Wohnortwechsel des Mündels

  • in dem Verfahren geht es um einen minderjährigen Flüchtling aus Gambia. Der Richter hat in seiner Akte das Jugendamt zum Vormund bestellt.

    Die Vormundschaftsakte liegt mir vor, daraus ergibt sich aus dem Erstbericht, dass das Mündel verzogen ist.

    Der neue "Wohnort" ist nicht weit weg, aber eine neue örtliche Zuständigkeit für die Führung der Vormundschaft ergibt sich.

    Der bisherige Bearbeiter hat verfügt, der Richter soll über die Abgabe entscheiden.
    Dieser teilte mit, dass eine Abgabe nur möglich ist, wenn auch ein Vormundwechsel stattgefunden hat.

    Das Jugendamt könnte Vormund bleiben, da die Entfernung zum neuen Wohnort des Mündels fast gleich geblieben ist.

    Wenn man sich an § 152 FamFG hält muss dann eine Abgabe erfolgen?

    Ist es überhaupt von der "Reihenfolge" her so, dass erst ein Vormundwechsel erfolgen muss ( hier das "neue" Jugendamt für den neuen Wohnsitz des Mündels) .


    Ich habe einiges zu den Zuständigkeiten gefunden wann Amtsvormundschaften und wann bestellte Vormundschaften zwischen den Jugendämtern abgegeben werden sollten ( hier die Entfernung zum Mündel oder wenn das Mündel bald volljährig wird), aber nichts
    verwertbares aus den Kommentierungen zu " 152 FamFG.

  • Nach meinem Kenntnisstand ist der Aufenthaltswechsel des Kindes allein kein wichtiger Grund für eine Abgabe. Nur wenn auch der Vormund wechselt und nicht mehr im ursprünglichen Gerichtsbezirk ansässig ist, dann kann eine Abgabe erfolgen, da das Kind dann keinerlei Kontaktpunkte zu dem ursprünglichen Bezirk hätte.
    Also müsste wohl tatsächlich erst ein Vormundswechsel stattfinden, bevor du über eine Abgabe nachdenken kannst.

  • ich sehe das anders;
    m.E. stellt schon der Wechsel des ständigen Aufenthalts nur des Mündels als Abgabegrund i.S.d. §4 FamFG dar;
    wesentliche Begründung:nach §152 II FamFG ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
    Die Regelung unterscheidet sich insofern von der Regelung im FGG (das bei Ergehen vieler Entscheidungen, die vom OLG Hamm zitiert werden, noch Anwendung fand) Nach §36 FGG war die örtliche Zuständigkeit also an sich auch für die Zukunft vorgegeben
    "Für die Vormundschaft ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Mündel zu der Zeit, in der die Anordnung der Vormundschaft erforderlich wird oder in der die Vormundschaft kraft Gesetzes eintritt, seinen Wohnsitz oder bei Fehlen eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat."
    das ist bei der aktuellen Regelung so nicht der Fall

    Ich hatte einen ganz vergleichbaren Fall:
    Jugendamt hier war (und ist wohl auch) zum Vormund bestellt; Mündel ist in anderen Bezirk verzogen
    Ich habe die Akte an das Übernahmegericht abgegeben; sie kam zurück mit der Mitteilung, es bestehe keine Übernahmebereitschaft, da der Vormund auch verziehen müsse
    Ich habe die Akte daraufhin an das gem. §5 FamFG zuständige OLG Koblenz mit der Bitte um Bestimmung es zuständigen Gerichts geschickt und in die Vorlageverfügung auch meine Erwägungen zu der Zuständigkeit ausführlich reingeschrieben.
    Das OLG Koblenz hat kurz und knapp das Übernahmegericht als zuständig bestimmt
    Die Entscheidung ist nicht veröffentlicht


    Ich muss schon sagen, dass ich es auch aus praktischen Gesichtspunkten für unglaublich blödsinnig halte, ein Vormundschaftsverfahren nicht am Wohnort des Kindes zu führen
    Das Verfahren dreht sich um das Kind, es ist zu diversen Entscheidungen persönlich anzuhören; das Wohnortamtsgericht ist mit den örtlichen gegebenheiten eher vertraut; es ist eher in der Lage (möglicherweise notwendig werdende) Ermittlungen anzustellen etc. pp.
    dagegen spricht für das Weiterführen des Verfahrens am alten Gerichts...nichts; ich sehe keine Vorteile, höchstens, dass der alte Sachbearbeiter das Verfahren (und möglichweise das Mündel) "kennt", aber nunja...sachbearbeiter wechseln mitunter häufiger als die unterwäsche...

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

    Einmal editiert, zuletzt von JoansDong (7. April 2017 um 10:52)


  • Die Regelung unterscheidet sich insofern von der Regelung im FGG (das bei Ergehen vieler Entscheidungen, die vom OLG Hamm zitiert werden, noch Anwendung fand) Nach §36 FGG war die örtliche Zuständigkeit also an sich auch für die Zukunft vorgegeben
    "Für die Vormundschaft ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Mündel zu der Zeit, in der die Anordnung der Vormundschaft erforderlich wird oder in der die Vormundschaft kraft Gesetzes eintritt, seinen Wohnsitz oder bei Fehlen eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat."
    das ist bei der aktuellen Regelung so nicht der Fall

    Eine ähnliche Regelung gibt es auch im FamFG (§ 2 Abs. 2 FamFG).
    Daher erfolgen die Abgaben bei Wohnsitzwechsels des Mündels ja auch nach § 4 FamFG und nicht wegen örtlicher Unzuständigkeit. Im Sinne des § 4 FamFG ist der Wohnsitzwechsel des Mündels allerdings soweit ich weiß, als wichtiger Grund anerkannt, zumindest wenn die Aufgaben vor Ort besser erfüllbar sind, was regelmäßig der Fall sein dürfte.

  • Im Sinne des § 4 FamFG ist der Wohnsitzwechsel des Mündels allerdings soweit ich weiß, als wichtiger Grund anerkannt, zumindest wenn die Aufgaben vor Ort besser erfüllbar sind, was regelmäßig der Fall sein dürfte.

    Na ja, ich erlebe aber häufig, dass viele (und oft genug Nachbar-)Gerichte SOFORT bei Wohnortwechsel abgeben wollen, obwohl (derzeit) nur ein Mal pro Jahr ein Bericht anzufordern wäre und weder ein Vormundwechsel oder sonst was im Raum steht. Für mich sind da KEINE praktischen Gesichtspunkte erkennbar, warum das Verfahren nicht erst mal am ursprünglichen Gericht weitergeführt werden könnte. Da ist das Abgabeverfahren ja meist arbeitsintensiver als alles andere...:daumenrun Ich habe Dutzende Verfahren, in denen das Kind nicht mehr im hiesigen Bezirk wohnt. Na und? WENN mal was anstehen sollte, kann ich mir ja neue Gedanken machen, aber so lange das nicht der Fall ist, halte ich die Akte lieber schön in meinem (PEBB§Y-)Bestand.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • danke Seebär!
    das hatte ich tatsächlich übersehen!
    denke dennoch, dass es ein Unterschied in der systematik bleibt (wenn auch nicht so groß, wie bis dato von mir gedacht:( )

    wg. Wohnsitzwechsel: ich seh das ja genauso wie du; andere aber nicht; siehe OLG Hamm


    nunja; ich sehe andererseits auch keinen großen Anlass ein verfahren zu behalten, für das ich nimmer zuständig bin (warum denn?)

    und: wenn ich warte, bis was zu tun ist: ist die Sache denn dann überhaupt noch abgabereif? oder krieg ich den Spaß zurück m.d.B. erst das laufende (bspw.) Genehmigungsverfahren abzuschließen?


    dank peb§§y zählen in den F-Sachen (auch den Vormundschaften und Pflegschaften!!!) die Eingänge/ Jahr
    => eine Vormundschaft oder Pflegschaft gibt nur im Eingangsjahr ein Pensum! die weiteren 3,5,15 Jahre arbeite ich ohne dafür eine müde minute zu haben

    andererseits: beim Übernahmegericht zählt es als neuer Eingang!

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • dank peb§§y zählen in den F-Sachen (auch den Vormundschaften und Pflegschaften!!!) die Eingänge/ Jahr
    => eine Vormundschaft oder Pflegschaft gibt nur im Eingangsjahr ein Pensum! die weiteren 3,5,15 Jahre arbeite ich ohne dafür eine müde minute zu haben.


    Soweit mir bekannt ist, zählen die Bestandsverfahren in jedem Jahr neu. :gruebel: Bin ich da falsch gewickelt oder hat sich was geändert?

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    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • hat sich geändert mit der pebb§y neuerhebung zum Sommer letzten jahres!

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • hat sich geändert mit der pebb§y neuerhebung zum Sommer letzten jahres!

    Aha, okay. Das wäre in der Tat EIN Grund für eine sofortige Abgabe. In der Sache selbst ändert das für mich aber nix.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • hat sich geändert mit der pebb§y neuerhebung zum Sommer letzten jahres!

    Aha, okay. Das wäre in der Tat EIN Grund für eine sofortige Abgabe.

    Pebb§y ist für mich kein Grund, in irgendeiner Sache in irgendeine Richtung eine Entscheidung auch nur in Erwägung zu ziehen...

    Zitat

    In der Sache selbst ändert das für mich aber nix.


    Ich bin da ehrlich gesagt recht zwiegespalten aufgrund des Arguments von JoansDong:
    Sobald dann etwas kommt, wobei eine persönliche Anhörung durchzuführen ist bzw. die örtlichen Begebenheiten maßgeblich sind (Namensänderung, Vormundwechsel, Genehmigungsverfahren im Übrigen), wird das Gericht, in dessen Bezirk das Mündel seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, die Übernahme unter Hinweis auf das laufende (Genehmigungs-)verfahren ablehnen - m.E. auch nicht ganz zu Unrecht.
    Und manchmal kommen diese Anträge überraschender als gedacht. Bei mir kommen derzeit z.B. viele Anträge auf Vormundwechsel (vom Amtsvormund zum Ehrenamtler), die sich nicht ansatzweise im Vorfeld angekündigt haben.

    Wo ich auf jeden Fall zustimme: Ist die Vormundschaft aufgrund Volljährigkeit bald beendet, ist eine Abgabe sinnlos.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Sobald dann etwas kommt, wobei eine persönliche Anhörung durchzuführen ist bzw. die örtlichen Begebenheiten maßgeblich sind (Namensänderung, Vormundwechsel, Genehmigungsverfahren im Übrigen), wird das Gericht, in dessen Bezirk das Mündel seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, die Übernahme unter Hinweis auf das laufende (Genehmigungs-)verfahren ablehnen - m.E. auch nicht ganz zu Unrecht.
    Und manchmal kommen diese Anträge überraschender als gedacht. Bei mir kommen derzeit z.B. viele Anträge auf Vormundwechsel (vom Amtsvormund zum Ehrenamtler), die sich nicht ansatzweise im Vorfeld angekündigt haben.

    Und gerade solche Fälle WÄREN dann für mich ein wichtiger Grund für eine Abgabe! Und die Übernahme dann mit der Begründung abzulehnen, es laufe ja ein (Genehmigungs- oder wasauchimmer-)Verfahren, was man bitteschön erst zu Ende führen möchte, halte ich für fadenscheinig. Ich gebe ja GERADE DESWEGEN ab, WEIL die Sache besser vor Ort erledigt werden kann (Anhörung des Kindes und ggf. sonstiger Personen; evtl. Bestellung eines Verfahrensbeistands pp.) und ich das nicht mehr anpacken möchte. Ich habe solche Verfahren jedenfalls noch immer übernommen (es sei denn, das abgebende Gericht hätte schon "angefangen" zu prüfen, anzuhören pp. und würde dann "auf halbem Weg" auf die Idee kommen, abzugeben - so einen Fall hatte ich zur Ehrenrettung der anderen Gerichte aber noch nie).

    Aber wie man sieht, kann man das "Vorliegen eines wichtigen Grundes" in beide Richtungen auslegen. ;) Wichtig ist nur festzuhalten, dass ein Gericht nicht automatisch örtlich unzuständig wird, wenn das Mündel seinen gewöhnlichen Aufenthalt wechselt, sondern dass ein Wechsel nur nach § 4 FamFG erfolgen kann.

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  • Jetzt trat bei uns ein Fall auf, der so noch nicht vorkam.

    Abgabe einer Vormundschaft sollte erfolgen, Mündel wohnt jetzt dauerhaft in einem anderen Bundesland. Bis zur Volljährigkeit vergeht noch geraume Zeit. Vormund ist das bei uns ansässige JA.

    Mit Bitte um Erklärung der Übernahmebereitschaft wurde die Akte an das örtlich zuständige Gericht gesandt.

    Nun kam diese zurück mit der Anmerkung, man übernehme erst, wenn auch der Vormund seinen Aufenthalt im dortigen Gerichtsbezirk habe, also das dortige JA oder ein Einzelvormund bestellt werde. :(

    Gibt es für diese Ansicht eine gesetzliche Grundlage oder Rechtsprechung? :gruebel:

  • Mir ist keine bekannt. Wenn das dortige Gericht einen Vormundswechsel (warum auch immer) für erforderlich hält, mag es sich nach der Übernahme selbst darum kümmern. Ich kannte das bisher so, daß sich bei erkanntem Bedarf die Jugendämter verständigten und dann an das Familiengericht herantraten.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Gibt es für diese Ansicht eine gesetzliche Grundlage oder Rechtsprechung? :gruebel:

    Ist mir ebenfalls nicht bekannt. Die Antwort des um Übernahme gebetenen Gerichts dürfte sich jedoch im Rahmen seines pflichtgemäß auszuübenden Ermessens (Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 4 Rn. 29) bewegen.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Gibt es für diese Ansicht eine gesetzliche Grundlage oder Rechtsprechung? :gruebel:

    Ist mir ebenfalls nicht bekannt. Die Antwort des um Übernahme gebetenen Gerichts dürfte sich jedoch im Rahmen seines pflichtgemäß auszuübenden Ermessens (Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 4 Rn. 29) bewegen.


    Den Keidel habe ich leider nicht zur Verfügung.

    Also könnte ich die Akte dann durch Beschluss abgeben ohne Rückgabemöglichkeit für das betreffende Gericht statt wie geplant formlos?

  • Für eine bindende Abgabe ist die erklärte Übernahmebereitschaft jedoch Voraussetzung. Wird also auf kaltem Weg nichts...;)

    Wenn ich so im Schulte-Bunert/Weinreich (4. Aufl.) bei § 4 FamFG unter Rz. 8 lese, dann ist ein wichtiger Abgabegrund der dauernde Aufenthaltswechsel des Mündels i.V.m. mit dem des Vormunds (unter Verweis auf BayObLG FamRZ 1994, 1187). Dannn wird noch auf OLG Zweibrücken FamRZ 2005, 2081 verwiesen, wonach eben auch Person und Aufenthalt des Vormunds von Bedeutung sei, weil die Führung der Vormundschaft durch das Gericht mehr persönlichen Kontakt zum Vormund als zum Mündel erfordere.

    Wären unter diesem Aspekt ein Vormundswechsel und anschließend die Abgabe, für die dann Übernahmebereitschaft erklärt wäre, für Dich eine Option?

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