Einwand mangelnder Leistungsfähigkeit im vereinf. Unterhaltsfestsetzungsverf.

  • Folgender Sachverhalt:
    Jugendamt beantragt im Wege der VUF Festsetzung von 100% des Mindestunterhalts für ein Kind. Vater erhebt Einwand der mangelnden Leistungsfähigkeit und will 150 € freiwillig zahlen. Gleichzeitig legt er Lohnnachweise für 1 Jahr vor. Aufgrund dieser Nachweise errechnet JA den Unterhalt für das Kind neu und kommt zu einem Mangelfall; Vater müsste statisch 278 € zahlen.
    Frage:
    Muss ich im VUF-Verfahren die Begründetheit der vom Vater freiwillig angebotenen Zahlung prüfen (mit der Konsequenz, dass ich dann 278 € im Beschluss festsetzen müsste)? Oder setze ich ohne Begründetheitsprüfung die 150 € im Beschluss fest, weil die Zahlung soweit unstrittig ist und verweise das JA auf das streitige Verfahren, um die Differenz noch titulieren zu lassen?

    Ich tendiere zu letzterem; schließlich sind wir im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren. Die Kollegin tendiert eher zur Festsetzung von 278 €, weil das der Unterhalt ist, den der Vater korrekterweise zahlen müsste. Wozu dann noch ein Klageverfahren provozieren?

    Wie macht ihr das?

  • Ich bin da bei dir und würde titulieren, soweit die Zahlungsverpflichtung erfolgt (150,- €) und im Übrigen auf das streitige Verfahren verweisen. Etwas anders kann ich den §§ 253 und 2554 FamFG auch nicht entnehmen.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Danke. Die Kollegin wird jetzt doch nur 150 € festsetzen. Sie meinte, sie hätte die Rechtsmittelbelehrung gelesen und aus der könne man ersehen, dass es nur so richtig sein kann.

  • Danke. Die Kollegin wird jetzt doch nur 150 € festsetzen. Sie meinte, sie hätte die Rechtsmittelbelehrung gelesen und aus der könne man ersehen, dass es nur so richtig sein kann.

    Seltsame Argumentation, wenn man es direkt dem Gesetz entnehmen kann - aber immerhin stimmt das Ergebnis dann.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Habe einen ähnlichen Fall:

    Der Agg. wendet ein, er sei nur teilweise leistungsfähig und verpflichtet sich zu monatlich 50 €. Belege zum Einkommen wurden eingereicht.

    Das JA hat zum Einwand Stellung genommen und ist mit den 50 € nicht einverstanden. Man könne den eingereichten Einkommensnachweisen entnehmen, dass der Kindesvater zur Leistung von 100 % Mindestunterhalt in der Lage sei.

    Aus meiner Sicht muss man im vereinfachten Verfahren nicht rechnen. Also Festsetzung von 50 € und Zurückweisung im Übrigen, wobei die Kosten (nahezu) vollständig dem Kind aufzuerlegen wären.

    Gibt es andere Meinungen/Handhabungen?

  • Unser AG fügt bei der Aufforderung zur Stellungnahme hinzu, dass im VV nur der vom Pflichtigen angebotene Betrag festgesetzt werden könne und ansonsten der Antrag aufs SV zustellen sei....Alles andere kostet nur Nerven und Zeitressourcen. Wir beantragen sofort das SV, weil wir dann übers VKH-Verfahren schon Hinweise auf den Ausgang bekommen und ggf. das VV fortsetzen.

  • Das Gesetz hält zwar keinen Antrag auf Festsetzung des anerkannten Unterhalsbetrags für erforderlich, es ist aber vielleicht trotzdem sinnvoll, nach einem solchen zu fragen. Vermutlich wird das JA schon einen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens über den Gesamtbetrag vorbereiten.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Das Gesetz hält zwar keinen Antrag auf Festsetzung des anerkannten Unterhalsbetrags für erforderlich, es ist aber vielleicht trotzdem sinnvoll, nach einem solchen zu fragen. Vermutlich wird das JA schon einen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens über den Gesamtbetrag vorbereiten.

    Letzteres glaube ich nicht.
    So wie die Stellungnahme vom JA geschrieben war, geht man dort davon aus, dass der Rechtspfleger anhand der Unterlagen feststellt, dass der Unterhaltspflichtige zahlungsfähig ist wie beantragt (Mindestunterhalt) und entsprechend im vereinfachten Verfahren festgesetzt wird.

  • ... wobei die Kosten (nahezu) vollständig dem Kind aufzuerlegen wären.

    Gibt es andere Meinungen/Handhabungen?

    Ja, bei einer Teilfestsetzung bleibt die Kostengrundentscheidung dem streitigen Verfahren vorbehalten.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • ... wobei die Kosten (nahezu) vollständig dem Kind aufzuerlegen wären.

    Gibt es andere Meinungen/Handhabungen?

    Ja, bei einer Teilfestsetzung bleibt die Kostengrundentscheidung dem streitigen Verfahren vorbehalten.

    Keine Kostenentscheidung, auch wenn ich den Antrag des JA fast vollständig zurückweisen müsste? 🤔

    Was ist eigentlich mit den Kosten, wenn es zu einem streitigen Verfahren gar nicht kommt? 🤔

    (Könnte ja sein, dass JA kommt noch zur Erkenntnis gelangt, dass der KV nur in von ihm angegebener Höhe leistungsfähig ist.)

  • Vgl. § 255 Abs.6 FamFG - der Antrag gilt dann als zurückgenommen und es muss (auf Antrag) eine Kostenentscheidung auf der Grundlage von § 269 Abs. 3 ZPO erfolgen. Für die Verteilung ist jedoch nach § 243 FamFG die Billigkeit maßgebend. Auch wenn die Rücknahme des Antrags durch das antragstellende Kind erfolgte, ist das vorprozessuale Verhalten des Antragsgegners im Rahmen der Kostenentscheidung zu würdigen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 22.12.2011 – 4 UFH 4/11).

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!