Anstandsschenkung

  • Dann probieren wir es doch einmal mit einer rechtlichen Prüfung:

    § 1804 BGB ist auf den Betreuer sinngemäß anzuwenden, § 1908i II Satz 1 BGB. Daher sind Schenkungen dem Grunde nach erst einmal verboten (§ 1804 Satz 1 BGB), sofern es sich nicht um Anstandsschenkungen handelt (§ 1804 Satz 2 BGB).

    Eine Anstandsschenkung in Höhe von insgesamt 1/5 des Gesamtvermögens kann hier wohl ausgeschlossen werden.

    Verbleibt folglich die Erweiterung der Ausnahme durch § 1908i II Satz 1 BGB. Danach können Gelegenheitsgeschenke gemacht werden, wenn dies dem Wunsch des Betreuten entspricht und nach seinen allgemeinen Lebensumständen üblich ist.

    Der Wunsch des Betreuten ist nur durch eine persönliche Anhörung in Erfahrung zu bringen. Schwierig wird es, wenn der Wille des Betreuten nicht mehr feststellbar ist und auf Aussagen Dritter zurückgegriffen werden müsste.

    Es dürfte jedoch nicht den allgemein üblichen Lebensumständen entsprechen 1/5 seines Gesamtvermögens zu verschenken, sofern nicht seitens der Kinder irgendwelche Notlagen (z. B. schwerer Unfall, Krankheiten die zu hohen finanziellen Aufwendungen führen) bestehen.


  • :daumenrau Ganz deiner Meinung!

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Na ja, also 1/10 seines Vermögens zu verschenken obwohl man Selbstzahler im Heim ist finde ich...... na ja, es müffelt ein wenig. Bei monatlichen Heimkosten von durchschnittlich 3.000,00 EUR/ Monat dürfte der Staat dann bald einspringen?

    Mhm...:gruebel:


    Laut Ausgangsfall betreitet die Betroffene die Heimkosten ausschließlich aus ihren monatlichen Renteneinkünften.

    Diese Überlegung steht einer Schenkung, der ich jedoch in dieser Größenordnung auch kritisch gegenüberstehe, nicht entgegen.

  • Die rechtlichen Grundsätze sind doch allen klar.

    Alles andere obliegt einer Prüfung des Einzelfalls. Wenn bei einem millionenschweren Betroffenen 200.000 € in Frage stehen, ist das etwas anderes, als wenn es bei einem Gesamtvermögen von 400.000 € um diese Größenordnung geht.

    Ich kann mich noch gut erinnern, dass sich die betreffenden Fälle häuften, als die Erbschaftssteuerveranlagung nach dem Einheitswert des Grundbesitzes zugunsten einer wesentlich höheren Bewertung aufgegeben wurde. Hier war die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgende gemischte Schenkung oft ein Rettungsanker vor einer drohenden immensen Steuerlast für die Abkömmlinge (insbesondere: für nur einen Abkömmling), an der selbstverständlich auch der Betroffene mutmaßlich kein Interesse haben konnte. Dass es dabei ausgeklügelter vertraglicher Absicherungsmaßnahmen zugunsten des Betroffenen bedurfte, bevor man eine Genehmigungsfähigkeit bejahen konnte, versteht sich von selbst.

  • Dann versuchen wir es mit Onkel Palandt, in seinem epochalen Meisterwerk "BGB", erschienen in der besonders schön gestalteten 72. Auflage im Jahre 2013 n.Chr, zu dem durch den Gesetzgeber in außerordentlicher Weisheit eingeführten § 1908i in der Randnummer 17:

    "Erforderlich ist schließlich, dass die Geschenke nach den Lebensverhältnissen des Betreuten üblich sind [...]"

    Ich bezweifle, das bei einem Vermögen von 300.000,00 EUR Geldgeschenke in Höhe von 30.000,00 EUR üblich sind.

  • Dann versuchen wir es mit Onkel Palandt, in seinem epochalen Meisterwerk "BGB", erschienen in der besonders schön gestalteten 72. Auflage im Jahre 2013 n.Chr, zu dem durch den Gesetzgeber in außerordentlicher Weisheit eingeführten § 1908i in der Randnummer 17:

    "Erforderlich ist schließlich, dass die Geschenke nach den Lebensverhältnissen des Betreuten üblich sind [...]"

    Ich bezweifle, das bei einem Vermögen von 300.000,00 EUR Geldgeschenke in Höhe von 30.000,00 EUR üblich sind.

    Ein Zweifel der durch entsprechende Ermittlungen ausgeräumt werden kann, in welche Richtung auch immer :cool:

  • Die rechtlichen Grundsätze sind doch allen klar.

    Alles andere obliegt einer Prüfung des Einzelfalls. Wenn bei einem millionenschweren Betroffenen 200.000 € in Frage stehen, ist das etwas anderes, als wenn es bei einem Gesamtvermögen von 400.000 € um diese Größenordnung geht.

    Ich kann mich noch gut erinnern, dass sich die betreffenden Fälle häuften, als die Erbschaftssteuerveranlagung nach dem Einheitswert des Grundbesitzes zugunsten einer wesentlich höheren Bewertung aufgegeben wurde. Hier war die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgende gemischte Schenkung oft ein Rettungsanker vor einer drohenden immensen Steuerlast für die Abkömmlinge (insbesondere: für nur einen Abkömmling), an der selbstverständlich auch der Betroffene mutmaßlich kein Interesse haben konnte. Dass es dabei ausgeklügelter vertraglicher Absicherungsmaßnahmen zugunsten des Betroffenen bedurfte, bevor man eine Genehmigungsfähigkeit bejahen konnte, versteht sich von selbst.

    Laut Parlandt, 69. Auflage, § 1908i BGB Rn. 17 darf der Betreute seinen Grundbesitz aber gerade nicht verschenken um Erbschaftssteuer zu sparen.

  • Die rechtlichen Grundsätze sind doch allen klar.

    Alles andere obliegt einer Prüfung des Einzelfalls. Wenn bei einem millionenschweren Betroffenen 200.000 € in Frage stehen, ist das etwas anderes, als wenn es bei einem Gesamtvermögen von 400.000 € um diese Größenordnung geht.

    Ich kann mich noch gut erinnern, dass sich die betreffenden Fälle häuften, als die Erbschaftssteuerveranlagung nach dem Einheitswert des Grundbesitzes zugunsten einer wesentlich höheren Bewertung aufgegeben wurde. Hier war die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgende gemischte Schenkung oft ein Rettungsanker vor einer drohenden immensen Steuerlast für die Abkömmlinge (insbesondere: für nur einen Abkömmling), an der selbstverständlich auch der Betroffene mutmaßlich kein Interesse haben konnte. Dass es dabei ausgeklügelter vertraglicher Absicherungsmaßnahmen zugunsten des Betroffenen bedurfte, bevor man eine Genehmigungsfähigkeit bejahen konnte, versteht sich von selbst.

    Laut Parlandt, 69. Auflage, § 1908i BGB Rn. 17 darf der Betreute seinen Grundbesitz aber gerade nicht verschenken um Erbschaftssteuer zu sparen.

    Das ist eine Meinung, die ich nicht für zwingend halte, denn ansonsten könnte der Gesunde vernünftig disponieren, während dies dem psychisch Erkrankten generell verwehrt wäre. Natürlich wird man dies - wie erwähnt - nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen haben. Grundsätzlich wird man aber schon davon ausgehen mkönnen, dass es im wohlverstandenen Interesse des Betroffenen liegt, dass sein Vermögen in der Hand seiner Erben nicht durch erheblich erhöhte Steuerlasten geschmälert wird. Das Absicherungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, bedarf keiner Diskussion (Vormerkung bei Grundstücken, Bankbürgschaft bei Geld, Unterhaltsverpflichtung auf Lebzeiten des Betroffenen usw.).

  • Frage zum Thema Schenkung und sittliche Pflicht:
    Betreute (85 Jahre) lebt im Pflegeheim, Vermögen derzeit ca. 130.000 EUR, jährliche Minderung wg. Zuzahlung zu den Heimkosten ca. 5.000 EUR.
    Sie hat eine einzige Tochter, welche im Ausland lebt und an Krebs erkrankt ist. Die Betreuerin (Cousine der Betreuten) möchte der Tochter einen größeren Geldbetrag (vorgeschlagen hat sie 50.000 EUR) als "vorgezogenes Erbe" auszahlen mit der Begründung, dass die Betreute die Tochter immer unterstützt hat, das Geld selber nicht mehr braucht und der Tochter damit sehr geholfen werde könnte, weil diese in sehr bescheidenen Verhältnissen lebt und die Versorgung im Ausland im Hinblick auf die Krebserkrankung deutlich schlechter als hier in Deutschland sei. Gedacht ist an Ausgaben für Medikamente, Hilfsmittel, Haushaltshilfe etc. Grundsätzlich habe ich ja Verständnis dafür, aber wie soll man solche Angaben prüfen können (die Tochter im Ausland, die Betreute kann sich nicht mehr äußern). Wie geht man so etwas pragmatisch an ?

  • Ein pragmatischer Ansatz wäre, unter Einbeziehung eines Verfahrenspflegers eine Darlehensvereinbarung mit der Tochter zu treffen, wobei eine Rückzahlung und Verzinsung auf den Tod der Betroffenen oder den Fall der Bedürftigkeit der Betroffenen vereinbart wird. So wird das Darlehen als Forderung der Betroffenen im Rahmen der Verwirrung im Erbfall untergehen. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritt der Bedürftigkeit der Betroffenen dürfte dabei sehr unwahrscheinlich sein, da selbst bei einem Restvermögen von 80.000,00 € die aktuellen Zuzahlungen für 16 Jahre reichen würden. Das Risiko, dass im Fall der Bedürftigkeit das Darlehen vom Sozialamt übergeleitet wird, wäre hierbei aber trotzdem gegeben, würde auf der anderen Seite jedoch auch eine Absicherung der Betroffenen für den Fall der Fälle bedeuten.

  • @yarra: das ist mir klar. Aber wenn man zu dem Schluss kommt, dass mehr als ein gutes Drittel des Vermögens zu verschenken keine Anstandsschenkung mehr ist, man aber trotzdem eine Lösung sucht, dann wäre der von mir vorgeschlagene Weg ein Option. Mangels Anhörungsfähigkeit der Betroffenen würde ich hier dazu tendieren, dass der Rahmen der Anstandsschenkung überschritten wird...

  • Wieso dann nicht jetzt eine Anstandsschenkung? Und ggf. in naher Zukunft eine weitere?

    Ich würde als Betreuer ein Schenkungsversprechen beim Notar (über eine begründete Anstandsschenkung) beurkunden lassen und dieses dem Betreuungsgericht zur Genehmigung (Par. 1812 BGB) vorlegen. Und dann abwarten.

    Auf ein Darlehen insgesamt würde ich mich als Betreuer durch das Betreuungsgericht nicht umswitchen lassen.

  • Mir widerstrebt der Abschluss eines Darlehensvertrages mit einem Vertragspartner, der das Darlehen offensichtlich nicht zurückzahlen kann.
    Die Tochter ist selbst schwer erkrankt. Was ist, wenn sie vor ihrer Mutter verstirbt?
    Wie wäre es mit einer monatlichen Unterstützung der Tochter? Dies könnte man meiner Ansicht nach ohne Bedenken unter den Begriff Anstandsschenkung fassen. Der Zweck - Ausgaben für Medikamente, Haushaltshilfe pp - wäre damit auch erreicht.
    Die Betreuerin trägt vor, dass die Betroffene ihre Tochter auch in der Vergangenheit unterstützt habe. Vielleicht lassen sich dazu noch Unterlagen finden (z. B. alte Kontoauszüge, ggfls. auch bei der Tochter).

  • Mir widerstrebt der Abschluss eines Darlehensvertrages mit einem Vertragspartner, der das Darlehen offensichtlich nicht zurückzahlen kann.
    Die Tochter ist selbst schwer erkrankt. Was ist, wenn sie vor ihrer Mutter verstirbt?
    Wie wäre es mit einer monatlichen Unterstützung der Tochter? Dies könnte man meiner Ansicht nach ohne Bedenken unter den Begriff Anstandsschenkung fassen. Der Zweck - Ausgaben für Medikamente, Haushaltshilfe pp - wäre damit auch erreicht.
    Die Betreuerin trägt vor, dass die Betroffene ihre Tochter auch in der Vergangenheit unterstützt habe. Vielleicht lassen sich dazu noch Unterlagen finden (z. B. alte Kontoauszüge, ggfls. auch bei der Tochter).


    Die monatliche unterstützung ist im Zweifel sogar schlicht Unterhalt, wenigstens aber Naturalobligation.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Bei einem so hohen Betrag kann kaum von einer Anstandsschenkung gesprochen werden. Jedoch würde ich die Betroffene selbst anhören wollen, um einen Eindruck mir zu verschaffen, ob sie überhaupt den Willen zu dieser Schenkung hat und die Relationen einschätzen kann. Ist die Anhörung ambivalent, dann könnte ein Gutachten eingeholt werden. Kann sie sich nicht mehr äußern, dann dürfte es aus der Schenkung nichts werden. Die Tochter hat ja keinen Anspruch beschenkt zu werden. Dann muss halt der Sterbefall abgewartet werden.

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