Die Rolle des Rechtspflegers auf längere Sicht?

  • Aber nur, wenn anstelle des Rechtspflegers entweder eine niedrigere Laufbahn ...

    Ja, und das hielte ich nicht für ausgeschlossen.

    Also nicht mehr nur ein Zusammenschnurren auf Kernkompetenzen? Erzähl doch mal von deinen Vorstellungen.

    Das mögliche "Zusammenschnurren auf Kernkompetenzen" ist doch die Voraussetzung für die Einsparung des Rechtspflegers und Übertragung der Grundbucheintragungen auf einen sonstigen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Was soll ich darüber hinaus denn noch für Vorstellungen haben?

    Wenn sich die Justiz auf ihre Kernkompetenzen reduzierte, wäre z.B. die Grundstücksregistratur sicher nicht mehr dabei. Also müsste man sie anderswo unterbringen und neu bewerten. Und dass man dabei zu einer wesentlich niedrigeren Bewertung käme, halte ich eben nicht für ausgeschlossen. War das jetzt nachvollziehbar erklärt?

  • Nein, das ist absolut nicht nachvollziehbar. Grade das Grundbuchrecht ist so mannigfaltig, hat so viel Bezug zu anderen Rechtsgebieten und es gibt dort so viele hochwissenschaftliche Diskussion, z. B. bezüglich Abschichtung oder Umgang mit der GbR. Die einzig denkbare Alternative wäre, ein spezialisiertes Grundbuchstudium einzurichten, und damit quasi "Bereichsrechtspfleger", nur unter einem anderen Namen, einzusetzen. Da A9 schon die absolute Untergrenze dessen ist, was Studierte in Deutschland verdienen, lässt sich hierdurch wohl keine Einsparung erzielen, da bei einem niedrigeren Gehalt keiner für so etwas das nötige, anstrengende Studium durchlaufen würde. Des Weiteren nimmt der das Grundbuch zu bearbeitende hoheitliche Aufgaben wahr, die durch einen Beamten oder Richter auszuführen sind.

    Es ist demnach ausgeschlossen, dass man zu einer niedrigeren Bewertung der Stelle kommt.

  • Also mal als Außenstehender: Ich halte z. B. das Grundbuchsystem in Deutschland mit seinem öffentlichen Glauben für ein hohes Gut, was nicht auf eine reine Registratur von Grundbuchvorgängen herabgesetzt werden sollte. Ansonsten könnte m. E. der öffentliche Glaube an die Richtigkeit des Grundbuchs nicht mehr aufrecht erhalten werden, wenn sich nicht neutrale Fachjuristen mit der inhaltlichen Richtigkeit von Grundbucheinträgen beschäftigen würden. Damit wären wir aber in jedem Fall im gehobenen Dienst und dort wahrscheinlich nicht nur bei A9/A10. Als alternative Behörde fielen mir dann maximal die Katasterämter ein. Ich sehe hier kaum Einsparpotential.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Als alternative Behörde fielen mir dann maximal die Katasterämter ein. Ich sehe hier kaum Einsparpotential.

    :daumenrau

    Das Dingens mit den Katasterämtern seitens eines gewissen Herrn Koch ist ja schon einmal grandios gescheitert ( übrigens isser ebenfalls gescheitert als Vorstand eines Baukonzerns ) .

  • Nein, das ist absolut nicht nachvollziehbar. Grade das Grundbuchrecht ist so mannigfaltig, hat so viel Bezug zu anderen Rechtsgebieten und es gibt dort so viele hochwissenschaftliche Diskussion, z. B. bezüglich Abschichtung oder Umgang mit der GbR. Die einzig denkbare Alternative wäre, ein spezialisiertes Grundbuchstudium einzurichten, und damit quasi "Bereichsrechtspfleger", nur unter einem anderen Namen, einzusetzen. Da A9 schon die absolute Untergrenze dessen ist, was Studierte in Deutschland verdienen, lässt sich hierdurch wohl keine Einsparung erzielen, da bei einem niedrigeren Gehalt keiner für so etwas das nötige, anstrengende Studium durchlaufen würde. Des Weiteren nimmt der das Grundbuch zu bearbeitende hoheitliche Aufgaben wahr, die durch einen Beamten oder Richter auszuführen sind.

    Es ist demnach ausgeschlossen, dass man zu einer niedrigeren Bewertung der Stelle kommt.


    Ja ja, die Preußen. Was haben sie da nur mit ihrem Motto "Quod non est in actis, non est in mundo." (Was nicht in den Akten ist, existiert nicht in der Welt.) angerichtet! Wie funktioniert das eigentlich außerhalb Deutschlands?

  • Kein öffentlicher Glaube = größere Rechtsunsicherheit. Die Griechen scheinen das deutsche Modell für erstrebenswert zu halten:

    http://www.internationales-immobilienrecht.de/category/griechenland

    Ansonsten sind die Kosten für einen Immobilienerwerb m. E. eben deutlich höher, da der Käufer (über Rechtsanwälte) erst umfangreiche Recherchen führen muss, um abzusichern, dass er auch vom Richtigen kauft und keine unbekannten Belastungen bestehen.

    Das Grundbuch in D stellt auch einen Teil des Gläubigerschutzes dar und hilft auch der Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Pflichten (Störerhaftung etc.).

    M. E. ist das streng geregelte, zuverlässige Rechtssystem in Deutschland ein klarer Standortfaktor und somit auch wirtschaftlich relevant.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Nein, das ist absolut nicht nachvollziehbar. Grade das Grundbuchrecht ist so mannigfaltig, hat so viel Bezug zu anderen Rechtsgebieten und es gibt dort so viele hochwissenschaftliche Diskussion, z. B. bezüglich Abschichtung oder Umgang mit der GbR. Die einzig denkbare Alternative wäre, ein spezialisiertes Grundbuchstudium einzurichten, und damit quasi "Bereichsrechtspfleger", nur unter einem anderen Namen, einzusetzen. Da A9 schon die absolute Untergrenze dessen ist, was Studierte in Deutschland verdienen, lässt sich hierdurch wohl keine Einsparung erzielen, da bei einem niedrigeren Gehalt keiner für so etwas das nötige, anstrengende Studium durchlaufen würde. Des Weiteren nimmt der das Grundbuch zu bearbeitende hoheitliche Aufgaben wahr, die durch einen Beamten oder Richter auszuführen sind.

    Es ist demnach ausgeschlossen, dass man zu einer niedrigeren Bewertung der Stelle kommt.


    Ja ja, die Preußen. Was haben sie da nur mit ihrem Motto "Quod non est in actis, non est in mundo." (Was nicht in den Akten ist, existiert nicht in der Welt.) angerichtet! Wie funktioniert das eigentlich außerhalb Deutschlands?

    Außerhalb Deutschlands funktioniert es natürlich nach den dort geltenden Gesetzen :) Solange in Deutschland aber noch unser BGB und unsere GBO geltend, müssen sie auch von den zuständigen Personen angewandt werden. Dies erfordert im Zusammenhang mit anderen deutschen Rechtsordnungen die oben erwähnten Qualifikationen.

    Sollten nicht absehbare Gesetzesänderungen den Zustand verändern, könnte man dies neu diskutieren. Bei der momentanen Rechtslage stimmst du mir doch hoffentlich zu, oder?

  • ...Außerhalb Deutschlands funktioniert es natürlich nach den dort geltenden Gesetzen :) Solange in Deutschland aber noch unser BGB und unsere GBO geltend, müssen sie auch von den zuständigen Personen angewandt werden. Dies erfordert im Zusammenhang mit anderen deutschen Rechtsordnungen die oben erwähnten Qualifikationen.

    Sollten nicht absehbare Gesetzesänderungen den Zustand verändern, könnte man dies neu diskutieren. Bei der momentanen Rechtslage stimmst du mir doch hoffentlich zu, oder?


    Ja, und zwar ohne Einschränkungen!

    In Bezug auf die Ausgangsfrage hatte ich aber folgende These in den Raum gestellt:

    Zitat

    Würde man die Justiz einem "Business Process Reengineering" unterziehen und sich dabei auf die Kernaufgabe der Justiz beschränken, käme niemand auf die Idee, irgendwo einen Rechtspfleger einzuplanen.


    Natürlich würden beim "Business Process Reengineering" auch Gesetze neu zu formulieren sein. Könntest Du mir in diesem Zusammenhang zustimmen?

  • Absurd ist noch geschmeichelt. Die Rechtslage ist doch nach wie vor eindeutig. Das Bestreben zum Sparen ist nichts Neues, aber verlief jedenfalls bezüglich der Tätigkeiten des Rechtspflegers bisher immer ziemlich im Sande.

    Vielleicht sollten sich einige mit der aktuellen Situation anfreunden und erst mit den Hufen scharren, wenn es irgendwann mal eine andere Situation gibt.

    Aber eine Frage muss noch gestattet sein:

    Wie rechtlich hochwertig kann ein Vortrag sein, wenn er mit einem Satz anmerkt, die sachliche Unabhängigkeit der Rechtspfleger dürfte nicht verfassungskonform sein und seit 60 Jahren wird dieser Zustand gehalten? Warum sollte ein anderes Organ außer dem Richter nicht sachlich unabhängig sein dürfen und nur dem Gesetz unterworfen sein? Das geht nicht in meinen Kopf.

  • Ich habe selten eine solche im luftleeren rechtlichen Raum schwebende absurde Diskussion verfolgt.

    Stimmt - vor allem, wenn die Beiträge frei von jeglichem Bezug zur Ausgangsfrage sind. Meine Argumente mögen schwer zu ertragen sein, aber ich bemühe mich wenigstens, welche zu bringen. Nochmal: Ich liebe meinen Beruf und will ihn auf keinen Fall sterben sehen. Ich möchte lediglich auf eventuell drohendes Ungemach hinweisen.

  • Wenn ich dich richtig verstehe, geht dein Ansatz doch dahin, dass man einen schlanken (Rechts)staat schafft, der die Justiz auf die zwingend notwendigen Bereiche eindampft, um im Wesentlichen Personalkosten zu sparen/zu verlagern.

    Ich hoffe sehr, dass unsere Politiker unserem Rechtssystem mehr Achtung entgegen bringen und begreifen, dass eine weitestgehend funktionierende, unabhängige und qualitativ hochwertige Gerichtsbarkeit seinen Preis wert ist und sich auch volkswirtschaftlich rechnet.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Das kommt darauf an, wie Damen und Herren, die darüber entscheiden, die Wichtigkeit des Grundbuchs gewichten. Sollte man zu dem Schluss kommen, dies auf die Notare/Bodenmanagementämter zu übertragen und das komplette Recht zu reformieren, könnte ich dir durchaus zustimmen. Ich glaube aber nicht, dass dies in Zukunft passieren wird. Da werden eher Nachlasssachen, ZV, Betreuung und Register übertragen.

  • ...

    Ich hoffe sehr, dass unsere Politiker unserem Rechtssystem mehr Achtung entgegen bringen und begreifen, dass eine weitestgehend funktionierende, unabhängige und qualitativ hochwertige Gerichtsbarkeit seinen Preis wert ist und sich auch volkswirtschaftlich rechnet.


    Gemäß den Sonntagsreden haben das schon jetzt alle begriffen. Wenn es aber ernsthaft ums Bezahlen geht, z.B. bei der Abwägung, ob man noch ein wenig Geld in das Prestigeprojekt ... (wahlweise: Flughäfen, Rennstrecken, besondere Gebäude wie Philharmonien oder Kunstzentren etc., Förderung bestimmter Wirtschaftszweige ...) steckt oder ob man die staatliche Pflichtaufgabe angemessen finanziert, dann gilt wie immer: Die Kür ist viel schöner als die Pflicht. Vermutlich, weil man meint, mit der Kür mehr punkten zu können, während die langweiligen Pflichtfinanzierungen irgendwie schon laufen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Sagen wir so: Die Pflicht fällt nicht auf, solange sie läuft. Folglich genießt sie auch wenig Aufmerksamkeit, solange sie läuft. Wer auffallen will, kann also mit der Pflichtfinanzierung wenig anfangen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich würde das Thema gern mal aufwärmen, ich hoffe es passt hierher.

    Ich habe folgendes auf der Website des Rechtspflegerverbandes Bayern gefunden:

    Sog. „Buschmann-Paket“ - Wie in unserer Haushaltseingabe beschrieben, befürwortet der Verband zwar eine Gesamtlösung inklusive qualitativ hochwertiger Aufgabenübertragung, jedoch muss auch hier Personal rechtzeitig eingeplant werden. Nach derzeitiger Vorstellung des BMJ soll der Zuständigkeitswechsel bereits in 5 Jahren stattfinden.

    Kann mir jemand sagen was genau da geplant ist und wie realistisch das ganze sein könnte?

    Quelle: kurier_2023_iv.pdf (rechtspfleger-bayern.de)

  • Geplant sind, soweit mir erinnerlich, eine Übertragung der Forderungspfändung auf die Gerichtsvollzieher, eine Übertragung der Verbraucherinso auf den Rechtspfleger und ein Wegfall diverser Öffnungsklauseln im RpflG zugunsten einer bundeseinheitlichen Übertragung von Aufgaben auf den Rechtspfleger.

    Gegen alle Punkte gibt es dem Vernehmen nach Widerstand. Gleichwohl werden wohl derzeit alle Punkte weiterverfolgt. Was daraus wird, ist offen.

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