Vollstreckung Ordnungshaft in der Schweiz

  • Hallo,

    ich habe da ein Problem und habe in den ganzen Themen nicht das Richtige gefunden, was mir helfen könnte.

    Ich habe eine Familiensache, wo der Antragsgegner mehrfach gegen das Gewaltschutzgesetz verstoßen hat und deswegen Ordnungsgelder, bzw. bei Nichtbeitreibung Ordnungshaft festgesetzt wurde. Damals hat der Antragsgegner noch im Inland gewohnt, Ordnungsgeld konnte nicht vollstreckt werden, e.V. wurde abgegeben. Dann kam es zur Vollstreckung der Ordnungshaft und Ladung in die JVA und ab da war der Schuldner weg.
    Er wurde nun 1,5 Jahre gesucht, auch über Fahndung und die Strafabteilung und siehe da, nun ist eine Adresse in der Schweiz bekannt geworden.

    Die Akte wurde mir nun vom Richter vorgelegt, mit der Bitte um Haftvollstreckung.
    Es geht um 16 Tage Ordnungshaft.

    Wie mache ich das denn in der Schweiz??? Ich habe keine Ahnung und bin für jeden Tipp dankbar...

  • Hallo Bell,

    fundierte Hilfe kann ich auch nicht leisten, aber ich würde an Deiner Stelle mit Deinem Richter noch mal reden. Es kommen rein theoretisch ja nur zwei Möglichkeiten in Betracht.
    Entweder, die Schweizer Justiz leistet Amtshilfe dahingehend, dass sie die Vollstreckung der Ordnungshaft auf ein entsprechendes Ersuchen hin übernimmt. Das halte ich schon im Grundsatz für zweifelhaft, näheres dazu müsstest Du m.E. in den entsprechenden Rechtshilfevorschriften finden können.
    Oder der Betreffende wird nach Deutschland ausgeliefert, damit hier die Ordnungshaft vollzogen werden kann. Selbst wenn das gehen sollte, dann halte ich es bei 16 Tagen schon vom Aufwand her nicht für verhältnismäßig.

    Und im Übrigen:
    Soll der Kerl doch im Ausland bleiben, dann kann er wenigstens hier im Inland nicht weiter gegen die Anordnungen verstoßen. Und unter diesem Gesichtspunkt ist doch eine nationale Ausschreibung zur Festnahme bis zum Ablauf der Verjährung doch viel effektiver, oder?

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Auf IRGENDEIN Ersuchen ist gut. :) Hab auch schon in der ZRHO gelesen, aber so wirklich schlauer werde ich dadurch nicht.
    Ich hab ja immer gedacht ich finde etwas wegen den Kosten, die dadurch verursacht werden, dass ich es damit begründen kann die Haft nicht zu vollstrecken.

    Ich überlege halt auch wo noch das Interesse des Staates liegt bei der Vollstreckung. Der Typ hat vor 2 Jahren immer wieder gegen den Gewaltschutzbeschluss verstoßen, ja, aber damit sind es doch nur Interessen der Antragstellerin, nicht von uns.

    Mit dem Richter hab ich schon gesprochen. Er sagt halt, dass der Typ so ein "Drecksack" ist, dass wir alles versuchen sollten die Haft zu vollstrecken.
    Wenn ich jetzt wirklich nichts finde und ich hab auch schon so viel telefoniert, dann werde ich aber nochmal mit ihm reden.
    Wollte nur erstmal nichts unversucht lassen.

    Ich dachte halt auch, dass sowas öfters vorkommt bei der Haftvollstreckung, dass sich Personen ins Ausland absetzen und das es deswegen irgendwer schon mal hatte und sagen kann wie es funktioniert.

  • Dass Leute sich vor einer Haft ins Ausland absetzen kommt sicher häufiger vor. Ich kenne es eben nur aus dem strafrechtlichen Beteich, die Flucht vor drohender Untersuchungshaft oder vor Strafhaft. Dort beantragt man dann bei bekannter Auslandsadresse desen Festnahme und Auslieferung in der strafrechtlichen Rechtshilfe - allerdings nur, wenn die Haftzeit länger ist, als die zu erwartende Dauer des Auslieferungsverfahrens. Dazu wären mir 16 Tage viel zu kurz gewesen, denn nach seiner Festnahme hat der Betroffene im Ausland ja erst mal Rechtsschutzmöglichkeiten gegen seine Festnahme und die drohende Auslieferung. fas kann je nach Land schon mal mehrere Monate dauern, und während dieser Zeit sitzt derjenige meist. Was gar nicht geht, ist ein Auslieferungsverfahren anfangen und dannmittendrin sagen: April, April, bitte lasst ihn jetzt wieder frei, denn. die zu verbüßende Haftzeit ist abgelaufen. Deswegen halte ich 16 Tage für viel zu kurz für "internationale Maßnahmen".

    Die (nationale) Ausschreibung zur Festnahme wäre die (nationale) Ausschreibung in den polizeilichen Informationssystemen. Der Betroffene wird bei (zufälligem) Antreffen z.B. im Rahmen einer Straßenkontrolle dann festgenommen. Sowas kann man im Strafrecht auch für kürzere Reststrafen von wenigen Tagen machen, ggf. mit dem Vermerk "nicht verschuben, Sofortige Information an ..., nach maximal xx Tagen entlassen" Auch Ersatzfreiheitsstrafe statt Geldstrafe kann so vollstreckt werden, eben gekoppelt z.B. mit dem Vermerk "xx Tage Haft, abwendbar durch Zahlung von xx Euro".

    Mehr dazu müsste Dir eigentlich einer der Kollegen von der Vollstreckungsabteilung der örtlichen StA mitteilen können.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Das klingt alles schon mal sehr interessant! Danke!
    Wenn das bei der Strafhaft so ist, wird das bei der Ordnungshaft doch wahrscheinlich nicht viel anders sein.

    Das heißt, wenn die Haftzeit nun nur 16 Tage ist und somit die Auslieferungszeit wesentlich länger dauern wird, sieht man dann von der Vollstreckung einfach ab oder versucht es über diese nationale Ausschreibung zur Festnahme. Ich verstehe richtig, dass er da wenn dann nur zufällig von Schweizer Beamten aufgegriffen wird, wie zum Beispiel bei Straßenkontrollen, oder suchen die da auch richtig nach ihm? Und wenn dann die Verjährung eingetreten ist, 3 Jahre nach dem Ordnungsmittelbeschluss, ziehe ich diese Ausschreibung zur Fahndung zurück, ja?!
    Und wenn er in der Zeit aufgegriffen wird, wird er dann ausgeliefert nach Deutschland? Spätestens da hat man doch das Problem mit Rechtshilfe und entstehenden Kosten und so, oder?

    Dann muss ich mich wohl mal an eine Staatsanwaltschaft wenden, wie diese nationale Ausschreibung zur Fahndung praktisch läuft.

  • Wenn ich AndreasH richtig verstanden habe, ist mit nationaler Ausschreibung zur Festnahme die Ausschreibung nur im Inland, also in Deutschland, gemeint. Aktiv gesucht wird nach demjenigen dann aber nicht, man ist auf einen "Zufallstreffer" angewiesen.

    Wichtige Entscheidungen fällt man mit Schnick Schnack Schnuck

  • Danke Bela,

    Du hast meine offenbar etwas unklaren Äußerungen richtig übersetzt. Die nationale Ausschreibung geschieht innerhalb der inländischen Grenzen, der Fahndungserfolg beruht meist auf dem Zufallsprinzip und hängt davon ab, ob der- oder diejenige aus anderem Anlass gerade kontrolliert wird. Im strafrechtlichen Verfahren kann man dem Zufallsprinzip etwas nachhelfen, indem man z.B. die Polizei bittet, doch ab und zu mal vor der fraglichen Wohnung Streife zu fahren oder ähnliche Aktivitäten zu entfalten.

    Und zur Ergänzung für Bell:
    Während m.E. die nationale Ausschreibung für Ordnungshaft möglich sein müsste, habe ich Zweifel, ob eine Auslieferung für Ordnungshaft tatsächlich in Betracht käme. Denn dabei handelt es sich eben um Ungehorsamshaft, und da mischen sich andere Staaten manchmal nicht gerne ein.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Wird man künftig anders betrachten müssen, die Vollstreckungsmöglichkeiten:
    Derzeit ist in der Abstimmung bei den Verbänden ( wohl nicht im Verhältnis zur Schweiz :(

    Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/99/EU überdie Europäische Schutzanordnung, zur Durchführung der Verordnung
    (EU) Nr. 606/2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen
    in Zivilsachen und zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren
    in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen
    Gerichtsbarkeit


  • Ach so, national, klar.
    Aber dann wird das ja auch nicht so viel Sinn machen, wenn der in der Schweiz gemeldet ist, bzw. wären die Erfolgaussichten wohl auch gleich null.

    Dann versuche ich es doch gleich nochmal mit meinem Richter zu besprechen, damit er doch absieht.

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