Rechtspflegerrecht

  • Es gibt nicht viele Urteilsanmerkungen, die man gelesen haben muss!

    Im Rpfleger 2014, 479 ff befindet sich allerdings eine Anmerkung von BESTELMEYER, die meiner Ansicht nach jede(r) Rechtspfleger(in) gelesen habe sollte.

    (Ich könnte wiehern vor Vergnügen, wenn es nicht so traurig wäre.)

  • Interessant. Leider habe ich hier nur Zugriff auf die von ihm thematisierte Entscheidung sowie die Kurzrezension in juris.

    Gretchenfrage: Inwieweit unterliegt eine solche Beschlussfassung durch das OLG eigentlich Artikel 97 Grundgesetz, wenn diese z. B. die sachliche Unabhängigkeit anderer Justizorgane in Frage stellte?

  • Vielleicht ist jemand so nett und stellt den Text (gescannt oder so) hier ein.


    Das sollte aus urheberrechtlichen Gründen bitte auf jeden Fall unterlassen werden!

    Ulf, Admin

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Die Anmerkung von Kanzleiter steht mir noch nicht zur Verfügung. Da er bekanntlich zu den "Abschichtungsgegnern" zählt, dürfte seine Anmerkung aber (jedenfalls auch) in diese Richtung gehen, während ich mich in meiner Entscheidungsanmerkung vorwiegend mit der unzulässigen Rüge des Senats im Hinblick auf eine angebliche Bindung der Grundbuchpraxis an die höchstrichterliche Rechtsprechung und mit einer Reihe von nicht nachvollziehbaren Entscheidungen des BGH befasst sowie die Frage aufgeworfen habe, ob es der BGH angesichts solcher zweifelhafter Rechtsprechung nicht selbst zu verantworten hat, dass ihm die Grundbuchpraxis mitunter nicht folgt.

    Ich bin immer wieder erstaunt, dass der Rpfleger bei manchen Gerichten offenbar weder über eine Datenbank noch in Papierform verfügbar ist (natürlich ist das kein akzeptabler Zustand). Aber auch dann müsste doch wohl hoffentlich zumindest ein einziger der bei Gericht tätigen Rechtspfleger die Zeitschrift beziehen, so dass man sie sich jedenfalls auf diesem Wege besorgen kann. Ansonsten lässt man sich das Gewünschte von der Bibliothek des LG oder des OLG faxen.

  • Liegt mir dank eines "guten Geistes" jetzt auch vor.

    Im Hinblick auf Leitsatz 2 der Entscheidung des OLG Hamm, wonach sich die Grundbuchpraxis an die höchstrichterliche Rechtsprechung zuhalten habe, gehen beide Entscheidungsanmerkungen in die gleiche Richtung. Kanzleiter spart insbesondere nicht an einem kräftigen Seitenhieb, wenn er darauf verweist, dass die Richter des OLG Hamm unter anderen Bedingungen arbeiten (müssen) als die ehemaligen Richter des seinerzeitigen BayObLG und dass deshalb so viel des Guten wie bei den Entscheidungen des BayObLG ja gar nicht zu verlangen wäre.

    In meiner eigenen Anmerkung weise ich - ebenso wie Kanzleiter - darauf hin, dass der Senat mit seiner "Rüge" die sachliche Unabhängigkeit von Rechtspflegern (und auch von Richtern) in Frage stellt und im Ergebnis jede wissenschaftliche Diskussion für überflüssig erklärt. Sodann folgen die bereits angedeutete Würdigung einiger grundlegender Fehlentwicklungen in der Rechtsprechung des BGH sowie Ausführungen zu der anderernorts bereits diskutierten krassen Fehlentscheidung des OLG Bamberg, wonach ein Nießbrauch (angeblich) nur eingetragen werden kann, wenn dem Grundbuchamt die dingliche Einigung zwischen Eigentümer und Berechtigtem förmlich nachgewiesen wird. Sodann werfe ich die Frage auf, ob die Rechtspfleger im OLG-Bezirk Bamberg nunmehr gezwungen sind, all ihre grundbuchrechtlichen Kenntnisse über Bord zu werfen und - in Bezug auf das OLG Hamm - was denn wäre, wenn der BGH diese unsinnige Entscheidung getroffen hätte. Müsste man dann auch hier - wie das OLG Hamm meint - seine eigene "abweichende persönliche Auffassung als einzelner Entscheidungsträger" zurückstellen?

  • Mir stehen andere Recherchemöglichkeiten zur Verfügung, das ist also nicht weiter dramatisch.

    Der rechtswissenschaftliche Diskurs in Fachzeitschriften ist das eine. Um Handlungsperspektiven zu eröffnen, wäre es vielleicht sinnvoll, zunächst einmal Meinungen von Berufsverbänden einzuholen.

  • Die Handlungsperspektive besteht schlicht und einfach darin, dass die Rechtspfleger solchen Entscheidungen nicht folgen und ggf. begründen, weshalb sie sie für falsch halten.

    Muss denn wirklich bei jedem Fünkchen Eigeninitiative irgendeine Berufsvertretung das Händchen halten?

    Richtig ist aber natürlich, dass es wegen der über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung der Angelegenheit durchaus Sache des BDR wäre, sich gegen die betreffenden Disziplinierungsversuch des OLG Hamm zu wenden. Zwei diesbezügliche Fundstellen gibt es - nach kürzester Zeit - ja bereits.

  • Wie will man sich als BDR gegen solche Disziplinierungsversuhce wenden?
    Wenn ein OLG sowas in Beschluß reinschreibt kann man dagegen gar nix machen, auch Richter sind unabhängiug.
    Man muß sich ja nicht dran halten (§9 RPFLG) ...
    henry

  • Aus diesem Grund würde ich gerne erneut auf meine einleitende Frage zurückkommen, auf die bislang leider nicht wirklich eingeangen wurde.

    Inwieweit unterliegt eine solche Beschlussfassung durch das OLG eigentlich Artikel 97 Grundgesetz, wenn diese z. B. die sachliche Unabhängigkeit anderer Justizorgane in Frage stellte?


    Inwieweit läge ein unzulässiger Zirkelschluss vor, wenn eine möglicherweise Artikel 97 GG bzw. § 9 RPflG widersprechende Entscheidung mit diesen Vorschriften gerechtfertigt würde?

  • Glaubt ihr wirklich die Richter wollen mit dieser Formulierung §9 RPFLG aushebeln :confused:
    Das ist allgemeines Blabla ("so muss die Rechtsprechung darauf bedacht sein, die höchstrichterliche Entscheidung in der alltäglichen Praxis der Grundbuchämter umzusetzen") das sich das OLG zwar hätte sparen können (auch wenn es in der Sache richtig ist das man auf Vereinhietlichung Rechtsprechung hinarbeitzet wie ich ja wo anders schonmal geschrieben habe) aber das auch keine wirkung entfaltet.
    Warum wird um sowas jetzt so ein Terz gemacht?
    henry

  • Seit wann sind Leitsätze bitte bindend?
    Bindend ist nur Tenor und wenn zur Auslegung des Tenors erforderlich auch Gründe.
    -> unbeachtliches Blabla
    henry

  • Weil eine solche Entscheidung den Wesenskern gerichtlicher Arbeit zumindest in Frage stellen könnte.

    Abgesehen von Deiner etwas schlichten Blabla-Einschätzung könnte man in zwei andere Richtungen weiter denken.
    Man könnte einerseits die Verfassungswidrigkeit einer solchen Rechtsprechung prüfen und sich andererseits warme Gedanken über Konsequenzen machen, die es haben könnte, wenn das OLG mit seinem Disziplinierungsversuch im Recht wäre. Da könnte man bei vorsätzlichem Ignorieren obergerichtlicher Rechtsprechung sogar bis in Richtung Rechtsbeugung überlegen.

    Wer eine tatsächliche Änderung anstrebt und nicht lediglich einen wissenschaftlichen Diskurs, der muss sich überlegen, wie das politisch erreichbar sein könnte.

  • >Man könnte einerseits die Verfassungswidrigkeit einer solchen Rechtsprechung prüfen
    Sorry aber die Rechtsprechung ist nicht verfassungswidrig weil sie nicht bindet.
    Oder steht irgendwo im Tenor dass sich der Rechtspfleger zukünftig an die BGH Rechtsprechung halten mu??:confused:
    Selbst aus der Begründung geht keine Anweisung hervor sondern nur eine allgmeine Belehrung ("so muss die Rechtsprechung darauf bedacht sein, die höchstrichterliche Entscheidung in der alltäglichen Praxis der Grundbuchämter umzusetzen").
    Und selbst wenn: Wer soll bitte dagegen Verfassungsbeschwerde einlegen können? Der Rechtspfleger selber?
    Ich bitte euch.

    >und sich andererseits warme Gedanken über Konsequenzen machen, die es haben könnte, wenn das OLG mit seinem Disziplinierungsversuch im Recht wäre. Da könnte man bei vorsätzlichem Ignorieren obergerichtlicher Rechtsprechung sogar bis in Richtung Rechtsbeugung überlegen.
    Meinst du das ernst?
    Wegen diesen Sätzen in der Begründung soll Rechtsbeugung in betracht kommen wenn du dich nicht an obergerichtl. Rechtsprechung hälts?
    1. Eine Entscheidung bindet nur bei Zurückverweisung oder Anweisung für dieses Verfahren
    2. Du bist an obergerichliche Rechtsprechung ansonsten nicht gebunden (§9 RPFLG) und noch weniger kommt deswegen Rechtsbeugung in Betracht. :cool:
    Achso: Mich würden mal eure Argumente intressieren warum diese Sätze in Beschluß binden sollen. Ich habe meine Argumente ja schon geschrieben

    >Wer eine tatsächliche Änderung anstrebt und nicht lediglich einen wissenschaftlichen Diskurs, der muss sich überlegen, wie das politisch erreichbar sein könnte.
    Was soll den politisch geändert werden:
    1. Die Politik hebt den Beschluß des OLG auf? :confused:
    2. Es wird ein neues Gesetz gemacht: Richter dürfen so etwas nicht schreiben/dürfen Rechtspfleger nicht anweisen?:confused:
    3. Die Richter des OLG müssen eine auf den Deckel bekommen weil sie sowas geschrieben haben (Diszi)
    4. Das Ministerium gibt eine Erklärung ab das der Beschluß flasch ist?
    Oder was stellst du dir konkrte vor unter "politisch erreichbar"

    henry

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