RA-Kosten, vorprozessual, Aktenauszug, Ermittlungsakte, OLG Naumburg 2 W 69/10

  • Neuerdings tritt bei Verkehrsunfallsachen hinsichtlich vorgerichtlicher Kosten für Aktenübersendung häufiger folgender Sachverhalt im Rahmen der Kostenfestsetzungsanträge auf:
    - RA der Klagepartei ist offenbar im Besitz der amtlichen Ermittlungsakte (StA, Owi etc.)
    - Versicherung des Unfallgegners, im Prozess selbst dann neben diesem ebenfalls als Beklagte beteiligt, fordert vorgerichtlich vom RA des Klägers einen Auszug aus der ihm vorliegenden Ermittlungsakte an
    - RA der Klagepartei übersendet diesen und berechnet der Versicherung aufgrund vereinbarter Vergütung nach § 4 RVG
    26,00 € Vergütung für Aktenauszug
    zzgl. Dokumentenpauschale Nr. 7000 Nr.1
    zzgl. Postpauschale Nr. 7002
    zzgl. Umsatzsteuer
    36,00 € Auslagen Gebühr für Akteneinsicht Mandantin :confused:
    - Die Gesamtbeträge schwanken je nach Umfang des Aktenauszuges zwischen 50 bis 100,00 €
    - Klagepartei verliert – Beklagten fordern die vorgerichtlich vom Kläger geforderten und von der Beklagten gezahlten Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren zurück
    - Beklagten berufen sich insoweit auf
    OLG Naumburg, 2 W 69/10
    Leitsatz
    1. Beauftragt eine Kfz-Haftpflichtversicherung vorprozessual einen Rechtsanwalt aus Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft einen Aktenauszug zu fertigen, sind die hierdurch entstandenen Kosten erstattungsfähig, wenn die Herstellung des Aktenauszuges im Hinblick auf eine gerichtliche Abwehr von Schadensersatzansprüchen als notwendig i.S. von § 91 ZPO anzusehen sind (hier: bejaht).(Rn.8)
    2. ……..

    Der vom OLG Naumburg entschiedene Fall betrifft meines Erachtens jedoch ausschließlich die Konstellation, dass die Versicherung den eigenen RA vorprozessual mit der Einholung des Aktenauszuges beauftragt hat.
    Zu den mir vorliegenden Fallkonstellationen habe ich bisher nichts gefunden, halte diese Kosten dem Grunde anch für erstattungsfähig, denn alternativ hätte die Versicherung abwarten müssen, bis sich die Akte wieder bei der StA befindet, um dann selbst den eigenen RA mit der Einholung des Aktenauszuges zu beauftragen.

    Inwieweit die Kosten der Höhe nach berechtigt sind, ist schon schwerer zu beantworten, allerdings müsste der Klägervertreter im Bestreitensfalle ja die Höhe seiner eigenen Kostenrechnung angreifen, was ihm schwer fallen dürfte. :)

    A) Kosten sind festsetzungsfähig ?
    B) Absetzen und die Beklagten sind auf gesondertes Mahnverfahren etc. verweisen
    C) ???

    Eure Entscheidung für A, B oder C würde mir ein wenig weiterhelfen, danke !;)

    Grüße von der Ostseeküste von Gecko :)

  • Zunächst: Es ist in Verkehrsunfallsachen gängige Praxis und keineswegs neu, dass die Haftpflicht des Schädigers beim RA des Geschädigten einen Aktenauszug "zu den üblichen Gebühren" anfordert. Das Ganze lief über ewige Jahre als Unterpunkt des DAV-Gebührenabkommens, das es so zwar nicht mehr gibt, die Praxis mit dem Aktenauszug lebt aber fort. Inwieweit die OLG-Entscheidung sich auf diesen Fall bezieht, hab ich jetzt ehrlich gesagt nicht überprüft, ist aber auch nicht nötig - dazu wie folgt:

    Zu berechnen wären vom übersendenden RA der gegnerischen Versicherung 26 € für die Tätigkeit an sich nebst Dokumentenpauschale gem. VV RVG 7000 Nr. 1 und Mehrwertsteuer sowie ggfs. Aktenversendungspauschale, soweit angefallen. Nicht berechnet wird dabei die Pauschale gem. Nr. 7002!

    Für festsetzbar im Rahmen des KfA halte ich diese Kosten aber nicht, und zwar weil - und damit ist das einer der großen Ausnahmefälle - Auftraggeber des RA für den Aktenauszug eben nicht der eigene Mandant, sondern die gegnerische Haftpflicht ist und der RA einen unmittelbaren Anspruch gegen diese als Auftraggeber hat. Damit haben diese Kosten m. E. im Kostenfestsetzungsverfahren nichts zu suchen. Sollte die gegnerische Haftpflicht auf eine auf sie (!) lautenden Rechnung nicht zahlen, müsste der RA den Kram im Rahmen eines Mahn-/Klageverfahrens unmittelbar gegen die Versicherung geltend machen.

    Also: B) :)

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Die haben ja bezahlt, wollen diese Kosten aber jetzt nach Obsiegen im Verfahren wieder zurückhaben, im Rahmen der Kostenfestsetzung.

    Ah, danke, nu bin ich von der Leitung runter. ;)

    Dann behaupte ich das Gegenteil und halte die Kosten für festsetzbar, da zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Streiten ließe sich allerdings natürlich wirklich darüber, ob die Pauschalgebühr für den Aktenauszug festzusetzen ist, da die Versicherung ja auch über ihren eigenen RA hätte Einsicht nehmen können - da wäre diese Extra-Gebühr nicht angefallen. Dazu müsste der Klägervertreter auch nicht mal seine eigene Rechnung in Zweifel ziehen - die stimmt ja -, sondern lediglich die Notwendigkeit für die entsprechende Inanspruchnahme durch die Beklagtenseite.

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Die haben ja bezahlt, wollen diese Kosten aber jetzt nach Obsiegen im Verfahren wieder zurückhaben, im Rahmen der Kostenfestsetzung.

    Ah, danke, nu bin ich von der Leitung runter. ;)

    Dann behaupte ich das Gegenteil und halte die Kosten für festsetzbar, da zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Streiten ließe sich allerdings natürlich wirklich darüber, ob die Pauschalgebühr für den Aktenauszug festzusetzen ist, da die Versicherung ja auch über ihren eigenen RA hätte Einsicht nehmen können - da wäre diese Extra-Gebühr nicht angefallen. Dazu müsste der Klägervertreter auch nicht mal seine eigene Rechnung in Zweifel ziehen - die stimmt ja -, sondern lediglich die Notwendigkeit für die entsprechende Inanspruchnahme durch die Beklagtenseite.

    Kosten für die Abwehr (!) können doch keine Kosten der Rechtsverfolgung sein, die ohne materiell-rechtliche Prüfung im Erkenntnisverfahren einfach im Verfahren nach § 104 ZPO festzusetzen sind. Mit dieser Logik müsste ja mangels materiell-rechtlicher Anspruchsgrundlage der obsiegende Beklagte auch seine vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des eigenen Anwalts über das Kostenfestsetzungsverfahren liquidieren können. Auf die Idee kam aber noch niemand. - Selbst wenn man es anders sähe, notwendig i. S. d. § 91 ZPO sind diese Kosten nicht. Hier folge ich der Vorrednerin.

  • Die haben ja bezahlt, wollen diese Kosten aber jetzt nach Obsiegen im Verfahren wieder zurückhaben, im Rahmen der Kostenfestsetzung.

    Ah, danke, nu bin ich von der Leitung runter. ;)

    Dann behaupte ich das Gegenteil und halte die Kosten für festsetzbar, da zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Streiten ließe sich allerdings natürlich wirklich darüber, ob die Pauschalgebühr für den Aktenauszug festzusetzen ist, da die Versicherung ja auch über ihren eigenen RA hätte Einsicht nehmen können - da wäre diese Extra-Gebühr nicht angefallen. Dazu müsste der Klägervertreter auch nicht mal seine eigene Rechnung in Zweifel ziehen - die stimmt ja -, sondern lediglich die Notwendigkeit für die entsprechende Inanspruchnahme durch die Beklagtenseite.

    Kosten für die Abwehr (!) können doch keine Kosten der Rechtsverfolgung sein, die ohne materiell-rechtliche Prüfung im Erkenntnisverfahren einfach im Verfahren nach § 104 ZPO festzusetzen sind. Mit dieser Logik müsste ja mangels materiell-rechtlicher Anspruchsgrundlage der obsiegende Beklagte auch seine vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des eigenen Anwalts über das Kostenfestsetzungsverfahren liquidieren können. Auf die Idee kam aber noch niemand. - Selbst wenn man es anders sähe, notwendig i. S. d. § 91 ZPO sind diese Kosten nicht. Hier folge ich der Vorrednerin.

    Womit wir denn wohl Einigkeit i. S. v. "Kopien ja, Rest nein" erzielen könnten (denn die wären auch bei AE über den eigenen RA entstanden); allerdings ließe sich auch da noch einwenden, dass die Kopien bereits vorgerichtlich gefertigt wurden und somit er Vorbereitung der evtl. erforderlichen Abwehr dienten, ganz überzeugt mich die zitierte OLG-Entscheidung da nämlich nicht...

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Das Ganze lief über ewige Jahre als Unterpunkt des DAV-Gebührenabkommens, das es so zwar nicht mehr gibt, die Praxis mit dem Aktenauszug lebt aber fort.


    Im Gegensatz zu den "Empfehlungen von DAV und GdV für die Verkehrsunfallschadensregulierung" hat das Abkommen zwischen dem DAV und dem HUK-Verband über das "Honorar für Akteneinsicht und Aktenauszüge aus Unfallstrafakten für Versicherungsgesellschaften" weiterhin Bestand (Schneider/Wolf, 6. Aufl., RVG, Anh. VII.). Es wird von allen Versicherern angewandt und gilt auch für die Anwälte, die nicht Mitglied im DAV sind (N. Schneider, aaO., Rn. 5). Neben der 26,- € Pauschalgebühr erhält der RA die Dokupauschale, die 12,- € Aktenversendungspauschale, aber keine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV bzw. Nr. 7001 VV (N. Schneider, aaO., Rn. 16). Die USt kommt noch hinzu, da es nicht auf die Vorsteuerabzugsberechtigung des Mandanten akommt, da dieser ja nicht Leistungsempfänger ist, sondern der Versicherer.

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Ich habe hier gerade auch so eine Sache vorliegen und irgendwie – es kann ja eigentlich nur daran liegen, dass draußen herrlichstes Wetter ist und ich noch im Büro hocke – steige ich nicht durch.
    Verkehrsunfallverfahren mit den Fahrzeughaltern A und B und den Versicherungen VA und VB vertreten durch die Rechtsanwälte RA A und RA B.
    RA A macht 40 € Gebühr für Auszug aus Ermittlungsakten nebst 12 € Aktenversendungspauschale geltend und legt zur Glaubhaftmachung die entsprechende Liquidation des RA B an seinen Mandanten B vor.
    Warum sollte ich zugunsten von A und VA Kosten berücksichtigen, die B in Rechnung gestellt wurden? In der Akte habe ich ein vorgerichtliches Schreiben von RA B an VA gesehen, worin dieser den gewünschten Aktenauszug überreicht und um Begleichung seiner Liquidation bittet. Aber warum ist die dann an seinen eigenen Mandanten gerichtet?
    Und wo nimmt er eigentlich die 40 € Gebühr her? (auf die Frage ist er mir eine Antwort schuldig geblieben, wahrscheinlich, weil das doch JEDER :oops: weiß).
    Kann mir bitte mal einer gaaaaanz langsam über die Straße helfen?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ohne Kennung der KGE kann man dir leider nicht weiterhelfen. Handelt es sich um eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten in einem Kostenausgleichsverfahren nach § 106 ZPO?

  • RA A macht 40 € Gebühr für Auszug aus Ermittlungsakten nebst 12 € Aktenversendungspauschale geltend und legt zur Glaubhaftmachung die entsprechende Liquidation des RA B an seinen Mandanten B vor. Warum sollte ich zugunsten von A und VA Kosten berücksichtigen, die B in Rechnung gestellt wurden?


    Eben.

    In der Akte habe ich ein vorgerichtliches Schreiben von RA B an VA gesehen, worin dieser den gewünschten Aktenauszug überreicht und um Begleichung seiner Liquidation bittet. Aber warum ist die dann an seinen eigenen Mandanten gerichtet?


    Genau dieselbe Frage stelle ich mir auch. Wenn die VA den RA B gebeten hat, einen solchen Auszug zu übersenden, dann ist Leistungsempfänger des RA B die VA und nicht sein Mandant B. Dann würde es Sinn machen, daß RA A für die VA aufgrund einer entsprechenden KGE ggf. eine Erstattung fordert.

    Und wo nimmt er eigentlich die 40 € Gebühr her? (auf die Frage ist er mir eine Antwort schuldig geblieben, wahrscheinlich, weil das doch JEDER :oops: weiß).
    Kann mir bitte mal einer gaaaaanz langsam über die Straße helfen?


    Wenn die Erstattungsfähigkeit bejaht wird, dann wohl nur bis zur Höhe der 26,- € aufgrund des Abkommens zwischen dem DAV und dem HUK-Verband über das "Honorar für Akteneinsicht und Aktenauszüge aus Unfallstrafakten für Versicherungsgesellschaften".

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