicherweise bereits die eidestattl. Vers. abgegeben?

  • Ich fände es richtig, diese Gebote zurückzuweisen, soweit er sie als Privatperson abgibt.
    Wurde so auch HIER und HIER (letzteres mit Hinweis auf Rechtsprechung) im Forum vertreten.
    Kai war schneller.
    Rspr. demnach:
    LG Essen, Beschluss vom 04.11.1993, Rechtspfleger 1995, S. 34 ff.
    Leitsatz:
    Gebote, die in der Absicht abgegeben werden, im Falle des Meistgebotes hierauf keine Zahlung leisten zu wollen und zu können, sind als rechtsmißbräuchlich zurückzuweisen.

    Genauso AG Dortmund, Beschluss vom 27.04.1993, Rechtspfleger 1994, S. 119 und
    OLG Nürnberg, Beschluss vom 23.09.1998, Rechtspfleger 1999, S. 87

    Ob man das hinsichtlich der (vom zahlungsunwilligen Bieter gegründeten, durch ihn vertretenen) Unternehmen ebenso sehen kann, dazu finde ich nichts und habe Zweifel. Mit etwas Mut und einer anständigen Protokollführung (Gebot niederschreiben, Zurückweisung des Gebots nach § 71 I ZVG - niederschreiben, Belehrung über Erlöschen des Gebots bei Nichtwidersprechen gegen die Zurückweisung (§72 II ZVG) niederschreiben, Widerspruch - so er kommt - niederschreiben. Nach Ende der Bietzeit muss man dann halt bei seiner Entscheidung weiter darauf eingehen, warum auf dieses Gebot der Zuschlag nicht erteilt werden kann (falls das zurückgewiesene, aber nicht erloschene Gebot denn das Meistgebot wäre). Zuschlagsbeschwerde abwarten, ab ans LG, und die dürfen dann entscheiden, ob wir uns weiter an der Nase herumführen lassen müssen.

  • Bisschen schwierig, das zu argumentieren, wenn immer für jemand anderes geboten wird.
    Ich würde - da Herr X insoweit aber durchaus amtsbekannt ist - für die nächsten Fälle rechtzeitig den betreibenden Gläubiger mit ins Boot ziehen. Im eigenen Interesse sollte der den Herrn genauer unter die Lupe nehmen, bevor ein Zuschlag erteilt wird.
    Mit Meridians vorgeschlagener Verfahrensweise könnte die Sache rund werden.

  • Ich mache das. Wenn ein Bieter ein Gebot bei uns im Haus nicht belegt hat (wir petzen untereinander) weise ich das Gebot als rechtsmißbräuchlich zurück. Mag der Bieter widersprechen. Ich bezihe mich auf BGH vom 10.05.2007, V ZB 83/06 Rdnr. 14. (das ist dieser Eigengebotsbeschluss)
    Bietet er für eine andre Rechtspersönlichkeit, darf er das auch einmal bis er nicht bezahlt.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • So einen Fall gab es hier auch einmal.
    Sein Geschäftsmodell: Ersteigern, dann verkaufen, dann das Gebot bezahlen.
    Beim ersten Mal gab es eine Anordnung nach 118.
    Beim zweiten mal dann zusätzlich 94.
    Der Ersteher erhielt die Schlüssel zu der leeren Eigentumswohnung nicht.
    Es war vorher noch eine Zwangsverwaltung angeordnet.
    Gegen Vorkasse von 5.000,00 EU stellte ich ihm in Aussicht, die
    Wohnung mal besichtigen zu dürfen. Das Geld kam nicht und der Ersteher
    blieb draußen.
    Dem Spuk wurde schnell ein Ende gemacht. Der Ersteher war die 10% los
    und hinterher hatte er wegen der Verwaltung nach 94 keine Chance an
    das Grundstück zu gelangen.
    M.E. ist die Nichtzahlung im ZVG geregelt, weshalb Strafrecht nicht zum
    Zuge kommt, was auch rainer so selbst erlebt hatte. Deshalb sollte der
    Berechtigte im geschilderten Fall einen Antrag nach 94 stellen.


    Anekdote am Rande: Der Ersteher war so dreist, dass er bereits die
    Wohnung vor dem Verkündungstermin über den Zusachalg in der
    Zeitung als zu verkaufen inserierte.

  • Vielleicht ein Lösungsansatz: Bei der geschilderten Konstellation beantragt der Gläubiger, den man vorher informiert hat, einen Verkündungstermin. Da bei uns der Meistbietende zustimmen muss: - Stimmt er nicht zu, stellt Gläubiger sofort ein. Kein Zuschlag. - Stimmt er zu, verlangt der Gläubiger volle Zahlung des Meistgebotes z.B. z.Hd. des Gerichts bis zum VKT. Erfolgt Zahlung: Zuschlag. Keine Zahlung: § 30 ZVG. :gruebel: So verhindert man zumindest eine Wiederversteigerung.

  • Vielleicht ein Lösungsansatz: Bei der geschilderten Konstellation beantragt der Gläubiger, den man vorher informiert hat, einen Verkündungstermin. Da bei uns der Meistbietende zustimmen muss: - Stimmt er nicht zu, stellt Gläubiger sofort ein. Kein Zuschlag. - Stimmt er zu, verlangt der Gläubiger volle Zahlung des Meistgebotes z.B. z.Hd. des Gerichts bis zum VKT. Erfolgt Zahlung: Zuschlag. Keine Zahlung: § 30 ZVG. :gruebel: So verhindert man zumindest eine Wiederversteigerung.

    Das ist nur leider wenig hilfreich, wenn man weitere, (hoffentlich) solide Bieter mit im Termin hat. Wer mitsteigert in dem Wissen, dann doch nicht zu zahlen, kann höhere Gebote ungehemmt abgeben.

  • Spätestens beim zweiten Fall hätte ich die Staatsanwaltschaft mit diesem X behelligt.

    Wie gestaltet sich das Ganze praktisch: Markiert X den seriösen Bieter oder gibt er Mondgebote ab? Ist irgendeine Motivation erkennbar? Werden alle Objekte anschließend und wenn ja, mit welchem Erfolg, wiederversteigert? Wie läuft die persönliche Vollstreckung gegen X, hat er selbst oder für seine Unternehmen möglicherweise bereits die eidestattl. Vers. abgegeben?

    Ich habe den Mr. X quasi geerbt. Er hat beim ersten mir bekannten Fall persönlich geboten. Den Fall kannte ich aber persönlich bis gestern nicht.

    Dann ist das Grundstück in die Wiederversteigerung gekommen und eine Firma ist aufgetreten, mit ihm als Geschäftsführer.

    Es kam wieder zur Widerversteigerung. Dann hat eine andere Firma geboten, mit einem anderen Geschäftsführer. Nach Zuschlagsbeschluss wurde mir dann mitgeteilt, dass nun Mr. X Geschäftsführer ist.

    Jetzt habe ich die Sache zum 2. Mal in der Wiederversteigerung.

    Das gleich Spielchen wurde mt einem weiteren Grundstück gespielt. Und in der letzten Woche hat er als Mr. X auf ein drittes Grundstück geboten.

    Die e. V. hat er und seine Unternehmen nicht abgegeben. Aber die mir bekannten Firmen sind in Insolvenz gegangen.


    Danke für die vielen Beiträge. Ich werde sie mir in Ruhe ansehen.

  • m.E. kann es durchaus strafrechtlich relevant sein, wenn ein Gebot nicht (vollständig) gezahlt wird, soweit das Gebot bereits in dem Wissen abgegeben wurde, das Gebot nicht bezahlen zu wollen/können. Entsprechende Prüfung ist der StA überlassen. Selbst wenn das Verfahren eingestellt wird, kann ich mir nicht vorstellen, dass dies auch noch bei der dritten Aktenvorlage erfolgt. Wenn der Erlös nicht lediglich verspätet eingeht gebe ich eigentlich jede Akte zur StA, insbesondere wenn es sich um (augenscheinlich) Gewerbetreibende handelt. Bisher hat sich darüber noch keiner von der StA beschwert. Bei Privatpersonen lasse ich es nur, wenn die Eintragung von Sicherungshypotheken vermieden wird.

    Bieter lasse ich schon dann nicht mehr zu, wenn Forderungsübertragung erfolgt ist, nicht erst bei Wiederversteigerung. Gab bisher noch keine Probleme. Öffentliche Gebotszurückweisung mit der Begründung der sehr zweifelhaften Liquidität aufgrund der bisherigen Erfahrungen wird der Bieter wohl vermeiden wollen.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • StA informieren!

    Wer Gebote mit dem Vorsatz abgibt, diese im Falle der Zuschlagserteilung nicht durch Zahlung belegen zu wollen, macht sich wegen (versuchten) Betruges strafbar und zwar zum Nachteil des Schuldners / Eigentümers.

    Insbesondere Letzteres haben manche StA´e und Richter möglicherweise in der Vergangenheit im Einzelfall übersehen und Vermögensnachteile immer nur beim Gläubiger gesucht, der infolge der Zuschlagserteilung tatsächlich zumindest keinen unmittelbaren oder "stoffgleichen" Schaden hat.

    Anders verhält es sich aber beim Schuldner, der aufgrund der täuschungs- und irrtumsbedingten Vermögensverfügung (= Zuschlagserteilung) des Versteigerungsrechtspflegers sein Eigentum verliert (= Vermögensschaden), das dann der betrügerische Ersteher bekommt.

    Außerdem müsste dem später die Zahlung verweigernden Ersteher in einem Strafverfahren nachgewiesen werden, dass er bereits bei Gebotsabgabe nicht bezahlen wollte.
    Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Nachweis im Einzelfall nicht ganz einfach ist.
    Bei dem gewerbsmäßig handelnden Mister X dürfte das weniger ein Problem sein.

  • Ketzerische Frage:

    Wo steht im ZVG, dass das Meistgebot gezahlt werden muß(!!!!)?

    Ersher kann ja auch eine Finanzierung über Sicherungshypotheken wählen (spart sich die Kosten des Notars für die Bewilligung der GS).

    "Das Beste gegen Unglücklichsein ist Glücklichsein, und es ist mir egal, was die anderen sagen."
    Elizabeth McCracken, "Niagara Falls All Over Again"

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