Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Hat der im Rahmen der Sozietät tätige Anwalt das Mandat nicht von der später insolventen GmbH, sondern von deren Organvertretern persönlich erhalten, liegen die Voraussetzungen eines Bargeschäfts i.S.v. § 142 InsO a.F. schon deshalb nicht vor, weil die anwaltliche Beratung als Gegenleistung damit nicht in das Vermögen der Gemeinschuldnerin als Vertragspartnerin gefallen ist und es somit an der vom BGH geforderten Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung (vgl. BGH, Urt. v. 9.6.2005 - IX ZR 152/03, ZInsO 2005, 766).

    Zur Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils gegenüber nicht existenter Anwaltssozietät und deren Gesellschafter.


    AG Dortmund, Urt. v. 20. 2. 2018 - 425 C 8868/17

  • Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist auch für zur Insolvenztabelle angemeldete Gewerbesteuerforderungen gegeben.

    Der Kommanditist haftet nicht für Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO (hier: Gewerbesteuerforderung).

    Der Kommanditist haftet nicht für Verfahrenskosten des Insolvenzverfahrens.

    Für den bei dem Kommanditisten eingezogenen Haftungsbetrag ist eine Sondermasse nach § 38 InsO zu bilden.


    AG Gießen, Beschl. v. 24. 5. 2018 - 49 C 49/17
    AG Gießen, Urt. v. 24. 5. 2018 - 49 C 49/17

  • BGH, Beschluss vom 21. Juni 2018 - IX ZR 171/16

    Die Verjährungshöchstfristen des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind auf Schadensersatzansprüchewegen einer Pflichtverletzung des Insolvenzverwalters nicht anwendbar.

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  • Die wechselseitigen Ansprüche von Gesellschaftern und Gesellschaft aufgrund des Ausscheidens des Gesellschafters bzw. der Auflösung der Gesellschaft unterliegen in einer Personengesellschaft einer sog. Durchsetzungssperre. Diese bewirkt, dass u.a. bei der Liquidation der Gesellschaft die einzelnen Zahlungsansprüche als solche nicht mehr durchgesetzt werden können, sondern vielmehr nur noch unselbstständige Abrechnungsposten im Rahmen der Gesamtauseinandersetzung der Gesellschaft darstellen.

    OLG Hamburg, Urt. v. 14. 5. 2018 - 11 U 164/17

  • Das Insolvenzgericht ist berechtigt, die Wirkungen der mit einer weit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens herbeigeführten Pfändung und der damit einhergehenden "Verstrickung" für die Dauer des Insolvenzverfahrens durch Aufhebung oder in anderer Weise zu beseitigen.

    AG Dresden, Beschl. v. 31. 5. 2018 - 545 IK 1176/17

  • Das Kündigungsrecht des Insolvenzverwalters nach § 113 InsO kann nicht durch einzelvertragliche, tarifliche oder sonstige kollektivrechtliche Vereinbarungen ausgeschlossen werden. Tariflich unkündbare Arbeitsverhältnisse sind auch im Insolvenzverfahren ordentlich kündbar.

    Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder eines Betriebsteils durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die eine Kündigung sozial rechtfertigen können. Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht.

    Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu. Die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) stellt ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge.


    ArbG Düsseldorf, Urt. v. 21. 3. 2018 - 12 Ca 6881/17

  • BGH, Urteil vom 8. Februar 2018 - IX ZR 92/17

    Die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen bei Verträgen, die ein dingliches Recht an einem unbeweglichen Gegenstand oder ein Recht zur Nutzung eines unbeweglichen Gegenstandes betreffen, ist Gegenstand des allgemeinen Insolvenzstatuts und unterliegt daher der lex fori concursus.

    Das besondere Insolvenzstatut für Verträge über einen unbeweglichen Gegenstand betrifft das Schicksal der weiteren Durchführung des Vertrags aufgrund von insolvenzrechtlichen Bestimmungen und die Frage, ob Lösungsmöglichkeiten aufgrund insolvenzrechtlicher Bestimmungen bestehen.

    Ob ein Vertrag wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig ist, richtet sich nach dem Recht, das auf den Vertrag anzuwenden wäre, wenn der Vertrag wirksam wäre.

    Auch in den Fällen, in denen ausländisches Insolvenzanfechtungsrecht anwendbar ist, kommt eine Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nur in Betracht, wenn der beanstandete Vorgang über einen bloßen Anfechtungstatbestand im Sinne der §§ 130 ff InsO hinaus besondere Umstände aufweist,die den Vorwurf der Sittenwidrigkeit rechtfertigen.

    Ein Rechtsgeschäft, das im kollusiven Zusammenwirken zum Zweck einer sogenannten Firmenbestattung abgeschlossen wird, verstößt gegen die guten Sitten.

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  • BGH, Urteil vom 25. Januar 2018 - IX ZR 104/17

    Ein auf Pfändung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen bei einer Lebensversicherungsgesellschaftgerichteter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der diegepfändeten Forderungen nur abstrakt-generell ohne Bezug auf einen konkretenVersicherungsvertrag bezeichnet, ist regelmäßig dahingehend auszulegen, dass erlediglich uneingeschränkt pfändbare Forderungen umfasst, nicht aber solche, diezum Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nichtoder nur nach Maßgabe des § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO pfändbar waren.

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  • Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29.5.2000 über Insolvenzverfahren ist dahin auszulegen, dass die Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, auf dessen Gebiet das Hauptinsolvenzverfahren eröffnet wurde, für die Entscheidung über auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gestützte Anfechtungsklagen ausschließlich ist.

    Art. 24 der Verordnung Nr. 1346/2000 ist auf die Leistung an einen Schuldner in einem Mitgliedstaat anwendbar, die zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gestellt wurde und ein vorläufiger Insolvenzverwalter in einem anderen Mitgliedstaat bestellt wurde, aber noch keine gerichtliche Entscheidung über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in dem Mitgliedstaat erlassen wurde, in dessen Gebiet sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Beklagten befindet.

    Die Rechtsgrundlage der Schuld des Dritten gegenüber dem zahlungsunfähigen Schuldner ist für die Anwendung von Art. 24 der Verordnung Nr. 1346/2000 irrelevant.

    Die in Art. 24 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1346/2000 vorgesehene Vermutung fehlender Kenntnis gilt auch dann, wenn die in Art. 21 Abs. 2 dieser Verordnung genannten Stellen nicht alle Maßnahmen getroffen haben, die notwendig sind, um die Bekanntmachung einer ausländischen Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Register des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sich der Sitz der Niederlassung des Schuldners befindet, sicherzustellen, obwohl das Recht dieses Mitgliedstaats die obligatorische Bekanntmachung dieser Entscheidung vorsieht.


    EuGH, Schlussanträge v. 28. 6. 2018 - Rs. C-296/17

  • Die Vergleichsrechnung im darstellenden Teil eines Insolvenzplans ist offensichtlich unvollständig, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des geschäftsführenden Gesellschafters nicht vollständig dargelegt werden, obwohl ein Darlehensanspruch der Schuldnerin gegen den geschäftsführenden Gesellschafter besteht, der in der Vergleichsrechnung nur teilweise (und nicht in voller Höhe) berücksichtigt wird.

    AG Köln, Beschl. v. 19. 4. 2018 - 73 IN 145/17

  • Die Kosten des Verfahrens sind der Schuldnerin aufzuerlegen, wenn die antragstellende Gläubigerin den Insolvenzantrag nach Erfüllung der Insolvenzforderung, vollständiger Einstellung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin, Kündigung der Arbeitsverhältnisse sämtlicher Arbeitnehmer der Schuldnerin und Abmeldung der bei der antragstellenden Gläubigerin angemeldeten Arbeitnehmer für erledigt erklärt.

    AG Köln, Beschl. v. 2. 2. 2018 - 73 IN 210/17

  • 1. Eine sogenannte Aufdachsolaranlage, die auf dem Dach eines Wohngebäudes montiert ist, zu dessen Stromversorgung sie nicht beiträgt, stellt weder einen (wesentlichen) Bestandteil noch Zubehör des Grundstücks bzw. des Gebäudes dar, wenn sie ohne einen unverhältnismäßigen Aufwand und ohne Verursachung von Beschädigungen vom Gebäude getrennt und andernorts wieder installiert werden kann. (amtlicher Leitsatz)
    2. Ein Grundstück oder ein Gebäude erhält nicht allein aufgrund der Tatsache, dass dort Bemühungen entfaltet werden, durch Einleitung von Solarstrom in das öffentliche Stromnetz Entgelte in Form von Einspeisevergütungen zu erzielen, die Eignung, Hauptsache für das Inventar dieses Betriebes zu sein. Es muss hinzukommen, dass der wirtschaftliche Schwerpunkt des Betriebs auf dem Grundstück oder Gebäude, nicht aber auf dem Inventar liegt. (redaktioneller Leitsatz)


    OLG Nürnberg, Urteil vom 10.10.2016, AZ. 14 U 1168/15

    Bestätigt durch BGH, Beschluss vom 12.06.2018, AZ. XI ZR 579/16

    Einmal editiert, zuletzt von Reifenpanne (25. Juli 2018 um 13:53) aus folgendem Grund: Aktenzeichen der BGH Entscheidung korrigiert.

  • OLG Brandenburg, Urteil v. 13.03.2018, 3 U 49/16 n.r.[FONT=&quot][/FONT]
    Ein Gläubiger kann nach Niederlegung der Insolvenztabelle und Durchführung des Prüfungstermins die Rücknahme einer Forderungwirksam nicht mehr gegenüber dem Insolvenzverwalter, sondern nur noch gegenüberdem Insolvenzgericht erklären.

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  • BGH, Urteil vom 26. Juni 2018 - II ZR 65/16

    Steht im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Einziehung eines Geschäftsanteilsfest, dass das freie Vermögen der Gesellschaft zur Bezahlungdes Einziehungsentgeltes nicht ausreicht,
    ist der Einziehungsbeschluss auchdann nichtig, wenn die Gesellschaft über stille Reserven verfügt, deren Auflösungihr die Bezahlung des Einziehungsentgeltes ermöglichen würde
    (Fortführungvon BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - II ZR 109/11, BGHZ 192,236).

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