Nachlasspfleger und § 1812 BGB (Auszahlung Lebensversicherung an Nachlasspfleger)

  • Hatte den Fall schon mit einer Frage aus dem Bereich Hinterlegung verlinkt, stelle ihn aber jetzt nochmals im Forum Nachlass ein, da er m.E. hierher gehört:

    Fall:
    Nachlasspflegschaft ist angeordnet.

    Zum Nachlass gehört eine Lebensversicherung (Bezugsrecht: Erben). Höhe der Versicherungsleistung: ca. € 50.000,00.

    Die Lebensversicherung schreibt an den Nachlasspfleger:

    "Bitte senden Sie uns zur Auszahlung:
    Die Zustimmung des zuständigen Gerichts, da die Freigrenze von 3.000,00 EUR überschritten ist."

    Der -artige- Nachlasspfleger beantragt die nachlassgerichtliche Genehmigung.

    Hatte vor vielen Jahren schon mal einen gleichen Fall. Damals hat meine Prüfung ergeben, dass die Genehmigung erforderlich sei (ich glaube auch im Palandt/MüKo/Staudinger stand das damals so geschrieben).

    Nunmehr ist mir die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 27.06.2007 -7 U 248/06- in die Finger gekommen. Dort wird ausgeführt: "Diese Funktion und der Umstand, dass es sich hier nicht um die Verwaltung des Vermögens handelt, sondern um die Herbeischaffung des Vermögens, die dem Nachlasspfleger erst dessen Verwaltung ermöglicht, verbietet eine entsprechende Anwendung des § 1812 BGB auf das Herausgabeverlangen".

    Im entschiedenen Fall wurde das ohne Genehmigung herausverlangte Vermögen sogar unterschlagen.

    Frage:
    Ist in meinem Fall die Genehmigung des Nachlassgerichts nach § 1812 BGB erforderlich?

    Ich denke nein.

    Ist eine Genehmigung aber nicht erforderlich, kann ich eine solche Genehmigung (wegen des Rechtsscheins) auch nicht erteilen. Ich müsste den Antrag des Nachlasspflegers zurückweisen und würde das auch tun.

  • Ich sehe darin auch keine Genehmigungspflicht (hier der Link zu der Diskussion im HL-Bereich: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…Nachlasspfleger), weil die Anforderung des Nachlasses von einem Dritten, der Nachlassgegenstände in Händen hat, keine Verfügung über den Nachlass darstellt. Spätestens mit einem solchen ablehnenden Beschluss müßte dann der Nachlasspfleger die Versicherung definitiv in Verzug setzen und notfalls auf Herausgabe klagen.

    Die Frage ist aber eher, warum der Nachlasspfleger die Versicherungsleistung von der Versicherung bekommt. Gab es tatsächlich kein Bezugsrecht? Fällt die Versicherungsleistung tatsächlich in den Nachlass?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    Einmal editiert, zuletzt von TL (2. Juli 2014 um 10:55) aus folgendem Grund: Link eingefügt

  • Wenn die Erben bezugsberechtigt sind, fällt die Versicherungsleistung - und der Anspruch hierauf - nicht in den Nachlass, so dass dem Nachlasspfleger insoweit auch keine Befugnisse zukommen, weil er nur für den Nachlass, nicht aber für die Erben für außerhalb des Nachlasses befindliche Vermögensgegenstände handeln kann. Hier handelt es sich also nicht um unbekannte Erben i. S. des § 1960 BGB, sondern um unbekannte Beteiligte i. S. des § 1913 BGB.

    Aus den genannten Gründen scheint mir dem Sachverhalt die Fehleinschätzung zugrunde zu liegen, dass die Versicherungsleistung zum Nachlass gehört, weil "die Erben" bezugsberechtigt sind.

    Zu diesem Problemkreis hat es beim 7. Nachlasspflegschaftstag in Leipzig am 21.03.2014 einen sehr interessanten Vortrag von Bredemeyer gegeben, in welchem alle denkbaren Facetten und Fallgestaltungen erläutert wurden.

  • Danke Cromwell. Eben darum meine Nachfrage, weil die Versicherungsleistung nur dann den vom Nachlasspfleger vertretenen Erben zufällt, wenn (überhaupt) kein Bezugsrecht besteht und das wiederum ist sehr selten, denn die Versicherungsverträge sehen in der Regel formularmäßig zumindest vor, dass den Erben ein Bezugsrecht zustehen soll.

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  • Das gesamte Vortragsskriptum zum NLPT kann übrigens bei mir angefordert werden. Der Vortrag von Dr. Bredemeyer ist vor kurzer Zeit glaube ich auch in der ZEV erschienen. Ich schau mal nach und berichte, wo er steht.

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  • Danke, wusst ich doch, dass ich es in der letzten ZEV gesehen hatte...:daumenrau

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  • Huhu,

    ich hab folgende Konstellation:

    Lebensversicherung war an Bank abgetreten. Die Versicherung hat an die Bank ausgezahlt und diese verlangt nun die Genehmigung des Gerichts nach § 1813 Abs. 2 BGB zur Auszahlung der Versicherungssumme an den Nachlasspfleger.

    Ich sehe hier keinen Genehmigungstatbestand. Es geht um 250.000,00 €.

    Liebe Grüße

  • Es ist strittig, ob bei solchen und ähnlichen Sachverhalten in Nachlasspflegschaften eine Genehmigung nach §§ 1812, 1813 BGB erforderlich ist. Die Tendenz geht wohl dahin, eine Genehmigungsfreiheit für Nachlasspfleger (wg. § 1915 BGB Stichwort „entsprechend“ ist nicht „1 zu 1“) anzunehmen.

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