Formblattzwang bei Antrag auf ENZ?

  • OLG Köln, Beschl. v. 06.02.2018, Az. 2 Wx 276/17:

    Pflicht zur Benutzung des nach Art. 1 Abs. 2 der DVO (EU) Nr. 1329/2014 der Kommission vom 9.12.2014 für den Antrag auf ERteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses gem. Art. 65 Abs. 2 EuErbVO festgelegten Formblattes IV in Anhang 4 (Vorlage an den EuGH)

    Vorlagefrage:
    Ist zur Beantragung eines Europäischen Nachlasszeugnisses gemäß Art. 65 Abs. 2 EuERbVO die Benutzung des nach dem Beratungsverfahren nach Art. 81 Abs. 2 EuErbVO erstellte Formblatt IV (Anhang 4) gemäß Art. 1 Abs. 4 der Durchführungsverordnung zur EuErbVO zwingend erforderlich oder nur fakultativ?

    Das OLG möchte die Frage im Sinne der lediglich fakultativen Verwendung beantworten.

  • OLG Köln, Beschl. v. 06.02.2018, Az. 2 Wx 276/17:

    Pflicht zur Benutzung des nach Art. 1 Abs. 2 der DVO (EU) Nr. 1329/2014 der Kommission vom 9.12.2014 für den Antrag auf ERteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses gem. Art. 65 Abs. 2 EuErbVO festgelegten Formblattes IV in Anhang 4 (Vorlage an den EuGH)

    Vorlagefrage:
    Ist zur Beantragung eines Europäischen Nachlasszeugnisses gemäß Art. 65 Abs. 2 EuERbVO die Benutzung des nach dem Beratungsverfahren nach Art. 81 Abs. 2 EuErbVO erstellte Formblatt IV (Anhang 4) gemäß Art. 1 Abs. 4 der Durchführungsverordnung zur EuErbVO zwingend erforderlich oder nur fakultativ?

    Das OLG möchte die Frage im Sinne der lediglich fakultativen Verwendung beantworten.

    :cool: Verfahren bis zur Entscheidung durch den EuGH aussetzen?

    Bei mir ging Freitag ein Antrag eines Notars ohne Verwendung des Formblatts ein.

  • Habe als Notar in Polen mehrere ENZs ohne Antrag auf dem Formular erteilt. Soll ich sie jetzt widerrufen? :D
    Wiederrufen vielleicht nicht. Als Eintragungsgrundlage im Grundbuch kommen sie aber jetzt sicherlich nicht in Betracht, oder?

  • Habe als Notar in Polen mehrere ENZs ohne Antrag auf dem Formular erteilt. Soll ich sie jetzt widerrufen? :D
    Wiederrufen vielleicht nicht. Als Eintragungsgrundlage im Grundbuch kommen sie aber jetzt sicherlich nicht in Betracht, oder?

    Wie erkennt das GBA, dass ein auf Formblatt erteiltes ENZ aufgrund eines Antrags erteilt wurde, der ohne Verwendung des Formblattes gestellt wurde? :gruebel:


  • Wie erkennt das GBA, dass ein auf Formblatt erteiltes ENZ aufgrund eines Antrags erteilt wurde, der ohne Verwendung des Formblattes gestellt wurde? :gruebel:

    ENZs aus dem Ausland sind dem Grunde nach verdächtigt. Der Antragsteller soll dem Grundbuchamt doch nachweisen müssen, dass das Verfahren ordnungsgemäß abgelaufen ist. :D

  • Wie kommt man bei dem Wortlaut von 65 II überhaupt darauf, das zu problematisieren (Vgl. 65 II - kann; 65 III - muss sowie 67 I 2 - sie verwendet, aber eben nur sie, nicht auch der Antragsteller)? Der Formblattzwang würde die Arbeit bei den Notariaten jedenfalls erheblich erschweren - und wohl auch die bei Gerichten. Schon jetzt muss man sich das doch einmal anschauen: Erbschein 1 DIN A4-Seite - ENZ ein ganzes Paket?

    Das einzige Argument, welches für einen Zwang spricht, ist der misslungene Wortlaut der DurchführungsVO - aber diese dürfte gegenüber der EUErbVO niederes Recht sein. Hoffentlich haut der EuGH der Kommission diese misslungene Formulierung um die Ohren.

    "Toll" sind übrigens auch die Fragen nach Steuer-Identifikationsnummer und/oder "Sozialversicherungsnummer" gemäß 65 III lit a. Einfach nach Schema F Identifikationsnummern (gemeint waren wohl feste Personalausweisnummern aus den Ländern, in denen sie existieren) für alle vorschreiben.

    Hoffentlich gelangt der EuGH nicht contra legem zu einem Formularzwang.

  • Zum Glück habe ich mit dem Fall nichts zu tun. Denn in meiner Kommentierung habe ich ebenfalls geschrieben, dass die Verwendung des Antragsformulars fakultativ ist. :D Da ist uebrigens was faul an dem Sachverhalt. Wer bitte führt als Antragsteller in einem Gerichtsverfahren dazu, dass sein Antrag zurückgewiesen wird und legt Rechtsmittel dagegen statt einfach ein Formular auszufüllen? So was macht doch kein Mensch, oder? (Achtung Ironie).


    andydomingo: ich sehe diese Gefahr nicht. Die Leute in Luxemburg sind wirklich nicht dumm. Dazu sind aber die Stellungnahmen der Mitgliedstaaten da um dem Gerichtshof u.a. Informationen zu der Praxis der Anwendung der Vorschriften zu liefern. Endlich gibt es ein EuGH-Verfahren zu der ErbRVO bei dem Deutschland und Polen in einem Boot sitzen könnten.

  • Soweit ersichtlich, steht die gesamte Literatur auf dem Standpunkt, dass das Formblatt nur fakultativ Verwendung findet. So sieht es auch das OLG Köln.

    Was die Stellungnahmen der Mitgliedstaaten in der EuGH-Verfahren angeht: Wenn die "deutschen" Stellungnahmen genauso fundiert sind wie die hiesigen Vorarbeiten zur EuErbVO unter Beteiligung diverser "Experten", braucht man sich über nichts zu wundern.

    Mitterweile muss man es fast bedauern, dass Deutschland in den streitigen Fragen keinen Vorbehalt hat aufnehmen lassen. Denn kündbar ist das Abkommen - soweit ersichtlich - wohl nicht.

  • ...kündbar ist das Abkommen - soweit ersichtlich - wohl nicht.

    Wird sich nur über einen "Gesamtausstieg" aus der EU regeln lassen.....aber auch das ist ja inzwischen nicht mehr völlig undenkbar...

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • "Mein" Nachlassgericht (Richtersache!) verlangt immer ein ausgefülltes Formblatt, bekommt von mir die Antwort, dass sich aus dem Wortlaut der EuErbVO ergibt, dass das Formblatt fakultativ ist, dann passiert eine Weile nichts, dann erinnere ich, dann kommt ein Anruf wo das ausgefüllte Formblatt sei, dann schreibe ich nochmals, dass ich das Formblatt nicht ausfüllen werde, dann wird ein Vorschuß angefordert, und schließlich kommt das ENZ.

    Wie das OLG Köln auf die Idee kommt, das könne streitig sein, erschließt sich mit nicht.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Liegt vermutlich einfach daran, dass zu viele Juristen keine vernünftige Auslegung mehr hinbekommen. Sonst hätten sie gleich erkannt, dass man zwar kein Formblatt verwenden muss, sondern ein Formblatt verwenden kann. Aber wenn man sich dazu entscheidet, ein Formblatt zu verwenden, dann darf man nicht irgendeines verwenden, sondern muss das in der Durchführungsverordnung enthaltene nehmen.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich habe bei einer Fortbildung (durchgeführt von einer Dame, die an diesem ganzen Verfahren mitgewirkt hat) gelernt:
    Für den Antrag kein Formularzwang, für das ENZ an sich ja. Und daran halte ich mich. Es leuchtet mir auch ein.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Das Formular ist ätzend und unübersichtlich, zumal ich bei meinem letzten ENZ gemerkt habe, dass die Angaben im ENZ nicht in der Reihenfolge abgefragt werden, wie im Antragsformular, sodass ich ewig am Blättern war. Aber wenn das Antragsformular verwendet wird, hat man hoffentlich/vielleicht alle Angaben, die man dann für das ENZ braucht. Von daher verwende ich das Antragsformular (und weise den Antragsteller auf Art. 65 EUErbVO hin, da ich es teilweise einfacher finde, den Vordruck auszufüllen, wenn man in der Verordnung liest, was eigentlich erforderlich ist).


  • Mittlerweile haben wir eine Anmerkung zu dem Vorlagebeschluss:
    Litzenburger, FD-ErbR 2018, 403324.

    Ein Zitat daraus:
    Gegen die Postulierung eines Formzwangs spricht schließlich auch, dass dessen Verwendung mit dem deutschen Beurkundungsrecht ohnehin nicht kompatibel ist (Schmitz RNotZ 2017, 269, 271; Volmer notar 2016, 323). Damit kann das Ergebnis nur lauten, dass Art. 1 Abs. 4 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1329/2014 die Verwendung des Vordrucks verbindlich gar nicht vorschreiben konnte und wollte.

    Kompatibilität mit dem deutschen Beurkundungsrecht als Maßstab für die Auslegung des EU-Rechts. Finde ich wirklich toll :D

  • Litzenburger fordert beim Vindikationslegat auch nach wie vor eine Auflassung, obwohl der Legatar und Auflassungsempfänger bereits mit dem Erbfall Eigentümer geworden ist und eine solche Auflassung daher nicht nur unsinnig wäre, sondern auch materiell ins Leere ginge.

    Leider wird derzeit zu den sich aus den diversen Entscheidungen des EuGH ergebenden Konsequenzen quer durch die Berufsgruppen ziemlich viel Unsinn und nur wenig Erhellendes (und Zutreffendes) geschrieben.

    Selbst wenn man einzelne Entscheidungen des EuGH für unrichtig hält, so haben diese Entscheidung also doch auch ihr Gutes: Man merkt an den diversen schriftstellerischen Ergüssen, wer etwas von den Dingen versteht und wer nicht. Dass darunter auch bekannte Namen sind, mag (nur?) auf den ersten Blick überraschen.

  • Einfach nur Weltklasse übrigens auch die Aufbereitung auf der EuGH-Homepage:
    http://curia.europa.eu/juris/fiche.js…for=&cid=474485

    Nichts verfügbar!

    Dagegen zum Vergleich die Aufbereitung eines 08/15-Falls des US Supreme Court (durch den Blog scotusblog.com):
    http://www.scotusblog.com/case-files/cas…witcher=desktop

    Die Dokumentation von Schriftsätzen etc. in Kontinentaleuropa ist einfach nur erbärmlich im Vergleich mit den USA. Früher wurden Stellungnahmen der Mitgliedstaaten ja noch in Amtsblättern veröffentlicht in Vorabentscheidungssachen. Heute wird das unverständlicherweise nicht mehr gemacht. Intransparenz untergräbt das Vertrauen in die Funktionsweise der Justiz.

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