überpfändete Hinterlegungssumme

  • Hallo,

    ich mache noch nicht lange Hinterlegungssachen und habe eine umfangreiche Sache übernommen.

    Im Jahre 2016 wurde von Seiten einer Behörde ein Betrag in Höhe von 230.000 EUR (Grund "Gläubigerungewissheit") hinterlegt. Empfangsberechtigt sind Die Frau G und Herr H (Anm.: natürliche Personen). Zwischenzeitlich ist mal etwas Geld hinzugekommen und etwas herausgegeben. Soweit so gut.

    Anfang 2017 fing es dann an, dass hier reihenweise Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse eintrudelten, die wahlweise gegen einen der Empfangsberechtigten (mal Frau G mal Herr H) oder auch gegen eine GbR mit den Gesellschaftern Frau G und Herr H. gerichtet waren. Drittschuldnererklärungen wurden übersandt und auf § 22 des HessHintG wurde verwiesen.

    Nach dem Hessischen Hinterlegungsgesetz § 22 kann ich Geld aus der Hinterlegungssumme nur herausgeben, wenn die Empfangsberechtigten dies bewilligen bzw. anerkannt haben oder wenn "Die Empfangsberechtigung der Antragstellerin oder des Antragstellers durch rechtskräftige Entscheidung mit Wirkung gegen den Beteiligten oder das Land festgestellt ist." Ersteres wird immer unwahrscheinlicher weil die beiden sich streiten, ständig misstrauen, sodass ich von beiden noch mit öffentlich beglaubigter Erklärung nach § 23 Satz 2 HessHintG versehene Erklärungen verlange. Aber Frau G rührt sich nicht und Herr H kündigt immer große Maßnahmen an und macht nichts.

    Im hier verfügbaren Kommentar zur Hinterlegungsordnung (Kommentar zum HessHintG gibt es nicht) steht ausdrücklich, dass von diesem letzteren Herausgabefall ein stinknormaler Pfändungs-und Überweisungsbeschluss nicht erfasst ist. Auch die einhellige Meinung der Kollegen ist, dass hier ausschließlich aufgrund eines PfÜb keine Herausgabe erfolgt.

    Wie ist es nun richtig??? Wie muss der Gläubiger vorgehen???

    Erschwerend kommt hinzu, dass die Schuldner in den PfÜbsen variiieren und dass mittlerweile 7 Pfändungen vorliegen, die die Hinterlegungssumme um ca. 130.000,00 EUR übersteigen. Die Anfrage, ob ein Verteilungsverfahren nach §§ 872 ff. ZPO möglich ist, wurde mir vom Vollstreckungsgericht wieder zurückgegeben mit der Antwort, dass das Verfahren nur möglich ist, wenn die Vollstreckung zeitlich vor der Hinterlegung erfolgt ist.

    Nun weiß ich nicht weiter. Einer der Gläubigervertreter hat angekündigt, dass er eine rechtsmittelfähige Entscheidung bezüglich meiner Nichtherausgabe beantragen wird, damit die von ihm vertretenen Gläubiger PKH beantragen können.

    Gibt es hierzu hilfreiche Richtungsweisungen?

  • Auf die Schnelle:
    Die Pfändungsgläubiger treten letztlich doch nur in die Position der Empfangsberechtigten. Erst wenn an diese Geld fließen kann/könnte, geht es stattdessen an die Gläubiger.
    Der Punkt bei deiner Hinterlegung ist ja genau, dass nicht bekannt ist, an welchen Empfangsberechtigten welche Summe ausgezahlt werden darf. Solange das nicht geklärt ist, können auch Gläubiger des einen oder anderen Empfangsberechtigten nichts bekommen.
    Interessant würde es, wenn ein Gläubiger die Auszahlungsansprüche beider Empfangsberechtigter gepfändet hätte. Das scheint aber ja nicht der Fall zu sein.
    Die Pfändungen gegen die GbR würde ich spontan außen vor lassen, da die GbR lt. Sachverhalt offenbar nicht Empfangsberechtigte ist. Das würde ich aber durchaus noch einmal prüfen.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ich würde die Auszahlung ablehnen mit der Begründung, dass nach dem Hessischen Hinterlegungsgesetz § 22 ... (übereinstimmende Erklärungen... rechtskr. Entscheidung) ... vorliegen müssen, dass beides nicht gegeben ist und dass die Pfändungsgläubiger durch die Pfändungin genau diese Rechtspositionen eingetreten sind, nämlich Nicht-Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen. Das reicht als Begründung. Dass die vollstreckbaren Forderungen die Hinterlegungsmasse übersteigen, ist dabei uninteressant.

  • Danke schon mal für die Antworten...

    nochmal zwei Gedanken:

    1.
    Und was ist, wenn der Gläubiger gegen beide empfangsberechtigte Personen einen Pfändungs-und Überweisungsbeschluss erwirkt hat (Grundlage Vollstreckungsbescheid aus einem Arbeitsgerichtstitel)?
    Wenn er dann in die Rechtsposition eintritt, könnte er dann nicht die übereinstimmenden Erklärungen abgeben?

    2.
    Ein Pfüb, der gegen die GbR gerichtet ist, würdet ihr auch nicht akzeptieren, oder?

  • Bei einem PÜ gegen beide Empfangsberechtigten habe ich schon ausgezahlt. Ich wüsste auch nicht, warum nicht.

    Eine GbR ist nicht Empfangsberechtigte, also geht die Pfändung ins Leere. Das sollte auch so in den DS-Erklärungen stehen, die würde ich nochmal ansehen.

    "Just 'cos You got the Power, that don't mean You got the Right!" ((c) by Mr. Kilmister)

    Aus traurigen gegebenem Anlass ergänzt: "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy)

  • Update:

    Ich hab die bisherigen Auszahlungsanträge, mit der Begründung, dass der Titel gegen die GbR und nicht gegen die Empfangsberechtigten gerichtet sind, zurückgewiesen. Der Gläubigervertreter hat Beschwerde nach § 5 der Hessischen Hinterlegungsordnung eingelegt. Im Verwaltungswege hat mich der Präsident gehalten und die Beschwerde zurückgewiesen.

    Jetzt bin ich mit der ZV ein bisschen auf Kriegsfuß, vielleicht könnt ihr mir helfen.

    Nun reicht der Gläubigervertreter den ersten PfÜb ein, der nun korrekt auf die beiden Empfangsberechtigten lautet. Wenn nur dieser da wäre, könnte ich die gepfändete Forderung aus der Hinterlegungsmasse herausgeben.
    Wie verhält es sich mit den bisherigen PfÜbs? Ich habe ein paar PfÜbs die gegen die GbR lauten; ich habe aber auch Pfändungs- und Einziehungsverfügungen, die gegen jeweils einen der beiden Empfangsberechtigten lauten. Alles was bisher kam, war alleine nicht zur Herausgabe geeignet.
    Aber wirken die bisherigen Pfübs? Haben sie eine Art Sperrwirkung auf der Hinterlegungsmasse oder sag ich, dass der erste korrekte PfÜb jetzt "bedient" wird und die bisherigen halt Pech haben.

    Bin für jede hilfreiche Antwort dankbar.

  • Du hast natürlich die Rangfolge der dir vorliegenden PÜs zu berücksichtigen. Der Gläubiger, der nun erstmals die Herausgabeansprüche beider Eventualberechtigter hat pfänden lassen, bedarf zu einer Auszahlung an sich die Zustimmung sämtlicher früherer (und damit vorrangiger) PÜ-Gläubiger, auch wenn diese jeweils nur den Anspruch eines der beiden Eventualberechtigten gepfändet haben. Nicht zu beachten sind hingegen Gläubiger einer am Verfahren nicht beteiligten GbR.

  • Hört sich logisch an. Danke erstmal.

    Wenn die angehörten Gläubiger nicht binnen einer Frist Stellung nehmen, wird dann deren Zustimmung angenommen oder muss explizit zugestimmt werden?

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