Inhalt des Europäischen Nachlasszeugnisses

  • Erblasser (deutscher Staatsangehöriger) verstirbt mit letztem Domizil in Deutschland.

    Er hinterlässt ein privatschriftliches Testament, wonach der überlebende Ehegatte Alleinerbe ist.
    Alleinerbe hat die Erbschaft angenommen.

    Erblasser hinterlässt

    a) eine Eigentumswohnung in Österreich und
    b) ein Konto bei einer Raiba in Österreich.

    Erbe beantragt Europäisches Nachlasszeugnis.

    Nunmehr teilt der Erbe mit, dass

    a) der zuständige Notar in Österreich (wohl der Gerichtskommisär) die zwingende Aufnahme der Immobilie ("so wie sie im Grundbuch eingetragen ist") und

    b) die Bank die Aufnahme des Kontos (mit Berechtigtem, Kontonummer und Kontostand)

    im Europäischen Nachlasszeugnis.

    Muss ich diesen Forderungen des österreichischen Gerichtskommisärs bzw. der österreichischen Bank nachkommen?

    Für mich kommt deutsches Erbrecht zur Anwendung, d.h. weltweite Universalsukzession.
    Was hat da eine österreichische Immobilie bzw. ein österreichisches Konto im Europäischen Nachlasszeugnis zu suchen?

    Nur dass der österreichische Gerichtskommisär die Immobilie und das Bankkonto einantworten kann?

  • Wenn der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD hatte, dann kann der Österreicher m.E. keine Einantwortung mehr machen. Er ist nicht mehr zuständig, denn für den gesamten Nachlass in den der Verordnung unterliegenden Ländern gibt es nur noch ein zuständiges Nachlassgericht - >>> Dich.

    Mit dem von dir erstellten ENZ kann der Erbe das Grundbuch in Ö-Land umschreiben und das Bankkonto auflösen lassen. Es braucht m.E. kein Nachlassverfahren in Ö-Land mehr.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Wenn der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD hatte, dann kann der Österreicher m.E. keine Einantwortung mehr machen. Er ist nicht mehr zuständig, denn für den gesamten Nachlass in den der Verordnung unterliegenden Ländern gibt es nur noch ein zuständiges Nachlassgericht - >>> Dich.

    Mit dem von dir erstellten ENZ kann der Erbe das Grundbuch in Ö-Land umschreiben und das Bankkonto auflösen lassen. Es braucht m.E. kein Nachlassverfahren in Ö-Land mehr.

    Was die Österreicher machen oder nicht machen ist mir ehrlich gesagt mehr als egal. Sollen sich die Erben mit dem Gerichtskommisär bzw. der Bsnk rumstreiten.

    Ich bin nur der Auffassung, weder Grundbesitz noch Bankkonto im Europäischen Nachlasszeugnis angeben zu müssen. Punkt. Egal ob Gerichtskommisär bzw. Bank die Aufnahme wollen. Wenn ich nicht muss, nehme ich die Angaben (die ich im übrigen bisher auch noch gar nicht kenne) auch nicht auf. Basta. Dann muss die Erbin den Gerichtskommisär bzw. die Bank eben verklagen. Hierauf haben der Bank und der Gerichtskommisär die Erbin im übrigen schon hingewiesen.

    Deshalb nochmals meine Frage: muss ich Grundstück bzw. Konto aufnehmen?

  • Nein, mußt Du nicht. Und TL hat erklärt warum.

    Die spannende Frage ist ja derzeit, ob andersherum das gleiche gilt - ob insbesondere ausländische Vindikationslegate in Deutschland unmittelbar dingliche Wirkung haben. Wird wohl in der Rechtssache Kubicka (C-218/16) vom EuGH entschieden werden.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich häng mich hier mal ran:

    Deutscher Erblasser. Aufgrund privatschriftlichem Testament wird Ehegatte Alleinerbe. Grundbesitz gibt es in Österreich.

    Europäisches Nachlasszeugnis wurde beantragt und erteilt. In Anlage IV Ziffer 9 ("Dem Erben zugewiesene(r) Vermögenswert(e), für den/die eine Bescheinigung beantragt wurde) wurden der in Österreich belegene Grundbesitz nicht verzeichnet.

    Nunmehr schreibt der durch die Alleinerbin in Österreich beauftragte Notar:

    "Das Grundbuchsgericht hat diesen Antrag jedoch abgewiesen. Dabei hat das Gericht auf eine neue Entscheidung des Landesgerichts Klagenfurt verwiesen, nach welcher im Nachlasszeugnis genau zu bezeichnen ist, bei welcher Liegenschaft die Grundbuchshandlung durchzuführen ist. Diese Angaben sind im Nachlasszeugnis in Punkt 9. der Anlage IV anzuführen."

    Die Alleinerbin beantragt nun die Ergänzung des Nachlasszeugnisses.

    M.E. kann -und will- ich das Nachlasszeugnis nicht ergänzen, da nach deutschem Recht m.E. eine diesbezügliche "Beschränkung" auf den im Ausland belegenen Grundbesitz nicht vorgesehen ist.

    Liege ich richtig?

  • Hallo zusammen,

    das Thema Inhalt eines ENZ passt irgendwie auch auf mein Problem.

    Ich muss ein ENZ für Polen nach gesetzlicher Erbfolge erteilen. Alle Angehörigen (Ehefrau, weitere Kinder) bis auf einen Sohn haben die Erbschaft ausgeschlagen. Ein Alleinerbschein ist bereits erteilt.
    Muss Eurer Meinung nach die Anlage IV "Angaben zum (ehemaligen) Ehegatten ausgefüllt werden (und entsprechend das Formblatt V, Anlage III beim ENZ), obwohl die Ehefrau ausgeschlagen hat?

    Im Antragsvorblatt steht OBLIGATORISCH, (genau so in Großbuchstaben) falls es einen Ehegatten gibt, aber in Anlage III kann man dann nirgends ankreuzen, dass der Ehegatte ausgeschlagen hat.

    Ich tendiere dazu, die Anlage zum Ehegatten nicht anzufordern.

    Danke für eure Meinungen :)

  • Ich denke, die Angaben zum Ehegatten sind aufzunehmen... "obligatorisch" ...
    Die rechtliche Würdigung erschließt sich ja aus den beigefügten / verwiesenen Urkunden, die in Ziff. 7. des Antragsformblatts anzugeben sind.
    Sie muss sich nicht aus dem ENZ erschließen.

  • OLG Nürnberg, Beschluss vom 5.4.2017, 15 W 299/17

    Leitsatz: "Das deutsche Erbrecht unterliegt dem Grundsatz der Universalsukzession und lässt die Angabe einzelner Nachlassgegenstände (hier: eines in Tschechien belegenen Grundstücks) im Europäischen Nachlasszeugnis daher - auch in lediglich informatorischer Weise - nicht zu."

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  • Ich muss nun wohl mein erstes Europäisches Nachlasszeugnis erteilen.
    Es liegt gesetzliche Erbfolge vor, Ehemann zu 1/2, Kinder zu je 1/4.
    De Antrag stellt nur der Ehemann.

    Jetzt habe ich den passenden Vordruck rausgesucht und bin etwas verwirrt.
    Ich muss Angaben zum Antragsteller machen und angeben, ob der Ast. Erbe ist.
    Das kann ich bejahen. Allerdings weiß ich jetzt nicht, wo ich die übrigen Kinder eintragen soll.
    Die müssen doch irgendwo auftauchen oder nicht? Und müssen Quoten angegeben werden, wenn ja, wo?

    Unter dem Punkt "9. Dem Erben zugewiesene(r) Vermögenswert(e), für den/die eine Bescheinigung beantragt wurde"
    ist NICHT das Grundstück in Ungarn anzugeben, weswegen der Antrag gestellt wurde, weil es sich nicht um eine nach dt. Recht
    dingliche Zuweisung handelt, habe ich das richtig verstanden?

  • Für jeden Erben ist eine eigene Anlage IV auszufüllen. Dort habe ich unter 8. die Erbquote eingetragen.
    Unter 9. habe ich dann einen Vermerk gemacht:

    Gemäß §1922 BGB geht das Vermögen des Erblassers als Ganzes mit dem Erbfall auf die Erben über (Gesamtrechtsnachfolge).
    Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlass gemäß § 2032 BGB gemeinschaftliches Vermögen der Erben (Erbengemeinschaft.


    Ist so sicher nicht vorgesehen, aber dachte, dass das vielleicht sinnvoll/hilfreich sein könnte. Man wurschtelt sich halt so durch...

    Und das Verzeichnis nach Art. 70 II EUErbVO nicht vergessen...

  • Die gemäß § 1371 Abs. 1 BGB erhöhte Erbquote ist übrigens auch ein Problem.

    Das Kammergericht hat diese Rechtsfrage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.[1]  

    Der für das vorliegende EuGH-Verfahren zuständige Generalanwalt (Maciej Szpunar, Polen) hat am 13.12.2017 mit seinen Schlussanträgen[2] die folgende Entscheidungsempfehlung abgegeben:  

    "Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses ist in Verbindung mit ihrem Art. 1 Abs. 2 Buchst. d dahin auszulegen, dass das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht Regelungen umfasst, die – wie § 1371 Abs. 1 BGB – den Erbteil des überlebenden Ehegatten bestimmen, und zwar selbst dann, wenn sie nur beim Vorliegen eines bestimmten ehelichen Güterstands zur Anwendung kommen und der Erbteil des Ehegatten die Auseinandersetzung dieses Güterstands ersetzt, obwohl die Höhe des Erbteils sich nach ganz anderen Grundsätzen bemisst als die, die die Auseinandersetzung dieses Güterstands zu Lebzeiten der Ehegatten regeln."  

    Für den Fall, dass der Gerichtshof diese (erste) Vorlagefrage nicht im genannten Sinne beantwortet, hat der Generalanwalt empfohlen, über die hilfsweisen Vorlagefragen des Kammergerichts dahingehend zu entscheiden, dass Art. 68 Buchst. l und Art. 67 Abs. 1 der Verordnung Nr. 650/2012 dahin auszulegen sind, dass der Erbteil des überlebenden Ehegatten, auch wenn dieser zu einem Bruchteil aus einer Erhöhung aufgrund einer güterrechtlichen Regelung wie § 1371 Abs. 1 BGB resultiert, gleichwohl im Ganzen in das Europäische Nachlasszeugnis aufgenommen werden darf, dass diese Aufnahme aber ausschließlich zu Informationszwecken und daher nur unter dem Vorbehalt erfolgen kann, dass die Erbteilserhöhung auf Grundlage des Güterrechtstatuts vorgenommen wird, weil die auf § 1371 Abs. 1 BGB beruhende Erbteilserhöhung nicht an den Vermutungswirkungen des § 69 Abs. 2 bis 4 der Verordnung teilnimmt.

    Die abschließende Entscheidung des EuGH bleibt abzuwarten. Aus deutscher Sicht wäre zweifelsfrei zu begrüßen, dass der EuGH im Sinne der Entscheidungsempfehlung des Generalanwalts zur ersten Vorlagefrage des Kammergerichts entscheidet. Denn wenn eine lediglich informatorische Angabe des Erhöhungsviertels nicht an der in § 69 Abs. 2 der Verordnung geregelten Vermutungswirkung des Europäischen Nachlasszeugnisses teilnimmt, würde sich sofort die Frage stellen, ob das ENZ dann überhaupt noch als taugliche Eintragungsgrundlage für den Grundbuchverkehr in Betracht kommt oder ob die Beteiligten insoweit auf die Beibringung eines deutschen Erbscheins zu verweisen sind. 


    [1] KG FamRZ 2017, 64 = FGPrax 2017, 33 = DNotZ 2017, 471 = ZEV 2017, 209 m. Anm. Dörner/Margonski (EuGH-Rechtssache Mahnkopf, Az. C-558/16). [2] Schlussanträge abrufbar unter: http://curia.europa.eu/juris/document…cid=197796&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1.

  • Zur Qualifikation von § 1371 Abs. 1 BGB nach der ErbRVO EuGH-Urteil vom 1.3.2018 in der Rs. Mahnkopf, C-558/16

    http://curia.europa.eu/juris/document…rt=1&cid=772019

    Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses ist dahin auszulegen, dass eine nationale Bestimmung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, wonach beim Tod eines Ehegatten ein pauschaler Zugewinnausgleich durch Erhöhung des Erbteils des überlebenden Ehegatten vorzunehmen ist, in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt.

    Einmal editiert, zuletzt von silesianman (1. März 2018 um 17:35)


  • Unter 9. habe ich dann einen Vermerk gemacht:

    Gemäß §1922 BGB geht das Vermögen des Erblassers als Ganzes mit dem Erbfall auf die Erben über (Gesamtrechtsnachfolge).

    Finde ich sehr empfehlenswert bei der Frage 9.


    Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlass gemäß § 2032 BGB gemeinschaftliches Vermögen der Erben (Erbengemeinschaft.

    In allen deutschen ENZ, die gesehen habe fehlte leider so eine Eintragung. Es ist im Ausland nicht selbstverständlich, dass die Erbengemeinschaft nach deutschem Recht eine Gesamthandsgemeinschaft ist. Folglich werden die mit einem deutschen ENZ ausgewiesenen Erben in den Grundbüchern in Polen entsprechend der Erbquoten eingetragen, weil man davon ausgeht, dass die Erbengemeinschaft, wie im polnischen Recht, eine Bruchteilsgemeinschaft ist.
    Der Vermerk gehört allerdings in Frage 10, nicht Frage 9. Ich würde ferner einen weiteren Satz hinzufügen und auf § 2033 Abs. 2 BGB hinweisen.

  • Muss gerade mein erstes ENZ erteilen und bin froh, hier schon mal einige Fragen beantwortet zu bekommen.

    Hier noch eine zusätzliche Frage: Unter 7.2.5 wird nach Datum der Eintragung oder Hinterlegung der letztwilligen Verfügung und unter 7.2.6 nach Bezeichnung des Registers oder der Verwahrstelle gefragt.

    In meinem Fall ist das Testament vom Erben nach dem Tod der Erblasserin bei mir abgegeben worden. Datum der Abgabe? Datum der Eröffnung? Verwahrstelle: mein Amtsgericht?

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