Teilungsmasse-pagatorische Buchführung

  • Hallöchen,

    in diesem Fall hatte der IV seine Beschwerde zurückgenommen. Ich wurde aber in einer anderen Sache vom Landgericht bestätigt. Hier ging es um nicht verbrauchte Gerichtskosten, welche der Masse zurückerstattet worden sind.

    Gerichtskostenerstattungen, die aufgrund nicht verbrauchter Vorauszahlungen erfolgen, können die Berechnungsgrundlage jedoch nicht erhöhen, denn bei derartigen Erstattungen handelt es sich letztlich nicht um Einnahmen, die aus der Verwertung der Masse resultieren und sie somit erhöhen. Vielmehr werden in diesen Fällen Gelder an die Masse zurückerstattet, die von ihr letztlich gar nicht geschuldet sind. Somit handelt es sich bei derartigen Erstattungen letztlich um die Minderung von Ausgaben, nicht aber um die Masse erhöhende Einnahmen.

    Dasselbe hat auch dann zu gelten, wenn die Erstattung nicht deshalb erfolgt, weil verauslagte Kosten nicht verbraucht werden, sondern weil die Erstattung aufgrund eines Schuldverhältnisses mit einem Dritten erfolgt (Rechtsanwaltskosten). Auch diese Erstattungen stellen letztlich keinen Massezufluss dar, sondern fangen lediglich aus der Masse getätigte Ausgaben wieder auf (vgl. zum Ganzen Reck,ZInsO 2011, 767 ff und LG Münster vom 27.04.2012, Gz: 5 T 159/11).

    Zwar ist einzuräumen, dass diese Auffassung im Gesetzeswortlaut des § 1 Abs. 2 InsVV keine ausdrückliche Stütze findet. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie dem Willen des Gesetzgebers widerspricht oder dass dem Gesetz eine Minderung der Ausgaben gänzlich unbekannt ist. In § 2Nr. 3 VergVO war ausdrücklich geregelt, dass derartige Erstattungen nicht zu einer Erhöhung der vergütungsrelevanten Masse führen dürfen. Diese Regelung wurde in die InsVV lediglich deshalb nicht übernommen, weil diese Aussage als selbstverständlich angesehen wurde (vgl. Stephan/Riedel, InsVV, 1. Aufl. 2010,§ 1 Rn 56 f, InsVV Online-Kommentar Graeber/Graeber § 1 Rd.-Nr. 12).
    Die vertretene Betrachtungsweise ist auch deshalb geboten, weil andernfalls die vergütungsrelevante Masse durch Verauslagung und anschließende Erstattung von Kosten in nicht mehr zu kontrollierender Weise erhöht werden könnte.
    Vielmehr hat der Grundsatz zu gelten, dass jeder Massezufluss, der wirtschaftlich betrachtet aus einer sonstigen Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 InsO stammt, nicht als neue Insolvenzmasse anzusehen und damit erneut in der Berechnungsgrundlage gem. § 1 InsVV zu berücksichtigen ist. Durch den Rückfluss eines solchen Betrages zeigt sich nur, dass dieser Betrag nicht für eine sonstige Masseverbindlichkeit benötigt wird; eine Vermehrung der Insolvenzmasse, welche eine zusätzliche Berücksichtigung in der Berechnungsgrundlage rechtfertigen würde, ist damit jedoch nicht verbunden. (aktueller Online-Kommentar Graeber/Graeber § 1InsVV Rd.-Nr. 17, 17a)
    Der Rückfluss ist also gerade keine Masseverbindlichkeit des § 55 Abs. 1 InsO, sondern eine Rückzahlung einer ursprünglich gezahlten Masseverbindlichkeit.
    Weiterhin würden die durch die Massemehrung entstehenden Verfahrenskosten von der Masse und damit von den Insolvenzgläubigern auszugleichen sein. Es gibt jedoch keinen insolvenzrechtlichenGrund, warum das Risiko der Erhöhung der Verfahrenskosten die Masse und damit in erster Linie die Insolvenzgläubiger tragen sollen
    Zudem verweist der BGH in seiner Entscheidung vom 05.03.2015, Az.: IX ZR 164/14 ja gerade unter Rd.-Nr. 23 auf die Kommentarliteratur für den hiesigen Fall (=rückfließende Beträge mit Rechtsgrund können die Berechnungsgrundlage nicht erhöhen).

    M.E. kann es nicht richtig sein, dass dievergütungsrelevante Masse durch Verauslagung und anschließende Erstattung von Kosten in nicht mehr zu kontrollierender Weise durch denInsolvenzverwalter erhöht werden kann.


    Einmal editiert, zuletzt von Manja (6. April 2018 um 11:52)

  • Also ein Rückfluss bedeutet für mich, dass etwas zurückfließt, also von dem ursprünglichen Empfänger zurückgezahlt wird. Insoweit stimme ich zu, dass nicht verbrauchte Gerichts-, Anwalts-, Stromkosten pp die Masse nicht erhöhen.

    Auf einem völlig anderen Blatt steht es, wenn die Masse gegen einen Dritten einen Kostenerstattungsanspruch hat. Hier fließt nämlich nichts zurück. Wäre es so, wären auch die ganzen Entscheidungen des BGH zur Einbeziehung der Vorsteuer aus der Verwaltervergütung Makulatur. Da hilft Graeber über § 1, Rn 17, 17a auch nicht weiter, zumal das dort gewählte Beispiel auch tatsächlich einen Rückfluss nach meinem o.g. Verständnis darstellt.

    Und auch IX ZR 164/14, Rn. 23. reißt das Problem nur an (..das Problem wird in der Literatur erörtert..), ohne dies weiter zu erörtern

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Okay, es gibt unterschiedliche Fallkonstellationen.

    1. Die Masse verauslagt Gerichtskostenvorschüsse und bekommt a) nicht verbrauchte Vorschüsse vom Empfänger zurück oder aber b) vom tatsächlichen Kostenschuldner zurück, weil die Masse letztlich gar nicht Kostenschuldner geworden ist.
    2. Die Masse verauslagt Rechtsanwaltskosten und bekommt diese zurück, weil es ein Schuldverhältnis mit einem Dritten gibt.


    M.E. muss auf die endgültige Kostenschuld abgestellt werden.

  • Achso, zu 2. gibt es dann 2 Alternativen:
    a) Die Rechtsanwaltskosten gelangen gar nicht erst auf das Anderkonto, weil der Driite an den RA zahlt und dieser sofort verrechnet (pagatorische Buchführung; Ausgangsfall)
    b) Die Rechtsanwaltskosten gehen auf das Anderkonto, weil die Masse sie zuvor verauslagt hat.

  • M.E. kann es nicht richtig sein, dass ...durch Verauslagung ....

    Also, verauslagt wird hier nichts. Ich verauslage meinem Kumpel die Kosten für das Bier, weil er sein Portemonnaie zu Hause hat liegen lassen und der gibt es mir später zurück, sofern sich das Insolvenzrisiko nicht verwirklicht.Ansonsten produziere ich bei der Beauftragung eines Anwalts Masseverbindlichkeiten.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ob nun die (nicht verbrauchten) Anwaltskosten aus einer Vorschussrechnung wieder zurück an die Masse fließen oder der Gegner diese erstatten muss, macht aus Sicht der Masse wertmäßig keinen Unterschied.
    Die Zurechnung der erstatteten Anwaltshonorare zur Berechnungsgrundlage erhöht nur tendenziell das Risiko für die Masse weniger erfolgversprechende Klagen zu finanzieren und wäre das falsche Signal.

  • Ob nun die (nicht verbrauchten) Anwaltskosten aus einer Vorschussrechnung wieder zurück an die Masse fließen oder der Gegner diese erstatten muss, macht aus Sicht der Masse wertmäßig keinen Unterschied.
    Die Zurechnung der erstatteten Anwaltshonorare zur Berechnungsgrundlage erhöht nur tendenziell das Risiko für die Masse weniger erfolgversprechende Klagen zu finanzieren und wäre das falsche Signal.

    exakt: der rückfluss aus dem KfB ist erfolgsneutral zu buchen bzw. als negative ausgabe

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    :daumenrau

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