Notariatsreform in Baden-Württemberg


  • Im Übrigen hatte ich auch darauf aufmerksam gemacht, dass sich die Gerichte noch wundern werden, was für ein "Schrott" seitens der Notariate auf sie zukommen wird. Damals bin ich für diese Aussage fast verbal gesteinigt worden und heute stimmt auf einmal jeder das besagte Klagelied an. Verkehrte Welt?

    Solche Sachen sind keine Einzelfälle und dürften noch ein Heer von Nachlasspflegern beschäftigen.
    Genau solche Fälle sind mit "Schrott" gemeint. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht solche Dinge auftauchen und jetzt diejenigen treffen, die mit der Sache eigentlich nichts zu tun hatten.
    Cromwell hatte mit all seinen Prophezeiungen recht.


    zu #2808: Was ist, wenn auch das Standesamt keine Auskunft darüber geben kann, wann ein Beteiligter verstorben ist ?

  • Dummerweise haben die Notare früher weder Geburtstag noch Geburtsort bei den Daten der Beteiligten angegeben.
    " Es erscheint Herr XY, Kaufmann in Z und seine Ehefrau AY, wohnhaft daselbst "
    Wie will man hier herausbekommen wann und wo die Beteiligten verstorben sind.

  • Dummerweise haben die Notare früher weder Geburtstag noch Geburtsort bei den Daten der Beteiligten angegeben.
    " Es erscheint Herr XY, Kaufmann in Z und seine Ehefrau AY, wohnhaft daselbst "
    Wie will man hier herausbekommen wann und wo die Beteiligten verstorben sind.

    Falscher Ansatz:
    Du musst nicht ermitteln, ob der Urkundsbeteiligte verstorben ist.
    Du musst das Überleben ermitteln. Und wenn Du das nicht kannst (weil die Altvorderen so "schlampig" (wie im übrigen damals üblich)) beurkundet haben, dann eröffnest Du bei Ablauf der Frist.
    Dann geht die eröffnete Verfügung von Todes wegen an das zuständige Nachlassgericht.
    Und wenn Du selbst das Nachlassgericht bist: dann versuchst Du, die testamentarischen und die gesetzlichen Erben zu ermitteln. Ggf. kommt dann -über das Nachlassgericht- eine Nachlasspflegschaft oder -über das Betreuungsgericht- eine Pflegschaft für unbekannte Beteiligte in Betracht.

  • Ich hatte hier in den letzten Jahren auch viele Ehe- und Erbverträge aus den Jahren 1903-1945 zu eröffnen.
    Als hilfreich hat sich dabei erwiesen, die jeweiligen Grundakten beizuziehen, da die meisten Vertragsschließenden unter der im Erbvertrag genannten Anschrift Grundbesitz hatten und sich in diesen Akten oft Sterbeurkunden wegen der Löschung eines später für die Vertragsschließenden eingetragenen Altenteils befanden oder sich aus den Übertragsverträgen die Namen und Anschriften ihrer Kinder ergaben.

  • ... was nur heißt, dass diese einen weiteren "Anfahrtsweg" bis in dein Büro haben

    Nein. Grundakten werden nicht mehr herausgegeben. Auch nicht an andere Gerichte. Nur die Grundbuchämter bekommen sie (logisch). Bei Anfragen recherchiert das Grundbuchzentralarchiv.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • ... was nur heißt, dass diese einen weiteren "Anfahrtsweg" bis in dein Büro haben

    Nein. Grundakten werden nicht mehr herausgegeben. Auch nicht an andere Gerichte. Nur die Grundbuchämter bekommen sie (logisch). Bei Anfragen recherchiert das Grundbuchzentralarchiv.

    Grundakten werden nicht an andere Gerichte herausgegeben?

    Das gibt es nicht. Und falls doch, würde mich die Rechtsgrundlage hierfür interessieren.

  • Diese "Handhabe" um die Grundaktenherausgabe kenne ich auch hierzulande auch aus LSA. Hier sind die Alt-Grundakten ebenso zentral in einem von Hochwasser gefährdetem Ort deponiert. Da hatte man schon zu GBA-Zeiten zu tun die Alt-Grundakten zu bekommen, als NachlassG erschien es fast ausweglos. Erst als mit der "Keule der Dienstaufsicht" gedroht wurde, machte man sich anscheinend Gedanken darüber, warum wohl eine Abforderung verlangt wurde.

  • § 2 2. VVLFGG, § 17 GeschBeh, Abs. 2 Lit. a): Grundakten können übersandt werden.
    Abs. 3 und 4 beschreiben die Einschränkungsmöglichkeiten.

    Grundsätzlich entscheidet also das GBZA und das recht restriktiv, auch die besonderen Logistikwege dürften zu beachten sein. Die Regel ist die Grundaktenrecherche.
    Ausnahmen muss die jeweilige Justizbehörde gut begründen. Und in dem Fall von Paulus wäre das wohl ein typischer Fall für Recherche, nicht für Übersendung.

    In ein paar Jahrzehnten wird sich diese Frage immer weniger stellen: da in BaWü nunmehr die elGA geführt wird und die Grundakten in vielen Fällen "Hybridakten" geworden sind (teilweise papierhaft, teilweise elektronisch) können Unterlagen aus der elGA nur noch als Kopie versandt werden.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Es ist Sache des jeweiligen Rechtsanwenders, welche Erkenntnisse er seiner Verfahrensweise zugrunde legt und wie er an diese Erkenntnisse - durch eigene Prüfung! - gelangt. Mit irgendwelchen "Recherchen" eines Dritten braucht er sich nicht zufrieden zu geben.

    Der "Logistikweg" ist überhaupt kein Argument und es würde auch wohl sehr schnell eingestampft, sofern ein Ministerium oder der BGH eine Grundakte anfordert. Mit der gleichen Argumentation müsste man im Übrigen auch die Übersendung der Grundakte an das OLG verweigern, falls eine Grundbuchbeschwerde anhängig ist und den Senat auf die "entscheidungserheblichen Teile" der Grundakte verweisen. Das hierauf folgende Donnerwetter kann man sich gut vorstellen.

    Das Ganze läuft also darauf hinaus, dass man die Grundakten einfach nicht übersenden will und ganz grundsätzlich äußerst restriktiv verfahren möchte. Rechtsgrundlage: An sich keine, man macht es halt einfach so. Eine weitere Verrücktheit als Folge der Zentralisierung.

  • Es ist Sache des jeweiligen Rechtsanwenders, welche Erkenntnisse er seiner Verfahrensweise zugrunde legt und wie er an diese Erkenntnisse - durch eigene Prüfung! - gelangt. Mit irgendwelchen "Recherchen" eines Dritten braucht er sich nicht zufrieden zu geben.

    Der "Logistikweg" ist überhaupt kein Argument und es würde auch wohl sehr schnell eingestampft, sofern ein Ministerium oder der BGH eine Grundakte anfordert. Mit der gleichen Argumentation müsste man im Übrigen auch die Übersendung der Grundakte an das OLG verweigern, falls eine Grundbuchbeschwerde anhängig ist und den Senat auf die "entscheidungserheblichen Teile" der Grundakte verweisen. Das hierauf folgende Donnerwetter kann man sich gut vorstellen.

    Das Ganze läuft also darauf hinaus, dass man die Grundakten einfach nicht übersenden will und ganz grundsätzlich äußerst restriktiv verfahren möchte. Rechtsgrundlage: An sich keine, man macht es halt einfach so. Eine weitere Verrücktheit als Folge der Zentralisierung.

    Das verstehst du falsch. Natürlich werden die Grundakten an die Rechtsmittelgerichte gegeben! Oder an ein Amtsgericht, wenn der jeweilige "Rechtsanwender" diese für seine Entscheidung benötigt. Aber es muss begründet werden. Und hierfür reicht ein "ich würd gern einfach mal gucken, ob da für mein (z.B. Nachlass, Versteigerungs- etc.)verfahren irgendetwas relevantes drin sein könnte" nicht mehr aus. Dass sich die Begründung in Rechtsmittelverfahren schenkt, ist klar.
    Im Übrigen widerspricht man damit nicht geltendem Recht, die Vorschriften werden im rechtlichen Rahmen strenger als früher angewandt.

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • "Weisen Sie bitte das berechtigte Interesse nach!" Ich hab kein praktisches Interesse daran, aber wehe dem Erben, der hieraus hätte gefunden werden können....

    Im Übrigen finde ich die zitierten Vorschriften § 2 2. VVLFGG, § 17 GeschBeh, Abs. 2 Lit. a) nicht:gruebel:

  • Und ich sage es unverblümt: frostige Tage sind solche, an denen wieder neue Altlasten der übernommenen Notariate auftauchen. Es ist wie bei den übernommenen Grundbuchämtern. Man hat das Gefühl, es wurden bewusst Fälle legen gelassen. Nicht nur in den Wochen vor der Reform. Monate und teilweise auch Jahre. :mad:

    Heute ist wieder ein frostiger Tag: habe einige Stapel uneröffneter Erbverträge von 1878 und früher erhalten !

  • Hoffentlich habt Ihr Zentralheizung, sonst sehe ich schon, dass mein unverhofftes Erbe an so einem frostigen Tag verfeuert wird:teufel:

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (4. Februar 2018 um 17:15) aus folgendem Grund: Schreibvers. korr.

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