Aufteilung bestehendes Wohnungseigentum (Mehrhausanlage)

  • Hallo zusammen,
    ich brauche dringend Hilfe von erfahrenen WEG-Rechtspflegern.
    Ich habe hier einen exotischen Fall, den auch erfahrene Kollegen so noch nicht bearbeitet haben:
    Ein Wohnungseigentum mit 30 Einheiten – es handelt sich um eine Mehrhausanlage mit insgesamt 6 Häusern - soll per Teilungserklärungsänderung dergestalt geändert werden, dass zunächst durch Realteilung 6 separate Grundstücke gebildet werden und „sechs jeweils eigenständige Eigentümergemeinschaften an den 6 Flurstücken entstehen“ sollen. Auch eine Nachfrage beim Notariat hat ergeben, dass gewollt ist, aus dem bestehenden WEG sechs neue separate WEGs mit je fünf 1/5-Miteigentumsanteilen zu bilden.
    Die Auflassung ist dahingehend erklärt, dass die Wohnungs- und Teileigentümer über den Erwerb der entsprechenden Miteigentumsanteile zu den jeweils bereits vorhandenen Anteilen einig sind und die neu erworbenen Anteile mit dem bereits bestehenden Sondereigentum verbinden.


    Nun ist meine Frage, ob dies durch Änderung der Teilungserklärung überhaupt möglich ist oder ob hierzu nicht die Aufhebung des bestehenden Wohnungseigentums am Grundstück, erst anschließend die Realteilung und schließlich die Neubildung von Wohnungseigentum erfolgen muss?


    Für den letzteren Fall stellt sich die Frage, ob der Notar die Aufhebung und Neubegründung aufgrund Vollzugsvollmacht (ohne Neubeurkundung) vornehmen dürfte („ermächtigen den Notar, beim Grundbuchamt Anträge zu stellen, abzuändern und zurückzunehmen sowie alle Erklärungen und Anträge abzugeben und entgegenzunehmen, die zum Vollzug des Vertrages ERFORDERLICH oder SACHDIENLICH sind.“).
    Ist eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung erforderlich?
    Mitgewirkt haben an der Änderung alle Wohnungseigentümer, darunter ein Bauträger in Vollmacht für 2 AV-Berechtigte, wobei deren Vollmacht nur die Änderung der Teilungserklärung (und nicht explizit die Aufhebung des WEG) umfasst.

    Was meint Ihr?

  • Wohnungseigentum kann nicht unmittelbar in zwei oder mehrere getrennte Grundstücke aufgeteilt werden, sondern es ist zunächst die Aufhebung des Sondereigentums gemäß § 4 WEG durch Einigung und Eintragung erforderlich, mit der Folge, dass gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 WEG die Wohnungsgrundbücher zu schließen und für das neu entstehende Grundstück ein neues Grundbuchblatt nach allgemeinen Vorschriften anzulegen ist, und sodann dieses Grundstück gemäß § 7 Abs. 1 GBO durch Abschreibung und Eintragung in zwei oder mehrere selbständige Grundstücke aufgeteilt werden kann (s. OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.10.1999, 20 W 211/97). Da auf der abzutrennenden Fläche Sondereigentum besteht, kann die Realteilung auch nur auf diese Weise erfolgen; s. das hier erwähnte https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1084127
    DNotI-Gutachten vom 15.09.2016, Gutachtennummer: 146539, erschienen im DNotI-Report 17/2016, 133-135 mwN.

    Die Frage, ob die Vollmacht für den Notar ausreicht, erübrigt sich, weil die Aufhebung des Sondereigentums nach § 9 Absatz 1 WEG bislang augenscheinlich nicht erklärt ist und (neben der Eintragung) die Einigung der Beteiligten nach § 4 WEG voraussetzt, diese Einigung wegen § 4 Abs. 2 WEG aber der Form der Auflassung nach § 925 BGB bedarf (OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 16. 1. 1990 - 20 W 501/89; OLG München, Beschluss v. 21.10.2016, 34 Wx 277/1 mwN; DNotI-Gutachten vom 15.09.2016 mwN), mithin bei gleichzeitiger Anwesenheit aller Teile vor dem Notar erklärt sein muss (Hügel im Beck'schen Online-Kommentar BGB, Stand: 01.11.2016, § 4 WEG RN 3), der Notar aber an der Beurkundung seiner eigenen Erklärungen nach § 6 Absatz 1 Nr. 1 BeurkG gehindert ist; s. hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1057655
    oder hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1052676

    Eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung dürfte nicht erforderlich sein, weil vermutlich die Abgeschlossenheit der Räume in den einzelnen Gebäuden bescheinigt ist und die Abgeschlossenheit gegenüber dem jeweiligen Nachbargrundstück nicht erforderlich ist (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, RN 2819; Rapp im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2005, § 7 WEG RN 13 mwN). Die Frage wird aber unterschiedlich beantwortet (s. dazu das DNotI-Gutachten vom 15.09.2016 unter 3dd). Haben die einzelnen Häuser jeweils eine eigene Heizungsanlage ?


    Die Vormerkungsberechtigten müssen der Aufhebung des SE ebenso zustimmen, wie die Grundpfandgläubiger, deren Recht nicht an allen Einheiten lastet (OLG München 34. Zivilsenat, Beschlüsse vom 26.04.2012, 34 Wx 558/11, und vom 21.10.2016, 34 Wx 277/16 DNotI-Gutachten vom 15.09.2016 mwN).

    Wenn die Vollmacht der Erwerber nichts über die Befugnis zur Aufhebung des SE besagt, bedarf es also auch deren Mitwirkung.

    Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob nicht auch die Teilungserklärung inhaltlich zu ändern ist, da es bei es bei einer Mehrhausanlage nur einen Verwalter geben kann (LG Düsseldorf, 19. Zivilkammer, Urteil vom 22.10.2009, 19 S 40/09; BeckOK/Hügel, § 26 WEG RN 2 mwN), sich bei getrennten Objekten aber die Frage stellt, ob die gleiche (private oder juristische) Person jeweils zum Verwalter berufen sein soll.

    Da die Einigung über die Aufhebung des SE noch nicht erklärt ist, kann keine Zwischenverfügung ergehen, d. h. der Antrag ist -nach Anhörung- zurückzuweisen; s. hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1039638

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (7. März 2017 um 08:57) aus folgendem Grund: Schreibversehen korrigiert

  • Hallo Prinz,
    tausend Dank für Deine schnelle und ausführliche Antwort!!! Notariat und Bauträger drängeln nämlich schon...
    Ich hatte schon angenommen, dass es nur über eine Aufhebung und anschließende Neubegründung funktionieren kann, nur habe ich dazu leider keine entsprechenden Kommentierungen gefunden.

  • Guten Morgen,
    ich hänge mich hier mit meinem Problem mal ran - wobei mir die Ausführungen von Prinz oben wohl schon ein wenig weiter geholfen haben...

    Ich habe eine "neue" Teilungserklärung der Notarin, in der sie nach Aufführung der bestehenden fünf Einheiten im nächsten Punkt sagt, dass das Grundstück mittlerweile mit einem Gebäude mit insgesamt zwei Gewerbeeinheiten (+ Gemeinschaftseinrichtung) bebaut sei. Die Teilungserklärung solle "um sie den Gegebenheiten anzupassen vollständig neu gefasst" werden. "Sofern hierzu eine Aufhebung des bisherigen Sondereigentums erforderlich ist, wird diese hiermit ausdrücklich bewilligt und beantragt". Hier fehlt doch schon die Einigung der Miteigentümer!? :gruebel:
    Weiterhin gibt es unter dem Punkt "Eintragungsanträge" nur noch folgende Formulierung: "Es wird bewilligt und beantragt, die Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum gemäß § 2 dergestalt in das Grundbuch einzutragen, dass die Vereinbarungen dieser Urkunde gemäß § 4 zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden"

    Die komplette Urkunde beinhaltet im Übrigen weder, wer Eigentümer welcher der beiden neuen Einheiten werden soll, was mit den bestehenden Belastungen passiert (hier müssten die Gläubiger doch auch mitwirken!?)... Aus der Abgeschlossenheitsbescheinigung geht hervor, dass Eigentümer der einen Einheit offenbar der bisherige Eigentümer von zwei der bisherigen Einheiten wird und Eigentümer der zweiten Einheit eine Eigentümergemeinschaft, bestehend aus den beiden bisherigen Eigentümern der drei weiteren Einheiten (wohl die Söhne des anderen Eigentümers), jedoch gemeinsam mit einem weiteren Bruder. Diese Gemeinschaft ist in der Urkunde noch wie folgt erwähnt: "Die Gemeinschaft führt den Namen "WEG ...straße xx", der sich nach Anlegung der Grundbücher um deren Grundbuchbezeichnung und Blattnummern ergänzt".

    Ich habe ehrlich gesagt, keinen Plan, was ich mit einer solchen Urkunde anfangen soll... :eek::confused:

  • Guten Morgen,
    ....ich habe eine "neue" Teilungserklärung der Notarin, in der sie nach Aufführung der bestehenden fünf Einheiten im nächsten Punkt sagt, dass das Grundstück mittlerweile mit einem Gebäude mit insgesamt zwei Gewerbeeinheiten (+ Gemeinschaftseinrichtung) bebaut sei. ..

    Wenn es sich um ein und dasselbe Grundstück handelt, das mit einem weiteren Gebäude mit zwei Gewerbeeinheiten bebaut wurde, dann geht es eigentlich nicht um die Aufhebung von Sondereigentum und Teilung in zwei neue Grundstücke, sondern möglicherweise darum, das durch die Aufstockung entstandene Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum zu überführen; s. dazu Deine hier gestellte Frage
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post989372

    Aus der Abgeschlossenheitsbescheinigung kann sich das Gewollte nicht ergeben, da sie nur über die Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum Auskunft gibt (s. zuletzt LG München I, Urteil vom 19.12.2018, 1 S 390/18 WEG).

    Mit dem, was Du angegeben hast, hat die Urkunde für mich keinen vollziehbaren Inhalt.

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  • Wenn es sich um ein und dasselbe Grundstück handelt, das mit einem weiteren Gebäude mit zwei Gewerbeeinheiten bebaut wurde, dann geht es eigentlich nicht um die Aufhebung von Sondereigentum und Teilung in zwei neue Grundstücke, sondern möglicherweise darum, das durch die Aufstockung entstandene Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum zu überführen; s. dazu Deine hier gestellte Frage
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post989372


    Mit dem, was Du angegeben hast, hat die Urkunde für mich keinen vollziehbaren Inhalt.[/QUOTE]

    Sorry, es handelt sich nicht um ein weiteres Gebäude, sondern um das ursprüngliche... :oops:

  • Bislang besteht das WE aus 5 Einheiten. Die gibt es offenbar aber nicht, sondern es besteht ein Gebäude mit zwei Gewerbeeinheiten. Am saubersten wäre es, wenn das WE aufgehoben wird und dann ein komplett TE gebildet wird. Wann die Eigentümer die neuen Eigentumsverhältnisse begründen, ist ihnen überlassen.

    Das was dir vorgelegt wurde, reicht nicht aus, um die Änderung zu vollziehen. Natürlich müssen alle WE-Eigentümer mitwirken, die dingl. Berechtigen auch, es muss geklärt werden -Pfandfreigaben/Nachverpf.- was mit den bestehenden GS erfolgen soll. Ev. sind Auflassungen notwendig.

    Wie Prinz sagt, einen wahrungsfähigen Antrag hast du offenbar nicht.

  • baffy war schneller.

    Hier mein Statement:

    Das heißt, die fünf bestehenden Einheiten sollen in zwei Gewerbeeinheiten umgewandelt werden ?

    Dann müsste mE das SE an den bisherigen Einheiten aufgehoben und die frei werdenden MEA mit dem SE an den neu zu bildenden Einheiten verbunden werden. Dazu bedarf es der Einigung (und der Zustimmung betroffener dinglich Berechtigter, deren Recht nicht am ganzen Grundstück oder an allen Einheiten lastet; s. s. Kral im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 01.06.2019, Sonderbereich WEG RN 220 ff. mwN). Ferner muss ersichtlich sein, mit welchem MEA die beiden neuen SE-Einheiten verbunden sein sollen. Verfügt der bisherige Wohnungseigentümer nicht über die erforderlichen MEA, bedarf es ebenso der der Auflassung der MEA von dem anderen Wohnungseigentümer, wie es der in der Auflassungsform nachzuweisenden Einigung über die Aufhebung des SE bedarf. Die Auflassung kann nicht im Wege der Zwischenverfügung verlangt werden (s. etwa OLG München, Beschluss v. 18.03.2019, 34 Wx 120/19). Ich würde daher schon aus diesem Grund die Antragszurückweisung ankündigen. Der Urkunde ermangelt es an der erforderlichen Bestimmtheit.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • baffy war schneller.

    Hier mein Statement:

    Das heißt, die fünf bestehenden Einheiten sollen in zwei Gewerbeeinheiten umgewandelt werden ?

    Dann müsste mE das SE an den bisherigen Einheiten aufgehoben und die frei werdenden MEA mit dem SE an den neu zu bildenden Einheiten verbunden werden. Dazu bedarf es der Einigung (und der Zustimmung betroffener dinglich Berechtigter, deren Recht nicht am ganzen Grundstück oder an allen Einheiten lastet; s. s. Kral im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 01.06.2019, Sonderbereich WEG RN 220 ff. mwN). Ferner muss ersichtlich sein, mit welchem MEA die beiden neuen SE-Einheiten verbunden sein sollen. Verfügt der bisherige Wohnungseigentümer nicht über die erforderlichen MEA, bedarf es ebenso der der Auflassung der MEA von dem anderen Wohnungseigentümer, wie es der in der Auflassungsform nachzuweisenden Einigung über die Aufhebung des SE bedarf. Die Auflassung kann nicht im Wege der Zwischenverfügung verlangt werden (s. etwa OLG München, Beschluss v. 18.03.2019, 34 Wx 120/19). Ich würde daher schon aus diesem Grund die Antragszurückweisung ankündigen. Der Urkunde ermangelt es an der erforderlichen Bestimmtheit.

    Danke für eure Hilfe - dann werde ich mich dem ganzen Schlamassel bei Gelegenheit mal ausführlich widmen... :cool:

  • Guten Morgen, ich hänge mich hier in gleicher Angelegenheit noch mal ran (was lange währt, wird - vielleicht - endlich gut :cool::(

    Meine Frage ist jetzt (da Aufhebung und Neubegründung entsprechend bewilligt, beantragt und erforderliche Einigungen erklärt wurden) eher eintragungstechnischer Natur. Das bestehende Wohnungseigentum soll aufgehoben werden und im Anschluss daran neu begründet. Ist es jetzt erforderlich, dass ich das Grundstück zunächst auf ein neues Blatt übertrage und im Anschluss daran die beiden neu zu bildenden Einheiten in neue Blätter übertrage oder kann ich mir den Zwischenschritt auch sparen?

    Vielen Dank für euren Rat!

  • Ja, die Anteile sind in ein Grundbuch zusammenzuführen - also Abschreibungsvermerk für den einzelnen Miteigentumsanteil im BVZ des jeweiligen Wohnungsgrundbuchs, Buchung des Grundstücks insgesamt auf einem neuen GB-Blatt - unter Mitnahme der eventuell vorhandenen Gesamtrechte. Ich hoffe, du hast keine Einzelrechte in den Wohnungsgrundbüchern.

    Danach dann ganz normale Neuanlegung...

    Wo das Gesetz nicht hilft, da muss Klugheit raten. (J. W. Goethe)

  • Ja, die Anteile sind in ein Grundbuch zusammenzuführen - also Abschreibungsvermerk für den einzelnen Miteigentumsanteil im BVZ des jeweiligen Wohnungsgrundbuchs, Buchung des Grundstücks insgesamt auf einem neuen GB-Blatt - unter Mitnahme der eventuell vorhandenen Gesamtrechte. Ich hoffe, du hast keine Einzelrechte in den Wohnungsgrundbüchern.

    Danach dann ganz normale Neuanlegung...

    Danke! Doch, ich habe leider auch Einzelrechte - aber die bekomme ich gehändelt... Bisher liegen keine Erklärungen der Gläubigerin (es ist tatsächlich die gleiche!!) vor, daher steht meine Zwischenverfügung schon!!

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