Versäumnisurteil und Auflassung

  • Vorliegend ist niemand verurteilt worden, dem „Verkauf“ zuzustimmen, sondern es liegt ein Urteil auf Abgabe der Zustimmungserklärung zur „Veräußerung“ vor. Wenn unter „Veräußerung“ auch der „Verkauf“ zu verstehen wäre, dann hätte es z. B. der Regelung in § 12 Absatz 3 Satz 1 WEG nicht bedurft. Die Bestimmung lautet: „ Ist eine Vereinbarung gemäß Absatz 1 getroffen, so ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Veräußerung verpflichtet, unwirksam, solange nicht die erforderliche Zustimmung erteilt ist“.

    Zum Veräußerungsbegriff führt das DNotI im DNotI-Report 16/2011, 121/122
    http://www.dnoti.de/gutachten/inde…08b?mode=detail
    aus (Hervorhebung durch mich): „Allgemein soll der Begriff der Veräußerung i. S. d. bürgerlichen Rechts ein Rechtsgeschäft bezeichnen, das unmittelbar zum Eigentumserwerb oder zum Erwerb eines dinglichen Rechts führt. Die Veräußerung betrifft also das Verfügungsgeschäft, nicht etwa die zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen wie Kaufvertrag oder Schenkung (vgl. Quack, in: Deutsches Rechtslexikon, Bd. 3, 3. Aufl. 2001, S. 4393; Creifelds, Rechtswörterbuch, 17. Aufl. 2002, S. 1442)..“

    Und da die Ersetzung der Zustimmung eines Eigentümers zur Veräußerung eines Erbbaurechts nach § 7 Absatz 3 Satz 2 EbbauRG i. V. mit § 40 Abs 2 S 2, Abs 3 S 1, 3 und 4 und § 63 Abs 2 Nr 2 FamFG durch Beschluss geschieht, ist auch nicht davon auszugehen, dass ein solcher Fall vorliegt.

    Vielmehr ergibt die Auslegung ohne weiteres, dass das Urteil die Abgabe der Auflassungserklärung beinhaltet.

    Also ist dem Notar zur Erklärung der Auflassung eine Urteilsausfertigung nebst Nachweis der Rechtskraft vorzulegen; s. Gutachten des Deutschen Notarinstituts im DNotI-Report 7/2007, 49 ff oder (Dokumentnummer: 89615, letzte Aktualisierung: 10. November 2008) hier:
    https://www.google.de/url?sa=t&rct=j…TGwvTHg&cad=rjt

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Die vorliegende Diskussion ist eine von vielen, die nur deshalb geführt werden muss, weil der Klägervertreter seinen Klageantrag nicht unter Verwendung der zutreffenden rechtlichen Begrifflichkeiten formulieren kann.

  • Wenn ich mich an dem orientiere, was der Richter Andreas H. auf meine Frage, wie denn seiner Ansicht nach die richtige Titulierung laute, geantwortet hat, ist der Unterschied zu dem Tenor in Nr. 1 dieses Threads aber keiner, der zur Anwendung des § 888 ZPO führen dürfte. Um das VU in diese Richtung auszulegen, tue ich dem Wortlaut des Urteils mehr Tort an als wenn ich den Fall unter § 894 ZPO subsumiere.

    Und dass hier bei dem Begriff "Veräußerung" ein Verkauf gemeint sein könnte, den das Grundbuchamt nicht zu interessieren hat, liegt noch ferner. Es sei denn, man will den Tenor bewusst missverstehen.

    DESIRE IS THE HURDLE TO SALVATION AND TIES ONE TO SAMSARA

  • Ich schließe mich mit der mir vorgelegten Variante eines Versäumnisurteils an:

    "Der Beklagte (R) wird verurteilt, folgendem Teilungsplan zur Auseinandersetzung des Nachlasses des am … verstorbenen H zuzustimmen:
    a) Das Einfamilienhaus … wird an M, Sohn des Klägers W, auf Grundlage des vorliegenden Entwurfes eines Kaufvertrages des Notariats … vom … zum Preis von … EUR verkauft. Der Beklagte bewilligt und beantragt die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch, wonach Käufer M Alleineigentümer wird.
    b) Vom Veräußerungserlös erhalten der Kläger … EUR, der Beklagte … EUR.
    c) Der Beklagte stimmt zu, dass mit Veräußerung des Nachlassgrundbesitzes … und Erhalt des anteiligen Kaufpreises von … EUR seine sämtlichen Ansprüche als Miterbe des … H abgegolten sind und die Auseinandersetzung des Nachlasses beendet ist.
    2. Kosten … "


    Eingetragen im Grundbuch sind R und W in Erbengemeinschaft nach H. Vorgelegt wird der notarielle Kaufvertrag (+ rechtskräftiges VU) von W und R (ersetzt durch VU) an M zur Eintragung der AV. Die anwesenden W und M bestätigen, das der Inhalt der vorgelegte Urkunde dem des Entwurfstandes dieser Urkunde vom … entspricht.

    Enthalten in der vorgelegten Urkunde ist eine Finanzierungsvollmacht für M. Die Finanzierungsgrundschuldurkunde liegt auch bereits vor, hier handelt M aufgrund dieser Vollmacht für R und W.

    M.E. fehlt die Verurteilung zur Auflassung und auch mit der Auslegung dahingehend tue ich mich schwer … . Und spätestens für die Finanzierungsvollmacht (und der damit bestellten Grundschuld) sehe ich keinen Weg mehr.

    Was meint ihr dazu?

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


    Einmal editiert, zuletzt von Alias (19. März 2020 um 09:10) aus folgendem Grund: Rechtschreibfehler berichtigt

  • In der Formulierung „Der Beklagte bewilligt und beantragt die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch, wonach Käufer M Alleineigentümer wird“, und dem Tenor: „Der Beklagte (R) wird verurteilt, folgendem Teilungsplan zur Auseinandersetzung des Nachlasses des am … verstorbenen H zuzustimmen“ liegt mE die Verurteilung zur Abgabe der Auflassungserklärung; s. diesen Thread:
    http://rechtspflegerforum.de/showthread.php…278#post1110278
    und Rz. 20 des Beschlusses des OLG Düsseldorf 3. Zivilsenat vom 21.02.2018, I-3 Wx 4/18, 3 Wx 4/18,
    https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/dues…s_20180221.html

    Mit den verfahrensrechtlichen Erklärungen bringen die Beteiligten zum Ausdruck, dass sie die Eigentumsumschreibung durch Grundbuchvollzug wünschen und sich über den Eigentumsübergang einig sind (Weber im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 01.02.2020, § 925 BGB RN 82 mwN in Fußn. 213).

    Allerdings ist mit dem Urteil dann lediglich die Erklärung des Verurteilten R ersetzt. Bei der Abgabe der Auflassungserklärung durch die Beteiligten W und M unter Vorlage des rechtskräftigen, gegen R ergangenen Versäumnisurteils vor dem Notar scheint mir dann aber einiges schief gelaufen zu sein.

    Zunächst einmal enthält eine Auflassungserklärung nicht schon begrifflich die Bewilligung einer Auflassungsvormerkung oder die Einwilligung in eine solche Bewilligung (BayObLG, Beschluss vom 18. Januar 1979, BReg 2 Z 55/78). Dem Urteil ist auch nicht zu entnehmen, dass eine AV bewilligt werden sollte. Noch weniger ergibt sich aus dem Urteil die Verpflichtung zur Bereitstellung des aufzulassenden Grundstücks für ein Grundpfandrecht, das der Kaufpreisfinanzierung dient (von der dann zu treffenden Sicherungsabrede ganz zu schweigen). Vielmehr ist mE ersichtlich, dass die Eigentumsumschreibung davon abhängen soll, dass der Beklagte R einen Kaufpreisanteil erhält. Eigentlich müsste es sich dann um eine Zug-um-Zug-Verurteilung handeln.

    In einem solchen Fall ist dem Notar nicht nur das rechtskräftige Urteil (s. dazu etwa BayObLG, Beschluss vom 23. 3. 2005, 3Z BR 274/04, OLG Düsseldorf, aaO, Rz 21 mwN), sondern eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils vorzulegen; s. diesen Thread:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…270#post1110270

    Denn wenn die Vollstreckung von einer Zug-um-Zug zu bewirkenden Gegenleistung abhängt, dann gilt die Willenserklärung nach § 894 Absatz 1 Satz 2 ZPO erst mit der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils als abgegeben (Seibel in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 894 ZPO RN 9). Für die Erteilung der Vollstreckungsklausel ist in diesem Fall der Rechtspfleger zuständig (§ 20 I Nr. 12 RPflG; Zöller/Seibel, § 726 ZPO RN 9 mwN). Wird sie stattdessen vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erteilt, ist sie nach verbreiteter Ansicht unwirksam (s. etwa OLG Celle, B. v. 25.05.2011, 4 W 66/11,
    http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal…true#focuspoint
    OLG Hamm, B. v. 01.04.2011, I-15 W 19/11
    https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm…ss20110401.html

    Allerdings geht der BGH im Beschluss vom 23.05.2012, VII ZB 31/11, davon aus, dass die Richtigkeit der erteilten Vollstreckungsklausel grundsätzlich nicht vom Vollstreckungsgericht zu überprüfen ist.

    (s. zum Meinungsstreit Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 16. Auflage 2019, §726 ZPO RN 4 mwN)

    Die vollstreckbare Ausfertigung kann nach § 894 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 726 Abs. 2 ZPO nur erteilt werden, wenn der Gläubiger entweder den Nachweis der Erfüllung des Gegenanspruchs oder des Annahmeverzugs des Schuldners erbringt (s. die Gutachten des DNotI im DNotI-Report 7/2007, 49 ff
    https://www.dnoti.de/fileadmin/user…ort-2007-07.pdf
    und im DNotI-Report 2/2008, 9 ff.)
    https://www.dnoti.de/fileadmin/user…ort-2008-02.pdf

    Dem die Klausel erteilenden Rechtspfleger gegenüber wäre damit nach § 726 Absatz 2 ZPO nachzuweisen, dass der Schuldner befriedigt ist oder sich im Annahmeverzug befindet.

    Diese vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils hätte dann dem die Auflassung beurkundenden Notar vorgelegt werden müssen.

    Da es keine Verurteilung zur Bewilligung einer Auflassungsvormerkung und zur Eintragung der Kaufpreisfinanzierungsgrundschuld gibt, ist mE vorliegend die Genehmigungserklärung des R erforderlich.

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  • Die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung muss aber eine Registereintragung durch Vormerkung oder Widerspruch nach § 895 ZPO ermöglichen (Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 16. Auflage 2019, § 895 RN 2). Zur Abgabe der Willenserklärung verurteilt wurde aber nur der Erbengemeinschafter R. Auf seinem Gesamthandsanteil kann keine Vormerkung zur Sicherung der Übertragung des Eigentums am ganzen Grundstück auf M eingetragen werden. Die Eintragung der AV soll vielmehr anhand der notariellen Urkunde, also nach Maßgabe des § 883 BGB, erfolgen

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke erstmal - da habe ich einiges zu lesen und zu denken ... :cool:.
    Da ich schon beanstandet habe, liegt die Akte leider auf WV im Gericht - und ich sitze zuhause im (coronaren) Home Office … .

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • Folgender Fall:

    Im Grundbuch ist eine Vormerkung für x eingetragen.

    Nun wird mir vom Eigentümer y eine vollstreckbare Ausfertigung eines Versäumnisurteils vorgelegt, in welchem der Beklagte x verurteilt wird, der "Berichtigung des Grundbuchs, durch Löschung der zugunsten des Beklagten x eingetragenen Vormerkung zuzustimmen".

    Der Eigentümer y beantragt, die Vormerkung zu löschen.


    Ich lege also aus, fordere noch einen Nachweis bzgl. der Rechtskraft an und lösche die Vormerkung.


    Liege ich richtig oder habe ich etwas übersehen?

    Vorab vielen Dank.

  • So viel muss man gar nicht auslegen. Man hat den Klageantrag dem Wortlaut des 894 BGB entnommen. Die "Zustimmung" meint natürlich die verfahrensrechtliche Bewilligung. Das Erfordernis des Rechtskrsftzeugnisses ergibtvsich aus 894 ZPO.

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