Nachlasspfleger gleichzeitig Abwickler für Steuerberatungskanzlei

  • Hallo,
    ich habe hier eine Sache, in der eine Nachlasspflegschaft eingerichtet werden muss. Alle bekannten Erben haben die Erbschaft ausgeschlagen. Es ist Grundbesitz vorhanden und anscheinend Lebensversicherungen, aber auch viele Schulden.
    Die Verstorbene hatte eine Steuerberatungskanzlei, dafür wurde von der Steuerberatungskammer ein Abwickler (Rechtsanwalt und Steuerberater) bestellt.
    Die Frage stellt sich nun, ob ich ihn auch als Nachlasspfleger bestellten kann oder ob irgendeine Interessenskollision möglich ist.
    Nach seiner Auskunft ist er als Abwickler tätig um sämtliche laufenden von der Erblasserin noch nicht erledigten Verfahren zu Ende zu bringen. Bezahlt wird er von der Kammer.
    Mit dieser hat er Rücksprache gehalten, die sehen kein Interessenskonflikt, wenn der Wirkungskreis des Pflegers nicht die Abwicklung der Kanzlei beinhaltet. Die Kammer würde dann die Kosten für die Abwicklung gegen den Nachlass geltend machen.
    Ich sehe eigentlich auch keinen Konflikt, es würde die Sache vereinfachen, wenn er auch Pfleger wird, weil er schon entsprechende Kenntnisse über die Umstände hat.
    Würde dann in den Beschluss schreiben, dass die Abwicklung der Kanzlei nicht in den Wirkungskreis fällt.
    Wie ist Eure Meinung ?

  • So richtig wohl ist mir bei diesem Vorgehen nicht. Ich denke, ein unabhängiger Nachlasspfleger könnte die Transparenz der Abwicklung erhöhen.

    Wenn eine Steuerkanzlei abgewickelt wird, geht es auch um laufende Mandate, die für die Buchhaltung, Lohnabrechnung und Jahresabschlusserstellung ständig wiederkehrende Einnahmen erbringen.
    Solche Mandatsverhältnisse stellen grundsätzlich einen kommerziellen Wert dar, den der Nachlasspfleger für den Nachlass realisieren könnte, wenn er diese Mandate "verkauft".

    Ist der Abwickler selbst als Steuerberater und Rechtsanwalt vom Fach, ist zumindest nicht auszuschließen, dass er die fortführungsfähigen Mandate selbst übernimmt, ohne dafür einen angemessenen Kaufpreis in den Nachlass einzuzahlen. Hier sehe ich einen möglichen Interessenkonflikt, wenn der Abwickler gleichzeitig auch Nachlasspfleger ist. Er macht dann das Geschäft mit sich selbst.

    Das gilt freilich alles nur unter der Berücksichtigung der Verhältnisse das Einzelfalles. Sollte der Todesfall schon länger zurückliegen und hat sich die Mandantschaft inzwischen auf eigene Faust neue Berater gesucht, kann der Wert einer ehemals gut laufenden Steuerkanzlei auch recht schnell auf null bzw. auf die Restwerte der Büroeinrichtung zurückfallen.

  • Vielen Dank für Eure Antworten.
    ich weiß nicht, ob wirklich ein Interessenskonflikt besteht, hätte ich schneller einen Pfleger bestellen können, weil direkt keine Erben bekannt gewesen wären (hier haben alle ausgeschlagen), hätte sich der Pfleger ja wahrscheinlich direkt um die Abwicklung der Kanzlei und den anderen Bereich gekümmert. Hier war es so, dass noch nicht klar war, ob alle ausschlagen, zumal ein Testament vorlag und die Steuerberaterkammer dann für die laufenden Sachen einen Abwickler bestellt hat.
    Für die Kosten werden sie sich in die Reihe der Nachlassgläubiger einreihen müssen und ob sie da überhaupt etwas bekommen ist fraglich.
    Ich denke, dass der Anwalt als Abwickler auch von der Kammer überwacht wird und dort einen Abschlussbericht vorlegen muss.

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