Kostenfestsetzungsbeschluss nach Jahren noch möglich?

  • Der Kostenfestsetzungsantrag wurde vor 4 Jahren gestellt. Die Akte wurde versehentlich nicht zur Bearbeitung vorgelegt. Jetzt beantragt der Kl.Vertr. die Festsetzung aufgrund des alten Antrags. Der Beklagte meint, dass jetzt eine Festsetzung aufgrund des Antrags (hat ihn erst jetz zur Stellungnahme bekommen) nicht mehr rechtlich vertretbar wäre.
    Wie seht Ihr das? Hier ist die Akte nicht bearbeitet worden, allerdings hat der Kl.Vertr. auch nie nachgefragt.....

  • Da der Anspruch erst nach dreissig Jahren verjährt ist die Festsetzung durchaus möglich. An eine mögliche Verwirkung werden jedoch hohe Ansprüche gestellt (dazu mit weiteren Nachweisen von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., 2011, Rz. b 103).

  • Doof aber kann passieren.
    Aufgrund der Schreiben von beiden Seiten scheint klar zu sein, dass noch nichts bezahlt wurde. Also ziehe jetzt das Festsetzuungsverfahren durch, mache den Beschluss und fertig.
    Warum soll eine Festsetzung jetzt nicht mehr vertretbar sein? Der Beklagte hat doch immer gewusst, dass er zahlen muss. Er hätte es längst auch freiwillig tun können. Die Tatsache, dass der Kläger nie nachgefragt hat, bedeutet nicht, dass er auf das Geld verzichten wollte.
    Und was eine Verwirkung angeht - das wird hier durchaus immer wieder eingewandt, auch in Erinnerungen. Aber ich habe noch keine Akte gesehen, wo damit mal jemand erfolgreich war.

  • Verwirkung war früher ein wichtiger Einwand, um aus der 30-jährigen Normalverjährung rauszukommen. Insoweit wäre das auf die Verjährung der titulierten Ansprüche schon übertragbar. Aber wenn man sich die einschlägige Rechtsprechung dazu mal durchsieht, dann ergibt sich als Faustformel:

    Vor Ablauf der Hälfte der (langen) gesetlichen Verjährungszeit braucht man über Verwirkung nicht einmal zu reden. Nennenswerte Erfolgsaussichten eines Verwirkungseinwandes liegen erst nach Ablauf von ca. 2/3 der gesetzlichen Verjährungszeit vor.

    Und dahin wird man im KF-Verfahren kaum kommen, zumal der BGH bei bereits titulierten Ansprüchen eher kleinlich mit der Verwirkung ist.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ganz so pauschal würde ich das nicht sagen. Ich erinnere mich an Entscheidungen, bei denen die Verwirkung bereits als begründet angesehen wurde für den Zeitraum von 4-7 Jahren. Aber das sind halt Einzelfälle. Im hier vorliegenden Fall würde ich auch zweifelsohne festsetzen. Allerdings muss man mit Mecker wegen des langen Zinszeitraums rechnen.

  • ... Aber das sind halt Einzelfälle. Im hier vorliegenden Fall würde ich auch zweifelsohne festsetzen. ...


    Faustformeln bieten ja immer Raum für Abweichungen im Einzelfall :D
    (und Untergerichte sind bei der Annahme der Verwirkung oft großzügiger als Obergerichte, möglicherweise weil man dann eine Beweisaufnahme zur Begründetheit dahinstehen lassen kann, weil ein etwaiger Anspruch jedenfalls verjährt wäre; ich erinnere mich an einige Verfahren, wo wir bei kurzen Fristen auf Verwirkung gestützte Entscheidungen gekippt haben)


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Verwirkung war früher ein wichtiger Einwand, um aus der 30-jährigen Normalverjährung rauszukommen. Insoweit wäre das auf die Verjährung der titulierten Ansprüche schon übertragbar. Aber wenn man sich die einschlägige Rechtsprechung dazu mal durchsieht, dann ergibt sich als Faustformel:

    Vor Ablauf der Hälfte der (langen) gesetlichen Verjährungszeit braucht man über Verwirkung nicht einmal zu reden. Nennenswerte Erfolgsaussichten eines Verwirkungseinwandes liegen erst nach Ablauf von ca. 2/3 der gesetzlichen Verjährungszeit vor.

    Und dahin wird man im KF-Verfahren kaum kommen, zumal der BGH bei bereits titulierten Ansprüchen eher kleinlich mit der Verwirkung ist.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Hast Du dafür Rechtsprechungen? Ich sehe es auch so, dass eine Festsetzung innerhalb von 30 Jahren möglich ist und für den Einwand der Verjährung sehr hohe Hürden gelten. Und für den Erstattungsberechtigten - die Solvenz des Erstattungspflichtigen vorausgesetzt - gibt es doch kaum eine bessere Verzinsung. Ich habe hin und wieder diese Fälle, in denen der Erstattungspflichtige denn Einwand der Verwirkung vorbringt. Im Kfb gehe ich kurz darauf ein und das wars dann auch - Beschwerden kamen bislang nur einmal - und die wurde vom OLG glatt zurückgewiesen.

  • Ich finde das mit der Verwirkung kompletten Unsinn... ´tschuldigung. Der Beklagte und sein Vertreter wissen, dass da was zu zahlen wäre. Geldschulden sind Bringschulden, wenn ich das mal richtig gelernt hab und dann darf der Zahlungspflichtige auch gern mal nachhaken, was und wie viel und wann er denn zahlen darf.

    Warum der Kläger(vertreter) nicht eher nachgehakt hat, kann ja mal dahingestellt bleiben. Das mag ja an der Kanzleiorganisation gehangen haben. Aber der Anspruch besteht nun mal und die andere Seite wusste das. Drauf zu hoffen, dass mal irgendwann "Verwirkung" eintritt, ist ein seltsames Gebaren.

  • Darüber muss man sich doch gar nicht aufregen. Die Zahlungsmoral ist seit Ewigkeiten bekannt: Da wird gewartet, bis der GV mit dem HB vor der Tür steht, da wird gehofft, dass die Forderung "vergessen" oder übersehen wird, da will man keine "schlafenden Hunde wecken" und... und... und. Und nicht selten haben auch die Gläubiger eine Mitschuld, wenn sie Ansprüche auf die lange Bank schieben oder deren Anwalt keine Kostenanträge stellt, weil dieser von der eigenen Partei zahlungsmäßig auch nicht besser behandelt wird. Ob das Instrument "Verwirkung" das Gelbe vom Ei ist, lasse ich auch mal weit offen, aber jeder sollte sich um seine Angelegenheiten schon recht- und frühzeitig kümmern.

  • Ich finde das mit der Verwirkung kompletten Unsinn... ´tschuldigung. Der Beklagte und sein Vertreter wissen, dass da was zu zahlen wäre. Geldschulden sind Bringschulden, wenn ich das mal richtig gelernt hab und dann darf der Zahlungspflichtige auch gern mal nachhaken, was und wie viel und wann er denn zahlen darf.

    Warum der Kläger(vertreter) nicht eher nachgehakt hat, kann ja mal dahingestellt bleiben. Das mag ja an der Kanzleiorganisation gehangen haben. Aber der Anspruch besteht nun mal und die andere Seite wusste das. Drauf zu hoffen, dass mal irgendwann "Verwirkung" eintritt, ist ein seltsames Gebaren.


    :zustimm:

  • So, mit leider etwas Verzögerung lege ich nun ein paar Fundstellen zur Frage der Verwirkung nach:

    Verwirkung bei titulierten Ansprüchen eher nicht:
    z.B. BGH, XII ZR 59/12

    Verwirkung bei kurzer Verjährung eher nicht:
    z.B. BGH I ZR 86/12
    BGH VII ZR 177/13

    Verwirkung bei ca. Ablauf von ca. Hälfte der gesetzlichen Verjährungszeit (konkret: Miete, damals 4 Jahre Verjährung):
    z.B. BGH VIII ZR 171/03
    BGH XII ZR 224/03
    Sonstiges:
    BGH VII ZR 282/80 (3 Jahre nicht bei fünfjähriger Verjährung)

    Verwirkung bei langer Verjährung:
    z.B. BGH I ZR 188/11 (14 Jahre ja, aber starkes Umstandsmoment)
    VI ZR 230/91 (22 Jahre möglich, aus anderen Gründen nicht)
    III ZR 150/83 (10 Jahre: nein)
    IX ZR 21/90 (5-8 Jahre: nein, schon wegen Sonderfall Entschädigungsrente nicht)
    IX ZR 22/90 (7-11 Jahre: nein, schon wegen Sonderfall Entschädigungsrente nicht)
    X ZR 199/01 (4 Jahre nein)
    VII ZR 23/02 (5 1/2 Jahre nein)
    V ZR 42/09 (16 1/2 Jahre: denkbar)
    XI ZR 306/10 (13 Jahre: nein, allerdings auch kein Umstandsmoment)


    Ein Sonderfall bildet rückständiger Unterhalt: Hier haben der IVb-Senat und der XII. Senat Verwirkung häufig schon nach Überschreitung einens Jahres gebilligt, weil man Unterhalt entweder benötigt und dann rasch geltend macht, oder tatsächlich nicht benötigt hat, z.B. BGH XII ZR 155/01.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • :dankescho

  • Ich habe noch eine Verjährungsfrage:

    In diesem Fall wird der KFB Antrag nach § 106 ZPO erst 8 Jahre nach Urteil gestellt. Laut Zöller verjähren nicht titulierte Kostenerstattungsansprüche nach 3 Jahren. Muss das jetzt die Gegenseite rügen (die ja wegen ihres 2/3 Anteils auch einen KFB hätte beantragen können) oder muss ich das von Amts wegen beachten? Auf die Aufforderung nach § 106 ZPO hat die Gegenseite nicht reagiert. Ich meine mich aber zu erinnern, dass diese die Verjährung rügen müsste, ich also ohne Reaktion festsetzen werde.

  • Ich habe noch eine Verjährungsfrage:

    In diesem Fall wird der KFB Antrag nach § 106 ZPO erst 8 Jahre nach Urteil gestellt. Laut Zöller verjähren nicht titulierte Kostenerstattungsansprüche nach 3 Jahren.


    Der Kostenerstattungsanspruch ist doch im Urteil tituliert in Form der KGE. Also verjährt der Anspruch auf Kostenfestsetzung erst nach 30 Jahren.

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