Erneute vormundschaftsgerichtl. Genehmigung für gesonderte Auflassung?

  • Liebe Grundbuchexperten!

    Ich wäre dankbar für eure Meinung zu folgendem Fall unseres Notariats:

    Notar beurkundet im Jahr 2009 ein "Angebot zur Grundstücksübertragung" zwischen vier Geschwistern. Drei Geschwister bieten ihrem Bruder B zeitlich unbefristet und unwiderruflich an, das elterliche Haus auf ihn zu übertragen.

    Inhalt des angebotenen Übertragungsvertrages ist u. a.:
    - die Eintragung einer Auflassungsvormerkung für den künftigen Übernehmer und
    - die Auflassungsvollmacht, welche wörtlich lautet:
    "Die Auflassung des Objekts kann gleichzeitig mit der Vertragsannahme erklärt werden. Die Übergeber bevollmächtigen hiermit den Übernehmer unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, gleichzeitig mit der Annahme die Auflassung des Vertragsobjekts auch im Namen der Übergeber zu erklären, sowie sämtliche sonstigen Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, die zum Erwerb erforderlich sind."

    Eines der drei anbietenden Geschwister (M) stand bei Angebotsabgabe unter Betreuung. Die M hat an der Beurkundung der Angebotsurkunde gemeinsam mit dem für sie bestellten Betreuer teilgenommen und beide haben das Angebot unterzeichnet. Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung wurde vom Notar beantragt und durch das Vormundschaftsgericht erteilt und zwar für "die Erklärungen des Betreuers für die Beteiligte M betreffend die Übertragung des im Grundbuch von ... Blatt .. eingetragenen Grundbesitzes."

    Das Angebot auf Übertragung wurde jetzt in 2017 vom Empfänger B angenommen. In der Annahmeurkunde erklärt B die Auflassung des Grundstückes unter Bezugnahme auf die Vollmacht in der Angebotsurkunde.

    Das Grundbuchamt verweigert die Eigentumsumschreibung auf den B mit der Begründung, dass die "Genehmigung des Betreuungs-/Vormundschafts- bzw. Familiengerichts nebst Zustellungsnachweis" vorzulegen sei.

    Begründung: "Der Vertrag vom ...2009 wurde vormundschaftsgerichtlich genehmigt. Die Auflassung war in diesem Vertrag jedoch nicht erklärt worden, dem Übernehmer wurde insoweit Vollmacht erteilt. Die Ausnutzung dieser Vollmacht durch Erklärung der Auflassung bedarf nach hiesiger Ansicht der erneuten Genehmigung (entsprechend dem Verfahren bei Bestellung von Finanzierungsgrundschulden)."

    Wir im Notariat sind der Meinung, dass diese weitere Genehmigung nicht erforderlich ist, siehe Beschluss vom 22.01.1985, Bayerisches Oberstes Landesgericht - BReg 1 Z 88/84 -, juris

    Können wir uns auf diesen Beschluss berufen? Wie ist die Meinung der Forenexperten?

    Danke und Grüße
    Polli

    edit: In der SuFu habe ich dies Thema gefunden, aber das hilft mir nicht so richtig weiter.

    Der Klügere gibt nach, aber nicht auf. ;)

    Einmal editiert, zuletzt von polli (31. Mai 2017 um 10:33)

  • Nach dem zitierten Beschluss kommt es darauf an, ob in der damaligen Genehmigung die Genehmigung der Auflassung bereits (konkludent) enthalten ist. Grundsätzlich ist nämlich schon die Genehmigung auch für das Erfüllungsgeschäft erforderlich:

    Zitat von BayObLG


    Die Auffassung des Landgerichts, es sei herrschende Meinung, daß die Genehmigungsbedürftigkeit der Auflassung dann entfalle, wenn das Vormundschaftsgericht das Verpflichtungsgeschäft genehmigt habe, ist allerdings unrichtig. Denn genehmigungsbedürftig ist nach dem Gesetz sowohl das Verpflichtungsgeschäft (§ 1643 Abs. 1 i.V.m. § 1821 Abs. 1 Nr. 4 BGB) als auch das Verfügungsgeschäft (§ 1643 Abs. 1 i.V.m. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB). § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB bezeichnet die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Verfügung über ein Grundstück ohne jede Einschränkung als erforderlich, nimmt also den Fall, in welchem eine rechtlich erzwingbare Verpflichtung zu der Verfügung besteht, nicht aus (BayObLG FamRZ 1977, 141/143 = Rpfleger 1976, 304/305 [= MittBayNot 1976, 71]; KGJ 38, A 219/223).
    Nach herrschender Meinung und ständiger Rechtsprechung liegt aber in der Genehmigung des Verpflichtungsgeschäfts durch das Vormundschaftsgericht, wenn sich nichts Gegenteiliges aus dessen Entscheidung ergibt, regelmäßig auch die Genehmigung des Erfüllungsgeschäfts (RGZ 130, 148/150 f.; KGJ 24, A 238/239; 28, A 6/7; KG JFG 14, 246/248 = HRR 1937, 92; Erman BGB 7. Aufl. Rdnr. 5, Palandt Anm. 2 a a.E., Staudinger BGB 10./11. Aufl. Rdnr. 28, je zu § 1821; Soergel BGB 11. Aufl. § 1821 Rdnr. 3 und § 1828 Rdnr. 18; Firsching Familienrecht 4. Aufl. S. 427; Haegele Grundbuchrecht 6. Aufl. Rdnr. 2041; Meikel/Imhof/Riede/ Grundbuchrecht 6. Aufl. § 18 GBO Anm. 110; Dölle Familienrecht Bd. II § 128 II 2 b aa S. 771).


    Ich persönlich tendiere eher zur Meinung des GBA.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Nach dem zitierten Beschluss kommt es darauf an, ob in der damaligen Genehmigung die Genehmigung der Auflassung bereits (konkludent) enthalten ist. Grundsätzlich ist nämlich schon die Genehmigung auch für das Erfüllungsgeschäft erforderlich:

    Zitat von BayObLG


    Nach herrschender Meinung und ständiger Rechtsprechung liegt aber in der Genehmigung des Verpflichtungsgeschäfts durch das Vormundschaftsgericht, wenn sich nichts Gegenteiliges aus dessen Entscheidung ergibt, regelmäßig auch die Genehmigung des Erfüllungsgeschäfts

    Ich persönlich tendiere eher zur Meinung des GBA.

    Das ist aber das Ergebnis des BayObLG und dieses ist nicht übereinstimmend mit dem des GBA und mit Ulf. Gewöhnlich steht nicht in der Genehmigung drin, dass sie sich nicht auf das Erfüllungsgeschäft bezieht (ich hab das noch nie gesehen und als Betreuungs- bzw. Nachlassrichterin auch nie so gemacht), daher genügt die für das Verpflichtungsgeschäft erteilte Genehmigung.

  • Da das "genehmigte" Angebot noch keine Auflassung enthält, kann diese bei einem unglücklich gewähltem Genehmigungstenor mit Urkundsbezugnahme auch noch nicht erfasst sein, insoweit ist die m.E. hier trotzdem nicht zutreffende Auffassung des GBA schon erklärbar.
    >>Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung wurde vom Notar beantragt und durch das Vormundschaftsgericht erteilt und zwar für "die Erklärungen des Betreuers für die Beteiligte M betreffend die Übertragung des im Grundbuch von ... Blatt .. eingetragenen Grundbesitzes."<<
    Da hätte man als VG seinerzeit schon schöner formulieren können, da hier aber durchaus ausdrücklich die "Übertragung des Grundbesitzes" genehmigt wurde, darf man da insoweit schon dahingehend auslegen, dass auch diese Genehmigung unter die Entscheidung des BayObLG fällt, denn dem Begriff "Übertragung" ist jetzt keine feste juristische Bedeutung zugeordnet aufgrund derer man zwischen Verpflichtung und Verfügung unterscheiden könnte (anders wenn der "Kauf" genehmigt worden wäre).

  • Auf die Beschwerde des Antragstellers wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - GBA - ... vom 13.06.2017 aufgehoben.
    Das GBA wird gebeten, die beantragte Eigentumsumschreibung nicht aus den Gründen der angefochtenen Zwischenverfügung zurückzuweisen.
    Gründe:
    (...)
    Die nach § 71 Abs. 1 GBO statthafte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Das von Grundbuchamt in der angefochtenen Zwischenverfügung aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht.
    Im Ansatz zutreffend kann sich das GBA für seine Forderung nach einer Genehmigung der namens der Beteiligten zu 3. (Anm.: die zum Zeitpunkt der Beurkundung des Angebotes noch unter rechtlicher Betreuung stand und deren Erklärungen vom Betreuungsgericht genehmigt wurden; die Betreuung wurde später aufgehoben) abgegebenen Erklärung allerdings auf die herrschende Ansicht in der obergerichtlichen Rechtsprechung stützen, wonach ein nach § 1821 BGB genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft auch dann noch einer gerichtlichen Genehmigung bedürfe, wenn die Erklärungen von einem Bevollmächtigten abgegeben wurden, dessen Vollmacht bereits gerichtlich genehmigt worden war (vgl. OLG Frankfurt, FGPrax 2014, 57, zit. aus juris RN 12; OLG Hamm FGPrax 2014, 11, juris RN 12; OLG Zweibrücken, FGPrax 2005, 59, juris RN 12; KG Berlin, NJW-RR 1993, 331, juris RN 4ff; BayObLG Rpfleger 1976, 304, 305). Dies setzt indes voraus, dass das Geschäft zum Zeitpunkt seines Abschlusses auch noch einer Genehmigung bedurfte (Senat, Beschluss vom 25.11.2015, 12 W 164/15). Dies ist hier nicht der Fall, da das Genehmigungserfordernis zur Übertragung des Grundstücks nach §§ 1821, 1908i Abs. 1 BGB mit der Aufhebung der Betreuung der Beteiligten zu 3. bereits seit dem ....2009 entfallen war.
    Dieses Ergebnis könnte im Hinblick auf den mit § 1821 BGB bezweckten Schutz des Vermögens des Betreuten bedenklich erscheinen, wenn man mit Auffassungen in der Literatur davon ausginge, dass nur das mithilfe der Vollmacht vollzogene Grundstücksgeschäft einer gerichtlichen Genehmigung bedürfe, weil nur dieses eine Verfügung i.S.v. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB darstelle (vgl. Braun, DNotZ 2005, 730, 739; RGRK/Dickescheid, BGB (12. Aufl.) Vor §§ 1821/1822 RN 7; Staudinger/Veith, BGB (2014) § 1821 RN 29). In Konsequenz dieser Auffassung könnte zu den Zeiten, in denen ein Betroffener unter rechtlicher Betreuung steht, eine - insbesondere unwiderrufliche - Vollmacht erteilt werden, deren Wirkungen über den Zeitraum der Betreuung hinausreichen würde und die es dem Bevollmächtigten gestatten würde, nach Beendigung der Betreuung mit Wirkung für den Betreuten oder seiner Erben über dessen Grundvermögen zu verfügen, ohne dass es einer Genehmigung des Gerichts, des Betroffenen oder seiner Erben bedürfe. Diese Bedenken bestehen hingegen nicht, wenn man bereits in der (unwiderruflichen) Vollmachtserteilung eine Verfügung i.S.v. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB erblicken würde, welcher einer gerichtlichen Genehmigung bedürfte (so bereit RGZ 90, 395, 399f; vgl. auch BayObLG, FamRZ 1977, 141 zit. aus juris RN 42; OLG Celle, DNotZ 1974, 731, 733, MüKo/Wagenitz, BGB (6. Aufl.) § 1821 RN 12 [a.A. hingegen Krolls-Ludwigs an gleicher Stelle in der Nachfolgeauflage]). In diesem Falle wurde der Schutzzweck von § 1821 BGB bereits frühzeitig verwirklicht, indem schon die Erteilung einer Vollmacht, die den Bevollmächtigten zu Verfügungen über das Grundvermögen des Betroffenen ermächtigt, einer gerichtlichen Kontrolle unterfällt (Senat, a.a.O.).
    Einer abschließenden Entscheidung des dargestellten Meinungsstreites bedarf es letztlich im vorliegenden Falle nicht, da bereits eine betreuungsgerichtliche Genehmigung der Verkaufsvollmacht mit dem Beschluss des AG ... vom 27.04.2009 vorliegt und die Vollmacht überdies nur widerruflich erteilt worden war. Der Beteiligten zu 3. - die schon im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur Urkunde vom ... (Anm.: Angebotsurkunde) persönlich angehört wurde - hätte es daher nach Aufhebung ihrer Betreuung seit 2009 jederzeit freigestanden, die in ihrem Namen erteilte Vollmacht zu widerrufen. Eines weitergehenden Schutzes ihrer Vermögensinteressen bedarf es nicht.

    Der Klügere gibt nach, aber nicht auf. ;)

  • Schön, dass man jetzt im nachhinein erfährt, dass die Betreuung bereits im Jahr 2009 (zeitlich nach der erteilten betreuungsgerichtlichen Genehmigung) aufgehoben wurde. Unter dieser Prämisse ist natürlich völlig klar, dass die erst im Jahr 2017 erklärte Auflassung keiner weiteren betreuungsgerichtlichen Genehmigung bedurfte - es gibt ja keine Betreuung mehr.

    Diese Lösung hätten wir Dir auch ohne eine OLG-Entscheidung präsentieren können!

  • Das wussten wir zum Zeitpunkt meiner Fragestellung auch noch nicht. Es hat sich erst später herausgestellt, hat aber das Grundbuchamt dennoch bei seiner Meinung bleiben lassen, so dass die OLG-Entscheidung erforderlich war.

    Der Klügere gibt nach, aber nicht auf. ;)

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