§ 1 Abs. 2 InsVV und § 55 Abs. 2 - Vergütung IV - Abzug Kosten des vIV

  • Der Geschäftsbetrieb wurde mit Eröffnung vollständig übertragen. Im Rahmen des Vergütungsantrages für die Insolvenzverwaltung zieht der IV nun Kosten der Fortführung aus dem vorläufigen Verfahren, die im eröffneten Verfahren bezahlt wurden, mit Hinweis auf § 1 Abs. 2 InsVV von der Berechnungsgrundlage ab.

    Ich neige dazu, ihm zu seinen Gunsten zu widersprechen, da es keine BFF im eröffneten Verfahren gab. Einen andere Interpretation ergibt sich auch nicht aus § 55 Abs. 2 InsO.

    Wer steht hier auf dem Schlauch?

  • ist nicht richtig aber üblich. Hätten die Kosten vor IE bezahlt werden können, wäre das übernommene Guthaben geringer gewesen. Manche Schlussrechnungsprüfer sehen so etwas auch gerne. Wenn es nicht gerade Dienstleistungen gewesen sind, kann man es auch unter Abfindung von Aussonderungsrechten packen, mit ähnlichem Ergebnis.

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  • hm, was mir im Ausgangsthread nicht klar ist, wieso es BFF-Kosten gab, wenn es keine BFF gab... ; aber egal: m.E. sind auch im vorläufigen Verfahren die Einnahmen (auch wenn sie erst nach Eröffnung fließen) sowie die Kosten (auch wenn sie erst nach Eröffnung bezahlt werden- hier bitte auf Ermächtigung des vorl. Verwalters achten !!!!) zuzuschlagen bzw. abzuziehen. Dem scheint zwar § 11 I 3InsVV zu widersprechen, ist aber m.E. systemgerecht dennoch zu machen (vgl. auch BGH IX ZB 47/10 )-

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  • Defaitist: Der Geschäftsbetrieb wurde mit Asset-Deal zur IE komplett übertragen. Ich sehe noch immer keine Grundlage für den Abzug. Die Argumentation wäre auch niemals zu halten, würde ich in einem anderen Verfahren dem dortigen Verwalter mit der gleichen Begründung entsprechende Ausgaben absetzen.

    @LFdC: Satz 3 hört sich schwer nach Opferanode an. Ziel der SRP ist m.E. zu prüfen, ob die SR stimmt, nicht den IV zu drücken. Oder haben manche Prüfer das Kleine-Mann-Syndrom bzw. Neidgefühle?

  • Ich halte das für richtig und handhabe es schon immer so. Meiner Argumentation sind bisher auch alle Verwalter gefolgt.

    Es gab in der vorläufigen Verwaltung eine Fortführung. Für diese Fortführung gelten die selben Regeln wie für eine Fortführung nach Eröffnung - es ist nur der Überschuss in die Teilungsmasse einzubeziehen. Die Zufälligkeit, ob die Rechnungen aus der Fortführung vor oder nach Eröffnung bezahlt werden, kann sich keine Änderung ergeben.
    (Im Gegenteil wäre die bisher hier vertretene Auffassung richtig, hat es ja der Verwalter in der Hand, seine Teilungsmasse zu erhöhen indem er alle Rechnungen der Betriebsfortführung vor Eröffnung erst nach Eröffnung zahlt. - Überspitz gesagt)

  • Die Rechnungen möglichst in das eröffnete Verfahren zu ziehen soll vorkommen und ist - im Gegensatz zu anderen mehr oder minder kreativen Ansätzen - eine legale Möglichkeit der Vergütungsoptimierung. Ob das gerecht im Sinne von kaufmännisch richtiger Zuordnung ist, steht außer Frage.

    Queen: Ich kann mir zahlreiche Situationen vorstellen, in denen der jeweilige Verwalter vor arge Abgrenzungs- bzw. Bewertungsprobleme gestellt wird. Und wenn er das nicht schon selbst so beantragt hat, musst Du die Abgrenzung vornehmen, was die Diskussion noch etwas anheizen dürfte. Oder sind 'Deine' Verwalter alle auf Schmusekurs?

  • Ich mache es auch wie Queen. Und verstehe auch nicht so ganz, wo da die Probleme sind. Die Forderungen, die vor IE entstanden sind, sind die "Einnahmen". Habe ich die jetzt noch nicht, muss ich die halt schätzen. Bei den Ausgaben das gleiche.
    Ich sage mal banal: die §§ 1 und 3 InsVV gibt es ja schon länger, ebenso die Rechtsprechung des BGH. bei mir wollen die Verwalter einen Zuschlag nach § 3 InsVV für die BFF haben, aber meinen dann, die Berechnung gemäß § 3 I b) InsVV nicht vornehmen zu können. Wie soll das gehen?

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  • @LFdC: Satz 3 hört sich schwer nach Opferanode an. Ziel der SRP ist m.E. zu prüfen, ob die SR stimmt, nicht den IV zu drücken. Oder haben manche Prüfer das Kleine-Mann-Syndrom bzw. Neidgefühle?

    Ich sehe darin nicht ein Drücken des vIV, sondern den Versuch, das ganze Problem halbwegs noch händeln zu können.

    Andere Lösung wäre es im vorl Verfahren zum 31.xx. den Geschäftsbetrieb einzustellen, also keinen Leistungsbezug mehr vorzunehmen, mal vier - sechs Wochen abwarten, bis sämtliche Rechnungen aus dem Leistungsbezug davor eingetrudelt und bezahlt sind und dann zu rufen: "Jetzt bitte eröffnen, weil kein Abgrenzungsproblem mehr vorliegt".


    Aber, wie oben gesagt, wenn es nicht gerade eine Dienstleistung ist, so können sowohl Aus- als auch Absonderungsrechte greifen bzw. abgefunden werden. Diese Abfindung schmälert die Berechnungsmasse entsprechend (und erhöht sie gleichzeitig wieder, ist aber hier nur Nebenkriegsschauplatz).


    Zu insolvenzzweckgerechten Zahlungen: Küppers/Heinze, ZINsO 2010, 214ff

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  • Queen: Ich kann mir zahlreiche Situationen vorstellen, in denen der jeweilige Verwalter vor arge Abgrenzungs- bzw. Bewertungsprobleme gestellt wird. Und wenn er das nicht schon selbst so beantragt hat, musst Du die Abgrenzung vornehmen, was die Diskussion noch etwas anheizen dürfte. Oder sind 'Deine' Verwalter alle auf Schmusekurs?

    Wieso sollen hier größere Abgrenzungs-/Bewertungsprobleme entstehen? Es ist doch die gleiche Prüfung, die ich im eröffneten Verfahren vornehme wenn ich mir die Ausgaben dahingehend angucke, ob sie richtig unter Fortführung oder nicht Fortführung eingebucht sind.
    Wie gesagt, ich handhabe dass seit Jahren so (und habe nicht nur Verwalter, die alles hinnehmen.)

  • Abgrenzungsprobleme entstehen bei Einkäufen, die sowohl zu Rechnungsstellungen im vorläufigen, als auch im eröffneten Verfahren führen. Bei einem Bauträger beispielsweise wäre dann der Haufen Sand oder die 250 gelieferten Fenster nach ihrer Verwendung zu prüfen. Wie viel von welchem Material wurde bei der ETW XY verbaut?

    Im vorliegenden Fall waren es zu ca. 75% Dienstleistungen, die man konkret zu einzelnen Umsätzen der Insolvenzschuldnerin hätte zuordnen können. Darüber hinaus waren in der abgesetzten Summe auch Ausgaben für Masseverbindlichkeiten, die erst mit Abschluss des Asset-Deals begründet wurden.

    Den ZInsO-Artikel kannte ich noch nicht, muss ihn mir am WE mal durchlesen. Danke für den Hinweis.

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