Aufgebot verstorbener Eigentümer § 927 BGB

  • Hallo,

    ich bin hier Dezernatsanfängerin und habe folgenden Fall:

    Mein Antragsteller (A) hat 1967 ein Flurstück (1) erworben, in der Annahme auch das Flurstück (2) erworben zu haben. Diese Flurstücke grenzen direkt aneinander und werden seit 1967 auch von ihm genutzt und bewirtschaftet.
    Jetzt hat die Gemeinde ihm aber mitgeteilt, dass er gar nicht Eigentümer des Flurstücks (2) ist sondern (B) Eigentümer ist. (B) ist allerdings bereits 1961 verstorben, Erbschein liegt mir vor. Erben seine nachverstorbene Ehefrau, eine Halbschwester, die Tochter des vorverstorbenen Halbbruders und die weiteren vier Kinder eines verstorbenen Halbbruders geworden.
    (A) versichert jetzt an Eides statt, dass er das Grundstück seit 1967 selbst nutzt und auch wurden in den letzten 30 Jahren keine Eintragungen im Grundstück vorgenommen. Weiterhin teilt die Gemeinde mit, dass (A) aber auch keine Grundsteuer oder Abgaben für das Flurstück gezahlt hat.

    Meine Fragen wären jetzt:

    Ist hier ein Aufgebotsverfahren möglich? Was ist mit den Erben, sollte ich hier erstmal versuchen zu ermitteln? Oder muss denen für das Verfahren ein Pfleger bestellt werden (hab ich mal irgendwo gelesen)?

    Über Antworten wäre ich erfreut:-)

  • Hallo!
    Das ist kein Fall von 927 BGB! Der Eigentümer ist nicht unbekannt, er ist lediglich verstorben und die Erben haben versäumt das GB berichtigen zu lassen. A muss die Anschriften der Erben des B selbst ermitteln und sich mit denen in Verbindung setzen und entsprechende notarielle Verträge schließen, wenn er Klarheit bezüglich dieses Grundstückes (Flurstück 2) haben will.

    Grüße Döner

  • Heyho,

    das habe ich ihm zuerst auch gesagt. Und dann quengelte er, dass eine Erbenermittlung für ihn einfach nicht zumutbar wäre.

    1. BGB § 927 macht für den Fall, daß der im Grundbuch eingetragene Eigentümer verstorben ist, die Einleitung eines Aufgebotsverfahrens nicht davon abhängig, daß die Erben und Erbeserben des eingetragenen Eigentümers unbekannt oder nicht feststellbar sind. -> Gerade gelesen, finde aber die ganze Entscheidung nicht

  • Das ist kein Fall von 927 BGB! Der Eigentümer ist nicht unbekannt, er ist lediglich verstorben ...

    § 927 BGB setzt gerade nicht voraus, dass der (tatsächliche) Eigentümer unbekannt, sondern (u.a.) dass der eingetragene Eigentümer verstorben und seit mind. 30 Jahren keine entspr. Eintragung im Grundbuch erfolgt ist.

    Würde nach dem SV davon ausgehen, dass das Verfahren nach § 927 BGB zulässig ist. Wie das Verfahren durchzuführen ist, weiß ich leider nicht, da ich keine Aufgebote mache... Die Erben sind -m.W.- aber anzuhören/beteiligen. Wie man das umsetzen muss, weiß ich leider nicht, tut mir leid. Nachweis des Eigenbesitzes wäre mit Zahlung der Grundbesitzabgaben sicher auch einfacher.

  • § 927 BGB setzt 30-jährigen Eigenbesitz vorraus. Der Antragsteller hat 30-jährigen Eigenbesitz. Aufgebot erlassen und fertig. Hier ist niemand anzuhören, da keine Anschriften vorliegen. Es erfolgt keine Amtsermittlung. Wer sich als Erbe nicht um sein Grundstück kümmert (dazu gehört auch das Hinterlassen einer aktuellen Anschrift beim Grundbuchamt), hat Pech gehabt.

  • Guten Morgen!

    A konnte das Grundstück Flurstück2 1967 gar nicht erwerben, da der eingetragene Eigentümer ja bereits 1961 verstarb. Daher finde ich es mit dem guten Glauben schon etwas weit hergeholt.

    Ich finde er muss erst mal seine Bemühungen glaubhaft machen, dass alle Erben, die auf dem Erbschein stehen, tatsächlich nicht ermittelbar sind.

    Möglicherweise wissen die Erben gar nichts von der Existenz dieses Grundstücks!

    Bei der vorgeschlagenen Vorgehensweise von Mr.X wäre ich vorsichtig.

    Grüße Döner

  • Auch ich hätte bei Mr. X Vorgehen Bauchschmerzen. Schließlich ist das Eigentum grundrechtlich geschützt. Natürlich ist es ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Und Ermittlungen zu den Erben sollten erfolgen. Sonst wäre es meiner Meinung nach ein Verstoß gegen das GG.

    Der Eigenbesitzer erwirbt ja das Grundstück ohne zu zahlen. Das sollte man auch bedenken.

    How can I sleep with Your voice in my head?

  • Ich habe hier auch ein Aufgebotsverfahren zum Ausschluss eines Grundstückseigentümers.
    Im Grundbuch sind zahlreiche Eigentümer ohne Anteilsverhältnis eingetragen, ich gehe jedoch von Anteilsgläubigern aus. Einer dieser Eigentümer (bereits im 18. Jahrhundert eingetragen und daher offensichtlich tot) soll nun ausgeschlossen werden, die Stadt hat einen entsprechenden Antrag gestellt. Grundbesitzabgaben wurden nicht gezahlt, eine entsprechende Auskunft wurde vorgelegt. Der größte Teil des Grundstücks wurde bereits vor mehr als 30 Jahren von der Stadt als Verkehrsfläche umfunktioniertund mit einer Teerdecke versehen. Im Bebauungsplan werden die Flächen als öffentliche Flächen ausgewiesen.

    Es wurden intensive Ermittlungen zu der Identität des eingetragenenEigentümers angestellt und zu seinen Erben (Anfragen Nachlassgerichte etc.)Erbnachweise nach dem eingetragenen Eigentümer existieren nicht, lediglich ein paar Nachweise hinsichtlich der Erfolge von mehreren seiner Enkel. Vier Anschriften von möglichen Erben liegen auch vor.

    Im Kommetar Keidel steht unter § 442 FamFG, dass ich als Aufgebotsgericht in jedem Fall die „bekannten“ Erben anhören muss, notfalls wäre ein Abwesenheitspfleger zu bestellen und für unbekannte Erben habe ich das Nachlassgericht zu veranlassen, durch einen Nachlasspfleger die unbekannten Erben suchen zulassen oder Fiskuserbrecht feststellen zu lassen.

    Ich bin etwas irritiert. Ist es nicht gerade Sinn der ganzen Geschichte, dass durch ein öffentlich bekannt zu machendes Aufgebot allemöglichen bekannten und unbekannten Erben in die Lage versetzt werden, Rechte an dem Grundstück geltend zu machen? Werden die Erben und damit Beteiligten des Verfahrens nicht durch dieses Aufgebot schon hinreichend vor Erlass des Ausschließungsbeschlusses an dem Verfahren beteiligt?

    Liebe Grüße

    Einmal editiert, zuletzt von Pittys29 (26. Juli 2018 um 08:50) aus folgendem Grund: Diverse Leerzeichen ergänzt

  • Bei einer so alten Eintragung kannst Du nicht einfach von Bruchteilseigentum ausgehen. Die Eintragung enthält nicht ohne Grund gerade keine Angabe von Anteilen. Das klingt eher nach einer dieser diversen altrechtlichen Gemeinschaften, die teilweise wohl auch eher gesamthänderisch ausgestaltet waren.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Bei einer so alten Eintragung kannst Du nicht einfach von Bruchteilseigentum ausgehen. Die Eintragung enthält nicht ohne Grund gerade keine Angabe von Anteilen. Das klingt eher nach einer dieser diversen altrechtlichen Gemeinschaften, die teilweise wohl auch eher gesamthänderisch ausgestaltet waren.


    Der Antragsteller hat bereits versucht, das Anteilseigentum durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachzuweisen.
    Aus der Grundakte ergibt sich, dass bereits vor knapp 40 Jahren ein weiterer Eigentümer per Urteil ausgeschlossen worden ist.
    Ich wüsste nicht, wie man das Anteilsverhältnis noch anderweitig bestimmen könnte. Irgendwie muss der Knoten ja gelöst werden.

  • Kannst Du aus dem alten Urteil Honig saugen?

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  • Kannst Du aus dem alten Urteil Honig saugen?

    Es hat etwas länger gedauert, da die Grundakte nicht griffbereit war:
    Aus dem Urteil kann ich nur entnehmen, dass der Eigenbesitz auch damals schon durch die Stadt über fast alle Flurstücken des Grundstücks ausgeübt worden ist. Zum Anteilsverhältnis schweigt das Urteil. Insgesamt ist das Urteil recht kurz gehalten. Die Verfahrensakte zu dem alten Aufgebotsverfahren ist bereits vernichtet.

    Bei alten Übertragungen anderer Eigentümer steht im Grundbuch, dass das "Miteigentum" übertragen worden ist.

  • Läßt sich auch der Grundakte nicht entnehmen, um welche Art von Eigentum es sich handelt? Nach welchem Recht erfolgte die Eintragung?
    Mir kommt es einfach merkwürdig vor, einen Miteigentümer einfach so auszuschließen, ohne zu wissen, in welchem Verhältnis die Eigentümer zueinander stehen. Könnte ich denn einen Miterben einfach ausschließen?

    Und noch zurück zur Ausgangsfrage: Das FamFG sollte doch gerade die Verfahrensrechte (potentiell) Beteiligter stärker schützen.

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  • Läßt sich auch der Grundakte nicht entnehmen, um welche Art von Eigentum es sich handelt? Nach welchem Recht erfolgte die Eintragung?
    Mir kommt es einfach merkwürdig vor, einen Miteigentümer einfach so auszuschließen, ohne zu wissen, in welchem Verhältnis die Eigentümer zueinander stehen. Könnte ich denn einen Miterben einfach ausschließen?

    Und noch zurück zur Ausgangsfrage: Das FamFG sollte doch gerade die Verfahrensrechte (potentiell) Beteiligter stärker schützen.

    Das Nachlassgericht hat nunmehr einen Nachlasspfleger eingesetzt für die unbekannten Erben des Verstorbenen. Dieser hat auch prompt die "Rechte der unbekannten Erben" angemeldet.
    Wie geht es denn jetzt weiter? Das Aufgebot ist noch nicht erfolgt, insbesondere wegen der Problematik mit dem Anteilsverhältnis. Und nein, in der Grundakte habe ich bislang nichts gefunden, was mir hinsichtlich des Anteilsverhältnisses weiterhelfen kann. Ich bin aber weiterhin an der Sache dran. Die Unterlagen zu lesen ist bedingt durch das Schriftbild denkbar schwer...

  • Hat so etwas noch keiner gehabt? Dürfte doch gar nicht so selten vorkommen, wenn man nach dem FamFG in jedem Fall zur Wahrung der Rechte des Eigentümers einen Pfleger an dem Verfahren zu beteiligen hat.

    Meines Erachtens müsste die Nachlasspflegerin mit Blick auf § 440 FamFG darlegen, dass der Antrag der Stadt unbegründet ist, da die Antragsvoraussetzungen nicht vorliegen (z. B. kein Eigenbesitz seit 30 Jahren). Das bloße Anmelden der Rechte der unbekannten Erben stellt meines Erachtens kein Hindernis für einen Ausschluss dar, sodass diese Anmeldung unbeachtlich wäre.

    Was sagt ihr?

    Ergänzung: Ich rudere etwas zurück, nachdem ich den Beschluss vom Brandenburgischen OLG vom 16.04.2012 - 6 Wx 3/11 - gefunden habe. Wenn, wie hier, nicht die Antragsvoraussetzungen bestritten werden, müsste ich das Aufgebotsverfahren durchführen und lediglich im Ausschließungsbeschluss die angemeldeten Rechte vorbehalten.
    Aber sind ersthaft die Rechte der unbekannten Erben vorzubehalten!? Ich bin überfragt und hoffe wirklich auf eure Hilfe.

    Einmal editiert, zuletzt von Pittys29 (10. September 2018 um 18:25) aus folgendem Grund: vgl. Ergänzung

  • Vom Aufgebotsverfahren selbst habe ich sehr wenig bis keine Ahnung, kann Dir insoweit also leider keine Hilfe sein. Aber da Du jetzt einen Pfleger hast, der beteiligt wird, gibt es jemanden, der die Rechte in Deinem Verfahren wahrnimmt. Wie genau dürfte sein Problem sein. Vielleicht sollte der doch sehr allgemeine Vortrag der "Anmeldung der Rechte" (?) konkretisiert werden. Bisher scheint mir das auch eher nur eine reflexartige Einreichung zur "Fristwahrung".

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

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  • Und dann quengelte er, dass eine Erbenermittlung für ihn einfach nicht zumutbar wäre.

    Genauso bei mir auch passiert. Und der Antragssteller hat sogar eidesstattlich versichert, über die Erbfolge keine Kenntnisse zu haben. Ich habe dann nach etwas Recherche Erbscheine ausfindig gemacht und bekam eine ganz merkwürdige Reaktion des A'Stellers - der diese nämlich schon kannte und sich überhaupt nicht über meinen 'Fund' freute.

    Es stellte sich heraus, dass einige Erben im Ausland sitzen und der Herr aufgrund des geringen Werts des Grundstücks wenig Lust hat, sich mit denen auseinanderzusetzen. Der Notar hätte ihm geraten, es mal so zu versuchen.

    Die Sache ist noch nicht ausgestanden.

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