Beschluss -Verfügung ?

  • In einer Vertretungsakte habe ich folgendes entdeckt:

    Verfügung

    1. Beschluss

    In dem Verfahren zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des

    (die komplette Schuldnerbezeichnung fehlt, stattdessen steht dort, wohl als Anweisung für die SE gedacht [Eingabe vollständige Schuldnerbezeichnung]) *)

    1. Die Kosten werden dem Schuldner auferlegt.
    2. Der Streitwert wird auf 4711 € festgesetzt.

    Gründe: (Werden im einzelnen aufgeführt) *)


    (Der Beschluss enthält weder Datum noch Unterschrift) *)

    2. Beschlussausfertigung an Antragsteller und Schuldner

    3. Kosten

    4. Weglegen

    Talheim, 30.03.2015

    Unterschrift des Kollegen


    *) Die Angaben in Klammern wurden von mir eingefügt

    Da ich die Auffassung vertrete, dass ich einen Beschluss separat zu fertigen und parallel dazu für die SE durch eine Verfügung zu bestimmen habe, was daraufhin mit dem Beschluss zu geschehen hat, habe ich den Entscheider daraufhin angesprochen und ihm vorgehalten, dass nur eine Verfügung, aber kein Beschluss vorliegt.

    Seine Antwort lautete:

    "Es handelt sich um eine Verfügung, die einen Beschluss umfasst.
    Die Unterschrift unter der Verfügung umfasst alle Punkte der Verfügung, also auch den Beschluss.
    Eine Entscheidung liegt damit vor.
    Das Formular gibt es doch schon ewig und es wird immer verwendet."


    Da ich wie gesagt, anderer Auffassung bin und mir auch die Norm nicht geläufig ist, die den vorletzten Satz untermauern könnte, würde ich gerne mal die Stellungnahme des Forums zur Verfassung von Beschlüssen nebst dazu gehörender Verfügung hören.

    Oder einfach nur hören, was oder wie es richtig ist.

  • Ich halte diese Fassung vor allem aus optischen Gründen für unschön und die genaue Trennung zwischen Beschluss und Verfügung scheint dem Verfasser auch nicht vollständig klar zu sein.

    Aber:
    -) Wie jedes Schriftstück ist auch dieses auslegbar, so dass bei der erforderlichen Auslegung klar wird, der Verfasser wollte unter Ziffer 1 einen Beschluss fassen und im übrigen die erforderlichen Begleitverfügungen durchführen.
    Die Wirksamkeit des Beschlusses wird durch die Anweisung "Eingabe volle Schuldnerbezeichnung" zunächst m.E. nicht berührt, denn irgendwo auf dem Blatt wird sich ja wohl ein Aktenzeichen finden, so dass sich daraus herleiten lässt, wer gemeint ist. Nur wenn jegliche Identifikationsmöglichkeit fehlt, hätte ich hier Bedenken.
    b) Dass Datum und Unterschrift am Ende des Blattes auch den Beschluss abdecken, daran hätte ich keinerlei Zweifel

    Fazit:
    Schlampige Bearbeitungstechnik (wie man sie leider ab und zu antrifft), aber keine inhaltlichen Wirksamkeitsbedenken (mit der o.g. Einschränkung).


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


  • Die Wirksamkeit des Beschlusses wird durch die Anweisung "Eingabe volle Schuldnerbezeichnung" zunächst m.E. nicht berührt, denn irgendwo auf dem Blatt wird sich ja wohl ein Aktenzeichen finden, so dass sich daraus herleiten lässt, wer gemeint ist. Nur wenn jegliche Identifikationsmöglichkeit fehlt, hätte ich hier Bedenken.

    OLG Köln, 03.04.2001, 25 W 2/00

    2. Bei Beschlüssen, die das Verfahren ganz oder teilweise abschließen sollen, oder von deren Rechtskraft weitergehende Wirkungen abhängen, muß sich aus der Urschrift selbst ergeben, zwischen welchen Parteien die Entscheidung ergangen sein soll.
    3. Ist in der Urschrift der Entscheidung als Parteibezeichnung lediglich "In pp" angegeben, darf der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle das Rubrum insoweit nicht selbständig ergänzen, weil die Entscheidung darüber, wer Partei sein soll, der Richter selber treffen muß.

    OLG Karlsruhe, 15.07.1999, 4 W 10/99

    Ein Kostenfestsetzungsbeschluß ist nur dann ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel, wenn die Urschrift des Titels die namentliche Bezeichnung von Gläubiger und Schuldner enthält.Enthält der für die Urschrift verwendete Formularvordruck an der für das Rubrum vorgesehenen Stelle lediglich handschriftlich eingetragene Verweisungen auf Aktenbände und Aktenseiten, so genügt dies nicht den Anforderungen von § 750 Abs 1 S 1 ZPO.

  • naja eine Verfügung is ja kein Beschluss irgendwie ;)

    würde es so machen:

    Vfg:

    1. Beschluss vorbereiten

    a) blabla
    b) blablabla
    c) Ort / Unterschrift etc blabla

    2. Ausfertigung blabla
    3. Kostenetc


    Unterschrift


    ------------------------


    so hätte ich die Verfügung oben auch verstanden, aber ein Beschluss selbst in der Verfügung? soll ein interner Beschluss sein oder wie? kann ja so kaum rausgehen

  • Doch, die Beschlüsse sind immer so rausgegangen.
    Begründung: "Das Formular gibt es doch schon ewig und es wird immer verwendet."

    Ich bin nur drüber gestolpert, weil das Rubrum unvollständig war, wie auch von Bob Loblaw festgestellt, und habe mir dann die Vfg. mal genauer angesehen.


    Ich denke, ich werde zunächst noch einmal Gnade vor Recht ergehen lassen (:teufel:) und das Meisterstück auslegen.
    Begründung ohne Angabe einer Quelle: "Das Formular gibt es doch schon ewig und es wird immer verwendet."

    Vielen Dank @ all
    Enno


  • Die Wirksamkeit des Beschlusses wird durch die Anweisung "Eingabe volle Schuldnerbezeichnung" zunächst m.E. nicht berührt, denn irgendwo auf dem Blatt wird sich ja wohl ein Aktenzeichen finden, so dass sich daraus herleiten lässt, wer gemeint ist. Nur wenn jegliche Identifikationsmöglichkeit fehlt, hätte ich hier Bedenken.

    OLG Köln, 03.04.2001, 25 W 2/00

    2. Bei Beschlüssen, die das Verfahren ganz oder teilweise abschließen sollen, oder von deren Rechtskraft weitergehende Wirkungen abhängen, muß sich aus der Urschrift selbst ergeben, zwischen welchen Parteien die Entscheidung ergangen sein soll.
    3. Ist in der Urschrift der Entscheidung als Parteibezeichnung lediglich "In pp" angegeben, darf der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle das Rubrum insoweit nicht selbständig ergänzen, weil die Entscheidung darüber, wer Partei sein soll, der Richter selber treffen muß.

    OLG Karlsruhe, 15.07.1999, 4 W 10/99

    Ein Kostenfestsetzungsbeschluß ist nur dann ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel, wenn die Urschrift des Titels die namentliche Bezeichnung von Gläubiger und Schuldner enthält.Enthält der für die Urschrift verwendete Formularvordruck an der für das Rubrum vorgesehenen Stelle lediglich handschriftlich eingetragene Verweisungen auf Aktenbände und Aktenseiten, so genügt dies nicht den Anforderungen von § 750 Abs 1 S 1 ZPO.


    War das denn ein verfahrensabschließender Beschluss? Ein KFB ist es jedenfalls sicher nicht, da ja nur eine KGE enthalten ist.

    Und nur zur Illustration wie das bei uns im Regelfall aussieht:


    (volles Rubrum, systemerzeugt, ggf. handoptimiert)
    Beschluss
    Tenor
    (ggf. mit Streitwertfestsetzung)
    Gründe
    I. (= Sachverhalt)
    II. (= Entscheidungsgründe)
    (sämtlich maschinengeschrieben durch den/die Berichterstatter/in)
    Unterschriften
    Verfügung
    1. Ausfertigungen/Abschriften an (Systemvorgabe, ggf. handoptimiert)
    2. sonstige Verfügungen (handoptimiert)
    Unterschrift des/der Vorsitzenden

    Auch im Fall einer Einzelrichterentscheidung finden sich zwei Unterschriften, um Missverständnisse zu vermeiden. Aber das ist eben die Zierform, nicht das unentbehrliche Minimum.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


  • Es handelt sich um einen auf § 4 InsO, § 91 a ZPO beruhenden Beschluss, der im Insolvenzverfahren nach gläubigerseits erfolgter Antragsrücknahme vom Insolvenzrichter getroffen wird.

    Danach fertige ich nur noch die Schlusskostenrechnung, verfüge dass diese zum Soll gestellt wird und lasse die Akte danach weglegen.


    Soweit es die vollständige Angabe der Schuldnerbezeichnung angeht, habe ich ihn schon im Vorfeld auf die notwendige Schuldnerbezeichnung hingewiesen, aber anscheinend hält er nichts von Handarbeit.

    Mich stört Wesentlichen die Vermengung von Verfügung (im Sinne von Arbeitsanweisung) und Beschluss.

    Und als Sahnetüpfelchen macht mich fassungslos, die Begründung des Insolvenzrichters, dass er und sein Kollege es doch schon immer so machen.


  • ...
    Und als Sahnetüpfelchen macht mich fassungslos, die Begründung des Insolvenzrichters, dass er und sein Kollege es doch schon immer so machen.


    Scherz an:
    Meine erste Stunde im Verwaltungsrecht I an der Uni. Dozent tritt auf und erklärt, mit leicht ironischem Tonfall:

    Die drei wesentlichen Grundsätze der Verwaltung lauten:
    1. Das haben wir schon immer so gemacht.
    2. Das haben wir noch nie so gemacht.
    3. Da könnte ja jeder kommen.

    Gelächter im Hörsaal. Der Dozent hört sich das eine Weile an (darauf hatte er es ja angelegt) und sagt dann: Sie lachen, aber es handelt sich um die Grundsätze der Gleichbehandlung und Verwaltungskontinuität im Sinne der Gesetzesbindung des Verwaltungsvollzugs und damit wesentliche Kriterien einer rechtsförmigen Verwaltung.

    Das hat nicht nur mich nachdenklich gemacht.
    Scherz aus.

    Damit möchte ich nichts rechtfertigen und als Begründung ist "das haben wir schon immer so gemacht" natürlich untauglich. Aber eben menschlich. Deswegen ist es auch ganz gut, wenn immer mal wieder neue Leute auf alte Stellen kommen, weil dann das eine oder andere hinterfragt und so die "Gesetzesbindung" alltäglichen Verhaltens wieder hergestellt wird.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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