Vollstreckungsersuchen gegen Erbengemeinschaft vor GB-Berichtigung

  • Das betroffene Grundstück ist Teil eines Hofes i.S.d. HöfeO. Die eingetragene Eigentümerin E ist bereits vor gut 2 Jahren verstorben. Es läuft das GB-Berichtigungsverfahren, allerdings fehlt noch das Hoffolgezeugnis. Vor dem Lw-Gericht laufen 2 Verfahren: Erteilung Hoffolgezeugnis sowie Feststellung der Hofeigenschaft.

    Die Familie ist sehr zerstritten, weshalb wohl auch die Lw-Verfahren noch nicht abgeschlossen werden konnten (RM laufen).

    Mir liegt jetzt ein Ersuchen des Finanzamtes auf Eintragung einer Zwangshypothek vor. Als Schuldnerin ist die "Erbengemeinschaft nach der versotrbenen E, bestehend aus den Erben A, B, C und D" genannt.

    Laut beigefügter Rückstandsübersicht handelt es sich um Steuerforderungen gegen die Erblasserin.

    Kann hier die Sicherungshypothek bereits eingetragen werden, obwohl nicht klar ist, wer Erbe geworden ist? Ob die genannte Erbengemeinschaft geerbt hat, hängt ja wohl vom Ausgang des Lw-Verfahrens wg. Feststellung der Hofeigenschaft ab. Da es sich hier ja aber um eine Forderung gegen die Erblasserin handelt und nur in den Nachlass vollstreckt werden soll, ist es für die Vollstreckung doch auch eigentlich egal, wer die Erblasserin beerbt hat, oder!?
    Vollstreckungsrechtlich sehe ich daher eigentlich keine Problem, bin aber unsicher. :oops:

    Scheitert die Eintragung (trotzdem) derzeit an der Voreintragung des/der Erben (§ 39 GBO)?
    Auch hier tendiere ich zu "nein", da sich die Vollstreckung eigentlich ja gegen die Verstorbene richtet.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
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  • Auch ich würde hier auf der Voreintragung bestehen. Einen Ausnahmetatbestand kann ich nicht sehen.

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  • Das sehe ich anders. Möglicherweise hatte die Vollstreckung bereits zu Lebzeiten des Erblassers begonnen. Dann kann sie ohne weiteres in dessen Nachlass fortgesetzt werden (§ 779 ZPO). Zu diesem Beginn reicht die Durchführung irgendeiner Vollstreckungsmaßnahme aus; es muss sich nur um die Vollstreckung aus dem Titel, aber nicht unbedingt um die Vollstreckung in das Grundvemögen handeln (s. MünchKomm/Karsten Schmidt, ZPO, 3. Aufl. 2007, § 779 RN 5; LG Stuttgart: Beschluss vom 14.10.1986 - 2 T 694/86 = BeckRS 1986, 31158027). Ist dies der Fall, könnte die Zwangsvollstreckung ohne weiteres fortgesetzt werden; Erbschein und Voreintragung der Erben wären dann nicht erforderlich, weil die Voreintragung des Schuldners = Erblassers genügt (Zöller/Stöber, ZPO, 29. Auflage 2012, § 779 R$N 5). Das dürfte auch nach dem dortigen LVwVG gelten. Für Baden-Württemberg sieht § 3 Satz 2 LVwVG vom 12. März 1974 jedenfalls ähnliches vor.

    Der Umstand, dass die Vollstreckung bereits zu Lebzeiten des Erblassers begonnen hatte, ist dabei lediglich anhand einer Bestätigung des Finanzamts in der Form des § 29 III GBO nachzuweisen.

    Hat bis zum Tode des Erblassers hingegen keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen stattgefunden, gibt es zwei Vollstreckungsmöglichkeiten:

    a) stehen die Erben des Schuldners noch nicht fest, müsste im Verfahren nach der ZPO die Vollstreckungsklausel auf den für die unbekannten Erben zu bestellenden Nachlasspfleger umgeschrieben werden (§ 1960 Abs. 3 i.V.m. § 1958 BGB, § 727 Absatz 1 ZPO; BayObLG, Rpfleger 1992, 28). Neben dem Titel müsste sodann vor Beginn der Zwangsvollstreckung auch die umgeschriebene Vollstreckungsklausel dem Nachlasspfleger zugestellt worden sein (§ 750 Absatz 2 ZPO; Zöller/Stöber, § 750 RN 19; § 778 RN 6, 10). Allerdings kommt in Baden-Württemberg im Verfahren nach dem LVwVG § 15 LVwVG zur Anwendung, der nicht auf § 265 AO und damit auch nicht auf die §§ 778 und 779 ZPO verweist. Daher bedarf es auch hier lediglich der Vorlage einer Bestätigung des Finanzamts über die Vollstreckbarkeit der Forderung gegen den Nachlasspfleger in der Form des § 29 III GBO (§ 3 Satz 1 LVwVG).

    b) Haben hingegen der oder die Erben die Erbschaft bereits angenommen, müsste im Verfahren nach der ZPO der Titel nach § 727 ZPO auf den oder die Erben umgeschrieben worden sein (Lackmann in Musielak, ZPO, 8. Auflage 2011, vor § 704 RN 42; Karsten Schmidt in Müchener Kommentar zur ZPO, 3. Auflage 2007, § 778 RN 4; ZöllerStöber, § 778 RN 7). Ferner müsste neben dem Titel die gegen den oder die Rechtsnachfolger (Erben) erwirkte Vollstreckungsklausel vor Beginnn der Zwangsvollstreckung dem oder den Erben zugestellt worden sein (§ 750 Absatz 2 ZPO; Zöller/Stöber, § 750 RN 19; § 778 RN 7,10). Das Verfahren nach dem LVwVG setzt hingegen lediglich die Vorlage einer Bestätigung der Vollstreckbarkeit der Forderungen gegen den oder die Erben in der Form des § 29 III GBO voraus (§ 3 Satz 1 LvwVG).

    Lediglich im Fall b) ist als grundbuchrechtliche Voraussetzung desweiteren erforderlich, dass die Erbfolge dem Grundbuchamt nach § 35 GBO nachgewiesen und die Berichtigung des Grundbuchs durch Voreintragung der Erben (§ 39 GBO) beantragt wird. Das Antragsrecht des Gläubigers dazu ergibt sich aus § 14 GBO. Den notwendigen Erbnachweis kann er nach §§ 792 ZPO, 357 Abs. 2, 13 Abs. 3 FamFG beim zuständigen Nachlassgericht (Notariat Freiburg) beantragen (Zöller/Stöber, § 778 ZPO, RN 7).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (21. November 2012 um 12:42) aus folgendem Grund: Fundstellen korrigiert

  • Vielen Dank für die weiteren Ausführungen, die meine (ursprüngliche) Ansicht stützen! :daumenrau

    Allerdings ist inzwischen die ZwVfg. bereits an das FA unterwegs, so dass ich "offiziell" - jedenfalls bis zu einer eventuellen Beschwerde dagegen - bei der anderen Meinung bleiben werde. Schaden kann es schließlich nicht, wenn die Voreintragung vor Eintragugn der Hypothek passiert.

    Ulf

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