Pauschgebühr bei Einreichung Klage ohne Vollmacht nach SGG

  • Per Fax legt ein vollmachtloser Vertreter Klage gegen eine Rentenversicherung ein. Er wird daraufhin aufgefordert die Klage unterschrieben im Original nebst Vollmacht einzureichen. Drei Tage später wird die Klage für erledigt erklärt, da wohl Name und Adresse des Vertretenen vertauscht wurden.

    Meine Frage ist jetzt einfachhalber, ob Pauschgebührenpflicht nach § 184 SGG für die Rentenversicherung besteht?

    Auf den ersten Blick könne man ja annehmen, dass es ja nicht sein könne, dass die pauschgebührenpflichtige Beteiligte zahlen müsste, obwohl sie nicht mal weiß, das eine Klage - irrtümlich - erhoben wurde.

    Aber:

    Kläger und Beklagter, die nicht zu den in den § 183 SGG genannten Personen gehören, haben für jede Streitsache, die rechtshängig geworden ist, eine Gebühr zu entrichten, vgl. § 184 SGG. Eine Klage wird dann rechtshängig, wenn sie beim Sozialgericht eingegangen ist, vgl. § 94 SGG. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Bevollmächtigte überhaupt ausreichende Vertretungsmacht für die Klägerpartei hatte (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG 12. Auflage § 94 Rn. 3). Danach ist im Grundsatz die Rentenversicherung pauschgebührenpflichtig, auch wenn eine Zustellung bis zur Erledigung der Streitsache nicht erfolgte (Meyer-Ladewig aaO, Tschischgale Kostenrecht in Sozialsachen, Kap. IV Nr. 3d) S. 47).

    Zu fragen ist daher, ob eine Niederschlagung durch den Präsidenten des Sozialgerichts gemäß § 190 S. 1 SGG erfolgen könnte, da die Beklagte ohne ihr Zutun in den Rechtsstreit gezogen wurde.

    Voraussetzung zur Niederschlagung der Pauschgebühr hierfür wäre, neben der fehlenden Schuld eines pauschgebührenpflichten Beteiligten am Anfall der Pauschge-bühr, nach § 190 S. 1 SGG die unrichtige Sachbehandlung der Sache. Danach muss die unrichtige Sachbehandlung wohl vom Gericht ausgehen (vgl. Tschischgale, aaO Kap. IV Nr. 3h S. 48, Meyer-Ladewig aaO. § 190 Rn. 2). Diese liegt hier nicht vor; eine gesetzliche Norm oder ein grober Fehler ist bei der Behandlung der Sache weder verletzt noch unterlaufen, so dass die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen zur Niederschlagung der Pauschgebühr wohl nicht gegeben sind. Ein Absehen von der Einziehung nach § 190 S. 2 SGG scheint ebenso nicht gegeben, da die einzuziehende Pauschgebühr in Höhe von 75,- EUR keinen unverhältnismäßigen Mehraufwand verursacht.

    Was meint ihr?

  • Ich sehe auch die Pauschgebührenpflicht und keine Möglichkeit der Niederschlagung. Dazu habe ich letztlich (2014) die folgende Stellungnahme (meine Rechtsauffassung wurde durch die Kostenkammer bestätigt, da der Kostenschuldner Erinnerung eingelegt hatte) abgegeben:

    Die Pauschgebührenpflicht gem. § 184 SGG entsteht ohne Rücksicht auf die Begründetheit bzw. Zulässigkeit der Klage (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl., 2012, § 184, Rz.’n 5 und 6). Dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz durch den Antragsteller gegen einen unzuständigen Antragsgegner erhoben wurde, ist dabei unbeachtlich, da die Pauschgebühr vorrangig den Zweck hat, die Kosten der Gerichtshaltung für das Land als Träger der Gerichtsbarkeit zu reduzieren.

    Nach dem Regelungssystem des § 184 SGG werden daher auch zu Unrecht Beteiligte an den Gerichtshaltungskosten durch die Verpflichtung zur Zahlung der Pauschgebühr herangezogen. Diese Regelung führt zwar im wirtschaftlichen Ergebnis dazu, dass Beitrags- und Steuerzahler für Streitigkeiten anderer zahlen. Diese Gebühren decken jedoch nur einen geringen Teil der Gerichtshaltungskosten und sind wegen ihrer geringen Höhe hinzunehmen und daher insgesamt verfassungsgemäß (BVerfGE 76, 130).

    Ebenso kann die „unrichtige Behandlung der Sache ohne Schuld der gebührenpflichtigen Beteiligten“ nicht herangezogen werden, da diese „unrichtige Behandlung …“ durch das Gericht erfolgt sein muss (vgl. u.a. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl., 2012, § 190, Rz.’n 2 und 3; Peters-Sautter-Wolf, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., Januar 2013, § 190; Hennig, Kommentar zum SGG, Stand Oktober 2013, § 190, Rz. 5; Rohwer-Kahlmann, Kommentar zum SGG, 48. Erg.-Lief., Stand 6/2008, § 190, Rz.’n 3 bis 5; Zeihe, SGG, 8. Aufl., Stand 1. November 2012, § 190, Rz.’n 5a und 5b; Jansen [Hrsg.], SGG, 4. Aufl., 2012, § 190, Rz. 2; Hintz/Lowe, SGG, 2012, § 190, Rz.’n 3 und 4, Breitkreuz/Fichte [Hrsg.], SGG, 2. Aufl., 2014, § 190, Rz.’ 3 und 4; Lüdtke [Hrsg.], SGG, 4. Aufl. 2012, § 190, Rz.’n 5 und 6 und Tschischgale, Das Kostenrecht in Sozialsachen, 1959, Seite 48).

  • Ich würde erst noch prüfen, ob das nicht unterschriebene Fax tatsächlich eine Klage darstellt. Da hätte ich Bedenken, ob Rechtshängigkeit entstanden ist.

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