Familienpflegschaft

  • Hallo Ihr da draußen, bearbeite erst seit kurzem Familiensachen/Vormundschaften/Pflegschaften, und alle, die ich fragen könnte, sind derzeit krank, in den Ferien, auf Lehrgang...
    Daher nun meine Frage an Euch:
    Es ist Familienpflegschaft angeordnet und die Großeltern des Kindes sind zu Pflegern bestellt. Sind die Pflegepersonen nun einzel- oder nur gemeinsam vertretungsberechtigt? Was auch schon die nächste Frage aufwirft: Bekommen Sie nur eine Bestallung, in der beide genannt sind, oder stelle ich 2 Bestallungen, also eine für jeden, aus? :confused:
    Danke für Eure Hilfe!

  • :eek: Schon wieder dieses Wort "Familienpflegschaft".
    Dieses Thema hatte ich letztens an der Backe.
    Es gibt KEINE Familienpflegschaft. Das Wort existiert nur in einer Gegend. Bisher ist mir das zweimal untergekommen.
    In Sachsen-Anhalt-
    Was es gibt, ist Familienpflege. So sind aber alle Pflegeverhältnisse benannt, wo Pflegekinder in Familien und nicht in Heimen leben.
    Die elterliche Sorge wurde wohl nach 1630.3 BGB übertragen??
    In dem aktuellen Fall, der mir bekannt ist, änderte das OLG des Beschluss des AG ab, was dieses Unwort betrifft.
    Denn der Richter beim AG hatte mit dieser eigenen Wortschöpfung verknüpft, dass die GE nicht das Recht auf Pflegegeld nach 39 SGB 8 haben.

    Bei Bestallungen scheiden sich die Geister, wenn nach 1630.3 übertragen wird.
    Die einen stellen aus, die anderen nicht. Auch ohne Bestallung steht den Leuten die Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Vormünder zu.
    Ich pers. sehe eine Bestallung wie einen Ausweis, womit die Betroffenen das Recht ihres sorgerechtliche Handelns belegen können, ohne das mit dem datenträchtigen Gerichtsbeschluss tun zu müssen.
    Mir ist bekannt, dass -wenn Paare (egal ob Pflege- oder Großeltern) das Sorgerecht ausüben- beide eine Bestallung erhalten.

  • Mir ist bekannt, dass -wenn Paare (egal ob Pflege- oder Großeltern) das Sorgerecht ausüben- beide eine Bestallung erhalten.

    Und je nachdem, wie man das liest bzw. betont, fühlt sich jetzt jeder in seiner Auffassung bestätigt. ;)

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Es wird auf den genauen Wortlaut des richterlichen Beschlusses ankommen. Wie in "schüttel den Kopf" in der ersten Antwort schon schreibt, dominieren bei den Familienrichtern in einem Verfahren nach § 1630 Abs. 3 BGB Unsicherheit und Kreativität. Deshalb, Simonella, zitiere bitte den Wortlaut im Kern. Danke

  • Hallo Simonella,

    bei einer Pflegschaft nach § 1630 III BGB, die bei uns auch Familienpflegschaft genannt wird ;), muss man keine Bestallungsurkunde ausstellen und keine Verpflichtung der Pfleger durchführen (OLG Stuttgart vom 06.12.2005, Az.: 8 WF 152/05), aber die Aufwandsentschädigung steht den Pflegern zu.
    Eine jährliche Berichtspflicht gibt es hier auch nicht. Die Überwachung obliegt dem Jugendamt.

    Ich schicke den Pflegern aber trotzdem eine Bestallungsurkunde zu, weil es für die Pfleger mit der BU besser ist ,sich bei irgendwelchen Rechtshandlungen auszuweisen und sie nicht eine Beschlussausfertigung mit sich herum tragen müssen.

    In deinem Fall würde ich nur eine Bestallungsurkunde ausstellen, weil das Kind gemeinschaftlich vertreten wird.

  • Hallo Simonella,

    bei einer Pflegschaft nach § 1630 III BGB, die bei uns auch Familienpflegschaft genannt wird ;), .......

    Mittlerweile habe ich dem Wort den Kampf angesagt :)
    Habe mich damals mit einem Dipl. Rechtspfleger in Verbindung gesetzt, der mit bestätigte, dass es dieses Wort nicht gibt, ebenso mit einem Prof. der Rechtswissenschaft der Uni Siegen, der dasselbe sagte.
    Deshalb sind die GE in meinem beschriebenen Fall ans OLG in Beschwerde gegangen u. das OLG änderte den Beschluss -nur im Hinblick auf das Wort "Familienpflegschaft"- ab. Eben weil es dieses Wort in keinem Gesetzbuch gibt.
    Glühwürmchen
    Kommst du auch aus der Gegend Sachsen-Anhalt oder war betreffender Richter schon mal bei euch vllt. zu Gange ?? :D

  • Danke für die vielen Meinungen!
    Also ich komme aus Brandenburg, konkret vom Amtsgericht Senftenberg, und Anordnungen von Familienpflegschaften finden bei uns regelmäßig statt!

    Es handelt sich in der Tat um einen Fall des § 1630 Abs. III BGB, der Tenor lautet wie folgt:
    "Für das mdj. Kind ... wird Familienpflegschaft angeordnet. Gem. § 1630 Abs. III BGB werden als Pflegepersonen die Großeltern ...(nur Namen) bestellt. Die Pflegschaft umfasst die gesamte elterliche Sorge. Kosten..."

    Also keine Angaben zur Vertretungsberechtigung... Die Pfleger erhalten hier wohl immer Bestallungen, allerdings nach Angaben der Geschäftsstelle wohl mal einzeln, mal gemeinsam; und nach diesem Muster sind dann wohl auch die Aufwandspauschalen festgesetzt worden...
    Ich würde es ja jetzt gern richtig machen (sofern das bei einem offenbar gar nicht existierenden Rechtskonstrukt überhaupt möglich ist) und zu einer einheitlichen Verfahrensweise finden. Auf jeden Fall würde ich
    Bestallung(en) aushändigen, da das den Rechtsverkehr doch erheblich erleichtern dürfte.

  • Danke für die vielen Meinungen!
    Also ich komme aus Brandenburg, konkret vom Amtsgericht Senftenberg, und Anordnungen von Familienpflegschaften finden bei uns regelmäßig statt!

    Es handelt sich in der Tat um einen Fall des § 1630 Abs. III BGB, der Tenor lautet wie folgt:
    "Für das mdj. Kind ... wird Familienpflegschaft angeordnet. Gem. § 1630 Abs. III BGB werden als Pflegepersonen die Großeltern ...(nur Namen) bestellt. Die Pflegschaft umfasst die gesamte elterliche Sorge. Kosten..."

    Oh, ich glaube, dieses Unwort hat schon so um sich gegriffen -im Sprachgebrauch verwenden das ja häufig Verwandte, die ein Kind in Pflege haben, obwohl es auch hier Familienpflege heißt- dass ich dem nicht mehr Herr werden kann. Allerdings ist es schlimm, wenn Richter dieses Wort in die Rechtssprechung einbringen. Die müssten es doch besser wissen. Im BGB gibt es das nirgendwo zu finden - wie geschrieben bestätigt durch einen Dipl.RP (der auch Fortbildungen für RP macht) u. einem Prof. der Rechtswissenschaft.

    In deinem Beschluss steht "PflegepersonEN". Denkbar bei gemeinschaftlicher Vertretung hätte sein können "werden als Pflegeperson die GE gemeinschaftlich..."
    Ich würde das jetzt als 2 Personen auslegen.
    Aber auch hier - jeder wie er denkt - möglich.

  • Ich weiß nicht, ob Senftenberg von "Senf" kommt, aber die genannten richterlichen Beschlüsse lassen darauf schließen.

    In § 1630 Abs. 3 S. 3 BGB heißt es klipp und klar, dass die Pflegeperson im Umfang der Übertragung der elterlichen Sorge "die Rechte und Pflichten eines Pflegers" hat.

    Wenn im Beschluss nichts Abweichendes gesagt ist, handelt es sich stets um eine gemeinschaftliche Vertretetungsmacht, weil sie die Regel ist und die abweichende Einzelvertretungsmacht der ausdrücklichen Anordnung bedarf.


  • "Für das mdj. Kind ... wird Familienpflegschaft angeordnet. Gem. § 1630 Abs. III BGB werden als Pflegepersonen die Großeltern ...(nur Namen) bestellt. Die Pflegschaft umfasst die gesamte elterliche Sorge. Kosten..."

    Also keine Angaben zur Vertretungsberechtigung... Die Pfleger erhalten hier wohl immer Bestallungen, allerdings nach Angaben der Geschäftsstelle wohl mal einzeln, mal gemeinsam; und nach diesem Muster sind dann wohl auch die Aufwandspauschalen festgesetzt worden...
    Ich würde es ja jetzt gern richtig machen (sofern das bei einem offenbar gar nicht existierenden Rechtskonstrukt überhaupt möglich ist) und zu einer einheitlichen Verfahrensweise finden. Auf jeden Fall würde ich
    Bestallung(en) aushändigen, da das den Rechtsverkehr doch erheblich erleichtern dürfte.

    Da hier das Wort "gemeinschaftlich" nicht im Beschluss steht, wäre hin wie her ein neuer Beschluss zu fassen, oder aber der bestehende Beschluss pragmatisch umzusetzen. Da die gemeinschaftliche Vormundschaft das unhandlichste Institut ist, wäre dem Kind damit nicht geholfen. Deshalb würde auch ich einzelne Vormundschaften begrüßen. Die Begründung bei Pflegeeltern ist pauschal: Im Leben eines Kindes lässt sich nicht vorhersehen, welcher (Pflege-)elternteil wann welche Aufgabe für das Kind erledigt.

  • Die sorgeberechtigten Eltern müssen auch gemeinsam vertreten, also ist es auch keine besondere Schwierigkeit, wenn mehrere Vormünder oder Pflegepersonen gemeinsam vertreten. Dass das Einzelvertretungsrecht praktischer ist, steht außer Frage. Aber dann muss es als Abweichung vom Regelfall eben angeordnet werden.

  • Hallo Simonella,

    bei einer Pflegschaft nach § 1630 III BGB, die bei uns auch Familienpflegschaft genannt wird ;), muss man keine Bestallungsurkunde ausstellen und keine Verpflichtung der Pfleger durchführen (OLG Stuttgart vom 06.12.2005, Az.: 8 WF 152/05), aber die Aufwandsentschädigung steht den Pflegern zu.
    Eine jährliche Berichtspflicht gibt es hier auch nicht. Die Überwachung obliegt dem Jugendamt.

    Ich schicke den Pflegern aber trotzdem eine Bestallungsurkunde zu, weil es für die Pfleger mit der BU besser ist ,sich bei irgendwelchen Rechtshandlungen auszuweisen und sie nicht eine Beschlussausfertigung mit sich herum tragen müssen.

    In deinem Fall würde ich nur eine Bestallungsurkunde ausstellen, weil das Kind gemeinschaftlich vertreten wird.

    Woraus entnimmst Du, dass keine Berichtspflicht besteht?

    LG Nicky


  • Woraus entnimmst Du, dass keine Berichtspflicht besteht?
    LG Nicky

    Woher sollte eine Berichtspflicht herrühren ? Steht doch bereits in #5 .
    Oder ausführlicher :
    OLG Stuttgart , 06.12.2005 , 8 WF 152/05
    Nach § 1630 Abs. 3 Satz 3 BGB erhält die Pflegeperson lediglich die Rechte und Pflichten eines Pflegers. Aus dem Gesetzeswortlaut ist nicht zu entnehmen, dass diese Pflegeperson zum Pfleger bestellt oder eine Pflegschaft angeordnet wird. Die Pflegepersonen erhalten durch die Übertragung von Angelegenheiten der elterlichen Sorge nach § 1630 Abs. 3 BGB nicht die förmliche Stellung eines Pflegers (Sonnenfeld a.a.O.; Labuhn/Veldtrup/Labuhn, Familiengericht und Vormundschaftsgericht, Seite 216; Oberloskamp-Brüggemann, Vormundschaft, Pflegschaft und Beistand für Minderjährige, 2. Aufl., § 10 RN 61). Dem Charakter einer förmlichen Pflegschaft steht bei einer Übertragung von Angelegenheiten der elterlichen Sorge neben dem Gesetzeswortlaut entgegen, dass diese Übertragung nur auf Antrag geschehen kann, über den das Familiengericht nicht hinausgehen kann, und die Übertragung nur mit Zustimmung aller sorgeberechtigten Elternteile und damit nur freiwillig erfolgen kann. Die Übertragung muss dementsprechend aufgehoben werden, wenn die Eltern ihre Zustimmung zurücknehmen, was jederzeit möglich ist. Ergänzt wird diese Übertragung durch die Regelung in § 1688 Abs. 1 BGB, die ebenfalls nicht zu einer förmlichen Pflegschaft im Sinn des Vormundschaftsrechts führt.

  • Ich ziehe aus dem Schubfach dann immer folgende Verfügung:

    1. Feststellung:

    Es handelt sich um eine Übertragung von Angelegenheiten der elterlichen Sorge auf die Pflegefamilie nach § 1630 Abs. 3 BGB.

    Es handelt sich dabei nicht um eine Pflegschaftssache im herkömmlichen Sinne. Die Pflegepersonen erhalten durch die Übertragung nicht die förmliche Stellung eines Pflegers. Dem Charakter einer förmlichen Pflegschaft steht neben dem Gesetzeswortlaut der Umstand entgegen, dass die Übertragung nur auf Antrag und mit Zustimmung der sorgeberechtigten Elternteile erfolgt. Der in Abs. 3 S. 3 enthaltene Verweis auf die Vorschriften des Pflegschaftsrechts erfasst deshalb nur diejenigen Vorschriften, die nicht gerade die förmliche Stellung des Pflegers betreffen; anders formuliert: Anwendbar sind nur diejenigen Vorschriften, die mit der Stellung eines nicht zwangsweise durch das Gericht, sondern lediglich vom Gericht mit Zustimmung der Eltern und der Pflegeperson Beauftragten im Einklang stehen, wie z.B. die Vorschriften über den Aufwendungsersatz. Da die durch Übertragung begründete Rechtsmacht der Pflegeperson auf dem Willen der Eltern beruht, muss sie auf Antrag der Eltern aufgehoben werden, sofern die Aufhebung nicht zu einer Kindeswohlgefährdung iSd. § 1666 BGB führen würde.  siehe insoweit Münchner Kommentar BGB zu § 1630.

    Die förmliche Bestellung und Überwachung durch das Familiengericht inclusive der Pflichten eines Vormunds/ Pflegers nach §§ 1837 ff. BGB ist damit hier nicht gegeben. Auch sind Kosten für das Verfahren nicht zu erheben.

    Eine Akte war dennoch anzulegen, da die Pfleger zumindest Anspruch auf Auslagenersatz haben und insoweit jährlich Anträge eingehen können.

    2. WV m.E., spätestens mit Volljährigkeit des Kindes
    Darin wirst du auch die Antwort auf deine Frage finden.

  • Dankeschön :)

    Aber irgendwie verstehe ich es nicht, einerseits besteht Anspruch auf Aufwendungsersatz, und die Pflichten eines Pflegers werden übernommen, für jede Einzelnorm ist zu rüfen, ob sie entsprechend anzuwenden ist. Wieso trifftdas dann nicht auf die Berichtspflicht auch zu? Pflegeperson hat Pflichten wie Pfleger, Pfleger ist -kurz gesagt- wie Vormund zu behandeln, Vormund muss berichten.

    Die OLG Entscheidung hab ich natürlich gelesen, diese verweist ja gerade auf die Einzelprüfung der Normen und ich sehe mal wieder nicht, wo genau ich auf dem Schlauch stehe, seufz.

    LG Nicky

  • Kann man nix machen ,wenn die obergerichtliche Rechtsprechung die rausgepickten Rosinen der Staatskasse in Rechnung stellen will.
    Ansonsten sollte man doch froh sein, "so was " nicht auch noch überwachen zu müssen.

  • Jein, ich sehe irgendwo den Unterschied für den "Pfleger" nicht, wenn nun im Rahmen einer regulären Pflegschaft tätig ist oder eben als Pflegeperson. Oft genug sind es in beiden Fällen die Großeltern, etc.
    Ich bin innerlich der Auffassung, wenn Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen und ggf auch Sozialhilfe für das Pflegekind-besteht, muss doch auch die Pflicht zur Berichterstattung bestehen. Und so viel Mehrarbeit ist es nun auch nicht, auch in diesen Fällen den Bericht durchzusehen.

    In der OLG Entscheidung steht ja auch gerade nicht, was NICHT anzuwenden ist, sondern nur, dass eine Einzelprüfung der Normen statt zu finden hat. Und schlecht kann es für das Kind ja eigentlich nicht sein, wenn zumindest 1x im Jahr nach seinen Belangen nachgefragt wird, zumal das ja auch oft, der Zeitpunkt ist, an dem Vormund, bzw. Pfleger dann ihre Pauschalen abrechnen.

    LG Nicky

  • Ob was gut oder schlecht ist , kann kein Maßstab für eine Überwachungstätigkeit sein.
    Vorrangig gilts zu prüfen , ob ich hierzu verpflichtet bin.
    Und davor schützt mich einschlägige Rechtsprechung.

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