§ 853 ZPO und Insolvenzverwalter

  • Mehrfache Pfändung ist erfolgt. Der Drittschuldner möchte nun nach § 853 ZPO hinterlegen.

    Zusätzlich liegt dem Drittschuldner ein Schreiben des Insolvenzverwalters des Schuldners vor, wonach schuldbefreiende Zahlungen nur noch an den Insoverwalter geleistet werden können.

    Läuft die Hinterlegung trotzdem nach § 853 ZPO und sind zusätzlich a) Schuldner und b) X als Insoverwalter über das Vermögen des Schuldners als Empfangsberechtigte zu benennen? Oder § 372 BGB (so wie wenn neben Pfändungen eine Abtretung vorliegt)? Oder geht s gar nicht und der Drittschuldner muß einfach an den Insoverwalter zahlen?

  • Der Schuldner hat gegen den Drittschuldner einen (unstreitigen) Werklohnanspruch von ca. 10.000 €.

    Die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse wurden dem Drittschuldner alle nach Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (01.06.2011) zugestellt.
    Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte am 01.03.2012.

  • Also lt. Münchner OK ZPO ist über "§ 853 ZPO hinaus eine Hinterlegung auch dann zulässig, wenn Unklarheit über die Wirksamkeit einer Pfändungsmaßnahme besteht" - OLG Frankfurt vom 23.09.2003, Az. 5 U 252/01.

    Die Entscheidung hab ich allerdings nirgends im Volltext gefunden.

  • Also lt. Münchner OK ZPO ist über "§ 853 ZPO hinaus eine Hinterlegung auch dann zulässig, wenn Unklarheit über die Wirksamkeit einer Pfändungsmaßnahme besteht" - OLG Frankfurt vom 23.09.2003, Az. 5 U 252/01.

    Die Entscheidung hab ich allerdings nirgends im Volltext gefunden.

    Juris hat sie.

  • Aber ich hab kein juris :mad:

    Passt die Entscheidung auf den Fall?

    Ich frag mich dann auch noch, ob der Schuldner und der Insoverwalter als Empfangsberechtigte aufgenommen werden müssten?

    Jetzt hab ich s doch gefunden! Mal durchlesen...

    2 Mal editiert, zuletzt von Balka (4. April 2012 um 11:35)

  • Dann kommt man wohl eher zu § 372 BGB. Das würde bedeuten, dass der Antrag berichtigt werden muß (bezüglich Grund und Rücknahmeverzicht) und es kein Verteilungsverfahren gibt.
    Jedenfalls seh ich die Entscheidung des OLG Frankfurt auch so, dass die sagen § 372 BGB ist anwendbar.

  • Das ist hier jetzt ein Streit um des Kaisers Bart. Pfändungen die mach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Massegegenstände vorgenommen werden, sind unzulässig. Einziger Gläubiger ist der Insolvenzverwalter. Par. 89, 91 InsO.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Aus Sicht des Juristen schon, aber man muß hier auf den Drittschuldner abstellen. Der weiß nicht mal, wann der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wurde. Die Hinterlegung ist ja gerade dazu da, dem Antragsteller juristische Prüfungen zu ersparen, wenn mehrere Personen Anspruch auf das Geld erheben.

    Kommt man also zur Hinterlegungsberechtigung, dann ist schon entscheidend, ob § 853 ZPO oder § 372 BGB Hinterlegungsgrund ist. Das hat jeweils unterschiedliche Folgen und Voraussetzungen.
    Bei aller Liebe zu Oberfranken, aber da machst Du s Dir ein bischen zu einfach find ich.

  • Aus Sicht des Juristen schon, aber man muß hier auf den Drittschuldner abstellen. Der weiß nicht mal, wann der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wurde. Die Hinterlegung ist ja gerade dazu da, dem Antragsteller juristische Prüfungen zu ersparen, wenn mehrere Personen Anspruch auf das Geld erheben.

    Kommt man also zur Hinterlegungsberechtigung, dann ist schon entscheidend, ob § 853 ZPO oder § 372 BGB Hinterlegungsgrund ist. Das hat jeweils unterschiedliche Folgen und Voraussetzungen.
    Bei aller Liebe zu Oberfranken, aber da machst Du s Dir ein bischen zu einfach find ich.

    Ich sehe es auch so. § 853 ZPO scheidet aus, weil auch das OLG Ffm. gesagt hat ... über § 853 ZPO hinaus. Darüber hinaus hat Juris § 372 BGB in die Normen aufgenommen. Auch der Satz:

    Die Zweifel an der Berechtigung beruhten nicht auf Fahrlässigkeit der Beklagten.

    deutet darauf hin, dass für die Hinterlegung § 372 BGB herangezogen wurde.

    Außerdem scheidet § 835 ZPO auch aus dem Grund aus, dass es nicht bloß um ein Verteilungsverfahren geht, sondern vorliegende durch das Insolvenzverfahren sich der Drittschuldner nur für Ungewissheit über die Person des Gläubigers entscheiden kann.

    Es wäre auch möglich, dass das OLG den ursprünglichen Antrag nach § 853 ZPO in § 372 BGB umgedeutet hat :gruebel:

  • Also ich war vorhin aus Versehen davon ausgegangen, dass die Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte. Aber auch wenn dem nicht so ist, mache ich es mir weiterhin einfach (wir Insolvenzverwalter sind eben einfach gestrickt) und verweise mal auf § 88 InsO. Da kann der Drittschuldner ganz genau nachlesen, dass Sicherungsmaßnahmen, welche nach dem Eröffnungsantrag erfolgen, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam werden. Der einzige Gläubiger ist und bleibt der Insolvenzverwalter.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Also ich war vorhin aus Versehen davon ausgegangen, dass die Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte. Aber auch wenn dem nicht so ist, mache ich es mir weiterhin einfach (wir Insolvenzverwalter sind eben einfach gestrickt) und verweise mal auf § 88 InsO. Da kann der Drittschuldner ganz genau nachlesen, dass Sicherungsmaßnahmen, welche nach dem Eröffnungsantrag erfolgen, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam werden. Der einzige Gläubiger ist und bleibt der Insolvenzverwalter.

    Die Rückschlagsperre interessiert mich als Drittschuldner nicht, weil ich nicht weiß und nicht wissen will wann der Antrag gestellt wurde.

  • Nach § 853 ZPO hat der Drittschuldner grundsätzlich das Recht zu hinterlegen. Der Hinterlegung fehlt das Rechtsschutzinteresse, wenn der Hinterlegungszweck nicht erreicht wird. Dies ist in diesem Fall geben. Die Hinterlegung macht nur Sinn, wenn über die Hinterlegungsstelle oder das Verteilungsverfahren die einzelnen Gläubiger befriedigt werden. Damit hat sich die Frage der Zulässigkeit der Befriedigung einzelner Gläubiger nur verlagert. Hinterlegungsstelle oder Verteilungsgericht haben exakt das gleich Problem wie der Drittschuldner.
    Der Insolvenzverwalter hat von Gesetzes wegen Aus- und Absonderungsrechte zu beachten.
    Ein Hinterlegung nach § 372 BGB kommt nicht in Betracht, da sich die Person des Gläubigers klar aus dem Gesetz ergibt und die Ungewissheit eine subjektive ist.

  • Nach § 853 ZPO hat der Drittschuldner grundsätzlich das Recht zu hinterlegen. Der Hinterlegung fehlt das Rechtsschutzinteresse, wenn der Hinterlegungszweck nicht erreicht wird. Dies ist in diesem Fall geben. Die Hinterlegung macht nur Sinn, wenn über die Hinterlegungsstelle oder das Verteilungsverfahren die einzelnen Gläubiger befriedigt werden. Damit hat sich die Frage der Zulässigkeit der Befriedigung einzelner Gläubiger nur verlagert. Hinterlegungsstelle oder Verteilungsgericht haben exakt das gleich Problem wie der Drittschuldner.
    Der Insolvenzverwalter hat von Gesetzes wegen Aus- und Absonderungsrechte zu beachten.
    Ein Hinterlegung nach § 372 BGB kommt nicht in Betracht, da sich die Person des Gläubigers klar aus dem Gesetz ergibt und die Ungewissheit eine subjektive ist.

    Das sehe ich nicht so. Der Drittschuldner hat hier das Problem an wen er zahlen muss und was der IV oder TH zu beachten hat, hat den DS nicht zu interessieren.

  • Also ich war vorhin aus Versehen davon ausgegangen, dass die Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte. Aber auch wenn dem nicht so ist, mache ich es mir weiterhin einfach (wir Insolvenzverwalter sind eben einfach gestrickt) und verweise mal auf § 88 InsO. Da kann der Drittschuldner ganz genau nachlesen, dass Sicherungsmaßnahmen, welche nach dem Eröffnungsantrag erfolgen, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam werden. Der einzige Gläubiger ist und bleibt der Insolvenzverwalter.

    Zustellung erfolgte jeweils nach Antrag auf Eröffnung. Das weiß ich als Rpflin, aber nicht der Drittschuldner. Natürlich kann sich der Drittschuldner kundig machen. Aber muß er das?

  • Nach § 853 ZPO hat der Drittschuldner grundsätzlich das Recht zu hinterlegen. Der Hinterlegung fehlt das Rechtsschutzinteresse, wenn der Hinterlegungszweck nicht erreicht wird. Dies ist in diesem Fall geben. Die Hinterlegung macht nur Sinn, wenn über die Hinterlegungsstelle oder das Verteilungsverfahren die einzelnen Gläubiger befriedigt werden. Damit hat sich die Frage der Zulässigkeit der Befriedigung einzelner Gläubiger nur verlagert. Hinterlegungsstelle oder Verteilungsgericht haben exakt das gleich Problem wie der Drittschuldner.
    Der Insolvenzverwalter hat von Gesetzes wegen Aus- und Absonderungsrechte zu beachten.
    Ein Hinterlegung nach § 372 BGB kommt nicht in Betracht, da sich die Person des Gläubigers klar aus dem Gesetz ergibt und die Ungewissheit eine subjektive ist.

    Das sehe ich nicht so. Der Drittschuldner hat hier das Problem an wen er zahlen muss und was der IV oder TH zu beachten hat, hat den DS nicht zu interessieren.

    Der Drittschuldner liefe wohl auch Gefahr, sich evtl. Drittschuldnerklagen der Pfändungsgläubiger auszusetzen.

  • Die Pfändung des Arbeitseinkommens würde nach § 114 Abs. 3 InsO unwirksam. Das ist aber hier nicht der Fall. Der Drittschuldner ist auch im Falle der Insolvenz durch § 836 Abs. 2 ZPO geschützt. Das gilt nicht nur, wenn die Pfändung vor der Eröffnung oder in der Zeit der Rückschlagsperre sondern auch, wenn die Pfändung nach der Eröffnung zugestellt wurde. Allerdings ist dann das eröffnete Verfahren vorrangig.

    Die Pfändung müsste meiner Meinung nach aufgehoben werden, weil der DS nur dann nicht mehr geschützt ist, wenn ihm die Aufhebung zur Kenntnis gelangt ist.

    Weil das alles nicht der Fall ist, kann der DS meiner Meinung nach nach § 372 BGB hinterlegen, weil es ihm nicht zugemutet werden kann, an einen zu zahlen ohne das Risiko zu tragen, dass er doppelt zahlen müsste.

    Die Frage, die ich mir in diesem Zusammenhang stelle ist, ob der Antrag nicht nach § 372 BGB ausgelegt werden muss, wenn er es entsprechend begründet hat, obwohl er § 853 ZPO ins Spiel gebracht hat.

    Hat er auf das Recht der Rücknahme verzichtet und die Gläubiger benachrichtigt?

  • Der Ausgangsfall ist ein ganz normales Geschehen. Der Drittschuldner hatte offensichtlich kein Problem, die Pfändungen zu bedienen. Das Schreiben des Insolvenzverwalters löst eine Unsicherheit aus und der Drittschuldner glaubt, sein Problem sei bei der Hinterlegungsstelle besser aufgehoben. Die ist aber kein Hinterlegungsgrund. Er hat die Rechtslage zu prüfen und entsprechend zu handeln. Es fehlen besondere Umstände, die eine rechtliche Prüfung erschweren.

    Wenn nach §§ 372 ff BGB hinterlegt wird, und es ist wie hier, kein Hinterlegungsgrund gegeben, hat die Hinterlegung keine befreiende Wirkung. Das heißt, der Drittschuldner stellt sehr schnell fest, dass sich seine Probleme nicht gelöst, sondern verdoppelt haben

  • Der Ausgangsfall ist ein ganz normales Geschehen. Der Drittschuldner hatte offensichtlich kein Problem, die Pfändungen zu bedienen. Das Schreiben des Insolvenzverwalters löst eine Unsicherheit aus und der Drittschuldner glaubt, sein Problem sei bei der Hinterlegungsstelle besser aufgehoben. Die ist aber kein Hinterlegungsgrund. Er hat die Rechtslage zu prüfen und entsprechend zu handeln. Es fehlen besondere Umstände, die eine rechtliche Prüfung erschweren.

    Wenn nach §§ 372 ff BGB hinterlegt wird, und es ist wie hier, kein Hinterlegungsgrund gegeben, hat die Hinterlegung keine befreiende Wirkung. Das heißt, der Drittschuldner stellt sehr schnell fest, dass sich seine Probleme nicht gelöst, sondern verdoppelt haben

    Wie soll der Drittschuldner denn hier die Rechtslage prüfen? Er weiß ja nicht, wann der Antrag auf Eröffnung des Insoverfahrens war.

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