Akteneinsicht aus wissenschaftlichen Gründen

  • Hallo liebes Forum,

    Ich möchte ein paar Fragen zum Recht auf Akteneinsicht aus wissenschaftlichen Gründen nach § 299 ZPO stellen. Ich hoffe ich bin richtig hier oder kann zumindest an den Richtigen verwiesen werden.

    Ich bin wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Universität und möchte im Rahmen einer Promotionsarbeit bestimmte Landgerichtsurteile/Beschlüsse statistisch auswerten. Ich weiß, dass es ein Akteneinsichtsrecht nach § 299 ZPO gibt, habe aber folgende Fragen dazu:

    a) Ist Ihnen in ihrer Praxis ein solcher Antrag begegnet? An Wen muss man sich innerhalb der LGs oder an anderer Stelle wenden?

    b) Mit welchen Kosten pro Urteil/Beschluss muss gerechnet werden? Es ist wichtig zu sagen, dass ich für die Arbeit wirklich nur die Urteile/ Beschlüsse brauche und nicht die gesamte Akte einsehen muss. Selbst Parteien könnten geschwärzt bleiben, die Streitwerte brauche ich allerdings. Wäre es möglich ggf. digitale Kopien zu erhalten?

    c) Leider kann ich nicht mal bestimmte Aktennummern benennen, weil die meisten betreffenden Urteile nicht publiziert sind in den juristischen Datenbanken. Das Abgrenzende Merkmal wäre z.B. ein bestimmte Anspruchsgrundlage §xy, die relevanten Urteile vom großen Rest abgrenzt. Die Frage ist, ob die Art und Weise, wie Akten bzw. nur deren Urteile/ Beschlüsse in den Gerichten archiviert werden eine solche Auswahl zulassen? Erhalten die Urteile/Beschlüsse in der Registratur eine Art "Tag" also ein Gruppierungsmerkmal, dass mir eine solche Auswahl ermöglichen würde oder sind die Urteile/Beschlüsse nur Aktennummer, Parteiname, Datum, Kammer usw. geordnet?

    Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir mit diesen Fragen etwas helfen könnten und verbleibe mit freundlichem Gruß,

  • zu a)
    Nein. Die Anfrage wäre an den Direktor des Amtsgerichts bzw. den Präsidenten des Landgerichts zu richten.

    zu b)
    Digitale Kopien gibt es nicht. Justizia arbeitet schon mit Papier, nicht mehr mit Steintafeln ;)
    Kosten pro Kopie 0,50 EUR, ab der 51. Kopie 0,15 EUR. Grobe Richtung. :)

    zu c)
    Verfahren werden nach "Sachgebieten" gekennzeichnet, nicht nach §§ der geltend gemachten Ansprüche.
    In Zivilsachen wird z. B. unterschieden ziwschen Kaufsachen, Kreditsachen, Nachbarschaftssachenn, Wohnungsmietsachen, Schadenersatzansprüchen ...

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Ich kenne das so, dass die Einsichten wegen wissenschaftlicher Zwecke (Diplomarbeiten zum Beispiel) problemlos erteilt werden.
    Aber eine Zuarbeit erfolgt natürlich nicht.
    Das heisst die - bei uns waren es Studenten , die die Zuschlagshöhe in Vesteigerunsgsachen im Verhältnis zum ermittelten Verkehrswert untersuchen wollten- wurden ins Archiv geführt und durften dann in den Akten suchen. Den Kopierer durften sie glaube ich kostenlos benutzen.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • In welchem Umfang der jeweilige LG-Präsident auf deine Anfrage hin Akteneinsicht gewährt und das Kopieren von Entscheidungen genehmigt, wirst du dann sehen. Für die Kosten gilt § 4 der Justizverwaltungskostenordnung - dort siehe insbesondere Absatz 4.

  • Problematsich dürfte die Auwahl sein: Entsprechende §§ werden nicht als Auswahlkriterium archiviert, sondern nur so Oberbegriffe.

  • Hallo liebes Forum,

    ...b) Mit welchen Kosten pro Urteil/Beschluss muss gerechnet werden? Es ist wichtig zu sagen, dass ich für die Arbeit wirklich nur die Urteile/ Beschlüsse brauche und nicht die gesamte Akte einsehen muss. Selbst Parteien könnten geschwärzt bleiben, die Streitwerte brauche ich allerdings. Wäre es möglich ggf. digitale Kopien zu erhalten?

    ...

    In NRW: 12,50 € gem. Nr. 4 des Gebührenverzeichnisses zu § 124 II JustG NRW

    zu c): Das kann zum Problem werden. Niemand hat Anspruch auf Erteilung von Abschriften unveröffentlicheter Urteile, wenn er Datum und Az. nicht benennen kann und die Justiz diese nicht mit vertretbarem Aufwand heraussuchen kann.

  • All

    Ich bedanke mich für die zahlreichen und schnellen Antworten.

    Wenn man die Gebührenordnungen etwas weiter liest, dann gibt es noch einige §§ zu Kostenregelung der Körperschaften untereinander. Sofern ich einen entsprechenden Antrag meiner Uni/Lehrstuhl einreiche, dürften die Kosten hoffentlich kein Problem mehr sein. :daumenrau

    Was die Zuordnung, der nicht veröffentlichten Urteile zu Oberbegriffen bzw. Kategorien angeht, habe ich mittlerweile mit einem Kollegen aus Nds. gepsrochen. Der meinte, dort gäbe es in der Verwaltungsgerichtsbarkeit eine Datenbank, genannt DB OVG, die alle Urteile zum internen Zugriff listet und sie mit Kategorien versieht. Eine diese Kategorien seien auch die "Streitentscheidenden Normen". Er hat gleichwohl zugegeben, dass jedes Bundesland und jeder Geschäftsbereich, das etwas anders handhabt.

    Deswegen nochmal meine Nachfrage: Sind Sie sich wirklich sicher, dass die Ihnen bekannten Datenbanken, nur grobe Kategorien haben (Familienfälle, Betreuung usw., wie oben geschildert) Ich kann es mir fast nicht vorstellen, weil eine Solche Einteilung verwaltungsmäßig keine Vorteile bringt, wenn sich keine indivuellen Urteile über die gewählten Kategorien bestimmen lassen?

  • Vielleicht hast du Glück, und die von dir angeschriebenen Landgerichte führen interne Datenbanken. Mir ist so etwas aber nicht bekannt. Es gibt einen Generalaktenplan, der genau vorschreibt, welche Verfahren welche Aktenzeichen bekommen, z.B. erhalten die Zwangsversteigerungsverfahren ein K-Aktenzeichen usw. Aber weitere Spezifizierungen erfolgen nicht.

  • Aufgrund meiner doch schon langen Tätigkeit im Justizdienst BIN ich mir sicher, dass die Verfahren eingeordnet werden in Betreuungssache, Strafsache, Nachlasssache.
    In den jeweiligen Abteilungen gibt es u. U. "Unterkategorien" (Abwesenheitspflegschaft - Betreuung / Testament - Erbschein). Die einzelnen Verfahren erhalten einen Schlüssel (Zivilsachen: Mietsache, Schadenersatz etc.), fertig.

    Es mag zwar sein, dass die Universität von der Zahlung von Gerichtskosten befreit ist, dazu gehören in einem Verfahren (!) jedoch nicht die Auslagen.
    Ob und inwiefern die Erhebung der Auslagen abgewendet werden kann, weil der Antrag über die Uni geht, vermag ich allerdings nicht zu sagen.
    Dergleichen ist mir hier noch nicht untergekommen.

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

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