Wiederaufnahmeverfahren

  • Der Beklagte hat die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich des Urteils I. Instanz beantragt. Deswegen hat ein Termin stattgefunden. Der Beklagte (anwesend wegen weiterer Termine) hat erklärt, keine Ladung erhalten zu haben und wollte auch im Termin nicht verhandeln. Der Kl.Vertr. beantragte, den Wiederaufnahmeantrag zurückzuweisen. Entsprechendes Urteil ergeht, Bekl. trägt die Kosten. Welche Gebühren kann der Kl.Vertr. für das Wiederaufnahmeverfahren geltend machen? VV 3100 und 3104 oder 3105 RVG?

  • Entscheidend für die Fragestellung ist, ob hier durch Versäumnis- oder durch streitiges Urteil entschieden wurde. Dies beurteilt sich danach, in welchem Stadium sich das Verfahren befindet (Vgl. zum Folgenden etwa Musielak, ZPO, 9. Auflage 2012, § 590 Rn. 6 - 8):

    1. Ist noch nicht über die Zulässigkeit der Wiederaufnahmeklage (Restitutions- oder Nichtigkeitsklage) entschieden worden, hat das Gericht unabhängig von der Säumnis über die Zulässigkeit der Klage von Amts wegen zu entscheiden. Hält das Gericht die Klage für unzulässig, ist sie nach § 589 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Bei dieser Entscheidung handelt es sich nicht um ein Versäumnisurteil (BGH, Beschl. v. 10.06.1959 - IV ZA 24/59).
    2. Umstritten ist die Rechtslage, wenn das Gericht bei Säumnis einer Partei zwar die Zulässigkeit bejaht, aber das Bestehen eines Wiederaufnahmegrundes verneint. Laut BGH (Urt. v. 28.09.1965 - Ia ZR 176/63) handelt es sich dann um ein Versäumnisurteil.


    Es kommt daher hier darauf an, ob das Gericht die Klage als unzulässig verworfen (dann kein VU) oder als unbegründet abgewiesen (dann VU) hat. Deiner Schilderung zufolge dürfte es sich um ein "normales" Urteil gehandelt haben, so dass auch die "normalen" Gebühren (3100, 3104 VV RVG) angefallen sind.


    . :

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Der Beklagte (anwesend wegen weiterer Termine) hat erklärt, keine Ladung erhalten zu haben und wollte auch im Termin nicht verhandeln.


    Hier stellt sich die Frage, wann genau diese Erklärung stattfand. Ist erst nach Erörterung der Sach- und Rechtslage so etwas geschehen, dann hat der RA unabhängig von den in #2 genannten Voraussetzungen der RA des Klägers jedenfalls eine 1,2 TG verdient. Denn diese entsteht auch bei der "Flucht in die Säumnis".

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  • Laut Protokoll erschienen bei Aufruf
    1) der Kl.Vertr.
    2) der Bekl. war noch aus einem anderen Prozess anwesend.
    Bekl.erklärt, keine Ladung erhalten zu haben.
    Richterverweist auf ZU.
    Bekl.: Habe keine Ladung erhalten und möchte daher auch nicht verhandeln.
    Richter weist auf mögliche Folgen hin.
    Kl.Vertr. beantragt, Wiederaufnahmeantrag zurückzuweisen.
    Urteil (nicht VU):
    Der Antrag auf Wiederaufnahme wird zurückgewiesen.
    Gründe: Ein Grund für Wiederaufnahme ist nicht ersichtlich und nicht vorgetragen. Von daher egal, ob der Bekl. verhandeln wollte oder nicht.

    Daraus kann ich nicht genau entnehmen, ob wegen Unzulässigkeit oder Unbegründetheit verworfen wurde.

    Aber da der Kl.Vertr. nur VV 3104, nicht auch VV 3100 RVG angemeldet hat, müsste hier die Frage evtl. egal sein, da ich ja gemäß § 308 ZPO nicht mehr als geltend gemacht festsetzen darf.

    Grundsätzlich ist das Wiederaufnahmeverfahren aber ein eigenes Verfahren?

  • Aber da der Kl.Vertr. nur VV 3104, nicht auch VV 3100 RVG angemeldet hat, müsste hier die Frage evtl. egal sein, da ich ja gemäß § 308 ZPO nicht mehr als geltend gemacht festsetzen darf.


    Wenn in einem Verfahren, für das kein RA-Zwang vorgesehen ist, eine Partei erscheint, so scheidet eine Herabgesetzung der TG auf 0,5 aus, da für diesen Fall das Gesetz verlangt, daß die Partei "nicht erschienen" ist (Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., Rn. 9 zu Nr. 3105 VV). Auf die hiesige Frage, ob der Beklagte hier verhandeln wollte oder nicht, käme es daher gar nicht an. Da der RA den Zurückweisungsantrag gestellt hat und es sich nicht um ein VU handelt, ist für ihn die 1,2 TG entstanden.

    Grundsätzlich ist das Wiederaufnahmeverfahren aber ein eigenes Verfahren?


    Ja! (vgl. Schneider/Wolf, RVG, 6. Aufl., Rn. 194 zu § 15)

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