Testamentarischer Erbe (Vermächnisnehmer/Testamentsvollstrecker) schlägt aus

  • Mich treibt folgender Fall um:

    In einem notariellen Testament setzen sich die Ehegatten gegenseitig zum Alleinerben ein. Der überlebende Ehegatte soll Testamentsvollstrecker zur Erfüllung eines Vermächtnisses werden.
    Der gesamte werthaltige Nachlass (Grundbesitz) wird als Vermächtnis für den überlebenden Ehegatten ausgesetzt. Offensichtlich problematische Wertpapiere sollen das Erbe darstellen.
    Der Ehegatte schlägt aus, ebenso die Kinder! Ein Erbe steht derzeit noch nicht fest. Nun will der überlebende Ehegatte als TV den Grundbesitz auf Grund des Vermächtnisses an sich übertragen. Er will unter Vorlage des TV-Zeugnisses nebst not. Übertragungsurkunde die Grundbuchberichtigung beantragen.
    Irgendwie kommt uns allen diese Konstruktion merkwürdig vor.
    Brauche ich für die Grundbuchberichtigung einen Erbschein? Reicht es, dass der TV auftritt und an sich selbst überträgt im Wege der Vermächtniserfüllung? Vielleicht stehe ich gerade auf dem Schlauch, aber irgendwie gefällt mir das nicht!

  • Nun will der überlebende Ehegatte als TV den Grundbesitz auf Grund des Vermächtnisses an sich übertragen. Er will unter Vorlage des TV-Zeugnisses nebst not. Übertragungsurkunde die Grundbuchberichtigung beantragen.
    Irgendwie kommt uns allen diese Konstruktion merkwürdig vor.

    Zurecht, denn es ist keine Grundbuchberichtigung. Er muß an sich auflassen.

    Mit dem Rest hätte ich keine Probleme. Wenn er zum Vollzug des Vermächtnisses an sich selbst zum TV ernannt wurde - an wen soll er denn sonst überschreiben als an sich selbst?

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Irgendwie passt das nicht zusammen, gegenseitige Alleinerbeinsetzung, TV, Vermächtnis, also alles für den Überlebenden. Das kann nicht stimmen.

  • Ein Alleinerbe, der sein eigener TV zwecks Erfüllung seines eigenen Vermächtnisses sein soll? Komische Konstruktion. Kann ich alsVermächtnisnehmer mein eigener Gläubiger sein? Evtl. bedingte Tv und bedingtes Vermächtnis. Aber ansonsten wie Tom. Nachweis der Ausschlagung der Erbschaft als Nachweis der Bedingung für die TV und Vermächtnis, Testamentsvollstreckerzeugnis oder Annahmeerklärung in grundbuchtauglicher Form und Bestätigung Nachlassgericht, notarielle Auflassungsurkunde, dann dürfte Eigentumsänderung kein Problem sein. Eintragung der Eigentumsänderung ist nicht gebührenfrei! Keine Grundbuchberichtigung!

  • Guten Morgen!
    Ich habe ganz einfach ein komisches Gefühl!
    Sollte diese Konstruktion wirklich funktionieren, könnte man sich auf diesem Wege die Rosinchen (oder besser:große Rosinen) aus dem Nachlass rauspicken ohne in Verbindlichkeiten einsteigen zu müssen. Genau das war ja hier beabsichtigt! Man macht aus dem werthaltigen Nachlass ein Vermächtnis, der ehemalige Alleinerbe=TV=Vermächtnisnehmer bekommt den Grundbesitz und als eigentliche Nachlassmasse bleiben die unsicheren Wertpapiere. Die will keiner, also schlagen alle aus..
    Kann das Ergebnis wirklich so erreicht werden? Ich kann es kaum glauben..:gruebel:

  • Ein Alleinerbe kann m. E. regelmäßig nicht zugleich der Testamentsvollstrecker sein. Diese Ansicht beruht vor dem Hintergrund, dass die Institution der Testamentsvollstreckung stets eine Belastung und Beschränkung des Erben bedeutet und einen Schutz des ihm vererbten Vermögens bewirkt (s.a. Erman/Schmidt, § 2197 BGB, Rn. 3). Da der Alleinerbe allumfassende Rechte über den Nachlass innehat, wäre es sinnlos, ihm in der Eigenschaft des Testamentsvollstreckers an demselben Nachlass (u.a.) bloße Verwaltungsrechte einzuräumen (s. a. RG, RGZ 163, 57-62).

    Ausnahmsweise kann nach Ansicht des BGH die Erbentestamentsvollstreckung durch den Alleinerben erfolgen, wenn sich dessen Aufgabe auf die sofortige Erfüllung eines Vermächtnisses beschränkt und bei grober Pflichtverletzung durch das Nachlassgericht ein Ersatztestamentsvollstrecker bestimmt werden kann (BGH, ZEV 2005, 204-206 ).

    Hingegen ist nach der herrschenden Meinung die Vermächtnisvollstreckung nach § 2223 BGB durch den Alleinerben durchaus zugelassen (Staudinger/Reimann, § 2223 BGB, Rn. 18; Heilmann in jurisPK-BGB, § 2223, Rn. 7; Zimmermann in MüKo BGB Band 9, § 2223, Rn. 3; u.a.). Seine Aufgabe erschöpft sich dann in der Sorge um die Ausführung der dem Vermächtnisnehmer auferlegten Beschwerungen - es wird lediglich der Vermächtnisnehmer beschränkt, nicht jedoch der Erbe selbst. Seiner Verwaltung unterliegt lediglich der Vermächtnisgegenstand.

    Zu dieser Thematik weitere Rechtsprechung bzw. Literatur: ThürOLG, ZEV 2009, 244-245; BayOLG, Rpfleger 2005, 86-87, Staudinger/Reimann, § 2197 BGB, Rn. 53; Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, Rn. 90 ff.; a.A.: Adams, ZEV 1998, 321-325.

  • Hier ist der Testamentsvollstrecker infolge Ausschlagung ja nicht Alleinerbe, dieses Problem stellt sich also nicht. Man tut sich in der Tat schwer (im Grundbuchverfahren) einen Hebel zu finden um das zu verhindern. Das Vermächtnis ist wirksam ausgebracht. Testamentsvollstreckung zur Erfüllung ist angeordnet, es handelt sich also um die Erfüllung einer Verbindlichkeit, damit wäre die Unentgeltlichkeit vom Tisch. Ausserdem befreit der Erblasser in dieser Kostellation TV = Vermächtnisnehmer konkludent vom 181 BGB, also auch dieser Weg abgeschnitten.

    Das einzige was mir einfällt wäre die Dürftigkeitseinrede 1992 BGB, die ist aber im Grundbuchverfahren bei der Auflassung nicht zu prüfen.

  • Auch das Erbe aushöhlende Vermächtnisse sind zulässig. Dies gilt umso mehr, da es sich um ein notarielles Testament handelt. Eine Auslegung entgegen dem Wortlaut (z.B. Erbschaft statt Vermächtnis) ist dort regelmäßig nicht möglich.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

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