Gebührenpflichtige Negativauskunft

  • Zitiert wird jetzt aus der Gesetzesbegründung: " In allen Ländern sind vermehrt Anfragen auf Erstellung
    von Negativattesten zu verzeichnen, durch welche be-
    scheinigt werden soll, dass kein aktuelles Insolvenzver-
    fahren gegen eine bestimmte Person anhängig ist.
    Eine vergleichbare Konstellation besteht bei Auskünf-
    ten in Nachlasssachen nach § 13 FamFG. Hierbei sind
    insbesondere solche Auskünfte relevant, die vor allem
    von Banken und sonstigen Dritten in einem Erbfall an-
    gefordert werden. Im Rahmen solcher Auskünfte wer-
    den regelmäßig neben der Frage, ob ein Nachlassvor-
    gang oder eine letztwillige Verfügung vorliegt, auch die
    Anschriften möglicher Erben erfragt."

    Aber der Anfragende will kein Negativattest, dass es kein Nachlassverfahren gibt und dass es keine Erben gibt (???). Er will doch wissen, dass es ein Verfahren gibt und bekommt nur eine abschlägige Antwort.

  • Auch mit dieser Oldenburger Entscheidung überzeugt mich diese Rechtsauffassung nicht.

    JVKostG wird in Justizverwaltungsangelegenheiten angewandt.

    Im Nachlass befinde ich mich in einem Bereich, dem man den JVerw Angelegenheiten noch zuordnen kann nur dann, wenn kein VI oder IV vergeben ist, also keine Nachlasssache anhängig ist. In Hessen gibt es die Sterbefallanzeige, die vom Ortsgericht (ehrenamtliches Gemeindemitglied, dass die Erstangaben nach einem Sterbefall von den Angehörigen erhält) erstellt und dem Nachlassgericht zugesandt wird. Diese wird unter einem StAz Az geführt und ist formell auch noch keine Nachlasssache.

    Wenn also keine Nachlasssache angelegt ist, dann würde ich (bzw. die Serviceeinheit, die in Verwaltungsangelegenheiten Kostenbeamte ist) auch bei einer Anfrage "ob Vorgänge vorliegen" kein Problem sehen, diese 15 EUR zu kassieren. Das war wohl auch in der Oldenburger Entscheidung der Fall.

    Leider liegt es in der Natur des Nachlasssachgebiets, dass anders z.B. als in der Insolvenz/ZVG Sachen dem Anfragenden nicht daran gelegen ist, zu wissen, ob es ein Verfahren gibt. Wenn jemand beim Nachlassgericht anfragt, dann will er zu 99% wissen, wer der Erbe ist/ wer als Erbe in Frage kommt/ an wen er sich mit seiner Forderung wenden muss.

    Wenn eine solche nachlassspezifische Frage gestellt wird, dann bin ich aber nicht mehr in der Justizverwaltungstätigkeit, sondern dann prüfe ich als Nachlassgericht die erbrechtlichen Zusammenhänge z.B. aus der StAz.
    Hinzu kommt noch ein Problem: Wenn eine solche spezifische Anfrage gestellt wird, dann muss ich doch zunächst das berechtigte rechtliche Interesse an einer Aktenauskunft prüfen. Wenn ich das mache, bewege ich mich doch bereits im FamFG und damit außerhalb der Reichweite des JVKostG.

    Solange also diese Auskunftsgebühr nicht in das GNotKG eingefügt wird, oder sonst eine rechtliche Brücke geschlagen wird, oder dieser oben genannte seltene Ausnahmefall passieren wird (gegen den ich sowieso ne Beschwerde kassiere und der Beschwerdeführer ausführt, dass er selbstverständlich meinte, die Erben erfahren zu wollen; macht also im Endeffekt für nix mehr Arbeit), werden ich diese 15 EUR nicht in Rechnung stellen.

  • Leider liegt es in der Natur des Nachlasssachgebiets, dass anders z.B. als in der Insolvenz/ZVG Sachen dem Anfragenden nicht daran gelegen ist, zu wissen, ob es ein Verfahren gibt. Wenn jemand beim Nachlassgericht anfragt, dann will er zu 99% wissen, wer der Erbe ist/ wer als Erbe in Frage kommt/ an wen er sich mit seiner Forderung wenden muss. (...)


    :daumenrau Genau das ist letztlich auch die Argumentation des OLG Koblenz, die das Auskunftsbegehren dem FamFG und damit einem Verfahrensantrag zuordnet. Wenn ich die gegenteiligen Entscheidungen lese, dann kann ich als Antragsteller doch nur zum Schluß kommen, künftig nicht anzufragen, ob ein Nachlaßverfahren vorhanden ist (kostenpflichtig) , sondern nach Darlegung meines berechtigten Interesses (quasi auf blauen Dunst: "GeschZ unbekannt") wer Erbe des Verstorbenen ist (kostenfrei). Daß das Gericht ggf. erst einmal nachforschen muß, ob ein Verfahren mit welchem GeschZ überhaupt anhängig ist, spielt dabei keine Rolle. Denn auch im umgekehrten Fall würde das Gericht nicht anders vorgehen. Das macht das Begehren aber nicht zu einer Justizverwaltungsangelegenheit, sondern weiterhin zu einem Verfahrensantrag.

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  • In Hessen gibt es die Sterbefallanzeige, die vom Ortsgericht (ehrenamtliches Gemeindemitglied, dass die Erstangaben nach einem Sterbefall von den Angehörigen erhält) erstellt und dem Nachlassgericht zugesandt wird. Diese wird unter einem StAz Az geführt und ist formell auch noch keine Nachlasssache.

    Schon die Erstellung der StAz durch das Ortsgericht ist Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die Entgegennahme im AG auch. Wieso sollen die StAz-Akten nicht genauso wie die IV- und VI-Akten Nachlasssachen sein?

    Einmal editiert, zuletzt von carlson (11. Dezember 2017 um 12:21) aus folgendem Grund: typo

  • "Der Präsident oder Direktor des Amtsgerichts kann das Ersuchen allgemein für alle Sterbefälle im Bezirk des Gerichts stellen. "
    (§ 14 Abs. 3 HessOrtGG)

    Dies ist hier der Fall. Und in der Konstellation wäre die Erstellen der Sterbefallanzeige und die Übersendung an das Nachlassgericht eine Verwaltungstätigkeit. So ist zumindest hier die Auffassung.

    Ich seh das anders. Bin aber nur ein kleines Rpfl´chen.

  • Bei uns (ein AG in Bayern) ist jetzt diese Problematik auch angekommen.

    In Bayern habe ich aber den amtlichen Erbenermittlungsgrundsatz, das heißt, dass aus jeder Todesfallanzeige auch ein gerichtliches Verfahren wird, selbst dann, wenn kein VI angelegt wird. Und auch die Mitteilung an den Gläubiger, dass nach Art. 37 AGGVG eingestellt ist ist eine positive Auskunft aus dem Verfahren => keine Gebühr (zumindest in 99,9% der Anfragen).

  • "Lustig" an dieser Entscheidung ist - genau wie alle anderen, die der Meinung sind, es läge ein Justizverwaltungsakt vor -, dass sich anscheinend niemand daran stört, wenn ein sachlich unzuständiges Gericht sich mit der Sache befasst, vgl. meine Ausführungen zu #57.

    Für mich steht jedenfalls aus Sicht des Praktikers fest: Soweit eine Anfrage zu einem (nicht vorhandenen) Vorgang eingeht, wird eine VI-er Akte angelegt, mithin nach § 1960 BGB, als ich die Frage nach dem Bedürfnis zur Sicherung des Nachlasses zu klären habe. Das schafft für den Fragesteller nicht nur Rechtssicherheit, - auch kostentechnisch liegt eben keine Negativauskunft mehr vor - sondern schafft Pensum, wenn doch Folgeverfahren desselben Erblassers ohnehin keine Belastung mehr abbildet.

  • Zwar offtopic, aber dennoch notwendig:

    Wie war es denn vorher? Da haben Kolleginnen und Kollegen bereits VI-er Zeichen unter "erbfolgerelevante Erklärungen" generiert, nur weil sie das Formblatt nach Testamentseröffnung zurückbekommen haben, in der die Erbschaftsannahme durch den Angeschriebenen erklärt wurde (auch wenn er gar nicht gewillkürter Erbe wurde!), eine VI-er "Nachlasspflegschaft", weil der vermeintliche Nachbar ein berechtigtes Interesse dafür vortrug etc. . Das war Nummernschinderei. Nunmehr bilde ich tatsächlich anfallende Arbeit ab, indem ich Gläubigeranfragen aus einer VI-er beantworte und zugleich weitere Sicherungsmaßnahmen des Nachlasses prüfe und das soll jetzt Nummernschinderei sein? Wenn doch ohnehin ggf. spätere Verfahrensarten selbst pensenmäßig nach demselben Erblasser nicht mehr zählt, kann es doch an der Stelle egal sein, wann das Verfahren erstmalig erfasst wurde. Und machen wir uns doch nichts vor, sobald ein Vermieter anfragt, ist doch in vielen Fällen klar, wo die Reise hingeht...

  • Weiter gehts anscheinend mit Hamburg - siehe Rechtsprechungs-Thread - HansOLG, Beschl. v. 1.10.2018, 2 W 98/17 - leider ohne Fundstelle lieber Kai...

    "Die Anfrage der Vermieterin des Erblassers nach Erben stellt weder ein Akteneinsichtsgesuch nach § 13 FamFG noch einen Antrag auf Erteilung von Abschriften (§ 357 FamFG) dar. Vielmehr handelt es sich um eine Auskunftsbegehren nach Nr. 1401 KV JVKostG. Nr. 1401 KV JVKostG ist auch im Rahmen der Tätigkeit der Hamburger Landesjustizverwaltung anwendbar. Für eine entsprechende Auskunft des Nachlassgerichts ist daher die Gebühr von 15,00 € nach § 4 JVKostG i.V.m. Nr. 1401 KV JVKostG zu erheben"

    Ich vermute ebenso wie bei den anderen Entscheidungen, die das Negativattest als Akt der Justizverwaltung ansehen, dass sich keiner an der Unzuständigkeit des zu entscheidenden Gerichts stört, vgl. meine Ausführungen in #57

  • Weiter gehts anscheinend mit Hamburg - siehe Rechtsprechungs-Thread - HansOLG, Beschl. v. 1.10.2018, 2 W 98/17 - leider ohne Fundstelle lieber Kai...

    Mir ist nicht bekannt, dass die (sehr ausführliche) Entscheidung bislang veröffentlicht wurde. Meine zeitliche Prioritätensetzung hat es nicht zugelassen, die Entscheidung für die Veröffentlichung hier zu digitalisieren und zu bearbeiten.

  • Ein – kostenfreies – bloßes Gesuch um Einsicht in Nachlassakten wird nicht dadurch zu einer – kostenpflichtigen – Justizverwaltungsangelegenheit, dass ein Nachlassverfahren nach landesrechtlichen Vorschriften (hier Art. 37 Abs. 1 BayAGGVG) nicht durchgeführt wird, weshalb auch keine Nachlassakten vorhanden sind.

    OLG München, Beschl. v. 10.9.2018 – 11 W 899/18 – (AGS 2018, 504)
    (unter Aufgabe seiner bisherigen Auffassung im Beschl. v. 22.11.2017 – 11 W 1162/17 –)

    Anmerkung:
    Zustimmung zu OLG Koblenz und OLG Köln
    Ablehnung von OLG Hamm und OLG Düsseldorf

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  • Literaturhinweis: "Gebührenpflicht für Negativauskünfte in Nachlasssachen?" von Oliver Sporré (Direktor des AG Bersenbrück, u. a. für Nachlaßsachen zuständig) in: ZEV 2019, 66-68

    Sporré stellt die divergierende Rspr. samt der jeweiligen Argumente dar und kommt zum Ergebnis, daß derzeit keine hinreichende Grundlage für die Erhebung der Negativauskunft besteht. Da der BGH diese Sache nicht entscheiden wird (§ 22 Abs. 1 S: 2 JVKostG i. V. m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG), hält er es für wünschenswert, daß die Streitfrage durch eine klarstellende gesetzliche Regelung entschieden wird. Denn es sei nicht vermittelbar, wieso in Köln eine solche Auskunft kostenpflichtig sein soll, während "auf der anderen Seite des Rheins" eine solche kostenfrei ist.

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  • Es gibt Wichtigeres.

    Man kann nicht bei allen unterschiedlich beurteilten Gerichtskostenfragen das Gesetz ändern (heute sagt man "klarstellen" dazu, weil man so tut, als wenn das Gesetz bereits dasjenige ausgesagt hätte, was nunmehr das Ergebnis der Klarstellung ist).

  • Ich habe ans AG Buxtehude geschrieben, weil ein Anspruch eines Nachlasses (bei dem Mdt. Miterbe ist) gegen den nachverstorbenen Erblasser besteht (hat Geld veruntreut). Ich wollte sinngemäß wissen, wer Erbe ist, ggf. mit Erbscheinskopie und sonst einen Nachlasspfleger nach § 1961 BGB haben. Was habe ich bekommen? Eine Rechnung über 15 € an mich mit der Bemerkung: "Nach Prüfung der Namenskartei konnten keine Nachlassvorgänge festgestellt werden."

    Sehr lustig ...

  • @Papenheimer

    Wie bist du damit umgegangen? Hast du selbst geantwortet mit Verweis auf die Kostenfreiheit der Bundesländer und deren Behörden nach § 2 JVKostG? Oder lief es über die Verwaltung?

  • Papenmeier ist RA, kein Bundesland etc., da hilft der Hinweis auf deren Kostenfreiheit nichts.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

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