Hinterlegung, da Nachweis Erbenstellung nicht erbracht

  • Hallo zusammen!

    Es wurde in o.g. Sache Geld der Bank hinterlegt, da es lediglich privatschriftliche Testamente gab, die nicht eindeutig waren. Als Beteiligte wurden die Kinder des Erblassers und die Lebensgefährtin angegeben, da diese mehr oder minder in den Testamenten genannte wurden. Diese hatten eine Vereinbarung über die Auseinandersetzung geschlosse, in dem die Lebensgefährtin als Alleinerbin und die Kinder als Vermächtnisnehmer betitelt waren. Abschließen stimmen alle der Auszahlung an die Beteiligten gem. der Vereinbarung zu (Hinweis: Summe in Vereinbarung stimmt nicht mit Summe Hinterlegung überein und wurde offensichtlich erstellt, als noch die Bank das Geld verwaltet hat). Mittlerweile - nach zähen Verhandlungen darüber, dass zum Nachweis der Empfangsberechtigung ein Erbschein vorzulegen ist, auch wenn die Sache doch sooooo eindeutig ist, wurde ein solcher auch beantragt und vorgelegt von der Lebensgefährtin, die in diesem als Alleinerbin ausgewiesen ist. Diese Lebensgeährtin beantragt nun die Auszahlung des gesamten Betrages an sich. Anhörung der weiteren Beteiligten erfolgt mit Hinweis, dass Auszahlung an diese wohl veranlasst werden müsste, schuldrechtliche Ansprüche davon aber unberührt bleiben dürften. Nun haben alle Mitbeteiligten unter Hinweis auf die Vereinbarung widersprochen, auch unter Hinweis darauf, dass im Erbscheinsverfahren wegen dieser Vereinbarung kein Widersprüche erhoben wurden in Bezug auf die Auslegung der Testamente darauf, dass die Lebensgefährtin Alleinerbin ist.

    Nun die Frage: Auszahlen an die Lebensgefährtin in voller Höhe, wegen des Erbscheins oder kann ich mich als Hinterlegungsstelle auf den Standpunkt stellen, dass das hier materiellrechtlicht außerhalb des Hinterlegungsverfahrens zu klären wäre und Auszahlung verweigern. Ich tendiere zu ersterem, weil die Ansprüche der - wie sie sich selbst in der Vereinbarung bezeichnen - Vermächtnisnehmer gegen die Erbin geltend zu machen wären und das eine Auszahlung nicht hindern dürfte, aber da diese Vereinbarung schon vor Erbscheinserteilung geschlossen wurde und in dieser alle Beteiligten entsprechenden Auszahlungen zustimmen, bin ich mit nicht sicher...Danke im Voraus für Eure Meinungen.

  • Hallo Lancaster,

    das Hinterlegungsverfahren ist formalisiert, eben damit du dir über materielle Ansprüche keine Gedanken machen musst:


    Zitat

    Als Beteiligte wurden die Kinder des Erblassers und die Lebensgefährtin angegeben

    Damit ist ein übereinstimmender Herausgabeantrag aller im Antrag angegebenen Empfangsberechtigten erforderlich (für Niedersachsen):

    § 5 Abs. 1 Nr. 2 NHintG

    Zitat

    Am Hinterlegungsverfahren ist beteiligt, wer1. die Annahme zur Hinterlegung beantragt,
    2. von der hinterlegenden Person oder Stelle schriftlich im Annahmeantrag oder später als Empfängerin oder Empfänger der Hinterlegungsmasse bezeichnet wird

    § 16 Abs. 1 Satz 2

    Zitat

    Die Herausgabe wird auf Antrag der Person, die ihre Berechtigung zum Empfang der Hinterlegungsmasse nachweist...

    § 16 Abs. 2

    Zitat

    Der Nachweis der Berechtigung zum Empfang der Hinterlegungsmasse gilt insbesondere als geführt, wenn1. die Beteiligten die Herausgabe an die Empfängerin oder den Empfänger bewilligt haben,
    2. die Berechtigung der Antragstellerin oder des Antragstellers zum Empfang der Hinterlegungsmasse gegenüber den Beteiligten oder dem Land rechtskräftig festgestellt ist.

    Nun ist ein Erbschein kein rechtskräftiges Urteil. Materiell rechtlich gesehen, macht es m.E. übrigens auch kein Unterschied, ob der (teilweise) Auszahlungsanspruch ein Erb- oder Vermächtnisanspruch ist.

    Allerdings eröffnet § 19 die Möglichkeit der Frist zur Klageerhebung:

    Zitat

    Ist ein Antrag auf Herausgabe der Hinterlegungsmasse gestellt worden, so kann die Hinterlegungsstelle den Beteiligten, die die Herausgabe nicht bewilligt haben, eine Frist von mindestens einem Monat setzen, binnen derer die Beteiligten ihr die Erhebung einer Klage zur Verfolgung ihrer Ansprüche nachzuweisen haben. 2 Die Hinterlegungsstelle soll von dieser Möglichkeit nur Gebrauch machen, wenn es unbillig wäre, von der Antragstellerin oder dem Antragsteller weitere Nachweise über die Empfangsberechtigung zu verlangen.

    Ich gehe mal davon aus, dass in deinem Bundesland ähnliche Vorschriften gelten, da diese nicht viel anders sind als die aus dem ehemaligen einheitlichen HintG.

  • In S.-H. heißt es in § 22 HintG, dass die Herausgabe auf Antrag ergeht, wenn die Berechtigung der Empfänger/in nachgewisen ist (laut Kommentar z.B. durch Erbschein) und in Abs. 3 der Norm "Der Nachweis ist namentlich als geführt anzusehen, wenn die anderen Beteiligten Herausgabe bewilligen etc.. Ich hatte das dann so verstanden, dass bei Vorlage des Erbscheins - wenn diese Vereinbarung jetzt nicht existiert hätte - an die Alleinerbin auch ohne Zustimmung der weiteren Beteiligten hätte ausgezahlt werden können, da die weiteren Beteiligten dadurch als Beteiligte des Hinterlegungsverfahrens auch ausgeschieden wären...??? Ich mache Hinterlegung noch nicht lange, deswegen bin ich da immer sehr am Überlegen...:gruebel:
    Es wäre aber für mich als Hinterlegungsstelle vorliegend jedoch auf jeden Fall möglich, wegen dieser getroffenen Vereinbarung zu sagen, dass die Berechtigung hier nicht eindeutig geklärt ist und die Hinterlegungsstelle sich bei vorhandenen Zweifeln darauf berufen kann, nicht auszuzahlen, sondern auf die Klärung der Parteien untereinander ggf. durch Klageerhebung zu verweisen, oder?

  • Genau das habe ich damit gemeint. Wie gesagt: das Hinterlegungsverfahren ist formalisiert. Sobald jemand im Antrag als möglicher Empfangsberechtigter angegeben wird, wird er Beteiligter und in der Folge muss dieser die Herausgabe mit bewilligen. Klingt stumpf, ist auch so. In unserer AVHintG steht, dass der Antragsteller hierüber zu belehren ist.

  • Schon ein sehr merkwürdiger Fall!

    Im Normalfall hätte doch wohl für die noch unbekannten Erben hinterlegt werden sollen, so dass man dann mit dem Erbschein als Erbnachweis hätte auszahlen können.

    Hier ist aber nun mal für die Lebensgefährtin und die Kinder hinterlegt worden, so dass der Erbnachweis nichts hilft.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Naja, unter 3 a) wurde als Rechtfertigung für die Hinterlegung halt aufgeführt, dass kein genügender Erbnachweis - da nur Vorlage der nicht eidneutigen Testamente nebst EÖ-Prot. - vorgelegt wurde und unter 4. daher als in Betracht kommende empfangsberechtigte Personen eben die Lebensgefährtin mit den Kindern. Ich nehme mal an, dass der Bank auch die Vereinbarung vorgelegt wurde und diese für nicht ausreichend erachtet hat. Ich denke, da es um 49.000,- € geht, werde ich die Beteiligten darauf hinweisen, dass es der Hitnerlegungsstelle aufgrund der Vereinbarung nicht möglich ist, an die Alleinerbin auszuzahlen, da die Hinterlegungsstelle Zweifel an der alleinige Empfangsberechtigung der Alleinerbin hat. Diese hat sinnigerweise auch trotz Aufforderung noch nicht Stellung genommen.....

  • Ist das aber dann nicht inkonsequent?

    Entweder man ist der Ansicht, dass für die unbekannten (oder noch nicht legitimierten) Erben hinterlegt wurde, was m.E. zur Folge hat, dass man die durch Erbschein ausgewiesene Alleinerbin auszahlen muss.

    Oder man ist eben der Ansicht, dass der Erbfall zwar den Hintergrund der HL bildet, hier aber nicht für die Erben sondern für die namentlich Genannten hinterlegt wurde, so dass auch alle für die Auszahlung mitwirken müssen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich stimme Ulf zu und tendiere zur ersten Variante.

    Hinterlegt wurde für die unbekannten Erben. Diese wurden der Person nach nur näher eingegrenzt.

    Die Bank wollte ja auch an den Erben auszahlen, nicht an etwaige Vermächtnisnehmer.

  • Jaaa, das ist hier mein Problem....ich kann mich da im Moment noch nicht entscheiden, zumal alle Kinder der Auszahlung widersprochen haben, auch mit dem Hinweis, dass man aufgrund der Vereinbarung im Erbscheinsverfahren keinen Widerspruch gegen die Alleinerbenstellung der Lebensgefährtin erhoben hat....wie gesagt, ist die Vereinbarung auch schon vor der Erbscheinserteilung geschlossen worden und die Beteiligten haben sich da auch schon entsprechend betitelt (Alleinerbin/Vermächtnisnehmer), sodass sich die Alleinerbin schriftlich zur Auszahlung verpflichtet haben dürfte. Die Frage ist halt, ob das für das Hinterlegungsverfahren relevant ist... Ich hatte mich erst auf den Standpunkt gestellt, dass die Ansprüche der Kinder gegen die Alleinerbin rein schuldrechtliche sind, die im Zivilrechtswege gegen die Alleinerbin geltend zu machen sind, aber da im letzten Abschnitt steht "Die Beteiligten erklären einvernehmlich, dass das Kontovermögen anteilig an die Berechtigten ausgekehrt werden soll" bin ich mir nicht so sicher, dass ich das als Hinterlegungsstelle außer acht lassen kann. Das Kontovermögen wurde hier großteils - wohl nach Abzug einiger Kosten - hinterlegt.

  • Wäre ich der/die Erben, würde ich mich um die Hinterlegung nicht mehr scheren.

    Die Bank hätte dann nämlich ein echtes Problem, denn diese hat wohl falsch hinterlegt. Es hätte nur eine Hinterlegung für die (unbekannten) Erben des Erblassers (und dabei auch keine namentliche Erwähnung dieser Personen) erfolgen dürfen.

    So jedenfalls sieht es für mich danach aus, dass von allen Hinterlegungsberechtigten (egal ob Erbe oder nicht und vor allem auch dann, wenn diese allesamt keine Erben sind) eine übereinstimmende Zustimmung notwendig ist, um die Herausgabe zu vollziehen.

    Die Erben dürften sich daher wohl drauf berufen können, dass die Bank nicht befreiend geleistet hat und können m.E. die Bank ganz einfach auf Zahlung des Geldes an die Erben auffordern bzw. verklagen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!