Konflikt im Betreuungsrecht

  • Hallo Miteinander,
    ich recherchiere während meines Studiums im Rahmen Familienrecht Konflikte in der Arbeit im Betreuungsrecht, die zwischen Betreutem, Betreuer und Gericht, hier Rechtpfleger/innen auftreten.

    Hier bin ich auf den Konflikt in der „Rechnungslegung“ die sog. „Selbstverwaltungserklärung“ oder „Selbstverfügungserklärung“ durch den Betreuten gestoßen.
    In meine Recherche bin ich schon recht weit gekommen. Dennoch sind mir 2 Fragen bisher unbeantwortet geblieben.

    1. Wann hat das mit dieser „Selbstverwaltungserklärung“ begonnen und durch wen wurde sie in
    den Rahmen der Rechnungslegung mit eingeführt. Ich habe im Betreuungsrecht und im BGB
    nichts darüber gefunden. Ich weiß, dass es schon 2010 Diskussionen darüber gab.

    2. Bei der Forderung des Gerichts nach der „Selbstverwaltungserklärung“ durch den Betreuten, die
    der Betreuer dem Betreuten abverlangen muss, begibt sich der Betreuer nicht in eine gewisse
    Abhängigkeit, die er aber laut BGB nicht eingehen darf.

    Für Antworten und Diskussionsbeiträge wäre ich sehr dankbar

  • Das Ganze ergibt sich eigentlich schon aus dem Gesetz:

    § 1840
    Bericht und Rechnungslegung


    (1) 1Der Vormund hat über die persönlichen Verhältnisse des Mündels dem Familiengericht mindestens einmal jährlich zu berichten. 2Der Bericht hat auch Angaben zu den persönlichen Kontakten des Vormunds zu dem Mündel zu enthalten.
    (2) Der Vormund hat über seine Vermögensverwaltung dem Familiengericht Rechnung zu legen.

    Also nur über seine, nicht über die Verwaltung des Betreuten.

    Dies wird auch durch das Urteil des LG Berlin gestützt:

    LG Berlin, Beschluss vom 10.1.2013, 87 T 3/13:
    Im Rahmen des Aufgabenkreises "Vermögenssorge" hat der Betreuer nur über seine Vermögensverwaltung Rechnung zu legen. Über das von dem Betroffenen selbst verwaltete Vermögen und über die von ihm persönlich geführten Konten und die hierauf entfallenden Geldbewegungen hat der Betreuer nicht abzurechnen. Solange keine Zweifel bestehen, dass die Betreute über ihr Girokonto eigenständig verfügt, entfällt jede Rechnungslegungspflicht des Betreuers. Im übrigen wäre auch dann, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die eine Überprüfung nahe legen, der Betreuer nicht zur Einholung von Erklärungen der Betroffenen verpflichtet. Vielmehr wären die entsprechenden Ermittlungen von Amts wegen durch das Gericht durchzuführen.

    Nur weil die "Vermögenssorge" angeordnet ist heisst das ja nicht, dass der Betreuer auch über dieses Vermögen / Konten verfügt.

    Bei der "Gesundheitssorge" verfüge ich ja auch nicht zwangsläufig über die Gesundheit solange der zu Betreuende dies noch selber kann (Einwilligungsfähigkeit). Da darf dieser auch gerne ne lebensrettende OP verweigern wenn er diese nicht möchte und ich habe 0 Möglichkeiten dies zu verhindern.

    Bei "Wohnungsangelegenheiten" darf der Betreute mir sogar den Zutritt zur Wohnung verweigern. Auch da kann ich nichts gegen machen.

    Warum bei der "Vermögenssorge" immer so ein Aufstand gemacht wird erschließt sich mir nicht wirklich. Warum darf jemand über seinen Tod entscheiden, nicht aber über sein Geld bzw. wird im letzteren Fall vom Betreuer eine Rechungslegung verlangt über etwas, worüber er gar nicht verfügt hat.



  • :daumenrau Danke für diese kurze knackige Darstellung.

    Ich mache keine Rechnungslegung über Sachen, die ich nicht selbst verfügt habe. Ich unterstütze aber meine Betreuungsrechtspfleger gern bei der Einholung der "Selbstverwaltungserklärung", um ihnen den "Stress" mit den Betroffenen zu erleichtern.

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  • [quote='Justizia','Konflikt im Betreuungsrecht']
    Warum bei der "Vermögenssorge" immer so ein Aufstand gemacht wird erschließt sich mir nicht wirklich. Warum darf jemand über seinen Tod entscheiden, nicht aber über sein Geld bzw. wird im letzteren Fall vom Betreuer eine Rechungslegung verlangt über etwas, worüber er gar nicht verfügt hat.


    Warum hinsichtlich der Vermögenssorge so ein "Aufstand" gemacht wird, sollte eigentlich jedem Berufsbetreuer klar sein.

    Es besteht eben ein Mißbrauchsrisiko durch Angehörige, Bekannte und ggf. auch den Betreuer selbst zu deren Gunsten, das in anderen Aufgabenbereichen nicht so leicht besteht (um in die Gesundheitssorge einzugreifen, muss schon noch mehr kriminelle Energie vorhanden sein).

    Und das (dann nicht mehr vorhandene) Vermögen wirkt sich auch auf andere Lebensbereiche aus (Finanzierung Heim, Hilfsmittel, nicht erstattungspflichtige Medikamente/Behandlungen usw).

  • [quote='Justizia','Konflikt im Betreuungsrecht']
    Warum bei der "Vermögenssorge" immer so ein Aufstand gemacht wird erschließt sich mir nicht wirklich. Warum darf jemand über seinen Tod entscheiden, nicht aber über sein Geld bzw. wird im letzteren Fall vom Betreuer eine Rechungslegung verlangt über etwas, worüber er gar nicht verfügt hat.


    Warum hinsichtlich der Vermögenssorge so ein "Aufstand" gemacht wird, sollte eigentlich jedem Berufsbetreuer klar sein.

    Es besteht eben ein Mißbrauchsrisiko durch Angehörige, Bekannte und ggf. auch den Betreuer selbst zu deren Gunsten, das in anderen Aufgabenbereichen nicht so leicht besteht (um in die Gesundheitssorge einzugreifen, muss schon noch mehr kriminelle Energie vorhanden sein).

    Und das (dann nicht mehr vorhandene) Vermögen wirkt sich auch auf andere Lebensbereiche aus (Finanzierung Heim, Hilfsmittel, nicht erstattungspflichtige Medikamente/Behandlungen usw).

    Naja, wenn der Betreute in eine lebensnotwendige OP nicht einwilligen will hat dies schon gravierende Auswirkungen auf ihn selber ;).
    Der Unterschied besteht darin, dass man dafür niemanden zur Verantwortung ziehen kann und will, ist hat seine Entscheidung.

    Bei der Vermögenssorge gehts ums Geld. Da ist es natürlich von Seiten der Angehörigen und des Staates nicht akzeptabel, wenn der zu Betreunde sein Geld ausgibt und damit das Erbe durchbringt bzw. Sozialhilfeempfänger wird. Hier ist der Betreuer gefordert dies zu verhindern und den zu Betreunden, gegen seinen Willen, in Gelddingen zu bevormunden.
    Ok, ich übertreibe nun vielleicht etwas, aber warum soll in der Vermögenssorge das Selbstbestimmungrecht (ich will mein Geld ausgeben, ich weiss das ich dann Sozialhilfeempfänger werde / meine Erben leer ausgehen) beschränkt werden?

    Ja, der Betreuer soll Schaden von seinem Betreuten abwenden. Aber bei der Argumentation müsste ja auch die OP durchgeführt werden, gegen den Willen des Betroffenen.

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