Falscher Erbe verkauft/Nacherbfolge/Auswirkungen

  • Ich wünsche allen Mitforisten noch ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr und habe leider schon das erste Problem:

    1992 wird O. als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Gleichzeitig wird in Abt. II ein Nacherbenvermerk eingetragen. Diese Eintragungen waren gemäß dem vorgelegten Erbschein richtig.
    O. verstirbt irgendwann und wird letztendlich von U. beerbt. Auf Antrag eines Gläubigers erfolgt 2007 die Grundbuchberichtigung von O. auf U. (und die Eintragung von 3 Zwangshypotheken). Die Nacherbfolge wurde dabei offenbar von meinem Vorgänger übersehen.
    U. verkauft 2015 das Grundstück an A. Ich habe die Auflassungsvormerkung eingetragen, weil ich die früheren Grundbucheintragungen dabei nicht nachgeprüft habe (ich kannte ja die Vorgeschichte nicht).
    Als nächstes versucht der Notar die Lastenfreiheit herbeizuführen und beantragt u.a. die Löschung der Nacherbenvermerks von 1992. Begründung: U. ist nicht nur Erbe des Vorerben, sondern auch Nacherbe nach dem ursprünglichen Eigentümer. Ich habe die Einziehung des Erbscheins nach dem ursprünglichen Eigentümers verlangt, der den Vorerben auswies, und die Erteilung eines neue Erbscheins, der den Nacherben ausweist. Trotz erheblicher Fristverlängerung ist nichts passiert, so dass ich den Antrag heute zurückgewiesen habe. Der Notar hat zuletzt einfach nicht mehr reagiert.

    Leider liegt dahinter in der Grundakte bereits der Eigentumsumschreibungsantrag auf den Käufer, an den U. verkauft hat und für den ich die Auflassungsvormerkung eingetragen hatte. Und nach der Zurückweisung des Vorantrages ist er jetzt an der Reihe. Ich habe ihn noch nicht abschließend durchgeprüft, aber es sieht alles gut aus. Meine Frage ist jetzt: Kann ich diesen Vertrag überhaupt vollziehen, wenn ich weiß, dass U evtl. gar nicht der richtige Grundstückseigentümer ist? Denn der Nachweis dafür wurde mir ja nicht vorgelegt. Aber wenn nicht, was mache ich statt dessen? Mit der Suche habe ich nichts passendes gefunden, aber vermutlich finde ich einfach nur nicht die richtigen Stichworte... Für ein paar Denkanstöße wäre ich sehr dankbar.

  • Streitig.

    Nach eine Auffassung ist von der (mangels anderer Anhaltspunkte unterstellt) gutgläubig erworbenen AV auszugehen und darauf basierend die Eigentumsumschreibung vorzunehmen. Wobei hier eine spannende Frage ist, ob die AV angesichts des Nacherbenvermerks gutgläubig zu Lasten der Nacherben = jetzigen Eigentümer erworben worden sein kann.

    Die Zwangshypotheken können ohnehin nicht gutgläubig erworben worden sein.

    Nach meiner Auffassung müssen die Beteiligten (notfalls im Zivilprozess) klären, ob gutgläubiger Erwerb vorliegt, und muss der wahre Berechtigte dem Eigentumserwerb des Vormerkungberechtigten zustimmen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Der Nacherbenvermerk ist eingetragen, also scheidet ein gutgläubiger Erwerb der Vormerkung aus. Aufgrund des Nacherbenvermerks ergibt sich aus dem Grundbuch selbst, dass der Grundbesitz nicht auf die Erben des Vorerben übergegangen sein kann, mag dies auch fehlerhaft im Grundbuch so verlautbart worden sein.

    Die Frage ist allerdings, ob es überhaupt auf einen guten Glauben ankommt. Dies ist nicht der Fall, wenn der Alleinerbe des Vorerben gleichzeitig auch zum Nacherben des ursprünglichen Erblassers berufen ist.

    Ich hätte mir in diesem Fall die Nachlassakten beigezogen und selbst beim Nachlassgericht die Einziehung des Vorerbenerbscheins angeregt. Und wenn der Beteiligte U im Nacherbenvermerk als alleiniger Nacherbe genannt ist, spricht doch sehr viel dafür, dass er bei der Veräußerung als materiell Berechtigter verfügt hat.

    Der gesamte Verfahrensablauf ist mir unverständlich. Wie kann der vormals zuständige Kollege den Nacherbenvermerk übersehen? Außerdem sollte dem beurkundenden Notar der Nacherbenvermerk auffallen und er muss die Eigentümereintragung daher hinterfragen, wenn er mit seiner Beurkundung auf der sicheren Seite sein möchte. Und - entschuldige - auch bei der Eintragung der Vormerkung hätte das noch auffallen können (müssen).

    Nach aktueller Sachlage kann die Auflassung jedenfalls nicht vollzogen werden, weil die Vormerkung nicht gutgläubig erworben worden sein kann, der vorliegende Erbnachweis (nach dem Vorerben) der falsche ist und der zutreffende Erbnachweis nach dem ursprünglichen Erblasser noch nicht geführt ist. Nur aus diesem Erbnachweis nach dem ursprünglichen Erblasser ergibt sich, ob der Beteiligte U von vorneherein als materiell Berechtigter verfügt hat.

  • .....Nach aktueller Sachlage kann die Auflassung jedenfalls nicht vollzogen werden, weil die Vormerkung nicht gutgläubig erworben worden sein kann, der vorliegende Erbnachweis (nach dem Vorerben) der falsche ist und der zutreffende Erbnachweis nach dem ursprünglichen Erblasser noch nicht geführt ist. Nur aus diesem Erbnachweis nach dem ursprünglichen Erblasser ergibt sich, ob der Beteiligte U von vorneherein als materiell Berechtigter verfügt hat.

    Sehe ich auch so. Das GBA hat positive Kenntnis davon, dass der Eingetragene Erbe nach dem Vorerben und nicht Erbe nach dem ursprünglichen Erblasser ist. Also kann derzeit nicht von seiner Verfügungsbefugnis ausgegangen werden. Ob er auch Erbe nach dem Voreigentümer (Erblasser) sein kann, ist nicht nachgewiesen. Mangels feststehender Verfügungs- (Bewilligungs-) befugnis können daher die Folgeanträge nicht vollzogen werden.

    Dazu kann auf die Randziffern 9 und 10 des Beschlusses des HansOLG Hamburg 13. Zivilsenat, vom 24.02.2017, 13 W 12/17 (dort: eingezogener Erbschein),
    http://www.rechtsprechung-hamburg.de/jportal/portal…true#focuspoint
    und die Anmerkung von Podewils in der jurisPR-FamR 20-2017 Anm. 6 verwiesen werden.

    Das OLG führt aus:

    „9…….Das Grundbuchamt hat daher auch zu prüfen, ob die Einigung durch den materiell Verfügungsberechtigten erklärt wurde. Hierbei gilt zwar gemäß § 891 BGB grundsätzlich die Vermutung, dass der Eingetragene auch der Berechtigte ist. Hat das Grundbuchamt jedoch positive Kenntnis, dass es sich im konkreten Fall nicht so verhält, ist der nach § 20 GBO erforderliche Nachweis nicht erbracht (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 2.9.1997, 11 Wx 60/97, zitiert nach juris, Rdnr. 8, OLG München,, Beschluss v. 7.11.11, 34 Wx 400/11, zitiert nach juris, 11 ff., vgl. auch OLG Frankfurt Rechtspfleger 1991, 361).

    10 Ein solcher Fall liegt hier vor. Dem Grundbuchamt ist aufgrund des vom Nachlassgericht übersandten Beschlusses bekannt, dass der Erbschein, der Grundlage der Eigentumseintragung des Beteiligten zu 1) war, eingezogen worden ist. …“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank für die Meinungen! Und vielen Dank an Prinz für die genaue rechtliche Herleitung - jetzt habe ich es verstanden...

    Da der Mangel grundsätzlich heilbar ist, werde ich den Eigentumsumschreibungsantrag noch mal zwischenverfügen und den Erbschein nach dem ursprünglichen Eigentümer unter Berücksichtigung der Nacherbfolge anfordern sowie ggfs. die Zustimmung der weiteren Nacherben. Laut Nacherbenvermerk ist U. nämlich nicht der alleinige Nacherbe, er soll nach den bisherigen Angaben aber an die Stelle der Mitnacherben getreten sein.

    Wenn der Nachweis noch kommt, ist dann ja alles in Ordnung. Wenn nicht, würde ich den Eigentumsumschreibungsantrag auch zurückweisen. Bzgl. des gutgläubigen Erwerbs aufgrund der eingetragenen Vormerkung habe ich nachgelesen und glaube auch nicht, dass das hier in Betracht kommt, da der Nacherbenvermerk ja davor steht. Ich müsste dann aber wohl zeitgleich m der Zurückweisung des Antrages Amtswidersprüche eintragen, und zwar meiner Ansicht nach gegen die Vormerkung von 2015, gegen die Grundbuchberichtigung von 2007 und gegen die Zwangshypotheken von 2007.

    Ich bin gespannt, wie der Fall weitergeht...

  • Ich auch.:D Halte uns bitte auf dem laufenden.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

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